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Rechtskommission des DBI
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Harald Müller
Jugendschutz und Internet-Zugang
(Filtersoftware oder was?)

Rechtsvorschriften und Handlungsvorschläge für Öffentliche Bibliotheken*)
Veröffentlicht in: Bibliotheksdienst 33. (1999), S. 1905.

 

A. Jugendmedienschutz in Deutschland

Generationen von Jugendlichen in Deutschland sind seit den 50er-Jahren mit der Zeitschrift BRAVO groß geworden. Mit einer im Grunde stets gleichen Mischung von Themen aus den Bereichen Musik, Kino, Mode, Stars und sonstige für die Zielgruppe Jugendliche besonders ansprechende Inhalte haben Redaktion und Verlag eine über Jahrzehnte anhaltende Erfolgsstory geschrieben. Gerade für Jugendliche in der Pubertät besitzen die Themen Freundschaft, Liebe und Sexualität einen hohen Stellenwert. Demzufolge enthält jedes Heft der "Jugendzeitschrift" BRAVO einen oder mehrere Beiträge zu dieser Fragestellung, wobei sich Textinhalte und Illustrationen stets am Zeitgeschmack orientieren, d.h. die jeweilige Einstellung der bundesrepublikanischen Gesellschaft zum Thema widerspiegeln. Folglich war die Zeitschrift zu keiner Zeit ein Vorreiter und Trendsetter; moralische und ethische Grenzen wurden niemals überschritten, Tabus wurden keine gebrochen. Vielmehr entpuppte sich die BRAVO stets als ein getreues Spiegelbild der gesellschaftlichen Ansichten und Regeln, auch und gerade bezüglich sexueller Inhalte.

Vielleicht war deshalb die allgemeine Überraschung um so größer, als im Jahre 1996 die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften das Heft Nr. 11 vom 7. März 1996 als jugendgefährdend indizierte. Nach Meinung der Prüfer war bei dem darin enthaltenen Beitrag über "Heavy Petting" die Grenze zwischen reiner Sexualaufklärung und Jugendgefährdung überschritten.

Was hat der Vorgang mit dem Thema "Jugendschutz und Internet-Zugang" zu tun? Nun, Entscheidungen der Bundesprüfstelle werden im Bundesanzeiger veröffentlicht. Schaut man sich die Indizierungsbekanntmachung für die genannte Ausgabe der BRAVO an,1) so findet man nur einige Zeilen unter diesem Eintrag eine Auflistung von "Online-Angeboten", die ebenfalls als jugendgefährdend eingestuft worden waren. Bereits im Jahre 1996 hatte also die Bundesprüfstelle Web-Seiten im Hinblick auf eine mögliche Jugendgefährdung begutachtet. Wie allgemein bekannt sein dürfte,2) wurde jedoch das einschlägige Gesetz über jugendgefährdende Schriften (GjS) erst mit Wirkung vom 1. August 1997 an die Gegebenheiten des Internet angepasst.

Für Öffentliche Bibliotheken stellt das Thema Jugendschutz und Internet-Zugang derzeit eines der zentralen Probleme dar. Dessen Aktualität und Bedeutung spiegeln sich z.B. in einer seit mehreren Jahren immer wieder aufflammenden Diskussion in der Mailingliste INETBIB über Filtersoftware, bzw. deren Vor- und Nachteile.3) Der nachfolgende Text soll kurz die wichtigsten rechtlichen Bestimmungen über Jugendschutz und Internet erläutern, sowie die damit befassten Einrichtungen vorstellen. Speziell für Öffentliche Bibliotheken mit Internet-Zugang folgen sodann einige Handlungsvorschläge. Eine erschöpfende Darstellung des Themas, speziell auch der Fragen hinsichtlich Filtersoftware, ist nicht beabsichtigt.

B. Rechtsgrundlagen des Jugendmedienschutzes

Die sogenannte Wirkungsforschung behauptet, nach ihren Erkenntnissen ließe sich begründet vermuten, dass Kinder und Jugendliche durch die Rezeption jugendgefährdender Medien in ihrem sozial- und sexualethischen Reifungsprozess negativ beeinflusst werden können. Zu den jugendgefährdenden Medien gehören vor allem verrohend wirkende, zu Gewalt und Rassenhass anreizende sowie pornographische Medien. Die Verpflichtung des Staates zum Jugendmedienschutz ergibt sich unmittelbar aus dem Grundgesetz.

a) Jugendschutz allgemein gemäß Art. 6 Grundgesetz (GG)

Der Artikel 6 Absatz 2 GG wird generell als Grundlage für alle Bereiche des Jugendschutzes angesehen. Unter anderem verpflichtet er den Staat, Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Medien zu schützen. Der Jugendmedienschutz hat also Verfassungsrang. Zu diesem Zweck gestattet es Art. 5 Abs. 2 GG den staatlichen Organen, die Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit einzuschränken. Das Ziel aller gesetzlichen Maßnahmen wird z.B. von der Bundesprüfstelle dahingehend definiert, "sozialethisch desorientierende Medien" von Jugendlichen fernzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat sogar einen sich unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 GG ergebenden Anspruch des Einzelnen auf Jugendmedienschutz festgestellt.4) Auf der Grundlage der grundgesetzlichen Ermächtigung in Art. 6 Abs. 2, 5 Abs. 2 regeln verschiedene Gesetze den Jugendmedienschutz im Detail.

