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Anmerkungen des DBI zum
"Konzept über unverzichtbare überregionale bibliothekarische Serviceleistungen"

Die hier vorgelegten Anmerkungen bewegen sich innerhalb der Grundannahmen und Zielsetzungen, die die Ad-hoc-Arbeitsgruppe der KMK formuliert hat. Diese werden nicht in Frage gestellt. Aufgabe dieses Papiers ist es, klar und konkret die Bedingungen zu nennen, unter denen das Konzept im Sinne seiner Zielsetzungen mit Leben erfüllt werden kann. Die Anmerkungen stützen sich dabei auf langjährige Erfahrungen mit überregionaler Information, Beratung, Entwicklung, Normierung und Koordinierung, ohne diese aus Prinzip tradieren zu wollen.
Die von der Arbeitsgruppe der KMK entworfene "Informations- und Serviceagentur" (im folgenden abgekürzt als IuS-Agentur) ruht von ihrer Aufgabenstellung her auf drei Säulen:

wobei die Grenzen zwischen den drei Bereichen nicht immer klar zu definieren sind.

1. Bedingungen für eine optimale Informationstätigkeit

Die IuS-Agentur soll alle im Sinne ihrer Aufgabenstellung relevanten Informationen zielgerichtet beschaffen, aufbereiten, dokumentieren und weiter vermitteln. Diese Informationen können aus dem Ausland oder dem Inland stammen und durch beliebige Medien bis hin zu mündlichen Kontakten transportiert werden. Die Informationen können also im einzelnen gewonnen werden:

Zur Erfüllung der Informationsaufgabe reicht die Sammlung allein nicht aus. Ihr haben möglichst zeitnah die Erschließung, Auswertung und Weitergabe zu folgen.
Ohne eine breite Basis an Informationsmöglichkeiten kann die IuS-Agentur ihre Informationsaufgabe nicht erfüllen. Diese Basis wird geschaffen durch den Ausbau bereits bewährter Erschließungsinstrumente, durch die Fortführung der im DBI vorhandenen Fachbibliothek sowie durch den Ausbau der ebenfalls bewährten Netzdienstleistungen. Dabei ist Mehrfacharbeit sowohl bei der Erschließung als auch bei der Vermittlung von Informationen zu vermeiden. Alle diese Aufgaben müssen so schnell wie möglich und so kostengünstig wie möglich erfüllt werden.

Fazit:
Da die IuS-Agentur auf jeden Fall einen umfangreichen Informationsbestand wird aufbauen müssen, scheint der Vorschlag der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Verlagerung der DBI-Bibliothek nach Göttingen und zur Einstellung des an diesen Beständen arbeitenden Erschließungsdienstes DOBI unwirtschaftlich und zu Doppelausgaben führend.
In konsequenter Fortführung der KMK-Überlegungen liegt vielmehr die Verlagerung des Sondersammelgebiets Bibliotheks- und Informationswesen an die IuS-Agentur, die Intensivierung des Sammelns Grauer Literatur und die Fortführung von DOBI bei der IuS-Agentur nahe.
Weiterhin ist ein ausgebauter Netzzugang für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unabdingbar. Für die Informationsgewinnung über fachliche Kontakte sind umfangreiche Reisemittel erforderlich. Informationen aus dem Ausland sind auf Grund persönlicher Kontakte oft nur zu beschaffen, wenn gleichwertige aus dem Inland angeboten werden. Nur eine attraktive Einrichtung bietet einen wesentlichen Anreiz für den Informationsaustausch.


2. Bedingungen für eine wirksame Koordinierungstätigkeit

Koordinierung bedeutet die Steuerung unterschiedlicher, selbständiger Kräfte und Entwicklungen in eine vorab einvernehmlich festgelegte Richtung mit einem klar definierten Ziel. Koordinierung kann anders als eine zentrale Lenkung nicht mit zentralen Anordnungen ihre Ziele erreichen. Ihr stehen vielmehr nur folgende Mittel zur Verfügung:

Nach dem vorliegenden Konzept der Ad-hoc-Arbeitsgruppe verfügt die IuS-Agentur zur Durchsetzung ihrer koordinierenden Maßnahmen nur noch (und das auch noch eingeschränkt) über die drei letztgenannten Mittel; alle anderen, sehr viel wirksameren, sind ihr aus der Hand genommen. Die Erfüllung dieser Aufgabe ist damit in Frage gestellt.

