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Bericht über einen bibliothekarischen Studienaufenthalt
in Lyon vom 21. September - 17. Oktober 1998
von Simone Winkler

Vom 21. 9. - 17. 10. 1998 hatte ich die Gelegenheit, den Service Commun de la Documentation (SCD) der Université Lyon 3 Jean Moulin kennenzulernen: Dieser bibliothekarische Studienaufenthalt wurde mir im Rahmen des deutsch-französischen Austauschprogramms, organisiert von der Bibliothekarischen Ausslandsstelle des Deutschen Bibliotheksinstituts Berlin und dem Ministère de l'Education Nationale, de la Recherche et de la Technologie, Paris, ermöglicht

Der Service Commun de la Documentation der Université Lyon 3 Jean Moulin
Allgemeines
1990 wurden aufgrund eines Regierungserlasses von 1985 drei Services Communs de la Documentation der Universitäten (Lyon 1 Claude Bernard, Lyon 2 Lumière und Lyon 3 Jean Moulin) in Lyon gegründet, die aus der Bibliothèque Inter-Universitaire entstanden. Diese drei SCDs haben die Aufgabe, die Literaturversorgung in der jeweiligen Universität zu gewährleisten und Lehre und Forschung zu unterstützen. Diese drei Universtitäten, die katholische Universität sowie einige Fachhochschulen, darunter auch die ENSSIB (École Nationale Supérieure des Sciences de l'Information et des Bibliothèques) werden heute als der Pôle Universitaire Lyonnais zusammengefaßt. Die Bestände der Bibliotheken kann man im Internet unter der homepage www.univ-lyon.asso.fr abfragen.

Das Fächerspektrum an der Universität Lyon 3 umfaßt hauptsächlich Jura, Betriebs-, Verwaltungs- und Wirtschaftswissenschaften, aber auch Sprach- und Literaturwissenschaft, Philosophie, Geographie und Kulturwissenschaft. 1993 hat die Universität beschlossen, nach Studienabschnitten getrennte Bibliotheken aufzubauen. Das führt zu einer etwas komplizierten Bibliotheksstruktur, die hoffentlich in ein paar Jahren (nach Beendigung des zweiten Bauabschnitts in der alten Tabakmanufaktur, siehe auch Teilbibliotheken) auch für Außenstehende durchschaubarer sein wird.

Teilbibliotheken
Bibliothek der Manufaktur, Universitätsbibliothek, 4, Cours Albert Thomas
Inmitten der alten Tabakmanufaktur, die erst teilweise renoviert wurde, befindet sich der Neubau der Bibliothek der Manufaktur, die im November 1996 eröffnet wurde. Dort ist die Literatur zum ersten Studienabschnitt aller Fachgebiete des Universitätsspektrums, bis auf Jura, untergebracht. Zur Zeit sind das circa 37.000 Monographien und 170 laufend gehaltene Zeitschriften. Die Bestände sind, wie in allen anderen Teilbibliotheken auch, nach der Dewey Dezimalklassifikation aufgestellt.

Im Erdgeschoß befinden sich eine Ausstellungshalle sowie die Ausleihtheke mit Eingangskontrolle, Buchsicherungsanlage und Zeitschriftenauslage. Vermißt habe ich eine Garderobe und eine Taschenablage bzw. Schließfächer. Dies konnte aber aus finanziellen Gründen nicht gekauft werden. Auf vier Stockwerken sind die verschiedenen Fachgebiete verteilt. Dazu kommen auf der ersten Etage ein Multimedia-Saal und ein Kopiergerät und auf der zweiten eine Kartothek. Auf fast allen Etagen gibt es Besprechungsräume, die sowohl Professoren als auch Studenten benutzen können. Auf der fünften Etage ist die Bibliotheksverwaltung untergebracht.

