Hierarchiestufe höher

Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates
Drs. 2994/97 - Köln, 13.5.1997
Anlage zur wissenschaftspolitischen Stellungnahme:

Bewertungsbericht
zum Deutschen Bibliotheksinstitut (DBI), Berlin

Im folgenden wird der Teil B. "Bewertung", der die Grundlage für die "Wissenschaftspolitische Stellungnahme" vom 14. November 1997 bildete, im vollen Wortlaut wiedergegeben, jedoch ergänzt um Stellungnahmen aus der Sicht des DBI. Auf die vorwiegend formal beschreibenden Teile des Berichts wird aus Umfangsgründen hier verzichtet. (DBI)

B. Bewertung
B.I. Zur Bedeutung des DBI

In einem föderal strukturierten Staat wie der Bundesrepublik Deutschland mit einem stark ausdifferenzierten Bibliothekswesen ist eine Serviceeinrichtung, die ihre Tätigkeit an länderübergreifenden Interessen der deutschen Bibliotheken und damit auch an den Bedürfnissen des Gesamtsystems der überregionalen Literatur- und Informationsversorgung ausrichtet, unerläßlich. Zwar übernehmen regionale Verbünde, überregional bedeutende Bibliotheken, Unterhaltsträger und Vereinigungen, die überregionale Bibliotheksförderung betreiben, sowie überregionale Vereine und Verbände Aufgaben im deutschen Bibliothekswesen; doch sind sie - auch gemeinsam - nicht in der Lage, Beratungs- und Dienstleistungen gesamtstaatlich und spartenübergreifend zu erbringen sowie innovative Konzepte anzuregen, zu entwickeln und zu realisieren. Mit Blick auf die rasch fortschreitenden Entwicklungen im Bibliotheksbereich, die sich in Richtung auf eine virtuelle Bibliothek bewegen und sich in Zukunft noch beschleunigen dürften, besteht großer Bedarf an einer Einrichtung, die sich nicht nur auf das Angebot vielfältiger Dienstleistungen für Bibliotheken konzentriert, sondern an der vordersten Entwicklungsfront aktiv wird, um neue bibliothekarische Methoden, Techniken und Systeme zu entwickeln und den Bibliotheken zur Verfügung zu stellen.

Das Aufgabenspektrum des DBI umfaßt Beratungsdienstleistungen für das gesamte öffentliche und wissenschaftliche Bibliothekswesen, die Koordinierung von übergreifenden bibliothekarischen Aktivitäten (z.B. Verbundssekretariat, Regelwerkskonferenzen), die Bereitstellung von Informationsdatenbanken und Katalogen, bibliotheksbezogene Entwicklungsleistungen z.B. auf den Gebieten der Bestandserhaltung und Retrokonversion, die Organisation von Meinungsbildungsprozessen im Bibliothekswesen sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen des deutschen Einigungsprozesses hat das DBI durch seine Beratungsaktivitäten einen wichtigen Beitrag zum Aufbau funktionsfähiger Bibliotheksstrukturen in den neuen Bundesländern geleistet. Im Hinblick auf seine Kernaufgaben wurde das DBI in der Vergangenheit seinem satzungsgemäßen Auftrag der Erforschung, Entwicklung und Vermittlung bibliothekarischer Methoden und Techniken aber nur teilweise gerecht, was vor allem bei den Serviceleistungen für die wissenschaftlichen Bibliotheken deutlich wird. Hinsichtlich der neueren Entwicklungen auf dem Sektor der Kommunikations- und Informationsmedien nimmt das DBI seine innovatorische Rolle nur zögernd wahr.

Erste Ansätze etwa bei einer Weiterentwicklung der vom DBI aufgebauten Zeitschriftendatenbank sind jedoch erkennbar. Insgesamt wird das DBI die von ihm zu leistenden Service- und Entwicklungsaufgaben in Zukunft wirksamer erbringen können, wenn es sich den Modernisierungsanforderungen in inhaltlicher, organisatorischer, personeller und technischer Hinsicht konsequent stellt. Neben einer Verbesserung der technischen Ausstattung, und einer Umschichtung der Personalstellen hin zu einem höheren Anteil von Wissenschaftlerstellen muß das Institut in Zukunft vor allem eine projektbezogene Programmplanung einführen, in die neben der Leitung auch die Fachkommissionen einbezogen sind.