Fazit:
Bei den auseinanderstrebenden Kräften und Interessen im deutschen Bibliothekswesen lassen sich die Koordinierungsaufgaben - als zentrale Funktion genannt - nur dann erfolgreich erfüllen, wenn der IuS-Agentur alle oben genannten Koordinierungsinstrumente ausreichend zur Verfügung stehen.


3. Einbindung und Mitarbeit von Experten

Die ehrenamtliche, in Kommissionen oder Arbeitsgruppen organisierte Mitarbeit von Experten bei der Lösung von Sachfragen hat im deutschen Bibliothekswesen eine lange Tradition. Anreize dafür sind - nach dem Interesse an der Lösung von Fachfragen - die Möglichkeit mit anderen zu kommunizieren, seinen eigenen fachlichen Stand weiter zu entwickeln, über Dienstreisen andere Institutionen und Orte kennenzulernen, seinen Namen über Publikationen bekannt zu machen und das berufliche Prestige zu erhöhen. Dieses wächst automatisch mit dem Ansehen der Institution, für die die ehrenamtliche Tätigkeit stattfindet. Zusätzliche Verdienstmöglichkeiten waren für diese Art von Tätigkeit nie entscheidend.
Es darf nicht übersehen werden, daß die Bedingungen für die ehrenamtliche Mitarbeit als Experten sich spürbar verschlechtert haben. Bei Budgetierung und Controlling (in vielen Öffentlichen Bibliotheken bereits eingeführt) werden die Kosten für überregionale Aufgaben transparent. Durch Personalreduktion wächst die Arbeitsbelastung in den eigenen Einrichtungen spürbar, und die Kapazitäten für überregionale Aktivitäten werden drastisch reduziert. Die Bereitschaft zur Mitarbeit beschränkt sich auf konzeptionelle und inhaltliche Fragen; es wird (zu Recht) eine umfangreiche organisatorische und fachliche Betreuung durch das DBI erwartet.
Die im Konzept vorgeschlagene Form der Zusammenarbeit mit Experten betont zu sehr deren Aufgaben und Pflichten, weist ihnen außerdem noch umfangreiche Routineaufgaben zu (Beratungsdienste) und vermindert gleichzeitig die Attraktivität für die Mitarbeit (geringerer "Status"-Wert, weniger Profilierungsmöglichkeiten über Fortbildungstätigkeit und Publikationen, größere Außensteuerung und Kontrolle).

Fazit:t
Die Arbeitsbedingungen für Experten müssen wie oben dargestellt attraktiv bleiben. Langfristige Routineaufgaben können unmöglich auf ihre Schultern gelegt werden. Die Expertengruppen müssen durch Mitarbeiter/innen der IuS-Agentur von Organisations- und fachlichen Routinetätigkeiten entlastet werden. Umfangreichere Arbeiten sind duch ein entsprechendes Honorar abzugelten.
Das Stammpersonal der IuS-Agentur ist zu ergänzen durch kompetente externe Mitarbeiter, die für einen gewissen Zeitraum, gegen angemessenes Honorar, konzentriert und kurzfristig Arbeitsaufträge erfüllen. Je weniger Stammpersonal die IuS-Agentur besitzt, um so mehr Mittel müssen für den Einkauf externer Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.