In jeder Etage stehen PCs, mit denen man im Katalog, in den CD-ROMs und im Internet recherchieren kann. Einen Zettelkatalog gibt es nicht mehr. Außerdem findet sich auf jedem Stockwerk eine Auskunftstheke, die während der Öffnungszeiten der Bibliothek (zur Zeit Montag bis Freitag 9 - 19 Uhr) ständig entweder mit einer bibliothekarischen Fachkraft oder einem studentischen Mitarbeiter besetzt ist.

Anfang 1999 soll mit dem zweiten Bauabschnitt der Manufaktur begonnen werden. Ist dieser fertiggestellt, werden alle Teilbibliotheken (bis auf Jura, 2. und 3. Studienabschnitt mit Forschungsbibliothek) in einem großen Gebäudekomplex, das im Grundriß einem "L" gleichen wird, untergebracht sein. Dabei bleibt der jetzige Neubau weiterhin dem ersten Studienabschnitt zugeteilt. An der Ecke des "L" wird der Übergang zu dem noch zu renovierenden Flügel der Manufaktur entstehen. In diesem Flügel werden dann, jeweils entsprechend den Fachgebieten im Neubau, die Literatur der zweiten Studienabschnitte und des dritten Studienabschnitts für Betriebs- und Verwaltungswissenschaft untergebracht.

Unter der URL www-scd.univ-lyon3.fr/scd/archmanu.htm findet man sowohl zusätzliche Informationen als auch Bilder zum Neubau der Universitätsbibliothek.

Bibliothek der Manufaktur, Rechtsbibliothek, 4, Cours Albert Thomas
Die Rechtsbibliothek für den ersten Studienabschnitt ist in einem bereits renovierten Flügel der Tabakmanufaktur untergebracht, wird aber nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts auch in diesen neuen Gebäudekomplex umziehen. Circa 25.000 Monographien und 80 abonnierte Zeitschriften sind nach einer auf das französische Rechtssystem zugeschnittenen Dewey Dezimalklassifikation aufgestellt. Dabei erfolgte eine Trennung in einen Lesesaalbestand und eine Lehrbuchsammlung. Während des Semesters reichen die Arbeitsplätze für die Studenten meist nicht aus, was bei etwa 2000 Studienanfängern pro Jahr im Fach Jura auch nicht weiter verwundert. Da das Personal des SCD nicht ausreicht, all diesen Studienanfängern eine Bibliotheksbesichtigung zu ermöglichen, werden Studenten des zweiten und dritten Studienabschnitts geschult, die dann die Führungen veranstalten.

Bibliothek für Recht, Betriebs- und Verwaltungswissenschaften, 15, quai Claude Bernard
In der Teilbibliothek für Recht, Betriebs- und Verwaltungswissenschaften ist die Literatur für den zweiten und dritten Studienabschnitt dieser Fächer untergebracht. Sie ist gleichzeitig Forschungsbibliothek zu diesen Themen, weshalb zu den Benutzern auch Anwälte aus Lyon und Umgebung gehören, die die Möglichkeiten der Bibliothek nutzen. Auf drei Etagen sind circa 30.000 Monographien und 500 laufend gehaltene Zeitschriften untergebracht. Dabei sind die Magazinräume über dem in der Mitte nach oben offenen Lesesaal. Im Eingangsbereich sind zahlreiche Kopiergeräte, PCs und die Ausleihtheke untergebracht. Der daraus entstehende Lärmpegel ist zum Arbeiten nicht besonders angenehm. Trotzdem reichen die circa 80 Arbeitsplätze während des Semesters für die Studenten nicht aus.

Bibliothek für Sprachen und Philosophie, 74, rue Pasteur
Die Teilbibliothek für Sprachen und Philosophie ist nur für die Literatur des zweiten Studienabschnitts zuständig. Sie ist mit ihren circa 25.000 Monographien und 100 abonnierten Zeitschriften in einem Kellergeschoß untergebracht. Bücher in Sprachen mit nichtlateinischen Buchstaben sind noch nicht im gemeinsamen Katalog erfaßt, weshalb die Ausleihe dieser Bücher auch noch mit handgeschriebenen Ausleihzetteln erfolgt. Dennoch wird die Bibliothek von den Studenten rege besucht.