b) Strafgesetzbuch (StGB)

An erster Stelle ist das Strafgesetzbuch zu nennen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind gewisse Medieninhalte, z.B. die sogenannte "Auschwitzlüge" und die "harte" Pornographie, in Deutschland generell, d.h. für jedermann (!), verboten. Zuwiderhandlungen in Form von Herstellen, Verbreiten, Veröffentlichen usw. solcher Medien werden mit Strafe bedroht. Im Zusammenhang mit dem Jugendmedienschutz ist zunächst auf zwei einzelne Regelungen hinzuweisen. So sind als Tatbestände unter Strafe gestellt die Volksverhetzung nach § 130 StGB,5) sowie die Gewaltdarstellung und Aufstachelung zum Rassenhass nach § 131 StGB.6) Medien mit derartigen Inhalten gelten als schwer jugendgefährdend. Wer einen derartigen Medieninhalt einem Erwachsenen oder – was im Gesetzestext ausdrücklich genannt ist - einem Kind bzw. Jugendlichen zugänglich macht, muss mit einer Bestrafung rechnen. Natürlich liegt dieser Strafdrohung eine Wertung zugrunde, nämlich die Ansicht, dass Schriften und Darstellungen, die z.B. Verbrechen des Nationalsozialismus leugnen, in Deutschland nicht toleriert werden können. In anderen Länder herrschen zwar unterschiedliche Ansichten und demzufolge auch andere Strafgesetze, weshalb die Produzenten einschlägiger Medien mit Vorliebe von Schweden oder Kanada aus tätig werden. In Deutschland sind jedoch die deutschen Gesetze maßgebend.

Die Verbreitung pornographischer Schriften ist gemäß § 184 StGB 7) nicht generell mit Strafe bedroht. Lediglich pornographische Inhalte mit Kindern, Tieren und Gewaltdarstellungen – die sogenannte "harte" Pornographie - gelten ohne Ausnahme als sozialunerträglich, sind also für einen Hersteller, Verbreiter oder sogar Besitzer (Kinderpornographie) strafbar. Pornographische Medien werden aber durchweg, ohne Unterscheidung zwischen harter oder weicher Pornographie, als jugendgefährdend angesehen. Wer Kindern und Jugendlichen Pornographie zugänglich macht, läuft Gefahr vor den Schranken eines Strafgerichts zu landen.

Als ausnahmslos jugendgefährdend gelten also alle Medien mit volksverhetzendem, gewaltdarstellendem und pornographischem Inhalt. Um derartige "sozialethisch desorientierenden" Medien von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten, bedroht das Strafgesetzbuch jeden mit Strafe, der dem Verbot zuwider entsprechende Inhalte für die zu schützende Personengruppe einsehbar macht. Das Gesetz kennt dazu unterschiedliche Tathandlungen, die von "zugänglich machen" bis zu "überlassen" in verschiedenen Zwischenstufen reichen. Unter "zugänglich machen" wird verstanden jede Möglichkeit der Wahrnehmung. Eine physische Überlassung ist nicht erforderlich, weshalb das schlichte Vorlesen eines Textes oder die Anzeige auf einem Bildschirm bereits als ausreichend angesehen wird.

c) Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjSM)

Das mit Wirkung vom 1. August 1997 neu gefasste GjSM 8) gilt nach Ansicht der mit der Problematik befassten Kreise als die zentrale Regelung des Jugendmedienschutzes. Es stellt neben dem StGB eine eigenständige Norm dar, obwohl es teilweise auf strafrechtliche Bestimmungen verweist. Die Mechanismen des Jugendschutzes in GjSM und StGB bestehen parallel nebeneinander. Das GjSM unterscheidet sich auch in Ansatz und Verfahren deutlich vom StGB, lediglich die Zielrichtung beider Gesetze deckt sich, nämlich sozialethisch desorientierende Medien von Jugendlichen fernzuhalten.

Das GjSM geht zunächst einmal davon aus, daß es unabhängig von den Bestimmungen des StGB Medien gibt, "die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden", und die deshalb als jugendgefährdend anzusehen sind. Bespielhaft werden genannt "unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften". Der Unterschied zwischen den Definitionen von GjSM und StGB besteht nun darin, dass der Bewertungsmaßstab nach dem GjSM generell niedriger liegt. Medieninhalte können als jugendgefährdend gemäß GjSM angesehen werden, z.B. wegen Gewaltverherrlichung, ohne dass die Intensität einer Strafbarkeit gemäß § 131 StGB erreicht wäre. Oft wird deshalb in der Fachliteratur zwischen "jugendgefährdenden Medien" gemäß GjSM und "schwer jugendgefährdenden Medien" nach dem StBG unterschieden.