4. Informationen und Innovationen

Mit einer wirkungsvollen Informationstätigkeit sollen nach den Vorstellungen der KMK-Arbeitsgruppe besonders ausländische Entwicklungen und Trends in deutsche Planungen einfließen, um den Rückstand gegenüber diesen Entwicklungen abzubauen und Doppelarbeit zu vermeiden. Es kann so zwar gelingen, für deutsche Verhältnisse neue Wege zu beschreiten, keinesfalls aber eigene Wege zu finden, die auch im internationalen Vergleich als Innovation gelten. Es wird lediglich etwas adaptiert, was es anderswo schon gibt. Bestenfalls ist damit ein gewisser Entwicklungsrückstand aufzuholen, der aber sofort wieder auftritt, wenn im Ausland Weiterentwicklungen stattfinden, die natürlich nur mit Zeitverzug nach Deutschland zu transportieren sind.
Es bleibt die Frage, wer letztendlich "echte" Innovationen entwickeln soll. Innovationsprozesse kann man nicht dem Zufall überlassen und an die mit Routinetätigkeiten stark belastete Basis verlagern. Die IuS-Agentur, die mit Sachkenntnis und Expertenunterstützung Informationen aufbereitet und weiter vermittelt, wäre eigentlich prädestiniert dazu, daraus auch neue Ideen zu entwickeln.
Es bleibt weiterhin die Frage, wie - d.h. in welchen Arbeitsformen - die IuS-Agentur Innovationen initiieren und verbreiten soll. Initiieren ließe sich Innovation z.B. durch Fachkonferenzen und eigene Projektkonzeptionen; die Verbreitung könnte durch Gremienarbeit und Vorträge, hauptsächlich aber auch durch Publikationen erfolgen. Dabei muß, neben der elektronischen Publikation, durch eine mittelfristige Weiterführung der gedruckten Publikationen gesichert werden, daß Bibliotheken, die hinter den Entwicklungen im elektronischen Bereich herhinken, nicht völlig von innovativen Ansätzen (auch auf nicht-elektronischem Gebiet) abgekoppelt werden.

Fazit:
Die Innovationstätigkeit darf sich nicht auf die Übernahme von Konzepten aus dem Ausland beschränken. Die IuS-Agentur wäre durch ihre Stellung im bibliothekarischen Informationsprozess und durch das Fehlen der Sachzwänge eines Einzelbetriebes zur Entwicklung innovativer Ansätze prädestiniert und sollte diese Möglichkeit auch bekommen. Um überhaupt innovatorisch tätig sein zu können, müssen ihr entsprechende Arbeitsformen (s.o.) zur Verfügung stehen.


5. Projektberatung, Steuerung und Koordinierung gesamtstaatlich relevanter Aktivitäten und Projekte

Zur Problematik der Koordinierung ist generell bereits ausgeführt, was speziell auch bei der Koordinierung von Projekten gilt: weshalb sollten sich Institutionen von der IuS-Agentur koordinieren lassen, wenn ihnen auch der direkte Weg zum Mittelgeber offen steht? Sie werden dies nur dann tun, wenn sie darin Vorteile für sich sehen. Diese sind ohne Zweifel nach wie vor bei der Betreuung von Antragstellern gegeben, die sich an die EU wenden wollen. Hier wird man es immer mit komplexen Programmen, schwierigen bürokratischen Verfahren, einer Vielzahl von Sprachen und bereits laufenden Programmen zu tun haben. Hilfe ist hier notwendig und gefordert.
Dies gilt nicht für Projekte im nationalen Bereich. Die wichtigsten Förderer (BMBF, DFG) haben ihre eigenen Programme und Begutachtungsverfahren. Der Projektträger Fachinformation sowie die diversen DFG-Ausschüsse übernehmen Antragsprüfung, Steuerung und Evaluation von Projekten. Nur wenn die IuS-Agentur über einen eigenen Zugang zu Projektgeldern verfügt, gibt es für einzelne Antragsteller einen Anlaß, sich Koordinierungsbemühungen dieser Agentur zu unterwerfen.
Die IuS-Agentur muß zudem die Möglichkeit bekommen, an bestimmten Projekten selbst mitzuwirken, weil sie dadurch wichtiges Know-how über Innovationen und Neuentwicklungen, das sie für ihre Koordinations- und Beratungstätigkeit braucht, direkt an seinem Ursprung abschöpfen kann (und weil umgekehrt die Projekte ja auch durchaus von ihrem Know-how profitieren könnten).

Fazit:
Idealerweise sollte die IuS-Agentur die Funktion eines Projektträgers des BMBF für das Bibliothekswesen in Deutschland haben. Sie wäre Gutachter, Berater und Controlling-Instanz für alle bibliothekarischen Projekte. Nur dadurch wäre eine koordinierte und zielgerichtete Projektförderung möglich. Zugleich sollte die IuS-Agentur ein zentrales Server-Informationsangebot zu Projekten aller Förderinstanzen im Bereich "Digitale Bibliothek" unterhalten und damit die Kenntnis zur Projektförderung in Deutschland auch optimal verbreiten. Sollte aus formalen Gründen eine Projektträgerschaft nicht möglich sein, wäre eine institutionalisierte Kooperation mit dem aktuellen Projektträger GMD zu vereinbaren, in der sich Kompetenzen und Kontakte in den Bereichen Fachinformation, Medienbranche und Bibliothekswesen optimal ergänzen.
Neben den großen Förderlinien der maßgeblichen Fördereinrichtungen sollte ein kleinerer Projektmittelfonds bei der IuS-Agentur geschaffen werden, aus dem diese selbständig Mittel für kleinere, innovative Projekte vergeben kann. Dies würde neben Großprojekten auch überschaubaren Projektideen - auch solchen eher experimentellen Charakters - eine Chance eröffnen und die Flexibilität und Innovationsfreude sichern. Vorbild für diese hocheffiziente Struktur ist u.a. "elib" (electronic library) in Großbritannien.