B.II. Zur Arbeitsweise und zu den Arbeitsschwerpunkten

Die sechs Abteilungen des DBI - einschließlich der allgemeinen Verwaltung - gliedern sich in Referate. Die Leistungsprofile der einzelnen Referate stellen sich gegenwärtig wie folgt dar:

Abteilung I - Publikationen, Öffentlichkeitsarbeit

Das DBI publiziert eine Fülle von Materialien zu unterschiedlichsten bibliotheksspezifischen Themen. An erster Stelle ist hier die Zeitschrift "Bibliotheksdienst" als für die deutschen Bibliotheken aller Sparten aktuelles Informationsorgan zu nennen. Darüber hinaus werden insbesondere die Ergebnisse von Untersuchungen und Projekten in verschiedenen Reihen veröffentlicht, wobei etwa die Hälfte der Texte von Mitarbeitern selbst erstellt wird. Die Mehrzahl der Veröffentlichungen ist praxisrelevant und von insgesamt guter Qualität.

In einzelnen Fällen ist kritisch anzumerken, daß die Publikationen nicht immer den aktuellen Entwicklungsstand wiedergeben. Auch würde eine strengere Selektion und die Anlegung strengerer Auswahlkriterien die Qualität weiter verbessern können.

Die Abteilung I übernimmt im Referat Redaktion, Herstellung teilweise die Funktion eines Verlages, indem beispielsweise Texte redigiert werden, die nicht von Mitarbeitern des DBI oder von Mitgliedern seiner Kommissionen erarbeitet wurden. Obgleich solche Tätigkeiten nicht zu den originären Aufgaben eines Bibliotheksinstituts gehören, empfiehlt es sich, sie im Interesse der Bibliotheken, die den weitaus größten Kundenkreis ausmachen, beim DBI zu belassen, weil sich sonst die Herstellungskosten verdoppeln dürften. Demgegenüber wird empfohlen, daß der Bereich Vertrieb, der zudem personell überausgestattet ist, aufgegeben wird. Diese Aufgaben sollten extern erfüllt werden.

Die Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS) ist eine für Bibliotheken und ihre Unterhaltsträger hilfreiche und wichtige Dienstleistung, die gut angenommen wird. Allerdings sind die Produktionszeiten der DBS zu lang. Dies geht jedoch nicht primär zu Lasten des DBI; vielmehr tritt eine Verzögerung der Publikation der DBS vor allem durch jene Bibliotheken ein, die ihre Daten sehr spät liefern. Das DBI muß im Dialog mit den betreffenden Bibliotheken auf eine zügige Datenlieferung hinarbeiten, damit die Herstellungszeit der DBS verkürzt werden kann.

Das Referat Öffentlichkeitsarbeit fügt sich inhaltlich besser in Abteilung II - Beratung, Information - als in Abteilung I ein und sollte deshalb dort angesiedelt werden. Alternativ könnte eine Stabsstelle beim Direktor des Instituts eingerichtet werden.

Öffentlichkeitsarbeit ist ein wesentlicher Bereich moderner Bibliotheken und für das öffentliche Bibliothekswesen unverzichtbar. Die Beratung der Bibliotheken auf dem Gebiet Öffentlichkeitsarbeit wird vom DBI zufriedenstellend geleistet, sofern es die Reaktion auf konkrete Anfragen angeht. Sie könnte verbessert werden, wenn im Institut ein nutzerorientiertes Gesamtkonzept erarbeitet würde. Eine weitere Verbesserung der Dienstleistungen kann erreicht werden, wenn das DBI seine Dienstleistungsangebote aktualisiert. Insbesondere wird dem Institut empfohlen, offensiv auf seine Kunden zuzugehen. Dies müßte dann überzeugend gelingen, wenn in Zukunft im Bereich Öffentlichkeitsarbeit neue technische Kommunikationsmedien genutzt werden können.

Abteilung II - Beratung, Information

Beratung und Information ist eine wichtige Funktion, deren Bedeutung durch die Geschwindigkeit der Entwicklung im Bibliothekswesen noch zunehmen wird. In der jüngsten Vergangenheit hat das DBI wichtige Beratungsleistungen in der Zusammenarbeit mit den mittel- und osteuropäischen Staaten und im Verlaufe der deutschen Einigung sowie vor allem in Rechtsfragen und bei einzelnen Projekten wie der Retro-Konversion erbracht.

