Seite 28-29 - DNB_Leseraum_FINAL

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DAS MOBILE.
Offziell gibt es in der Deutschen Nationalbibliothek
in Frankfurt am Main vier Lesesäle. Anders als in Leipzig sind sie 1997
alle gleichzeitig eröffnet worden und einheitlich ausgestattet: die gleichen
Tische, Stühle und Lampen, der gleiche Teppich. Vor allem aber handelt es
sich – mit Ausnahme des Lesesaals des Deutschen Exilarchivs – nicht um
klar voneinander abgegrenzte Räume, vielmehr sind sie locker über mehrere
Ebenen in einer offenen Gesamtstruktur sowie über Treppen und Aufgänge
miteinander verknüpft. Das Prinzip des hermetisch gestalteten Lesesaals
hat sich in ein komplexes, gleichwohl harmonisches Raumgefecht auf-
gelöst, eine Art Lesesaal-Mobile. Es ist großzügig verglast und die Regale
der Freihandbibliothek sind zum Teil als Raumtrenner ins Zentrum der je-
weiligen Zonen gerückt. Alles im Blick hat hier niemand mehr.
DER GROSSZÜGIGE.
2011 ist mit dem Lesesaal des Deutschen
Buch- und Schriftmuseums in der Deutschen Nationalbibliothek ein Raum
eröffnet worden, der sich von den historischen Vorläufern radikal unter-
scheidet: Organische Formen und eine luftige Raumgestaltung haben die
dichte Strenge früherer Tage abgelöst. Sei es der Grundriss oder das Mo-
biliar – im Museumslesesaal sind gerade Linien und rechte Winkel weiten
Schwüngen gewichen. Hinzu kommt die moderne Noblesse des mit einem
hochforigen Teppich ausgelegten und dadurch akustisch stark gedämpften
Raumes, in dem die 20 Arbeitsplätze großzügig arrangiert sind. Und aus
dem Aufsichtspult von einst ist eine zentral platzierte Auskunftsinsel ge-
worden. Der Museumslesesaal: fast ein bisschen loungig.
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