Bibliothek für Sprach- und Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaften, 74, rue Pasteur
Auch in dieser Teilbibliothek findet man nur Literatur zum zweiten Studienabschnitt zu den Themen Sprach- und Literaturwissenschaft, Umwelt, Geographie, Geschichte, Sozialwissenschaften und Soziologie. Hier fällt der Platzmangel in den Regalen auf, weil die Bücher teilweise zweireihig auf den Regalbrettern stehen.

Spezialbibliotheken
Dem SCD zugeordnet sind etwa 30 Spezial- bzw. Forschungsbibliotheken. Diese sind meist nur nach Anmeldung zu benutzen. Die Bestände dieser Bibliotheken werden seit 1995 über Retrokonversion in den gemeinsamen Bibliothekskatalog aufgenommen.

Zentralbibliothek
Die gemeinsame Zentralbibliothek der Universitäten Lyon 2 Lumière und Lyon 3 Jean Moulin sammelt Literatur für die dritten Studienabschnitte der von Lyon 2 und Lyon 3 betreuten Fächer. Zugleich ist sie Forschungsbibliothek. Die Bestände dieser Zentralbibliothek werden inzwischen fast nur noch im EDV-Katalog der Universität Lyon 2 erfaßt. Ausnahmen sind mehrbändige Werke, die von der Universität 3 bezahlt werden.

Bibliothèque du Centre d'Etudes Universitaires de Bourg et de l'Ain (CEUBA), Bourg en Bresse
Diese ausgelagerte Bibliothek wird vom SCD der Universität Lyon 3 mitbetreut. Das betrifft die Katalogisierung, die Anbindung im EDV-Netz und die Schulung des Personals.

Gemeinsame Dienstleistungen
Haushalt
Die Mittel für den SCD werden zum einen vom Kultusministerium und vom Forschungsministerium bereitgestellt, aber auch von der Stadt Lyon und der Region Rhône-Alpes. Außerdem gibt es einen Vierjahresplan, den der SCD in regelmäßigen Abständen erstellen muß. Darin werden die Pläne und Vorhaben für die nächsten vier Jahre beschrieben und die dafür benötigten Mittel aufgeführt. Über diesen Vierjahresplan wird dann mit den Ministerien ein Vertrag geschlossen, in dem sich die Partner zur Einhaltung des Planes verpflichten. Das Ministerium stellt die Mittel zur Verfügung und der SCD versucht, die Pläne und Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die Zuweisung der Mittel erfolgt dann jährlich.

Zentrale Erwerbungsstelle
Die zentrale Erwerbungsstelle des SCD wurde eingerichtet, um dublette Bestellungen zu vermeiden und um Personal einzusparen. Außerdem war es nötig, die Bestellungen aller Teilbibliotheken zu koordinieren und auf die rechtlichen Bestimmungen des Marktes zu achten.

Die Fachreferenten bestellen für ihr jeweiliges Fachgebiet Monographien und Zeitschriften. Dabei orientieren sie sich an den ihnen überlassenen Bestellisten der Professoren. Die bibliographischen Angaben müssen von den Fachreferenten ergänzt werden, bevor sie von ihnen in die gemeinsame Erwerbungsdatei GEAC unter Angabe des jeweiligen Abteilungsetats eingegeben werden. Das hat zur Folge, daß die Benutzer der Bibliotheken im Katalog bei diesen Titelaufnahmen den Hinweis "bestellt" finden. Von den Mitarbeitern der zentralen Erwerbungsstelle wird geprüft, ob auf dem angegebenen Abteilungsetat noch Mittel zur Verfügung stehen. Erst dann werden die bestellten Titel einmal in der Woche ausgedruckt und an die Lieferanten verschickt.

Da der SCD mehr als 300.000 FF im Jahr für Bücher und Monographien ausgibt, kann die Erwerbungsstelle ihre Lieferanten nicht selbst aussuchen. Sie ist auf Lieferanten angewiesen, die sich für diesen Markt beworben haben und aufgrund ihrer günstigen Lieferkonditionen ausgewählt worden sind.