Am DBI wird aber nicht dokumentiert, welche Zielgruppen mit dem Beratungs- und Informationsservice erreicht werden und auf welchen Gebieten die Schwerpunkte der Nachfragen liegen. Es ist unabdingbar, daß das DBI prüft und laufend kontrolliert, ob und wie es die hauptsächlichen Zielgruppen, nämlich laut Aufgabenplanung wissenschaftliche und Öffentliche Bibliotheken aller Größenordnungen einschließlich wissenschaftlicher Spezialbibliotheken, tatsächlich erreicht.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden die Beratungsdienste des DBI in erster Linie von Öffentlichen Bibliotheken, und zwar vor allem von kleinen Öffentlichen Bibliotheken, genutzt.

Zur Strukturierung und zur Steigerung der Effektivität hat das DBI die Beratungs- und Informationstätigkeit gegenüber den Staatlichen Beratungsstellen der Bundesländer, die sich an kleinere Öffentliche Bibliotheken wenden, intensiviert. Damit werden die Dienstleistungen der Staatlichen Fachstellen verbessert, denn siekönnen kompetenter, aktueller und zugleich bezogen auf die örtliche Situation beraten. Diese "Vernetzung" ist sinnvoll, ressourcensparend und ein wichtiger Impuls für die Entwicklung des Bibliothekswesens in ländlichen Regionen. Auch die mit der EKZ bereits eingeleitete Abstimmung im Bereich von Beratung und Information für Öffentliche Bibliotheken ist als ein wichtiger Prozeß anzusehen.

Ein Schwerpunkt der Fachinformationsarbeit liegt in der Erarbeitung und Herausgabe der DOBI; dies ist eine für Bibliotheken wesentliche und genutzte Dienstleistung. Für den Zeitschriftendienst besteht im öffentlichen Bibliothekswesen eine große Nachfrage. Dies kann sich möglicherweise in Zukunft ändern, weilder derzeit vorhandene Bedarf von anderen Anbietern gedeckt werden könnte. Wie bei den Beratungsdiensten ist daher auch hier die künftige Entwicklung im Auge zu behalten.

Das Referat Sonderformen Öffentlicher Bibliotheken zählt zu den Stärken des DBI. Der Bereich Kinder-und Jugendbibliotheken ist hervorzuheben. Auf diesem Gebiet wird das Institut seiner Vordenkerrolle gerecht.

Zu Beginn der 90er Jahre hat sich das DBI stark im Bereich Fortbildung - vor allem für Öffentliche Bibliotheken der neuen Länder - engagiert. Es hat damit einen wichtigen Beitrag im Rahmen einigungsbedingter Sonderaufgaben geleistet. Inzwischen dürfte die Phase einer breit angelegten Nachholfortbildung jedoch abgeschlossen sein. Das DBI sollte seine Aktivitäten daher in diesem Bereich deutlich einschränken und sich vermehrt Entwicklungsarbeiten widmen.

Abteilung III - Verbundsysteme

Die primäre Aufgabe der Abteilung III besteht in der Führung der überregionalen Normdateien ZDB und GKD, des VK und des BVBB. Diese Dienstleistungen umfassen

Der Abteilung ist es in der Vergangenheit gelungen, mit der GKD, der ZDB und dem VK einheitliche und von allen Anwendern akzeptierte Nachweissysteme zu schaffen und einer breiten Nutzung zugänglich zu machen. Diese Anwendungen waren ein bedeutender Bestandteil der bibliothekarischen Arbeit in der Bundesrepublik.

In der jüngeren Vergangenheit hat das DBI in wichtigen Bereichen eine zu stark bewahrende Rolle anstelle der zu wünschenden Pilotfunktion eingenommen. Dies wird vor allem auf den Arbeitsgebieten Entwicklung der Datenbanktechnik und Datenbankzugänge, Entwicklung der bibliothekarischen Regelwerke und in der Konzeption des VK deutlich.

