Seite 42-43 - DNB_Leseraum_FINAL

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zum Schaufenster der DNB wurde.
Zudem zog das Deutsche Musikarchiv
aus Berlin mit seinen Magazinen in den
Erweiterungsbau um und erhielt im
historischen Gebäude einen auf seinen
Bedarf zugeschnittenen Studio-, Lese-
saal- und Bürotrakt. 136 Kilometer Re-
galböden bieten jetzt unter optimierten
Bedingungen Raum für die Tonträger-
und Musikaliensammlungen des Musik-
archivs, für spezielle museale Samm-
lungen sowie für den allgemeinen Be-
stand der DNB. Mit einer verbesserten
Ausstattung der neuen Lesesäle wurde
den Wünschen und Bedürfnissen der
Benutzerinnen und Benutzer entspro-
chen.
Eine Gesetzesnovelle
und ihre Folgen
Inhaltlich zukunftsweisend und weitrei-
chend war die Novellierung des Geset-
zes über die Deutsche Nationalbiblio-
thek im Jahre 2006. Das neue Gesetz
gibt der Bibliothek den Auftrag, nicht
mehr ausschließlich Druckwerke, Ton-
träger und andere an Trägermateriali-
en gebundene Werke zu sammeln, zu
erschließen, aufzubewahren und zur
Nutzung bereitzustellen, sondern auch
die sogenannten unkörperlichen Medi-
enwerke oder Netzpublikationen. Dabei
änderte sich der Auftrag inhaltlich nicht
und es ist beachtlich, dass sich damit
die Ziele der DNB seit ihrer Gründung
im Grundsatz nicht geändert haben.
Durch die Novellierung des Gesetzes
und der es präzisierenden Verordnung,
Richtlinien, Regeln und Standards wur-
de der Auftrag so angepasst und weiter-
entwickelt, dass er mit dem gesellschaft-
lichen Wandel Schritt halten konnte.
Die damit angestoßenen Veränderungen
sind in ihrer Tragweite bis heute noch
nicht ganz abzuschätzen. Sammlungs-
breite und -tiefe, Abgrenzungen zu Akti-
vitäten anderer Einrichtungen, Erschlie-
ßungs- und Archivierungsverfahren und
das immer mehr in den Fokus rückende
Gebiet urheberrechtlicher Fragestellun-
gen beschäftigen die DNB heute und
sicherlich in den kommenden Jahren
stark. Dabei behalten die traditionellen
Medien ihre maßgebliche Bedeutung,
und ihre Erschließung und Bereitstel-
lung nehmen den weitaus größten Teil
der täglichen Arbeitszeit ein. So ist
der Zugang gedruckter Medien und
von Tonträgern mit täglich rund 3.000
Stück noch immer enorm. Die Bewälti-
gung der großen Masse der Netzpubli-
kationen ist allerdings nur mit anderen
als den herkömmlichen Methoden und
Verfahren möglich. Hier hat die DNB
begonnen, automatisierte Geschäftsgän-
ge zu entwickeln, die mit dem Sammeln,
dem sogenannten Ingest, beginnen, die
Erschließung als arbeitsintensivsten Teil
besonders in den Fokus nehmen und
die Archivierung, aber auch die Be-
reitstellung berücksichtigen. Vor allem
beim Erschließen ist dies eine Abkehr
von bibliothekarischen Traditionen.
Aber die neuen Medien erfordern neue
Methoden, und neue Technologien er-
möglichen sie.
Standardisierung
stärkt Vernetzung
Mit Beginn des neuen Jahrtausends
übernahm die DNB das Hosting der
Zeitschriftendatenbank (ZDB), einer
nationalen Datenbank für Titel- und
Besitznachweise von Zeitschriften,
Zeitungen und anderen fortlaufenden
Sammelwerken, für die Staatsbiblio-
thek zu Berlin, die als Betreiber einen
neuen technischen Partner suchte. Im
Jahr 2007 wurde die DNB auch akti-
ver ZDB-Katalogisierungspartner. Im
Jahr 2001 beschloss der im Jahr zuvor
als überregionales Gremium gegründe-
te Standardisierungsausschuss, dessen
Geschäftsstelle von der DNB gestellt
wird, die grundsätzliche Abwendung
von nationalen bibliothekarischen Re-
gelwerken und Formaten bei gleichzei-
tiger Übernahme international gängiger
Standards. Nach jahrzehntelangen Dis-
kussionen im deutschen Bibliothekswe-
sen waren dies geradezu revolutionäre
Beschlüsse. Mit Projektunterstützung
durch die Mellon Foundation und
die Deutsche Forschungsgemeinschaft
konnte zunächst MARC 21, ein interna-
tionales Austauschformat, für Deutsch-
land und Österreich etabliert werden.