Werden die Monographien geliefert, wird die richtige und vollständige Lieferung geprüft, die Rechnungen werden bearbeitet und die Bücher gestempelt. In GEAC wird die Erwerbungstitelaufnahme dahingehend geändert, daß nicht mehr der Eintrag "bestellt" erscheint, sondern "im Geschäftsgang". Nun müssen die Fachreferenten die Stelle der Dewey Dezimalklassifikation der Neuerwerbungen festlegen, bevor die Bücher katalogisiert und beschriftet werden.

Der Eingang der Zeitschriftenhefte wird in den jeweiligen Teilbibliotheken kontrolliert. Die Verwaltung erfolgt seit 1995 ebenfalls mit dem Programm GEAC. Dabei muß bei jeder neuen Zeitschrift eine Eingabemaske angelegt werden. Diese enthält Titeldaten, Verlagsangaben, ISBN, Lieferant, Erscheinungshäufigkeit und das geplante Erscheinungsdatum pro Heft. Außerdem wird angegeben, ob eine Bandzählung vorhanden ist oder eine laufende Heftzählung und ob in der Regel ein Titelregister zu einem abgeschlossenen Jahrgang erscheint. Beim Eingang der Hefte werden dann die gelieferte Heftnummer und das Eingangsdatum eingegeben, die Hefte gestempelt und mit einem Buchsicherungsstreifen versehen. Danach werden die Hefte ausgelegt. Gebunden werden nur wenige Zeitschriften, da dafür kein Geld vorhanden ist. So stehen die Jahrgänge lose in Stehsammlern im Magazin und die Hefte müssen von den Benutzern einzeln bestellt werden. Das jeweils letzte gelieferte Heft erscheint bei der Titelaufnahme im Katalog.

Katalogisierung
Die Katalogisierung der Neuerwerbungen des SCD erfolgt in der Datenbank BN-OPALE. Dabei wird nur das Bibliothekssigel Lyon 3 an eine bereits vorhandene Titelaufnahme angehängt oder diese neu erstellt, falls sie noch nicht in der Datenbank enthalten ist. Das betrifft dann meist nicht-französisch-sprachige Titel, da die Titelaufnahmen der französischen Neuerscheinungen bereits von der Bibliothèque Nationale erstellt wurden. Das Katalogisierungsformat der Datenbank BN-OPALE ist Unimarc.

Inzwischen werden die neu erstellten Titelaufnahmen und angehängten lokalen Bibliothekssigel täglich in die lokale Datenbank GEAC eingespielt. Dabei werden die Erwerbungstitelaufnahmen über ISBN-Abruf durch die vollständigeren Titeldaten aus der Datenbank BN-OPALE ersetzt. Durch den ISBN-Abruf können aber nicht alle Erwerbungstitelaufnahmen ersetzt werden, so daß in mühevoller Handarbeit dublette Titelaufnahmen gelöscht werden müssen.

Die Retrokonversion der Spezialbibliotheken erfolgt in der lokalen Datenbank GEAC. Auch hier ist das Katalogisierungsformat Unimarc.

In die Datenbank GEAC wird erst am Ende des Geschäftsgangs, bevor die Bücher das Signaturschild erhalten und am Standort eingestellt werden, der Standort des Buches eingegeben, also sowohl die Kodierung der jeweiligen Teilbibliothek als auch die Dewey-Nummer und die Exemplarzahl.

Leihstelle
Benutzeranmeldung
Meldet sich ein Benutzer neu in der Bibliothek an, muß er einen gültigen Studentenausweis und ein Lichtbild mitbringen. Mit dem Programm GEAC werden die personenbezogenen Daten aus der Datenbank der zentralen Universitätsverwaltung abgerufen, ergänzt und/oder korrigiert, außerdem werden das Gültigkeitsdatum eingetragen und die ausstellende Teilbibliothek angegeben. Auf einen Ausweisrohling werden das Lichtbild aufgeklebt und der Barcode des Ausweises durch Einlesen mit den Personendaten verknüpft.

