Publikationen Hierarchiestufe höher Vorherige Seite Nächste Seite

Bibliotheksdienst Heft 2, 1996

Informationen der Kommission für Erwerbung und Bestandsentwicklung - Bereich wissenschaftliche Bibliotheken

Merkpunkte zum Einholen von Zeitschriftenangeboten

Margot Wiesner

Was bei amerikanischen Bibliotheken üblich, ist bei uns eher die Ausnahme: die regelmäßige Neubewertung laufender Zeitschriften durch ausgewählte Lieferanten. Der Grund dafür liegt hierzulande vor allem in der Furcht vor der Konsequenz, sich bei einem merklich günstigeren Angebot marktgerecht verhalten und einen arbeitsaufwendigen Lieferantenwechsel vornehmen zu müssen.

Mit der zunehmenden Automatisierung der Zeitschriftenverwaltung läßt sich dieses Problem besser bewältigen, so daß die Personalkosten für eine Umbestellaktion nicht mehr einen erheblichen Teil der angebotenen Einsparungen aufzehren. Es liegt im ureigensten Interesse der Bibliotheken, Abhängigkeiten von Lieferanten so gering wie möglich zu halten, Konkurrenz zu fördern und Monopole zu verhindern.

Auch wenn Abbestellungen nur als letzter Ausweg ins Auge gefaßt werden, können Umfrageergebnisse die Verhandlungsposition gegenüber den bisherigen Lieferanten erheblich stärken.

Die nachfolgenden Tips beziehen sich nicht auf Ausschreibungen im amtlichen Sinne, sondern auf das schlichte Einholen von Angeboten, bei dem jedoch bestimmte Regeln zu beachten sind (vgl. hierzu "Checkliste für die Wahl und Bewertung von Zeitschriftenlieferanten". DBI 1994, S. 67 - 68 und "Der Kauf ausländischer Zeitschriften durch Hochschulbibliotheken". In: Mitteilungsblatt. Verband der Bibliotheken in NRW. 38:1988, S. 171 - 189):

  1. Als Vergleichsbasis können Titel aus ausgewählten Erscheinungsländern und/oder Fachgebieten dienen oder ein Querschnitt aus verschiedenen Ländern und Fächern.

  2. Die Listen müssen absolut identisch sein und Titel aus allen Preisgruppen enthalten.

  3. Je nach Umfang des Gesamtbestandes sollte das zu bewertende Paket nicht weniger als 250 Titel umfassen, um den Händler in die Lage zu versetzen, fundierte Aussagen über die Kosten machen zu können.

  4. Wenn es keine EDV-technischen Möglichkeiten gibt, Titel für eine Angebotseinholung zu selektieren, liegt es nahe, die Titellisten zu verwenden, die in der Regel vom derzeitigen Händler als Dienstleistung angeboten werden. Diese Listen können als Vorlage für die beteiligten Lieferanten vervielfältigt werden, nachdem sie durch eventuelles Streichen von Titeln auf den gewünschten Umfang reduziert wurden.

  5. Die einfachste Methode ist es, ein bei einem bestimmten Lieferanten plaziertes Paket mehreren Händlern, auch dem bisherigen, zur Angebotserstellung vorzulegen.

  6. Preisgebundene Titel deutscher Verlagshäuser müssen aus der Angebotseinholung ausgeschlossen bleiben.

  7. Der exakteste Vergleich ergibt sich anhand der Höhe der Besorgungsspesen für ein von mehreren Lieferanten bewertetes Paket, unter der Voraussetzung, daß alle beteiligten Händler identisch kalkulieren.

  8. Basis der Kalkulation sollte grundsätzlich der Originallistenpreis, nicht der Nettopreis sein, weil dieser wegen unterschiedlicher Verlagsrabatte keine Vergleichsbasis bietet und nur so eine eventuelle Überprüfung der Preise anhand von Verlagskatalogen möglich ist.

  9. Die Versandkosten der Verlage sollten in jedem Fall miteinbezogen werden, unabhängig davon, ob sie im Abonnementspreis enthalten sind oder aufgeschlagen werden.

  10. Mehrjahresabonnements sollten möglichst aus der Liste herausgenommen werden, weil sie die Gesamtkosten verzerren.

  11. Kostenvergleiche, die sich auf Einzeltitel beziehen, sind nur in Ausnahmefällen bei besonders teuren Objekten zu empfehlen. Die Preisgestaltung ist bei jedem Titel abhängig von den Beziehungen der jeweiligen Agentur zum Verlag, der Anzahl der Abonnements, die dort für diese Zeitschrift laufen und der damit verbundenen Höhe des Händlerrabatts. Diese Komponenten können sich von Jahr zu Jahr ändern.

  12. Der Kalkulation für ein angebotenes Zeitschriftenpaket müssen identische Umrechnungskurse zugrundegelegt werden. Es empfiehlt sich daher, allen beteiligten Lieferanten bestimmte Kurse vorzugeben.

  13. Der Vergleich sollte anhand der Vorjahrespreise angestellt werden, weil sonst die Gefahr besteht, daß das Angebot eine Mischung von alten und neuen Preisen enthält und die Vergleichsbasis nicht mehr identisch ist.

  14. Es ist überlegenswert, Jahrbücher aus dem Paket herauszunehmen. Der Bezug über Monographienlieferanten ist in der Regel günstiger, weil die Besorgungskosten eingespart werden.

  15. Es ist nicht ratsam, hochpreisige Produkte aus der Kostenermittlung auszuschließen, weil damit das Gesamtpaket abgewertet wird.

  16. Es ist empfehlenswert, sich beim Lieferanten zu erkundigen, ob die Vergabe zusätzlicher Pakete, die in der Angebotsermittlung nicht enthalten sind, Einfluß auf die Kalkulation hat (z. B. Monographienbestellungen).

  17. Die Anfrage sollte nicht nur auf die Kosten zielen, sondern auch die erwarteten Dienstleistungen je nach Bedarf der Bibliothek auflisten (Anregungen können Sie der Checkliste für die Wahl und Bewertung von Zeitschriftenlieferanten entnehmen).

  18. Als Termin für das Einholen von Angeboten empfiehlt sich das erste Quartal eines Jahres, um im zweiten Quartal eventuelle Umbestellungen vornehmen zu können.


Seitenanfang