Parallel zu den deutschen Diskussionen
wurde international der neue Katalogi-
sierungsstandard RDA entwickelt, der
alle Voraussetzungen dafür bietet, Bi-
bliotheken im World Wide Web sicht-
bar werden zu lassen. Die DNB ist in-
tensiv in diese Arbeiten eingebunden
und beabsichtigt, den neuen Standard
zusammen mit den Bibliotheken des
deutschsprachigen Raumes möglichst
bald einzuführen.
Für das künftige Wissensmanagement
von ebenfalls grundlegender Bedeutung
war 2012 die Inbetriebnahme der Ge-
meinsamen Normdatei (GND), eine
von der DNB betriebene Normdatei
der deutschen Bibliotheken, die die bis-
herigen getrennt gehaltenen Normda-
teien zusammenführt und sie zu einem
wichtigen Knotenpunkt im Semantic
Web macht. Die GND steht, ebenso wie
mittlerweile ein Großteil der Titeldaten
der DNB, auch als Linked Open Data
zur Verfügung. Dazu musste ein neu-
es Geschäftsmodell entwickelt werden.
Die DNB arbeitet nunmehr mit einer
Moving Wall, d. h., sie stellt alle Daten,
die bis zu einem bestimmten Datum
in der Deutschen Nationalbibliografe
verzeichnet wurden, zur Nachnutzung
frei zur Verfügung. Diese Zeitgrenze ver-
schiebt sich am 1. Dezember eines Jah-
res jeweils um ein Jahr nach vorne. Für
die Lieferung von Daten an Portale wie
die Deutsche Digitale Bibliothek und
Europeana war die Bereitstellung aller
Normdaten, Kataloganreicherungsdaten
und eines Großteils der Titeldaten
g
Am 23. Juni wird die Sondersammlung der
Anne-Frank-Shoah-Bibliothek als Teil des
Leipziger Hauses eröffnet. Sie stellt die welt-
weit erscheinende Literatur über die Verfol-
gung und Vernichtung der Juden Europas im
nationalsozialistischen Deutschland bereit.
Birgit Schneider wird Direk-
torin der Deutschen Natio-
nalbibliothek in Leipzig und
ständige Vertreterin der Ge-
neraldirektorin.
Die Bibliothek in Frankfurt am Main
zieht mit rund sechs Millionen Medien-
einheiten in ihr neues Haus an der
Adickesallee. Am 14. Mai wird der
Neubau offziell eingeweiht.
Nach der deutschen Wiedervereinigung treffen sich am 24. Janu-
ar 1990 Delegationen beider Bibliotheken zu ersten Planungen für
die gemeinsame Zukunft. Prof. Klaus-Dieter Lehmann, seit 1988
Generaldirektor der Deutschen Bibliothek, wird Generaldirektor der
vereinigten Einrichtung. Sein ständiger Vertreter in Frankfurt am
Main ist Kurt Nowak, in Leipzig Dr. Gottfried Rost. Im gleichen Jahr
beginnt in Frankfurt der Bau für das lange geplante neue Biblio-
theksgebäude.
Am 1. Dezember wird Irmgard Spencker Direk-
torin der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
und ständige Vertreterin des Generaldirektors
(ab 1999 der Generaldirektorin) in Leipzig.
Die arbeitsteilige Erwerbung und Erschließung
nach Einzugsgebieten beginnt in den bibliotheka-
rischen Fachabteilungen der beiden Standorte;
die Katalogisierung erfolgt in das neue zentrale
Datenbanksystem ILTIS (Integriertes Literatur-,
Tonträger- und Musikalien-Informationssystem).
Dr. Elisabeth Niggemann
wird Generaldirektorin der
Institution, ihre ständige
Vertreterin in Frankfurt am
Main wird Ute Schwens.
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