Ausleihe
Die Benutzer können gleichzeitig insgesamt fünf Bücher ausleihen, davon nicht mehr als drei in jeder Teilbibliothek und nicht mehr als zwei Wochenendausleihen (von Freitag 12 Uhr bis Montag 12 Uhr). Erstaunlicherweise werden keine Säumnisgebühren erhoben, dafür erfolgt eine Ausleihsperre, wenn die entliehenen Bücher nicht rechtzeitig zurückgebracht werden. Der Benutzer erhält nicht nur in der Zeit bis zur Rückgabe der säumigen Bücher keine weiteren Monographien, sondern auch in der anschließenden Zeit, die dem Zeitraum zwischen Ende der Leihfrist und der tatsächlichen Abgabe der entliehenen Bücher entspricht. Die Leihfrist beträgt zwei Wochen, es gibt aber keine Möglichkeit, die Leihfrist der Bücher zu verlängern oder ein bestimmtes Buch vorzumerken. Vor der Ausgabe der Bücher wird der Magnetstreifen entmagnetisiert.

Für die Ausleihe können die Benutzer auch an Selbstverbuchungsplätzen Bücher ausleihen. Man legt zuerst den Leserausweis auf ein Sichtfeld, danach die Bücher mit dem aufgeklebten Barcode. Ist der Ausleihvorgang abgeschlossen, wird automatisch ein Leihzettel ausgedruckt. 1997 erfolgte fast die Hälfte der 70.000 Ausleihen an den Selbstverbuchungsplätzen.

Neue Technologien
Eine zentrale Rolle spielen im SCD die neuen Technologien, die vor allem von der Leiterin Frau Molliné sehr gefördert werden. Das lokale Netzwerk umfaßt circa 120 PCs, die von den Mitarbeitern des SCD betreut werden. Das sind zur Zeit 50 GEAC-Arbeitsplätze für die bibliothekarischen Verwaltungsaufgaben, 40 PCs, auf denen die Benutzer im Katalog, in den CD-ROM-Datenbanken und im Internet recherchieren können, und 20 PCs für sonstige Verwaltungsaufgaben (unter anderem für die Verwaltung des Netzwerks).

GEAC
Das Programm GEAC ist im SCD seit 1993 im Einsatz. Begonnen wurde mit der Installation des Erwerbungsmoduls, ein Trimester später folgten das Katalogisierungs- und das Ausleihmodul und die Schulung der Mitarbeiter durch die Firma GEAC. 1995 wurde die Zeitschriftenverwaltung mit GEAC begonnen, wie auch die Retrokonversion in den Spezial- und Forschungsbibliotheken. GEAC ist nicht besonders benutzerfreundlich, da es keine Windows-Oberfläche anbietet. OPAC
Der OPAC des SCD läuft unter dem Programm SIBER, das von der Firma Archimède entwickelt wurde und das die Daten von GEAC mit einer Windows-Oberfläche versieht. Im OPAC werden verschiedene Recherchemöglichkeiten angeboten. Zum einen gibt es eine einfache Recherche mit Suchmöglichkeiten nach Titeln, Verfassern, Schlagwörtern oder Reihen. Dabei kann man zusätzlich eine Sortierung entweder alphabetisch nach Autoren oder Titeln oder numerisch nach Erscheinungsjahr auswählen. Bei der einfachen Recherche gibt es außerdem die Möglichkeit, einen Index aufzublättern.

Bei der Suche nach mehreren Kategorien muß man die gewünschte Kategorie anklicken und danach den Suchbegriff eingeben. Will man diesen dann mit einer anderen Kategorie verknüpfen, muß man einen Boole'schen Operator (und, oder, nicht) auswählen, ebenfalls anklicken und den Suchbegriff eingeben. Bei den Einschränkungsmöglichkeiten habe ich die Kriterien Verlagsort, Verlag und Erscheinungsjahr vermißt.

CD-ROMs
1993 wurde mit dem Aufbau eines CD-ROM-Netzes begonnen, das damals circa zehn CD-ROMs umfasste. Heute sind im CD-ROM-Netz 52 Titel, was etwa 200 CD-ROMs entspricht.