6. Beratung und Dienstleistungen

Information, Innovation und Entwicklung, Beratung, Dienstleistung und Koordinierung werden durch das KMK-Konzept aus den Zusammenhängen gelöst, in denen sie stehen: ohne Information keine Entwicklung, ohne Entwicklung keine Innovation, ohne Innovation keine ukunftsträchtigen Dienstleistungen, ohne zukunftsträchtige Dienstleistungen und den Erfahrungen aus ihrer Erstellung keine kompetente Beratungstätigkeit. (Zum Beispiel darf der Informationswert von Anfragen aus inzelbibliotheken als Indikator für sich abzeichnende Tendenzen und Probleme nicht unterschätzt werden!) Indem die genannten Aufgaben auf unterschiedliche Institutionen verteilt oder überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden, wird der Gesamtprozeß in unabhängige Teilprozesse aufgelöst, die weder die IuS-Agentur noch irgend eine andere Institution wieder zu einem Ganzen zusammenführen kann. Das muß man deutlich erkennen, wenn die IuS-Agentur künftig nur in Ausnahmefällen noch Dienstleistungen erfüllen soll.
Es wird immer konkrete Aufgaben und Dienstleistungen geben, die durch eine nationale Einrichtung bearbeitet werden müssen. Das zeigt sich auch daran, daß im KMK-Konzept selbst entsprechende Ausnahmen genannt sind, z.B. die Funktion einer Lizenzagentur oder Tätigkeiten im Bereich Fortbildung. Der IuS-Agentur muß die Möglichkeit gegeben sein, solche Dienstleistungen zu übernehmen, wenn sich ihre Notwendigkeit abzeichnet.
Dabei wäre eine Beschränkung der Beratung über Multiplikatoren zweckmäßig. Dazu bieten sich im öffentlichen Bibliothekswesen die Fachstellen an. Das DBI hat hier schon immer mit den Fachstellenmitarbeitern als Multiplikatoren zusammengearbeitet. Diese bislang geübte Praxis hat sich bewährt und muß fortgeführt werden. Dabei ist eine klare Aufgabenteilung zwischen der Informations- und Service-Agentur und den Fachstellen erforderlich. Es darf aber nicht übersehen werden, daß es  für die ca. 3.000 Spezialbibliotheken und kleineren wissenschaftlichen Bibliotheken keine den Fachstellen entsprechenden Beratungseinrichtungen in Deutschland gibt und das DBI daher für diesen Bibliothekstyp durchaus Beratungs- und Dienstleistungsangebote vorhalten muß.

Die generelle Übernahme von zusätzlichen Dienstleistungen und Beratungsangeboten durch die Fachstellen wäre nur dann möglich, wenn die Fachstellen dafür auch zusätzlich finanziell und personell ausgestattet würden. Ein bloßes kategorisches "Abschieben" solcher Aufgaben vom DBI auf die Fachstellen  ohne diese Konsequenzen, kann daher keine befriedigende Lösung darstellen.
Unter diesen Gesichtspunkten kann es unwirtschaftlich sein, bestimmte bisher zentral finanzierte Kapazitäten künftig dezentral zu finanzieren. Als Beispiele dafür seien hier genannt:

Fazit:
Dienstleistungen und Beratung sollten auch weiterhin ihren Platz in der IuS-Agentur haben - wenn auch mit klarer Prioritätensetzung - denn:
  • Dienstleistung und Beratung dienen nicht nur den anfragenden Bibliotheken sondern haben auch ihre spezifische Funktion für die Informations-, Innovations- und Koordinierungstätigkeit der IuS-Agentur
  • Es ist ein Gebot der sparsamen Verwaltung öffentlicher Mittel, sorgfältig zwischen Dienstleistungen zu unterscheiden, die dezentral vorgehalten und finanziert werden müssen und solchen, bei denen nur das zentrale Angebot sinnvoll sein kann, da sonst ein nicht verantwortbarer Mehraufwand die Folge wäre. Eine klare Aufgabenverteilung und -abgrenzung zwischen zentraler Agentur und Fachstellen bildet dafür die Voraussetzung


7. Öffentlichkeitsarbeit/Außenvertretung

Bei der vorgesehenen Aufgabenstellung der IuS-Agentur müssen die politischen Vorgaben für die Öffentlichkeitsarbeit von außen kommen. Dabei sind komplexe Abstimmungsprozesse zu installieren, die im Bedarfsfall aber sehr schnell und effizient wirken müssen. Die politischen Abhängigkeiten sind in diesem Punkt sehr diffizil: eine rigorose Trennung von den bibliothekarischen Verbänden ist zwar gefordert, praktisch aber nicht möglich; Interessenkonflikte zeichnen sich z.B. ab, wenn die Interessen der Bibliotheken und ihrer Trägerinstitutionen (bzw. der Träger der IuS-Agentur) konträr verlaufen.
Die geforderte fachliche Außenvertretung kann die IuS-Agentur nur wahrnehmen, wenn sie selbst Mitglied in möglichst vielen in- und ausländischen Gremien ist. Ob sie dort akzeptiert wird hängt nicht von ihrem Anspruch, sondern von vergleichbaren eigenen fachlichen Leistungen ab, zu denen sie auch die Gelegenheit haben muß.

Fazit:
Sollte eine zentral Öffentlichkeitsarbeit durch die IuS-Agentur erfolgen, dann muß es eindeutige Antworten auf die Fragen geben: Wer legitimiert die Agentur zu bibliothekspolitischen Verlautbarungen? Wer beschließt den konkreten Arbeitsplan?
In der Öffentlichkeit muß sich die IuS-Agentur durch eigene präsentable fachliche Leistungen profilieren können.


8. Datenverarbeitung und elektronische Dienstleistungen

Es trifft nicht zu, daß das DBI hier nur informationstechnische Aufgaben erfüllt hätte. Die Aufgaben erstrecken sich vielmehr auch auf bibliothekarische Planung und Beratung, auf Marketing im weitesten Sinn und auf die ständige Weiterentwicklung unter Nutzung zeitgemäßer Technik. Dabei sind Managementprobleme ebenso wichtig wie rechtliche Fragestellungen.
Ohne die Erfahrungen aus dem Betrieb und der Weiterentwicklung elektronischer Dienstleistungen gehen Know-how und Infrastruktur verloren, die eine Basis bilden für

Fazit:
Zur Erfüllung der folgenden Aufgaben braucht die IuS-Agentur einen eigenen Arbeitsbereich "Elektronische Dienstleistungen":
- Kommunikation und Netzwerkadministration
- Strukturwandel und Technikentwicklung im Bereich der überregionalen Literaturversorgung
- Deutsche Bibliotheksstatistik


9. Einzustellende Aufgaben

Forschung und Entwicklung
Dazu sind an anderer Stelle Anmerkungen gemacht worden. Hier nur noch eine grundsätzliche Feststellung: Die KMK-Arbeitsgruppe sagt dazu: "Insgesamt kommt die Arbeitsgruppe zu dem Schluß, daß der auf diesen Aufgabenbereich bezogene Anspruch des DBI-Gesetzes selbst überholt ist." Damit attestiert die Arbeitsgruppe dem Wissenschaftsrat, daß sein Haupteinwand gegen das DBI (mangelnde Entwicklungstätigkeit) ins Leere geht. Danach müßte nicht das DBI geschlossen, sondern das DBI-Gesetz geändert werden.

Regelwerksarbeit
Die Arbeitsgruppe der KMK nennt am Anfang ihres Papiers die Kriterien, nach denen Aufgaben der IuS-Agentur zugemessen werden und solche, nach denen die Verteilung auf andere Institutionen ratsam erscheint. Eines der Kriterien, das eine überregionale Institution wie die IuS-Agentur erfordert, ist die Unabhängigkeit. Wendet man dieses Kriterium auf die Regelwerksarbeit und die Festlegung von Normen und Standards an, dürften diese Aufgaben niemals der Deutschen Bibliothek als dem größten Anwender der daraus entstehenden Arbeitsergebnisse übertragen werden. Einzige neutrale Institution in diesem Bereich war das DBI und wird die IuS-Agentur sein.