Mit Blick auf die Weiterentwicklung der bibliothekarischen Regelwerke für die ZDB und die GKD ist kritisch anzumerken, daß das DBI bisher nicht in der Lage war, neue Entwicklungen, wie die Einbeziehung von ergänzenden Dienstleistungen, z.B. Abstract-Datenbanken, Online Contents-Datenbanken u.ä. in die Diskussion um Regelwerksfragen einzubringen und Lösungsansätze für die durch das derzeit verwendete Regelwerk auftretenden Schwierigkeiten aufzuzeigen.

Bei der Weiterentwicklung des VK wird seitens des DBI erheblicher Aufwand in maschinelle Dublettenverfahren und die redaktionelle Pflege gesteckt. Dieses Verfahren war in der Vergangenheit nützlich, wegen seines hohen Aufwandes aber umstritten. Auch auf seiten der Verbundsysteme und der direkt an den VK meldenden Bibliotheken verursacht das jetzige Lieferverfahren erheblichen Aufwand. Alternative Konzepte unter Berücksichtigung neuer Techniken sind bisher vom DBI nicht in ein Entwicklungskonzept für den VK eingebracht worden, obwohl bereits seit einiger Zeit erkennbar ist, daß Entwicklungen wie der "Karlsruher virtuelle Katalog (KvK)", der die gleichzeitige Suche in allen Verbunddatenbanken und unter einer WWW-Oberfläche erlaubt, aufgrund ihrer einfachen und komfortablen Handhabung und der Aktualität der Informationen den VK in seiner gegenwärtigen Form schon in absehbarer Zeit überflüssig machen können.

Die Zurückhaltung des DBI im Entwicklungsbereich hängt u.a. mit dem Betrieb des BVBB zusammen. Die für 1993 vorgesehene Ablösung der bereits zu diesem Zeitpunkt veralteten Rechner- und Datenbanksysteme konnte nicht durchgeführt werden, da sie für den Verbundbetrieb weiterhin notwendig waren.

Neben der bereits praktizierten finanziellen Trennung ist auch die vollständige Trennung der Betriebseinheiten für den BVBB einerseits und die DBI-spezifischen Aufgabenstellungen andererseits erforderlich, um dem DBI die notwendigen Freiräume im Entwicklungsbereich für eigene Serviceleistungen zu schaffen. Einige Beispiele aus der Vergangenheit belegen, daß bei Entscheidungen zugunsten des Ressourceneinsatzes für die Entwicklung neuer Verfahren oder des Betriebs der BVBB-Anwendung letztere den Vorrang erhalten hat.

Abteilung IV - Rechnerbetrieb

Aufgaben der Abteilung sind im wesentlichen die Planung, Organisation und der Betrieb der Datenverarbeitungsanlagen des DBI sowie des zugehörigen Datenkommunikationsnetzes. Damit wird hauptsächlich die laufende Verfügbarkeit der unterschiedlichen - vom DBI angebotenen - Produkte sichergestellt.

Neben diesen als Routinetätigkeiten anzusehenden Aktivitäten ist in der Abteilung auch die Organisation und Betreuung des DBI-LINK-Verfahrens angesiedelt, das eine für Wissenschaft und Forschung erfolgreiche Dienstleistung ist. Sein Ziel besteht darin, Wissenschaftlern und Forschern nach erfolgterDatenbankrecherche die direkte Bestellung von Zeitschriftenaufsätzen und vergleichbaren Materialien anhand der Nachweise in der ZDB zu ermöglichen und diese an geeignete Bibliotheken weiterzuleiten, die eine kurzfristige Lieferung der Dokumente sicherstellen.

Darüber hinaus ist die Abteilung auch mit organisatorischen Aufgaben befaßt, die sich aus der beim DBI angesiedelten Durchführung von Projekten - wie etwa SUBITO - ergeben.

Die Heterogenität der eingesetzten Hard- und Software dürfte zu Reibungsverlusten führen, die kurzfristig nicht zu beseitigen sind. Während die neuen Anwendungen, wie z.B. DBI-LINK oder die Integration von "Table of Contents"-Diensten, auf UNIX basierten Servern laufen, werden die meisten Datenbanken noch über das proprietäre, großrechnerorientierte BS 2000-System der Firma Siemens angeboten. Diese Zweigleisigkeit wird erst behoben, wenn das DBI - wie beabsichtigt - auch mit seinen anderen Datenbankangeboten auf ein neues Softwareprodukt umgestiegen ist, das ebenfalls auf UNIX basierten Hardwareplattformen ablauffähig ist. Die jetzt eingeleitete Erneuerung der Rechnerinfrastruktur sollte zudem unbedingt mit den Rechenzentren benachbarter Hochschulen abgestimmt werden.