Ein Buch, ein Computerspiel erhält das Etikett "jugendgefährdend nach GjSM" nun nicht automatisch, sondern erst nach einer inhaltlichen Bewertung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (§ 8 GjSM). Medien mit jugendgefährdenden Inhalten werden nach Prüfung und negativer Beurteilung in eine Liste aufgenommen bzw. indiziert. Erst danach unterliegen sie einem Verbreitungsverbot an Kinder und Jugendliche.9) Lediglich schwer jugendgefährdende Medien im Sinne des StGB bedürfen keiner vorhergehenden Bewertung,10) um unter das Überlassungsverbot an Jugendliche zu fallen. Das Indizierungsverfahren durch die Bundesprüfstelle hat nichts mit Zensur zu tun. Die betroffenen Medien dürfen auch weiterhin an Erwachsene verbreitet werden, allerdings mit gewissen Einschränkungen beim Vertrieb (§ 4 GjSM) und bei der Werbung (§ 5 GjSM).

d) Die Handlungsgebote von StGB und GjSM im Vergleich

Es erscheint an dieser Stelle angebracht, die Sachverhalte der beiden Gesetze StGB und GjSM und die sich daraus ergebenden Handlungspflichten für den Umgang mit sozial desorientierenden Medieninhalten noch einmal kurz gegenüberzustellen.

Unterschiede:

Ø Schwer jugendgefährdende Medien gemäß StGB

Ø Jugendgefährdende Medien gemäß GjSM

e) Teledienstegesetz (TDG) und Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV)

Zum 1. August 1997 trat das neue Teledienstegesetz in Kraft. Es regelt in erster Linie die Verantwortlichkeit für Multimediadienste im Internet. Nach § 5 TDG 11) kann nur zur Verantwortung gezogen werden, wer entweder eigene Daten mit rechtswidrigem Inhalt im Netz anbietet, oder wer als Provider positive Kenntnis über fremde Daten mit rechtswidrigem Inhalt hat und deren Nutzung nicht unterbindet. Das TDG nennt die Provider "Diensteanbieter, die eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereithalten". Wer dagegen lediglich einen Netzzugang zur Verfügung stellt, kann für fremde Inhalte im Internet nicht verantwortlich gemacht werden (§ 5 Abs. 3 TDG).

Der ebenfalls neue Mediendienste-Staatsvertrag vom 1. August 1997 enthält eine gleichlautende Bestimmung12) und zusätzlich noch Vorschriften über Jugendmedienschutz (§ 8 MDStV). Der Unterschied zwischen dem TDG und dem MDStV besteht darin, dass letzterer speziell für redaktionell erstellte Angebote, sogenannte Mediendienste gilt. Praktisch ist die Unterscheidung zwischen Mediendiensten und Telediensten insoweit von Bedeutung, als Mediendienste stärker spezialgesetzlich reguliert sind (vgl. §§ 7 bis 11 MDStV). Außerdem werden Anbieter von Tele- bzw. Mediendiensten von unterschiedlichen Aufsichtsbehörden überwacht. Für den Jugendschutz im Internet spielt der Unterschied zwischen beiden Gesetzen bei der hier behandelten Problematik der Öffentlichen Bibliotheken keine Rolle.

C. Die Akteure beim Jugendmedienschutz

Ob Medien einen der Sachverhalte des StGB erfüllen, entscheiden letztlich die Gerichte. Die Staatsanwaltschaft muss zwar bei jedem Verdacht auf Vorliegen einer strafbaren Handlung tätig werden und ein Ermittlungsverfahren einleiten. Sie hat auch gewisse Befugnisse hinsichtlich der Sicherstellung von Medien. Eine endgültige und rechtskräftige Entscheidung, ob ein Fall von "schwerer Jugendgefährdung" vorliegt, kann jedoch nur ein Gericht treffen. Oft geht ein derartiges Verfahren durch mehrere Instanzen und endet schließlich beim Bundesverfassungsgericht, wie z.B. vor einigen Jahren der Fall, als entschieden werden musste, ob das Buch "Josefine Mutzenbacher" Pornographie oder Kunst sei.13) Soweit bekannt, hat sich bislang noch kein deutsches Gericht mit der Tatbestandsmäßigkeit von Internet-Seiten gemäß den §§ 130, 131, 184 StGB beschäftigt.

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften14) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen die Liste der von ihr als jugendgefährdend eingestuften Medien. Darunter befinden sich – wie eingangs erwähnt – bereits seit einigen Jahren auch Web-Seiten.

Ein relativ neuer Akteur im Jugendschutzbereich ist die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia e.V. (FSM).15) Die FSM ist ein eingetragener Verein, der 1997 von vielen Medienverbänden und einigen Unternehmen gegründet wurde. Die neue Selbstkontrollorganisation bietet jedermann die Möglichkeit, sich über strafbare oder jugendgefährdende Inhalte in Netz zu beschweren oder Fragen zum Thema Jugendschutz im Internet zu stellen. Eingehende Beschwerden behandelt die FSM in einem geordneten Verfahren. Berechtigten Beschwerden versucht sie abzuhelfen. Ansonsten sei auf den neuen § 7 a GjSM verwiesen, der einen gewerbsmäßigen Diensteanbieter im Internet von der Verpflichtung zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten freistellt, wenn "er eine Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Sätzen 2 bis 4 verpflichtet." Hierfür steht die FSM zur Verfügung.

D. Öffentliche Bibliotheken und Internet

Was bedeutet dies alles für Öffentliche Bibliotheken, die ihren Benutzern einen Internet-Zugang anbieten? Muss eine Bibliothek aktive Maßnahmen zum Jugendschutz ergreifen? Wie sieht es mit der viel diskutierten Filtersoftware aus?

