Ad-hoc-AG "Zukunft des Deutschen Bibliotheksinstituts" der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Bundesrepublik Deutschland
Konzept zur Sicherung vom 3. August 1999
1. Auftrag Die Prüfung des Kerns unverzichtbarer überregionaler bibliothekarischer Serviceleistungen geht auf eine Empfehlung des Wissenschaftsrates zurück, der in seiner wissenschaftspolitischen Stellungnahme zum Deutschen Bibliotheksinstitut (DBI) vom 14. November 1997 konstatierte, daß "in einem föderal strukturierten Staat ... mit einem stark ausdifferenzierten Bibliothekswesen Serviceleistungen, die sich an den länderübergreifenden Interessen der deutschen Bibliotheken und damit auch an den Bedürfnissen des Gesamtsystems der überregionalen Literatur- und Informationsversorgung ausrichten, unerläßlich sind. Er empfiehlt daher Bund und Ländern, unverzichtbare Dienstleistungen wie zum Beispiel die Zeitschriftendatenbank mit den Dokumentlieferdiensten DBI-Link und SUBITO in anderer Trägerschaft fortzuführen. ... Angesichts der rasch fortschreitenden technischen Entwicklungen im Bereich der Information und Dokumentation empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Chance zu einer organisatorischen Erneuerung der überregionalen Koordinierung und Entwicklung des Bibliothekswesens zu nutzen." Die Amtschefskonferenz der KMK hat diese Empfehlung sowie die detaillierten Ausarbeitungen 1) einer von ihr beauftragten Ad-hoc-Arbeitsgruppe aufgenommen und in der 155. Sitzung am 17./18. September 1998 folgenden Grundsatzbeschluß gefaßt:"Der Empfehlung der Ad-hoc-AG, für die Durchführung von zentral und gebündelt zu erledigenden unverzichtbaren überregionalen bibliothekarischen Dienstleistungen eine Gemeinschaftseinrichtung zu errichten, wird zugestimmt." Die darüber hinaus beschlossenen Prüfaufträge beantwortete die Ad-hoc-AG der KMK in einer Vorlage an die Amtschefskonferenz für ihre 158. Sitzung am 17./18.04.1999 2). Die Ergebnisse der daraufhin erbetenen zusätzlichen Abstimmungsgespräche sind Bestandteil der nachstehenden Konzeption für eine neue bibliothekarische Serviceeinrichtung bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ab dem Jahre 2002.2. Die neue Einrichtung Aus den Evaluierungsergebnissen des Wissenschaftsrats sowie Expertenanhörungen leitet die Arbeitsgruppe weiterhin folgende Prämissen ab, die für das "Konzept zur Sicherung der unverzichtbaren überregionalen bibliothekarischen Serviceleistungen" in seiner nunmehr vorliegenden Form bestimmend ist:
Geleitet von diesen Prämissen schlägt die Arbeitsgruppe vor: Die unverzichtbaren überregionalen bibliothekarischen Serviceleistungen werden in einer neuen gemeinschaftlich zu finanzierenden Einrichtung zusammengefaßt, die sich auf länderübergreifende Aufgaben von vorrangiger Bedeutung konzentriert. Die Bearbeitung und Weiterentwicklung der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) sowie die länder- und institutionsübergreifende bibliothekarische Auslandsarbeit bedürfen einer ständigen Bearbeitung durch das neue Institut. Die folgenden vorrangigen Aufgaben sind entsprechend der aktuellen Situation, der konkreten Nachfrage und der finanziellen Möglichkeiten zu definieren und fortzuschreiben:
Der zunehmenden Vernetzung im nationalen und internationalen Bibliothekswesen muß durch anwendungsorientierten Wissenstransfer Rechnung getragen werden. Dabei steht die Auswertung internationaler Entwicklungen für die bibliothekarische Praxis in Deutschland im Vordergrund. Aufgabe der neuen Einrichtung ist es, vorhandenes Wissen zu aggregieren und zielgruppenorientiert verfügbar zu machen. Entsprechend wird sich ihre Arbeitsweise maßgeblich auf die Erarbeitung von regelmäßigen Fortschrittsberichten und deren aktuelle Dokumentation über das Internet, die Initiierung von internationalen Konferenzen, Workshops, Messen konzentrieren. Die Nachnutzung innovativer Entwicklungen und Projekte ist verstärkt zu unterstützen und damit die Nachhaltigkeit von Projektfinanzierungen zu sichern.