Abteilung V - Betriebsorganisation, Projektmanagement. Auslandsarbeit

Das Referat Betriebsorganisation, Marketing, Projektmanagement, das zur Abteilung V gehört, hat Modellfunktion für die anderen Abteilungen des DBI. Es umfaßt wesentliche und aktuelle Aufgaben und arbeitet zukunftsorientiert. So hat es beispielsweise in enger Abstimmung mit der Bibliothekspraxis Budgetierungsmodelle für öffentliche Bibliotheken entwickelt.

Die Aktivitäten im Referat EU-Angelegenheiten sind in den vergangenen Jahren ausgeweitet und verbessert worden. Die Mitarbeiter des Bereichs üben ihre Aufgabe offensiv aus, indem sie auf Bibliotheken zugehen, anstatt nur auf Anfragen zu reagieren. Auf diesem Gebiet ist das DBI - einschließlich der von ihm angebotenen Fortbildungsveranstaltungen - eine gute Adresse für Bibliotheken.

Auch das Auslandssekretariat arbeitet erfolgreich. Hervorzuheben sind insbesondere die in osteuropäischen Ländern durchgeführten Seminare für Bibliotheksmanagement und die Koordinierung der deutschen Aktivitäten der IFLA.

Abteilungsübergreifende Gesichtspunkte

Mit Blick auf die Arbeitsweise des DBI gilt generell, daß das Institut in einem höheren Maße abteilungsübergreifend und projektbezogen arbeiten sollte. Auf dem Gebiet der Projektarbeiten hat das Institut - teils als Resultat einer Arbeit in Qualitätszirkeln - diesen Arbeitsstil erprobt und sollte sich ermutigt fühlen, ihn auf weitere Gebiete auszudehnen, da auf diese Weise eine größere Flexibilität erzielt werden kann und die Mitarbeiter mit der für das jeweilige Gebiet größten Sachkompetenz zu gewinnen sind.

Hinsichtlich der Arbeitsschwerpunkte sollte das DBI seine Prioritätensetzung überdenken. Da es die gesamtstaatliche Perspektive im Auge behalten muß, sollte es für das deutsche Bibliothekswesen bedeutsame Initiativen verantwortlich übernehmen. Zugleich sollte es bei der Wahl seines Aufgabenbereichs stärker auswählen - so etwa im Publikationsbereich. Generell besteht die Gefahr, daß sich das Institut bei der Vielzahl seiner Aufgaben verzettelt. Insgesamt muß das Institut in den kommenden Jahren ein projektbezogenes Arbeitsprogramm entwickeln, in dem Prioritäten und Termine festgelegt werden und an dessen Erstellung neben der Leitung auch die Fachkommissionen beteiligt werden. Außerdem müssen die technischen und personellen Voraussetzungen für die Realisierung eines solchen Arbeitsprogramms geschaffen werden.

Im Oktober 1996 hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsministerium des Landes Brandenburg eine Expertengruppe berufen, die Empfehlungen für eine Verbundstruktur der Bibliotheken in der Region Berlin-Brandenburg erarbeiten sollte. Diese favorisiert das Modell eines "konföderierten Servernetzes" mit verteilten Fremddaten, das am WWW orientiert ist. Die Senatsverwaltung hat entschieden, die Zentrale für den Fremddatenserver nicht am DBI, sondern am Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik anzusiedeln. Diese Entwicklung gibt dem DBI Gelegenheit, sich stärker als bisher auf seine innovativen Aufgaben zu konzentrieren.

B.III. Zur Organisation und Ausstattung
Organisation

Aufgrund der durch die Satzung vorgegebenen Leitungsstruktur unterliegen die Programmgestaltung und die Durchführung der Aufgaben des DBI sehr stark dem Einfluß von Fachbeirat und Kuratorium. Da es sich bei deren Mitgliedern zum Teil um Repräsentanten organisierter Interessen handelt, kann das DBI seine überregionale Koordinierungsfunktion nur beschränkt wahrnehmen. Zur Verbesserung dieser Situation sind Veränderungen der Organisationsstruktur unumgänglich.