Im SCD gibt es zwei CD-ROM-Server, einen in der Universitätsbibliothek (4, cours Albert Thomas) und einen in der Bibliothek für Recht, Betriebs- und Verwaltungswissenschaften (15, quai Claude Bernard). Von diesem Server aus werden die Teilbibliotheken Sprachen/Philosophie und Sprach-, Literatur und Kulturwissenschaften sowie die Zweigstelle in Bourg en Bresse versorgt. Die Leitung zwischen diesen beiden Servern ist nicht stabil, weshalb man sich dazu entschlossen hat, zwei Server zu installieren und zu betreuen. Natürlich müssen so auch die updates immer doppelt installiert werden. Die Region Rhône-Alpes will aber 1999 die Vernetzung dahingehend verbessern, daß die Teilung in zwei Stationen nicht mehr nötig sein wird.

Über neue CD-ROMs entscheiden die Fachreferenten gemeinsam, sofern es die finanziellen Mittel überhaupt zulassen, neue CD-ROMs zu erwerben. Für den Kauf einer neuen CD-ROM ist es außerdem wichtig zu wissen, ob sich der neue Titel überhaupt in dem vorhandenen Netz installieren läßt, wieviele parallele Benutzer erlaubt sind und ob der Verlag bzw. Hersteller eine Duplizierung des Titels (für die beiden Server) genehmigt. Bestellt werden die CD-ROMs bei einem Großhändler, der auch CD-ROMs zur Verfügung stellt, über deren Kauf noch entschieden werden soll. Nach einer Probeinstallation können die Fachreferenten testen, ob der Kauf dieser CD-ROM sinnvoll ist oder nicht.

Wählt man die Rubrik "CD-ROMs" auf dem Eingangsbildschirm des SCD an, findet man die CD-ROMs in Themengruppen abgelegt. Diese zehn Themengruppen sind Aktuelles (z. B. Le monde), Allgemeinbibliographien (z. B. Bibliothèque Nationale, livres depuis 1970), Wörterbücher/Enzyklopädien (z. B. Larousse), Recht (z. B. französische Gesetzestexte), Betriebs-, Wirtschafts-, Politikwissenschaften, Geschichte/Geographie, Literatur/Philosophie (z. B. Modern Language Association), Virtuelle Museen (z. B. Musée d'Orsay), Informationswissenschaft (z. B. Information science abstracts), und Test (Testversionen von CD-ROMs, die im nächsten Jahr neu gekauft werden). Klickt man eine CD-ROM an, erhält man meist eine Kurzbeschreibung darüber, was in ihr enthalten ist.

Internet
Der Eingangsbildschirm der Benutzer-PCs bietet neben der Recherche im Katalog und in den CD-ROM-Datenbanken auch die Möglichkeit, im Internet zu surfen. Durch ein thematisch aufbereitetes Menü ist aber nur ein beschränkter Zugang ins Internet möglich. Dieses Menü enthält unter anderem Rubriken wie Allgemeines, Recht, Geographie, Betriebs-, Wirtschafts-, und Verwaltungswissenschaften, Philosophie, aber auch Deutsch, Englisch, Spanisch. Unter diesen Menüpunkten sind dann verschiedene links aufgeführt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, direkt eine URL einzugeben, wobei diese nicht gesucht wird, sollte die URL nicht freigegeben sein. Inzwischen gibt es im Multimedia-Saal auch einen PC, auf dem die freie Recherche im Internet möglich ist. Der beschränkte Zugang ist mit großem Arbeitsaufwand verbunden, da die angegebenen links ständig auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden müssen. Dies gehört auch zu den Aufgaben der Fachreferenten, wie auch die Suche nach neuen, wichtigen links, die gegebenenfalls bei einer Rubrik hinzugefügt werden müssen. Ich habe während meines Praktikums den deutschen Menüpunkt gründlich überarbeitet und neu zusammengestellt.