Vertriebstätigkeit
Eine Untersuchung von fünf denkbaren Varianten der Publikations- und Vertriebsorganisation im DBI kommt zu dem Ergebnis, daß gegen den Eigenvertrieb nach bisherigem Verfahren im Grunde nur die politisch motivierte Vorgabe spricht, wonach Lagerhaltung und Vertrieb nicht "von einer öffentlichen Einrichtung erbracht" werden sollen. Unter Berücksichtigung aller ablauforganisatorischen und wirtschaftlichen Aspekte bestehen bei allen anderen Varianten mehr Nachteile als Vorteile, lediglich die Lösung eines "DBI-Verlages" könnte noch einen gangbaren Weg darstellen, allerdings mit erheblichen Unsicherheiten vor allem rechtlicher Art.

Fazit:
Bei allen abzugebenden Tätigkeiten ist zu fragen, welcher konkrete wirtschaftliche und fachliche Vorteil sich daraus ergibt, daß man eine Tätigkeit von einer öffentlichen Einrichtung (DBI) auf eine andere öffentliche Einrichtung (Einzelbibliothek o.ä.) überträgt. Die jeweils entstehenden Kosten und die notwendigen Transferkosten, sowie die Gefahren eines evtl. entstehenden Dienstleistungsvakuums müssen genau untersucht und abgewägt werden.
Ähnliches gilt bei der Verlagerung von Tätigkeiten auf private Anbieter (vgl. Publikationsvertrieb), Hier muß vor allem auch untersucht werden, ob die Bibliotheken (als Abnehmer von Dienstleistungen) die Kosten, die dann auf sie abgewälzt werden, überhaupt zu tragen in der Lage sind.


10. Überlegungen über die grundsätzliche Struktur einer künftigen IuS-Agentur und die Begleitung ihrer Arbeit

Alles das steht einem schnellen und flexiblen Reagieren des Instituts auf neue Anforderungen ebenso entgegen, wie der kompromißlosen Vorreiterrolle.
Werden die Auswirkungen solcher Strukturen als notwendige Folgen in Prüfungssituationen akzeptiert, dann kann man die Struktur als stimmig ansehen. Werden sie aber zum Nachteil der Einrichtung als Begründung für Fehlleistungen verwendet, dann sollte man sie so nicht auf eine neue Einrichtung übertragen, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden muß, sondern über alternative Strukturen nachdenken.
Nach dem Ergebnis der Begutachtung kann davon ausgegangen werden, daß Kuratorium und Fachbeirat in ihrer gegenwärtigen Form nicht in der Lage waren, das Institut in die Richtung zu lenken, die erforderlich gewesen wäre, um den Kriterien der politischen Auftraggeber zu entsprechen. Beide Einrichtungen sind nach Größe und Zusammensetzung, wie das gesamte Institut, auf Meinungsvielfalt und Kompromiß angelegt.

Hielte man dagegen, das DBI hätte sich gegen die Haltung seiner Kontrollgremien durchsetzen sollen, eine Einstellung, die dem DBI selbst größere Übersicht über das Notwendige attestierte als seinen Kontrollorganen, würde das den Sinn letzterer konterkarieren.
Es scheint also angebracht über die Bewirtschaftung der Mittel sowie die administrative und fachliche Begleitung einer künftigen Einrichtung nachzudenken und nach neuen Formen zu suchen. Nach den bisherigen Erfahrungen muß man für folgende Elemente plädieren:

Das kann z.B. geschehen durch

Das fachlich beratende Gremium sollte ein bibliothekspolitisches, richtungweisendes Gremium sein. Die Agentur braucht von diesem Gremium die bibliothekspolitische Vorgabe für die Dienstleistung, aber keinen Einfluß auf die Form der konkreten Umsetzung. In ihm sollten Bibliothekare und Bildungspolitiker versammelt sein. Zusätzlicher Sachverstand aus dem europäischen Ausland ist hier mehr gefragt, als deutsche Interessenvertretung.

Die Management-AG des DBI


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