Der Fachbeirat sollte die Funktion eines wissenschaftlichen Beirats und eines Nutzerbeirats wahrnehmen. Die aus der Entstehungsgeschichte des Instituts resultierende übergewichtige Vertretung bibliothekarischer Verbände sollte aufgegeben werden. Es wird empfohlen, die Anzahl der Verbandsvertreter im Fachbeirat um die Hälfte auf maximal fünf zu reduzieren. Demgegenüber sollten die Interessen des Einzelnutzers aufgewertet werden, was sich in einer Erhöhung der Anzahl von Vertretern dieser Interessengruppe im Fachbeirat niederschlagen sollte.

Mit Blick auf das Kuratorium des DBI wird empfohlen, daß ihm keine Vertreter konkurrierender bibliothekarischer Institutionen angehören sollten.

In Relation zu Kuratorium und Fachbeirat ist die satzungsgemäße Position des Direktors des DBI zu schwach und sollte gestärkt werden. Ungewöhnlich und unzweckmäßig ist beispielsweise, daß zu den Aufgaben des Direktors nicht die Gestaltung der Programmplanung gehört. Ungewöhnlich und nicht zweckmäßig ist auch die Tatsache, daß das DBI keinen ständigen Stellvertreter des Direktors, sondern nur einen Abwesenheitsvertreter hat. Die Einsetzung eines ständigen Stellvertreters ist dringend zu empfehlen; sie ist nicht zwangsläufig mit einer Höherdotierung verbunden. Im Rahmen der vom DBI beantragten Organisationsuntersuchung sollte die Frage eines ständigen Stellvertreters behandelt werden. Sowohl die Stelle des Direktors als auch die des Stellvertreters sollten extern besetzt werden.

Die Einrichtung von Fachkommissionen zur Herstellung des Praxisbezugs und zur Ausschöpfung vorhandener Kompetenzen in den jeweiligen Fachgebieten hat sich bewährt. Die Kommissionen sind ein strategisches Element der Arbeit des DBI, entbinden es aber nicht von der Erbringung institutseigener Leistungen. Da Daueraufgaben nur in wenigen Bereichen - wie Erwerbung und Benutzung - anfallen, sollten die Fachkommissionen weniger kontinuierlich und stärker aufgabenbezogen arbeiten. Die Fachkommissionen sollten in die Programmplanung des Instituts eingebunden werden. Sie sollten in Zukunft ihre Aufgaben im Auftrag des Instituts und bezogen auf das Arbeitsprogramm wahrnehmen.

Ausstattung

Die personelle Ausstattung des DBI ist überwiegend großzügig bemessen, der relativ geringe Anteil an Wissenschaftlerstellen im Verhältnis zu den Stellen für Nichtwissenschaftler ist jedoch angesichts der Zukunftsaufgaben des DBI nicht adäquat. Das Institut sollte durch Umschichtung seinen Stellenkegel zugunsten der Wissenschaftlerstellen verbessern.

Mit Haushaltsjahr 1992 sind für einigungsbedingte Aufgaben für einen Zeitraum von fünf Jahren dreizehn Stellen hinzugekommen. Von diesen möchte die Institutsleitung acht Stellen über den 31.12.1996 hinaus erhalten. Dies erscheint jedoch nicht erforderlich, da sieben Jahre nach der deutschen Einigung die Flut von Anfragen und Sonderwünschen aus den neuen Ländern abgeebbt sein dürfte. Es ist darauf zu achten, daß der mögliche Wegfall der o.g. dreizehn Stellen in 1997 nicht zu Lasten des öffentlichen Bibliothekswesens geht, für dessen Belange im Sinne der Stellungnahme des Wissenschaftsrates von 1989 ein Teil der Stellen verwendet wurde. Auch bei Abgabe der Dienstleistungen für den BVBB werden die dafür vorgesehenen zwölf Stellen nicht länger benötigt.