In der Internet-Abteilung des SCD werden aber auch andere Dienstleistungen angeboten. So werden zum Beispiel bei nicht französisch-sprachigen Monographien die Inhaltsverzeichnisse gescannt, in eine gestalterisch schöne Form gebracht und als html-Texte abgespeichert. Danach folgt die Verknüpfung mit der Titelaufnahme im Katalog. Bei Monographien in nicht-lateinischen Buchstaben werden die Inhaltsverzeichnisse ebenfalls eingescannt, aber als Bilder abgespeichert. So können die Benutzer die Seiten vergrößern und die Monographien daraufhin überprüfen, ob sie wichtig sind oder nicht.

Es gibt auch einige Videofilme, die man dann direkt am PC ablaufen lassen kann. Außerdem sind die meisten CD-ROMs mit den Titelaufnahmen im Katalog verknüpft, so daß man direkt vom Katalog aus in die CD-ROM-Recherche einsteigen kann. Als weiteren Service muß man die Verknüpfung der Zeitschriften mit homepages erwähnen. Dies nimmt einen immer größeren Stellenwert ein, da immer mehr Zeitschriften im Internet zu finden sind. Sei es bloß als Verlagshinweis auf den Titel, sei es mit den Inhaltsverzeichnissen der letzten erschienenen Hefte, Zusammenfassungen oder sogar im Volltext. Diese Verknüpfungen findet man einerseits über die Titelaufnahmen der Zeitschriften im alphabetischen Katalog. Andererseits gibt es auch eine alphabetische Zeitschriftenliste, die Verknüpfungen zum Katalog (über die ISBN) und zu den homepages anbietet. Während meines Praktikums habe ich fast die komplette Zeitschriftenliste überarbeitet und war dabei selbst überrascht, wieviele Titel man bereits im Internet findet.

Exkurs
Université catholique
Da ich in der Bibliothek des Theologicums in Tübingen arbeite, war ich daran interessiert, eine ähnlich große theologische Bibliothek in Lyon zu besuchen. Die Bibliothek der katholischen Universität hat etwa 250.000 Bände, die sich auf vier Stockwerke verteilen, einen kleinen Lesesaal sowie ein Zeitschriftenmagazin im ersten Stock, zwei Magazine im zweiten und dritten Stock und ein klimatisiertes Magazin im Untergeschoß mit einer Kompaktregalanlage und abgeschlossenem RARA-Bereich.

In der Bibliothek der katholischen Universität können die Benutzer die Monographien aus den Magazinen bestellen und sofort ausleihen. Dabei erfolgt die Bestellung noch mit handschriftlich ausgefüllten Zetteln, die Verbuchung jedoch mit PCs. Sowohl die Erwerbung, als auch die Katalogisierung und die Ausleihe laufen über die Datenbank Sibil. Der Etat umfaßt 500.000 FF jährlich, wovon 200.000 FF für Monographien ausgegeben werden, 300.000 FF sind für Zeitschriften und Fortsetzungen bereits im voraus verplant. Im Gegensatz zum SCD der Universität Lyon 3 Jean Moulin besteht hier kein Kaufzwang bei bestimmten Lieferanten. Leider kann man den Katalog nicht über den Pôle Universitaire Lyonnais nutzen, die homepage der Katholischen Universität www.univ-catholyon.fr befindet sich noch im Aufbau

Sources chrétiennes
Die Bibliothek der Gesellschaft Sources chrétiennes umfaßt circa 17.000 Bände. Die Gesellschaft gibt die Reihe "Sources chrétiennes" heraus, in der Quellenwerke der lateinischen, griechischen und byzantinischen Kirchenväter erscheinen. Da nur wenig Platz zur Verfügung steht, werden nur Bücher und Zeitschriften aufgenommen, die das Themengebiet der Reihe betreffen. Die Neuerwerbungen gelangen meist durch Tausch in die Bibliothek ; es werden aber auch Neuerscheinungen aus aller Welt gekauft. Die wenigen Arbeitsplätze und Büros stehen hauptsächlich den Forschern zur Verfügung, die mit der Herausgabe eines neuen Bandes der Reihe beschäftigt sind. Aber auch andere Forscher und Studenten haben die Möglichkeit, die Bibliothek zu benutzen.