Die neue Einrichtung soll nicht nur anhand von konkreten Bedarfslagen Projekte initiieren, sondern auch deren Controlling übernehmen, für das Marketing der Projektergebnisse sorgen und sich aktiv um deren systematische Nachnutzung bemühen.
Durch Aufträge an Expertengruppen oder über Projektarbeit soll das neue Institut darüber hinaus maßgeblich zur Lösung anstehender Probleme des deutschen Bibliothekswesens (spartenunabhängig) beitragen.
Neben der laufenden Betreuung der Deutschen Bibliotheksstatistik (s.o.) soll sich das Dienstleistungsangebot der neuen Einrichtung maßgeblich auf die Vermittlung von Informationen und Projektergebnissen konzentrieren. Sie sollte sich dabei der verfügbaren Internet-Instrumente bedienen bei gleichzeitigem Verzicht auf eigene verlegerische Aktivitäten, die künftig privatwirtschaftlichen Verlagslösungen vorbehalten bleiben sollen.
Für die Vertretung des deutschen Bibliothekswesens im europäischen - und darüber hinaus- gehend internationalen - Kontext ist eine Steuerungsfunktion zu übernehmen. Das neue Institut hat primär die Aufgabe, deutsche Interessen in die (internationalen) Gremien einzubringen, die Entsendung von Experten in übergreifende (nationale wie internationale) Fachgremien zu steuern und sicherzustellen. Von besonderer Relevanz sind dabei absehbar Bereiche wie 'Urheberrecht', 'Metadaten' und 'digitale/virtuelle Bibliothek'. Arbeitsweise der neuen Einrichtung Die Arbeit des neuen Instituts soll einem laufenden Controlling ebenso wie einer regelmäßigen Programmevaluation unterliegen, für die neben dem Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein eigener Fachbeirat mit entsprechenden Beratungs- und Aufsichtsfunktionen vorzusehen ist. Die konkrete Definition der im Rahmen zur Verfügung stehender Ressourcen vorrangig zu bewältigenden Aufgaben ist in Jahresprogrammen in den Gremien abzustimmen und auf seine Ergebnisse hin zu überprüfen. Im Rahmen der Möglichkeiten können nach Abstimmung in den Gremien auch neue Aufgaben vom Institut aufgegriffen werden, sofern sich im Bibliothekswesen nachweisbar entsprechende Bedürfnisse abzeichnen. Die Gremien sollten dem spartenübergreifenden Auftrag des neuen Instituts entsprechend besetzt werden. Die bibliothekarischen Interessenverbände sind zwar zu berücksichtigen, sollen aber nicht die Mehrheit der Mitglieder stellen. Diese Praxis der Vergangenheit war vom Wissenschaftsrat nachdrücklich kritisiert worden - vielmehr sollen Unterhaltsträger und externer, auch internationaler Sachverstand (auch aus benachbarten Disziplinen) zusammengeführt werden. Organisation der neuen Einrichtung Nach intensiver Prüfung verschiedener Optionen (u.a. Neugründung als Körperschaft, Anbindung an eine Bibliothek oder die Einkaufszentrale für Bibliotheken GmbH) wird die Anbindung der unverzichtbaren überregionalen bibliothekarischen Serviceleistungen an die bundesunmittelbare Stiftung Preußischer Kulturbesitz vorgeschlagen. Dort ist eine (außerhalb des Finanzierungsabkommens der Stiftung Preußischer Kulturbesitz) gesondert zu finanzierende, gesamtstaatlich und spartenübergreifend zuständige und neutrale Sondereinrichtung zu schaffen, die sich rechtlich systemkonform in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einpaßt (vergleichbar dem Institut für Museumskunde). Die Einrichtung muß durch eine vom Stiftungsrat zu beschließende Satzung fachlich und fiskalisch weitgehende Autonomie erhalten. Diese Lösung bietet insbesondere folgende Vorteile:
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat sein großes Interesse an dieser Lösung im Sinne einer zukunftsorientierten Bibliothekspolitik bereits im Januar d.J. bekundet und der Stiftungsrat sein grundsätzliches Einverständnis erklärt. Voraussetzung für die Realisierung einer stiftungskonformen Sondereinrichtung ist jedoch, dass eine finanzielle Belastung der Stiftung durch die Arbeit der Sondereinrichtung ausgeschlossen wird, die Besetzung der Stellen der neuen Sondereinrichtung ausschließlich auf der Basis der erforderlichen Qualifikation erfolgen kann und die Finanzierung der Sondereinrichtung längerfristig gesichert ist. Aus der Sicht des Präsidenten der Stiftung hat die aufgezeigte Lösung insbesondere folgende Vorteile:
Vorteile für die Bibliotheken Für die Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich insbesondere folgende Vorteile:
Für Bund, Länder und Gemeinden als Träger der Bibliotheken ist die neue Einrichtung als 'Infrastruktur-Einrichtung' auch kostenrechnerisch begründet, weil mit einem vergleichsweise geringen finanziellen Beitrag ein Leistungsumfang für die Gesamtheit der eigenen Bibliotheken erzielt wird, der auf regionaler Ebene mit den gleichen Mitteln auch nicht annähernd erreicht werden könnte. Hinzu kommt als weiterer Vorteil, dass auf diese Weise ohne zusätzlichen Aufwand auch kommunale Bibliotheken und wissenschaftliche Spezialbibliotheken unterschiedlicher Trägerschaft in das Gesamtsystem der überregionalen Literatur-und Informationsversorgung (einschließlich der Leistungskennzahlen - hier: Deutsche Bibliotheksstatistik) einbezogen werden, die ansonsten allenfalls an regionalen Entwicklungen teilnehmen könnten. Finanzierung Die Berechnung des jährlichen Finanzbedarfs der Sondereinrichtung (ohne Zeitschriftendatenbank, Normdateien sowie SUBITO) im Verbund der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist im Einvernehmen mit dem Präsidenten der Stiftung erfolgt und basiert auf folgender Prämisse: Personal-und Sachmittelausstattung müssen so geartet sein, dass sie der neuen Einrichtung ein Höchstmaß an Flexibilität garantieren und dem innovativen Charakter ihrer Aufgaben gerecht werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Arbeitsgruppe für das neue Institut:
Angesichts der besonderen Verflechtung des neuen Instituts im europäischen und internationalen Kontext ist die Beschäftigung von Fachleuten aus dem Ausland ausdrücklich vorzusehen. Außerdem sollte die befristete Delegation von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Bibliotheken der unterschiedlichen Sparten im Rahmen von Projektstellen möglich sein, um den Praxisbezug der neuen Einrichtung zu stärken. Denkbar ist darüber hinaus auch die Besetzung der Leitungsfunktionen (höherer Dienst) auf Zeit mit entsprechender Verlängerungsoption. Auf dieser Grundlage ergibt sich folgende Berechnung für das Basisjahr:
Unter Einbeziehung der grundsätzlichen Finanzierungszusage des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien ergibt sich die Verteilung des Zuschußbedarfs auf Bund und Länder ab dem Jahr 2002 wie folgt:
Die Höhe der einzelnen Finanzierungsbeiträge der Länder ist der beigefügten Aufstellung (Anlage 1) zu entnehmen. 3. Abgabe von Serviceaufgaben an bestehende Einrichtungen 3.1. Fortführung der Zeitschriftendatenbank (ZDB) Zur Fortführung der bisher vom DBI technisch betreuten Zeitschriftendatenbank und der Normdateien hat die Kultusministerkonferenz entsprechend dem Vorschlag der Arbeitsgruppe im verkürzten Verfahren folgenden Beschluss gefasst (RS Nr. 317/99 v. 02.08.1999, Beschluss vom 01.06.1999): "Es besteht Einvernehmen, dass die Zeitschriftendatenbank (ZDB) möglichst noch vor Ende des Jahres 1999 vom DBI an die Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz (SBB) sowie die Normdateien zum nächstmöglichen Termin vom DBI auf die Deutsche Bibliothek übergehen sollen. 3.2. Dokumentlieferdienste Hinsichtlich der Angliederung der auf der ZDB aufsetzenden Dokumentlieferdienste, insbes. SUBITO, ist die Arbeitsgruppe der Auffassung, daß sie nicht zwingend im Zusammenhang mit einer neu zu schaffenden Sondereinrichtung zu denken ist, sondern im Grundsatz eine Konsortiallösung (Bund - Länder) sinnvoll macht (vgl. 3. Sitzung der AG Bibliotheken am 28./29.4.1999), deren konkrete Bedingungen noch von den Beteiligten zu klären sind.
Zuwendungsbedarf der vorgeschlagenen Einrichtung
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