In einem unausgewogenen Verhältnis zueinander stehen unbefristete und befristete Beschäftigungsverhältnisse. Die Anzahl der letzteren muß deutlich erhöht werden, um eine größere Flexibilität im Institut zu erreichen. Es ist daher geboten, freiwerdende Dauerstellen befristet zu besetzen. Ferner sollten zusätzliche Fachkräfte auf Honorarbasis beschäftigt werden, was sich vor allem bei Projektarbeiten anbietet. Darüber hinaus wird empfohlen, im Institut Informatiker und Experten für neue Medien zu beschäftigen, die im Rahmen freiwerdender Stellen und projektbezogen eingestellt werden sollten. Im Hinblick auf zukünftige Entwicklungsaufgaben ist diese Umstellung von grundsätzlicher Bedeutung.

DV-Ausstattung
DV-Ausstattung am Arbeitsplatz

Die DV-Ausstattung im Arbeitsplatzbereich (123 PCs) ist weder quantitativ noch qualitativ ausreichend. So haben sich beispielsweise in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit mehrere Mitarbeiter ein Gerät zu teilen, obwohl gerade in diesem Bereich die Nutzung moderner Informationsmedien unabdingbar ist. Eine Ausstattung, die jedem Mitarbeiter einen PC am Arbeitsplatz oder zumindest den Zugang zu einem PC ermöglicht, ist dringend erforderlich.

DV-Ausstattung Netzwerk

Während im Haus 1 - Direktion, Verwaltung, Publikationsabteilung, Öffentlichkeitsarbeit, Verbundsysteme, Online-Dienste, Rechnerbetrieb/Administration - ein lokales Netzwerk installiert ist, ist in Haus 2 - Beratungs- und Informationsdienste, Projektmanagement, Auslandsstelle, Institutsbibliothek - keine Netzinfrastruktur vorhanden. Diese an sich bereits untragbare Situation wird durch die ungenügende Anbindung (128 KB/sec.) an das Wissenschaftsnetz noch erschwert. Die unzureichende DV-Ausstattung behindert die Arbeit des Instituts, da Entwicklung, Angebot und Nutzung neuer Dienstleistungen, wie z.B. elektronische Dokumente, Anschlüsse mit einer wesentlich höheren Bandbreite erfordern. Der Verweis des Instituts auf eine bisher fehlende "Berliner Lösung" kann nicht zufriedenstellen, da andere Einrichtungen mit ähnlichen Aufgabenstellungen im Servicebereich aus eigener Kraft durch Umschichtung in den regulären Haushalten beispielsweise 2 MB/sec.-Anschlüsse haben.

Auf die sehr dynamischen Entwicklungen im Netzwerkbereich reagiert das DBI schwerfällig. Erst im September 1996 machte das DBI IP-Zugänge zur Katalogisierungs-ZDB in nennenswerter Zahl verfügbar, obwohl bereits seit April des selben Jahres in vielen Universitätsbibliotheken mit dem Übergang auf das 34-MB-Netz kein X.25-Zugang mehr zur Verfügung stand. Dies hatte zur Folge, daß in den betroffenen Einrichtungen die Zeitschriftenkatalogisierung und -bestandsführung für einen Zeitraum von sechs Monaten gar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchgeführt werden konnten.

DV-Ausstattung zentrale Dienstleistungen

Die Hardwareausstattung im Bereich der Server für zentrale Dienstleistungen, insbesondere zur Führung von ZDB und GKD ist mit den verwendeten BS 2000-Rechnern in Verbindung mit der IBAS-Datenbanksoftware schon seit einigen Jahren nicht mehr zeitgemäß. Das gleiche gilt für die Dienstleistungen des BVBB (vgl. Abteilung III - Verbundsysteme).

B.IV. Zu den Kooperationen

Die Kooperationsbeziehungen, die das DBI seit der Öffnung gen Osten mit den mittel- und osteuropäischen Staaten aufgebaut hat, sind vielfältig und intensiv. Dies gilt insbesondere für den Personalaustausch und für gemeinsame Projekte. Auch die Kontakte zur Europäischen Union sind sehr gut und sollten fortgeführt werden. Weniger ausgeprägt ist dagegen die Zusammenarbeit mit bibliothekarischen Einrichtungen in Westeuropa und den USA. Sie muß deutlich intensiviert werden, insbesondere zu denjenigen Institutionen, die sich durch Innovationen im Bibliotheksbereich auszeichnen, wie z.B. die Library Association (GB) oder die Research Library Group (USA).