Service Commun de la Documentation der Universität Lyon 1, Claude Bernard Ich habe den SCD der Universität Lyon 1 deshalb besucht, weil dort das Bibliothekssystem "Horizon" im Einsatz ist, das im kommenden Jahr im Bereich des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes eingeführt wird, und ich deshalb daran interessiert war, das System einmal zu sehen. Im SCD ist "Horizon" seit 1995 im Einsatz, zur Zeit in der Version 5.0 mit allen Modulen, also Erwerbung der Monographien und Zeitschriften, Katalogisierung, Ausleihe und OPAC.

Der OPAC bietet eine komfortable Benutzeroberfläche mit vielen Such- und Ausgabemöglichkeiten. Beim Ausleihmodul werden die personenbezogenen Daten der Studenten von der Zentralen Verwaltung der Universität eingespielt. Problematisch ist in diesem Modul die Möglichkeit, ein bereits ausgeliehenes Buch von einem Benutzer auf einen anderen umzubuchen. Dabei werden zum Beispiel abgelaufene Leihfristen und damit verbundene Ausleihsperren vom System übergangen. Beim Erwerbungsmodul gibt es die Möglichkeit für die Fachreferenten, auf das Konto eines Kollegen Bücher zu bestellen. Hier wurde die unzureichende Paßwortvergabe bemängelt, die solche Fehlerquellen hervorrufen.

Da die Katalogisierung bereits im OCLC erfolgte, war es unabdingbar, daß "Horizon" diese Daten verarbeiten konnte. Trotzdem werden z. B. Dissertationen der Universität Lyon 1 nur in "Horizon" katalogisiert. Innerhalb des Moduls gibt es verschiedene Normdateien (Autoren und Körperschaften, Reihen, Schlagwörter) mit denen die Titelaufnahmen dann verknüpft werden müssen. Diese Verknüpfungen lassen sich mit einem Mausklick herstellen, was mir sehr gut gefallen hat. Trotz all der Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit "Horizon" entstehen und die mir auch gezeigt wurden, war dies ein sehr lohnenswerter Besuch.

Resümee
Während meines vierwöchigen Praktikums im SCD der Universität Lyon 3 habe ich viel über die neuen Technologien und deren Möglichkeiten erfahren. In dieser Hinsicht ist der SCD meiner Meinung nach sehr gut ausgestattet und wagt auch viel Neues. Dies geschieht hauptsächlich durch den engagierten Einsatz der Mitarbeiter und das Werben der Direktorin für "ihren" SCD, was die Beschaffung der Mittel sowohl bei den Ministerien als auch bei der Region Rhône-Alpes angeht. Die französischen Bibliothekare haben mich freundlich aufgenommen und mir das komplizierte Universitätssystem von Lyon näher gebracht. Mit Lyon habe ich eine Stadt näher kennengelernt, die durch die Flüsse Rhône und Saône ein besonderes Flair erhält. Dazu kommt die Altstadt mit herrlichen Innenhöfen, das alte Seidenviertel mit den Traboules, den Verbindungsgängen von einer Straße zur anderen, und mit Fourvière, von wo aus man einen herrlichen Blick über die ganze Stadt hat. Bedanken möchte ich mich bei der bibliothekarischen Auslandsstelle des Deutschen Bibliotheksinstituts Berlin und beim Ministère de l'Education Nationale, de la Recherche et de la Technologie, Paris, die mir dieses Praktikum ermöglicht haben und bei den Mitarbeitern des SCD für die lehrreiche Zeit, die ich dort verbringen durfte.

Simone Winkler
Bibliothek des Theologicums
Liebermeisterstraße 12
72076 Tübingen
Tel: (0 70 71) 29 7 28 75
Fax: (0 70 71) 29 28 78
E-mail:simone.winkler@uni-tuebingen.de


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