Wenn in einer Bibliothek ein öffentlich zugänglicher Internet-Arbeitsplatz für die Benutzer eingerichtet wird, so vermittelt die Bibliothek den Zugang zum Internet, tritt jedoch nicht mit eigenen Inhalten als Anbieter in Erscheinung. Im Sprachgebrauch hat sich hierfür der Begriff "Zugangsprovider" (Access Provider) eingebürgert, für den als rechtliche Regelung § 5 Abs. 3 TDG eingreift: "Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte aufgrund Nutzerabfrage gilt als Zugangsvermittlung." Muss aus dieser Vorschrift geschlossen werden, dass Bibliotheken sich um Medieninhalte im Internet überhaupt nicht kümmern müssen, insbesondere auch die Belange des Jugendmedienschutzes vollständig unbeachtet lassen können?

Wie bereits weiter oben erläutert wurde, erheben das StGB und das GjSM zweierlei, strikt zu unterscheidende Forderungen und drohen bei Zuwiderhandeln mit Strafe:

Es ist also zu unterscheiden zwischen Web-Seiten, die von Anfang nicht an Jugendliche gelangen dürfen, und solchen, für die dies erst nach einer Entscheidung der Bundesprüfstelle gilt. Für (einfach) jugendgefährdende Medien bringt der § 3 Abs. 1 Ziff. 4 GjSM eindeutig zum Ausdruck, "eine Schrift, deren Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, darf nicht ... durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste ... sonst zugänglich gemacht werden." Das StGB verwendet ebenfalls die Worte "zugänglich macht".16) Leider wird an keiner Stelle erläutert, was der Gesetzgeber unter diesem Begriff versteht.

Es stellt sich also die Frage, ob durch einen öffentlichen Internet-Zugang der Zugangsprovider Web-Seiten "(sonst) zugänglich macht". Soweit sich deutsche Gerichte bisher mit dieser Frage beschäftigt haben, war kein Sachverhalt eines Zugangs-Providers ähnlich einer Öffentlichen Bibliothek Gegenstand des Verfahrens.17) Die Bundesprüfstelle drückt sich auf ihren Web-Seiten auch nicht sehr deutlich aus: "Verboten ist das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen indizierter Medien gegenüber Kindern oder Jugendlichen. Das Zugänglichmachen bildet hier den Oberbegriff. Es bedeutet: Niemand darf Kindern oder Jugendlichen den Inhalt des indizierten Mediums zeigen. Dabei ist gleichgültig, ob den Minderjährigen das indizierte Objekt in die Hand gegeben oder indirekt zugänglich gemacht wird. Es genügt, dass man z.B. den Videofilm selbst in den Recorder schiebt und Kinder oder Jugendliche dann zuschauen lässt. Ebenso macht jemand den Inhalt eines indizierten Buches zugänglich, wenn er den Minderjährigen daraus vorliest. Bei den Fällen des Anbietens und des Überlassens wird Minderjährigen das indizierte Objekt in die Hand gegeben."18) Da weder aus der Rechtsprechung noch aus der juristischen Literatur eine klare Antwort auf obige Frage zu entnehmen ist, sei der Einfachheit halber - und zur Sicherheit (für womöglich betroffene Bibliothekare) - an dieser Stelle einmal unterstellt, dass über einen öffentlichen Internet-Zugang jugendgefährdende Medien "(sonst) zugänglich gemacht" werden können.19)

Wie bereits erwähnt, kann ein Zugangs-Provider gemäß § 5 Abs. 3 TDG "nicht für fremde Inhalte verantwortlich" gemacht werden. Aus dieser Vorschrift schließen die meisten Autoren, die das Thema Jugendschutz und Internet bisher behandelten, ein Zugangsprovider müsse sich um den Jugendmedienschutz keine Gedanken machen. Diese Ansicht ist vorschnell und fehlerhaft! Gerade für Öffentliche Bibliotheken ist die These auch gefährlich. Es gilt nämlich als allgemein anerkannt, dass Bibliotheken beim Jugendmedienschutz eine aktive Rolle spielen. Daraus folgt als selbstverständliche Pflicht einer für Kinder und Jugendliche zugänglichen Öffentlichen Bibliothek, dass die Verantwortlichen sich regelmäßig über die von der Bundesprüfstelle indizierten Bücher, Spiele und sonstigen Medien informieren und diese gegebenenfalls aus dem Freihandbestand entfernen müssen. Wie bekannt, indiziert die Bundesprüfstelle auch Web-Seiten. Mit der Veröffentlichung der jeweiligen URL wird die Indizierung einer Web-Seite aber öffentlich bekannt gemacht. Hier kommt nun § 5 Abs. 4 TDG in Anwendung: "Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 des Telekommunikationsgesetzes von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist." Für Öffentliche Bibliotheken wird der § 5 Abs. 3 TDG also durch den Abs. 4 in Bezug auf indizierte Web-Seiten erheblich relativiert. Eine Verantwortlichkeit in Form einer Strafbarkeit (der verantwortlichen Bibliothekare) gemäß den einschlägigen Bestimmungen von StGB und GjSM bezüglich jugendgefährdender Medien auf fremden Servern dürfte zwar definitiv auszuschließen sein, jedoch müssen die erwähnten "Verpflichtungen zur Sperrung" etwas näher betrachtet werden. § 5 Abs. 4 TDG stellt klar, dass sich auch dann, wenn den Zugangsprovider nach § 5 Abs. 3 TDG keine Verantwortung trifft, aus den allgemeinen Gesetzen eine Sperrungsverpflichtung ergeben kann. Hierbei wird nicht zwischen eigenen oder fremden Inhalten (Web-Seiten) differenziert, das Gesetz bezieht sich auf alle Inhalte.20)