B.V. Zusammenfassende Bewertung

Als einzige Einrichtung, die wesentliche Serviceleistungen für die Bibliotheken spartenübergreifend und überregional in einem föderalen System wahrnimmt, hat das DBI einen besonderen Stellenwert im deutschen Bibliothekssystem. Zu diesen Serviceleistungen zählen insbesondere das Anbieten und Verfügbarmachen von überregionalen Katalogen und Nachweisinstrumenten (z.B. ZDB) sowie für die Forschung wichtiger spezieller Datenbanken (z.B. Handschriften des Mittelalters).

Aufgrund seiner Aufgabenstellung wird vom DBI jedoch auch erwartet, eine Spitzenposition bei der Entwicklung bibliothekarischer Methoden, Techniken und Verfahren einzunehmen. Insbesondere auf dem Gebiet des Einsatzes neuer Medien in Bibliotheken sollte es federführend tätig sein. Diesen Aufgaben wird das DBI zur Zeit nur in Teilen gerecht. Die Gründe dafür liegen jedoch nicht zuletzt in der starken Stellung von Fachbeirat und Kuratorium, welche die Programmplanung und Durchführung der Aufgaben stark beeinflussen. Deren Mitglieder sind zum Teil Repräsentanten organisierter Interessen und nicht ad personam berufene Einzelpersönlichkeiten. Hier liegt eine der Ursachen dafür, daß eine klare Aufgabenverteilung für überregional wichtige bibliothekarische Belange in Deutschland nur ansatzweise existiert.

Als insgesamt gut zu bewerten sind die Leistungen des DBI im Bereich des öffentlichen Bibliothekswesens (Bibliotheksmanagement, Kompetenzstärkung der Fachstellen, Kinder- und Jugendbibliotheken) und der Auslandskontakte auf EU-Ebene sowie zu den mittel- und osteuropäischen Staaten. Demgegenüber wird die Beratung für wissenschaftliche Bibliotheken unzureichend erfüllt und sind die Kooperationsbeziehungen zu westeuropäischen Staaten und den USA zu dürftig. Hier besteht großer Handlungsbedarf.

Darüber hinaus ist festzuhalten, daß u.a. infolge einigungsbedingten Bedarfes das DBI seit Beginn der 90er Jahre eigene Entwicklungstätigkeiten zugunsten von Routineaufgaben deutlich eingeschränkt hat. Es ist beabsichtigt, diese Entwicklung rückgängig zu machen. Dies ist in der Tat unverzichtbar, wenn das DBI die ihm aufgrund seiner zentralen Position im deutschen Bibliothekswesen gemäße Vordenker- und Vorreiterrolle hinreichend ausfallen will.

Im Personalbereich muß ein höheres Maß an Flexibilität angestrebt werden. Das Verhältnis von unbefristeten zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen sollte zugunsten der letzteren geändert werden; freiwerdende Dauerstellen sollten befristet besetzt werden. Darüber hinaus sollte deutlich mehr als bisher abteilungsübergreifend und projektbezogen gearbeitet werden. Für solche projektbezogenen Teams sollten zusätzliche Fachkräfte auf Honorarbasis gewonnen werden. Des weiteren wird dem DBI empfohlen, freiwerdende Stellen mit Informatikern und Experten für neue Medien zu besetzen, die dazu beitragen dürften, die vom Institut erwarteten Leistungen im EDV-Bereich zu erbringen. Die technische Ausstattung im DV-Bereich ist dringend verbesserungsbedüftig.

Mit Blick auf die Organisationsstruktur des DBI ist die derzeit schwache Position des Direktors des Instituts gegenüber Kuratorium und Fachbeirat deutlich zu stärken. Ferner sollte ein ständiger Stellvertreter des Direktors eingesetzt werden, da ein Abwesenheitsvertreter angesichts des vielschichtigen und umfangreichen Aufgabenspektrums nicht hinreichend ist. Die Aufgabenverteilung zwischen dem Institut und dem Fachkommissionen sollten neu bestimmt und verbessert werden. Das DBI muß insbesondere baldmöglichst ein Verfahren der projektbezogenen Programmplanung etablieren, in das neben der Leitung auch die Fachkommissionen einbezogen sind.


Stand: 27.11.97
Seitenanfang