Weder im StGB, noch etwa im GjSM ist von einer Sperrung die Rede. Immerhin spricht § 3 Abs. 2 GjSM von "technischen Vorkehrungen", die "das Angebot oder die Verbreitung ... auf volljährige Nutzer beschränken". Eine technische Vorkehrung muss nicht unbedingt eine Sperrung sein, es kommen auch andere Lösungen in Betracht. Das Schweigen der einschlägigen Gesetze zum Begriff der Sperrung ist jedoch leicht erklärlich. Die technologischen Entwicklungen im Internet sind in den letzten Jahren mit einer geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit vorangeschritten. Es ist klar, dass die Gesetzgebung nicht unmittelbar folgen kann. Die derzeit gültigen Gesetze wurden bereits vor Jahren entworfen, als die damit befassten Experten selbst noch nicht alle Verästelungen des Internet durchblickt hatten. Eine Sperrungsverpflichtung muss jedoch nicht wörtlich in einem Gesetz stehen, sie kann sich auch durch Auslegung aus der Zielsetzung des Gesetzes ergeben. In diesem Zusammenhang scheint es ratsam, noch einmal auf die Absicht des GjSM hinzuweisen, nämlich sozialethisch desorientierende Medien von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten. Da Bibliotheken an ihren öffentlich zugänglichen Internet-Plätzen Medieninhalte gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 4 GjSM "durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste ... sonst zugänglich" machen, trifft sie die gesetzliche Verpflichtung, indizierte Web-Seiten von Jugendlichen fernzuhalten. Eine Sperrung ist eine technische Möglichkeit dies zu erreichen, auch wenn der Begriff im GjSM nicht direkt vorkommt.

Da Bibliotheken als Folge ihrer jugendmedienschutzrechtlichen Verpflichtung Kenntnis über einzelne jugendgefährdende, d.h. von der Bundesprüfstelle indizierte Webseiten erlangen, müssen sie auch ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechend tätig werden. Den Anforderungen des Jugendschutzes wird entsprochen, wenn der Zugriff auf eine jugendgefährdende Internet-Seite an einem für Jugendliche zugänglichen PC gesperrt ist. (Zur Technik sogleich weiter unten). Somit besteht also für jede Öffentliche Bibliothek eine gesetzliche Pflicht, als aktive Maßnahme den Zugriff auf jugendgefährdende bzw. schwer jugendgefährdende Web-Seiten durch Sperrung zu unterbinden, soweit die Benutzung des Internet Kindern und Jugendlichen offen steht. Jedes andere Ergebnis wäre systemwidrig, wie ein Vergleich mit anderen Medien zeigt. Sobald nämlich ein Buch oder ein Computerspiel als jugendgefährdend indiziert ist, muss eine Bibliothek tätig werden, d.h. dieses Medium aus dem für Kinder und Jugendliche zugänglichen Freihandbestand herausnehmen und dafür Sorge tragen, dass jegliche Art des Zugänglichmachens für diese Altersgruppe unterbleibt. Jedwede Maßnahme wird daran zu messen sein, ob sie die Zielsetzung des Jugendmedienschutzes verwirklichen kann.

In diesem Zusammenhang sollte auch die Formulierung in § 3 Abs. 2 GjSM "technische Vorkehrungen" betrachtet werden. Der Wortlaut der Vorschrift ist auf den ersten Blick nicht gleich verständlich. Von bibliothekarischer Seite wurde behauptet, Bibliotheken als Zugangs-Provider seien nicht gesetzlich verpflichtet, technische Vorkehrungen zum Jugendschutz im Internet einzusetzen.21) Die Kollegin begründet dies mit einer wortgetreuen Auslegung von § 3 GjSM. Nun könnte man in der Tat die Auffassung vertreten, dass die "technischen Vorkehrungen" lediglich die Anbieter von Web-Seiten als Normadressaten meinen, da in § 3 Abs. 2 GjSM lediglich von "Angebot und Verbreitung" von Web-Seiten die Rede ist. Diese wörtliche Auslegung des GjSM führt allerdings in die Irre, wie der Vergleich mit Druckmedien zeigt. Es wird nirgendwo ernstlich bestritten, dass der Jugendmedienschutz nicht nur an der Herstellerseite, sondern gerade auch am Ende der Distributionskette, bei den Zugangsstellen anzusetzen hat. Deshalb müssen Bibliotheken z. B. indizierte Bücher aus den Regalen entfernen, obwohl sie nicht an deren Herstellung beteiligt sind. Dies steht zwar nicht im Gesetz, ergibt sich aber eindeutig aus dessen Zielsetzung. Aus der Intention des GjSM ist also vermittels teleologischer Auslegung zu entnehmen, dass die "technischen Vorkehrungen" des § 3 Abs. 2 GjSM sämtliche Handlungsvarianten des § 3 Abs. 1 Ziff. 4 GjSM betreffen, nämlich "verbreiten, bereithalten oder sonst zugänglich machen". Jede andere Interpretation geht am Gesetzeszweck vorbei.

Wie oben bereits dargelegt, machen Bibliotheken als Zugangs-Provider Web-Seiten "sonst zugänglich". Deshalb wird an der bereits mehrfach geäußerten Meinung22) festgehalten, dass Öffentliche Bibliotheken technische Vorkehrungen zum Jugendmedienschutz im Internet treffen müssen, um ihrer Verantwortung gemäß GjSM nachzukommen. Ansonsten sei noch einmal daran erinnert, dass Bibliotheken außerdem die Pflicht trifft, Kindern und Jugendlichen den Zugang zu schwer jugendgefährdenden Medien im Sinne der §§ 130, 131, 184 StGB zu verwehren.

E. Filtersoftware und andere technische Möglichkeiten.

Über Filtersoftware, ihre Funktionsweise, Vor- und Nachteile war bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet worden.23) Auch in bibliothekarischen E-Mail-Listen ist bereits engagiert darüber diskutiert worden.24) Für eine juristische Betrachtung der Verpflichtung von Öffentlichen Bibliotheken zum Jugendschutz im Internet spielt es keine Rolle, wie gut oder wie schlecht eine einzelne Filtersoftware funktioniert. Es genügt die Feststellung, dass Filtersoftware die Anforderungen von § 3 Abs. 2 GjSM zu erfüllen vermag. Wenn eine Öffentliche Bibliothek keine andere technische Vorkehrung zum Jugendmedienschutz trifft, sollte sie auf jeden Fall an den für Kinder und Jugendliche zugänglichen Internet-Arbeitsplätzen eine Filtersoftware installieren.

Eine andere technische Möglichkeit wäre es, über den Browser einen Festzugang zu bestimmten URLs mit speziell für Kinder und Jugendliche geeigneten Web-Seiten herzustellen. Nach Auskunft von EDV-Experten kann ein Browser entsprechend eingestellt werden.

Immer mehr Institutionen schützen ihr internes Netzwerk mit einem Firewall. Vermittels eines solchen Schutzsystems lassen sich nicht nur unerwünschte Attacken aus dem Internet abwehren, sondern es ist genauso möglich, bestimmte Web-Adressen für den Zugriff zu sperren. Mit einem Firewall könnte man z.B. gezielt die Verbindung zu indizierten Web-Seiten verhindern, sofern deren URL bekannt und eingetragen ist.

Letztlich wäre als technische Möglichkeit noch an die Einrichtung eines Proxy-Rechners zu denken. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass kaum eine Öffentliche Bibliothek in Deutschland über eine derartige technische Einrichtung verfügen dürfte. Deshalb wird sie hier lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt.

Das gemeinsame Ziel aller technischen Möglichkeiten wird es stets sein, Kinder und Jugendliche davon abzuhalten, auf schwer jugendgefährdende Internet-Medien (Kinderporno, Rassenhass) generell und auf indizierte Web-Seiten gemäß der Liste der Bundesprüfstelle zugreifen zu können. Jede technische Vorkehrung, die hierfür geeignet ist, wird den gesetzlichen Anforderungen genügen. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass jede Art von technischer Sperrung aus Sicht des Nutzers als betriebliche Störung betrachtet wird, die natürlich mit einer anderen technischen Lösung umgangen werden kann.25) Die Motivation des Benutzers sich als Hacker zu betätigen ist um so größer, je stärker er sich durch die Sperrung behindert fühlt. Deshalb erscheint es angebracht, noch auf die Frage einzugehen, ob eine Öffentliche Bibliothek sich ausschließlich auf die gesetzlich gebotenen technischen Möglichkeiten beschränken sollte oder ob ihr noch andere Maßnahmen zum Jugendschutz zur Verfügung stehen.

F. Alternativstrategie und Elternprivileg

a) Sichtkontrolle

Über die Mailingliste INETBIB war von der Praxis in einigen Öffentlichen Bibliotheken zu lesen, wonach über dem für Jugendliche zugänglichen Internet-Platz ein zusätzlicher, praktisch für alle Anwesenden einsehbarer Bildschirm installiert ist. Jede Web-Seite, die ein jugendlicher Internet-Surfer sich auf den Bildschirm holt, wird dadurch einem größeren Personenkreis vermittelt. Dieses Verfahren führt zu einer "sozialen" Kontrolle bei der Internet-Nutzung. Jugendgefährdende Web-Seiten können zwar aufgerufen werden, durch die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch Bibliothekspersonal und andere Benutzer muss der Jugendliche aber jederzeit mit Reaktionen rechnen. Diese Art der Sichtkontrolle ist sicherlich kein perfektes Mittel zur Durchführung eines aktiven Jugendmedienschutzes bei Internet-Nutzung, als flankierende Maßnahme neben z.B. einer Filtersoftware wird sie jedoch durchaus ihre Wirkung nicht verfehlen.

b) Zustimmung oder Benachrichtigung der Eltern

Schließlich bleibt noch die Frage zu klären, welche Rolle die Eltern eines Kindes bzw. Jugendlichen bei dessen Benutzung eines öffentlich zugänglichen Internet-Platzes in einer Bibliothek spielen, welche rechtlichen Besonderheiten zu beachten sind.

Wenn Minderjährige sich als Benutzer in einer Öffentlichen Bibliothek anmelden, benötigen sie hierfür die Zustimmung ihrer Eltern.26) Bei dieser Gelegenheit wird die Bibliothek die Eltern über das gesamte Angebot an Medien informieren, das dem jugendlichen Benutzer zur Verfügung steht. Der Internet-Zugang in der Bibliothek ist eigentlich schon als Selbstverständlichkeit anzusehen. Eines besonderen Hinweises auf dieses zeitgemäße Dienstleistungsangebot bedarf es jedenfalls aus rechtlicher Sicht nicht, da das Internet kein höheres Gefährdungspotential beinhaltet als andere Medien. Eine spezielle Zustimmung der Eltern zur Internet-Nutzung ist rechtlich also auf keinen Fall geboten.

Im Zusammenhang mit dem Jugendmedienschutz ist jedoch auf eine andere Eigentümlichkeit unserer Rechtsordnung hinzuweisen. Sowohl in den §§ 131 Abs. 4, 184 Abs. 6 S. 1 StGB, als auch in § 21 Abs. 4 GjSM finden sich Regelungen, wonach Erziehungsberechtigte ("zur Sorge für die Person Berechtigte") sich nicht strafbar machen, wenn sie Kindern jugendgefährdende Medien zugänglich machen. Diesem "Erzieherprivileg" liegt die Ansicht zugrunde, dass das elterliche Erziehungsrecht die Bestimmungen des Jugendschutzes überlagert. Zwar wurde die Übertragungsmöglichkeit dieses Elternprivilegs auf Dritte vom Gesetzgeber bewusst ausgeschlossen, so dass ein Bibliotheksmitarbeiter sich auf eine generelle Zustimmung von Eltern nicht berufen kann, wenn Kinder und Jugendliche am Internet-PC der Bibliothek massenweise jugendgefährdende Web-Seiten konsumieren. Lediglich eine ausdrückliche Anweisung eines Elternteils ("Zeigen Sie meinem Kind einmal einige deftige Webpages!"), vermag den Bibliothekar von der Strafbarkeit auszunehmen.27)

c) Jugendschutzbeauftragter

Zum Schluss sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der neue § 7a GjSM alle Einrichtungen, die "gewerbsmäßig" einen Internet-Zugang bieten, verpflichtet, einen Jugendschutzbeauftragten zu beschäftigen, der - ähnlich wie ein Datenschutzbeauftragter - die Einhaltung des Jugendschutzes gewährleistet. Nach bisherigem Verständnis betätigen sich die von öffentlichen Unterhaltsträgern finanzierten Bibliotheken nicht gewerbsmäßig. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass öffentlich zugängliche Bibliotheken in ihrer Eigenschaft als Zugangs-Provider keinen Jugendschutzbeauftragten bestellen müssen.

Anhang: Gesetzliche Vorschriften

1.
§ 130 StGB Volksverhetzung

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören

  1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder

  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,

    1. verbreitet
    2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
    3. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder
    4. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Buchstaben a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen

  2. eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk verbreitet.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 220a Abs. 1 bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

...

2.
§ 131 StGB Gewaltdarstellung

(1) Wer Schriften (§ 11 Abs. 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeit gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,

  1. verbreitet,
  2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,
  3. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder
  4. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 3 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
  5. ...

3.
§ 184 StGB Pornographische Schriften

(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs.3)

  1. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht,

  2. an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht,

  3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überlässt,

  4. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überlässt,

  5. im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,

  6. öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet, ankündigt oder anpreist,

  7. an einen anderen gelangen lässt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,

  8. in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,

  9. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder

  10. auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,

    wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine pornographische Darbietung durch Rundfunk verbreitet.

(3) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben,

  1. verbreitet,

  2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder

  3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 oder 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird, wenn die pornographischen Schriften den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, sonst mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Haben die pornographischen Schriften (§ 11 Abs. 3) in den Fällen des Absatzes 3 den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand und geben sie ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(5) Wer es unternimmt, sich oder einem Dritten den Besitz von pornographischen Schriften (§ 11 Abs. 3) zu verschaffen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, wird, wenn die Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.

...

4.
§ 3 GjSM Verbreitungsverbot

(1) Eine Schrift, deren Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, darf nicht

  1. einem Kind oder Jugendlichen angeboten, überlassen oder zugänglich gemacht werden,

  2. an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,

  3. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen angeboten oder überlassen werden.

  4. durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste verbreitet, bereitgehalten oder sonst zugänglich gemacht werden.

    ...

5.
§ 6 GjSM Schwergefährdende Schriften

Den Beschränkungen der §§ 3 bis 5 unterliegen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf,

1. Schriften, die den in § 130 Abs. 2 oder § 131 des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalt haben,

2. pornographische Schriften (§ 184 des Strafgesetzbuches),

3. sonstige Schriften, die offensichtlich geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden.

6.
§ 5 TDG Verantwortlichkeit

(1) Diensteanbieter sind für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.

(3) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte aufgrund Nutzerabfrage gilt als Zugangsvermittlung.

(4) Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen bleiben unberührt, wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 des Telekommunikationsgesetzes von diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.

7.
§ 5 MDStV Verantwortlichkeit

(1) Anbieter sind für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Anbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.

(3) Anbieter sind für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich. Eine automatische und kurzzeitige Vorhaltung fremder Inhalte aufgrund Nutzerabfrage gilt als Zugangsvermittlung § 18 Abs. 3 bleibt unberührt.

 

Anhang: Linkliste des BMBF

http://www.iid.de/Diverse_Links/schmutz.html


"Schmutz" im Netz

"Das Übel kommt nicht von der Technik, sondern von denen, die sie mißbrauchen, mutwillig oder auch nur fahrlässig."

Jacques-Yves Cousteau


Im Internet werden zunehmend auch Inhalte angeboten, die einen Straftatbestand erfüllen. Hierzu gehören in erster Linie pornographische Inhalte, sexueller Missbrauch von Kindern und gesetzlich verbotene radikalpolitische oder extremistische und gewaltverherrlichende Inhalte. Doch der von Medienberichten ausgehende Eindruck, im Internet komme es zu einer Explosion solcher Straftaten, täuscht. Die Online-Kriminalität, etwa im Bereich der Kinderpornographie, bleibt lt. einem Bericht der Online-Fahndung beim LKA München seit einigen Jahren konstant. Hinweise von Internet-Nutzern sind für die Strafverfolgungsbehörden und andere Einrichtungen in jedem Falle hilfreich. Im Folgenden wird eine Auswahl von WWW- und E-Mail-Adressen angeboten, an die Sie den Verdacht auf strafrechtlich zu verfolgende Inhalte weiterleiten können.

Internet-Adressen von Behörden und Polizeidienststellen:

Internet-Adressen von privaten Initiativen:

Bundesministerium für Bildung und Forschung, 1999

 

*) Referat auf einem Fortbildungsseminar des DBI in Germershausen, 8. Juli 1999.

1) Bekanntmachung Nr. 9/96 über jugendgefährdende Schriften. // In: Bundesanzeiger Nr. 184, vom 28. September 1996, S. 11122-11123.

2) Vgl. Harald Müller: Was bedeutet Internet im rechtlichen Sinne für Öffentliche Bibliotheken? // In: Internet in Öffentlichen Bibliotheken. – Berlin: DBI, 1997. S. 44-51.

3) Vgl. Archiv von INETBIB unter <http://www.ub.uni-dortmund.de/Listenarchive/INETBIB/INETBIB.html>

4) BVerwGE 77, 75 (82); vgl. auch Wolfgang Schulz: Jugendschutz bei Tele- und Mediendiensten. // In: Multimediarecht MMR 1998 S. 182-187; sowie grundlegend Roland Seim: Zwischen Medienfreiheit und Zensureingriffen : eine medien- und rechtssoziologische Untersuchung zensorischer Einflussnahmen auf bundesdeutsche Populärkultur / Roland Seim. - Münster/Westf. : Telos-Verl. , 1997 . - 556 S. : Ill. Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1997

5) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 1: § 130 StGB Volksverhetzung

6) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 2: § 131 StGB Gewaltdarstellung

7) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 3: § 184 StGB Pornographische Schriften

8) Vgl. Harald Müller, wie FN. 2.

9) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 4: § 3 GjSM Verbreitungsverbot

10) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 5: § 6 GjSM Schwergefährdende Schriften.

11) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 6: § 5 TDG Verantwortlichkeit

12) s. Anhang: Gesetzliche Vorschriften, 7: § 5 MDStV Verantwortlichkeit

13) Vgl. BVerfGE 83, 130-155.

14) <http://www.bmfsfj.de/bpjs/>

15) <http://fsm.de/>

16) Vgl. §§ 130, 131, 184 StGB, in FN 5, 6, 7.

17) Der Fall OLG Stuttgart NStZ 1992,38 betraf den Anbieter von Bildschirmtext (BTX).

18) <http://www.bmfsfj.de/bpjs/zensur/zensur2.htm>

19) Genauso Petra Weitzel: Kinder- und Jugendschutz bei Internet-Angeboten. // In: Deutsche Richter-Zeitung DriZ 1997, S. 424-430.

20) vgl. Beucher, Klaus: Mediengesetze : Kommentar zum Rundfunkstaatsvertrag, Mediendienste-Staatsvertrag, Teledienstegesetz und Teledienstedatenschutzgesetz / von Klaus Beucher ; Ludwig Leyendecker ; Oliver von Rosenberg . - München : Vahlen , 1999. – Rdn. 38 zu § 5 TDG, S. 653 f.

21) Klötzer, Susanne: Jugendschutz und Internet in öffentlichen Bibliotheken. - Köln : Fachhochsch., Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen, 1998. S. 24 f.

22) Harald Müller, wie FN 2.

23) Vgl. für alle Susanne Klötzer, wie FN 20.

24) Vgl. Heinz Bork: Filtersoftware in Bibliotheken : Zusammenfassung der Antworten zu meiner Frage über die bibliothekarische Mailliste INETBIB nach Filtersoftware in unseren Bibliotheken. // In: <http://www.plb.de/all/d-fi1.htm>

25) Vgl. Kristian Köhntopp ua.: Sperrungen im Internet. // In: Datenschutz und Datensicherheit DuD 21 (1997) S. 626-631.

26) Vgl. Harald Müller: Die Zulassung minderjähriger Bibliotheksbenutzer - eine bibliotheksrechtliche Darstellung des Problems. // In: BIBLIOTHEKSDIENST 26 (1992), S. 351.

27) Vgl. etwa Schönke-Schröder: Strafgesetzbuch : Kommentar / begr. von Adolf Schönke (1. - 6. Aufl.). Fortgef. von Horst Schröder (7. - 17. Aufl.) . - 25., neubearb. Aufl. / von Theodor Lenckner ... . - München : Beck , 1997. - § 184 Rdn. 63.


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