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Rechtskommission des DBI
Urheberrecht

Helmut Rösner / Klaus Peters
Drittes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes in Kraft
Veröffentlicht in: Bibliotheksdienst 29. (1995), S. 1312, 1828.

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (Bundesgesetzblatt I, S. 842-845) ist am 1. Juli 1995 in Kraft getreten; somit sind die EG-Richtlinie zum Vermiet- und Verleihrecht (92/100/EWG vom 19. Nov. 1992) und die Richtlinie zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts (93(98/EWG vom 29. Okt. 1993) in das deutsche Urheberrechtsgesetz umgesetzt worden.

Die wichtigsten neuen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

§ 17
Verbreitungsrecht

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder die Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken
1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder
2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

§ 27
Vergütung für Vermietung und Verleihen

(1) Hat der Urheber das Vermietrecht (§ 17) an einem Bild- oder Tonträger dem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Vermieter gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Vermietung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

(2) Für das Verleihen von Originalen oder Vervielfältigungsstücken eines Werkes, deren Weiterverbreitung nach § 17 Abs. 2 zulässig ist, ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn die Originale oder Vervielfältigungsstücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung (Bücherei, Sammlung von Bild- oder Tonträgern oder anderer Originale oder Vervielfältigungsstücke) verliehen werden. Verleihen im Sinne von Satz 1 ist die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung; § 17 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

(3) Die Vergütungsansprüche nach den Absätzen 1 und 2 können nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

§ 65
Miturheber, Filmwerke

(1) Steht das Urheberrecht mehreren Urhebern (§ 8) zu, so erlischt es siebzig Jahre nach dem Tode des längstlebenden Miturhebers.

(2) Bei Filmwerken und Werken, die ähnlich wie Filmwerke hergestellt werden, erlischt das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tode des längstlebenden der folgenden Personen: Hauptregisseur, Urheber des Drehbuchs, Urheber der Dialoge, Komponist der für das betreffende Filmwerk komponierten Musik.

§ 75
Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung

(1) Die Darbietung des ausübenden Künstlers darf nur mit seiner Einwilligung auf Bild- und Tonträger aufgenommen werden.

(2) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten.

(3) Auf die Vergütungsansprüche des ausübenden Künstlers für die Vermietung und das Verleihen der Bild- oder Tonträger findet § 27 entsprechende Anwendung."

Die wohl wichtigste Veränderung für die Bibliothekspraxis besteht in der Trennung der Begriffe "Vermieten" und "Verleihen": Nach § 17 Abs. 2 ist die Weiterverbreitung der Vervielfältigungsstücke "mit Ausnahme der Vermietung zulässig"; damit ist ein wesentliches Argument der Bibliotheken, die uneingeschränkte Ausleihe aufrechtzuerhalten, im neuen Gesetz berücksichtigt worden. Diese Bestimmung wird im § 27 Abs. 2 und 3 präzisiert durch die Definition des Begriffes "Verleihen". Die bestehende Regelung, eine "angemessene Vergütung" über eine Verwertungsgesellschaft abzuführen (Bibliothekstantieme) ist unverändert geblieben, wurde aber in § 75 Abs. 3 auf die ausübenden Künstler ausgedehnt.

Besondere Bedeutung für die Bibliotheken hat die neue Fassung des Urheberrechtsgesetzes im Hinblick auf die Behandlung von Computer-Software, die bereits in dem vorangegangenen Zweiten Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 9.6.1993 (BGBl I, S. 910) durch Einfügung der § 69a-g geregelt worden ist (vgl.: Klaus Peters: "Computerprogramme - Neues Recht" in: BIBLIOTHEKSDIENST 27 (1993), 9, S. 1386-1390). In der damaligen Gesetzesbegründung war angekündigt worden: "Die Umsetzung dieser Richtlinie [zum Vermiet- und Verleihrecht] ist der geeignete Zeitpunkt zur Überprüfung der Frage, ob sich gesetzgeberischer Handlungsbedarf für den Verleih von Vervielfältigungsstücken von Computerprogrammen ergibt." In der Zwischenzeit ist eine Selbstverpflichtungserklärung der Deutschen Bibliotheksverbände gegenüber den Software-Herstellern abgegeben worden, deren Wortlaut auszugsweise in die Gesetzesbegründung aufgenommen wurde (geringfügige Änderungen wurden noch im März 1995 vereinbart). Diese Selbstverpflichtungserklärung ist abgedruckt in: Rechtsvorschriften für die Bibliotheksarbeit. 2., überarb. u. erw. Aufl. - Berlin: DBI 1994 (dbi-materialien; 137), S. 465f. Daraus ergibt sich, daß Bibliotheken bestimmte lauffähige Computerprogramme nur noch zur Präsenznutzung bereitstellen oder mit Zustimmung des Rechtsinhabers verleihen dürfen (Programme für Systemsteuerung, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Grafik und CAD, allgemeine Datenhaltung, Kommunikationssoftware, Programme für Wirtschaftsberatung und Rechnungswesen).

Die Ausleihe der übrigen Computerprogramme ist zulässig, wenn der Programmträger mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden ist. Die Präsenzbenutzung ist weiterhin uneingeschränkt möglich, wobei die Bibliotheken Vorkehrungen gegen unerlaubtes Kopieren zu treffen haben.

Die Rechtskommission des DBI wird in einem der folgenden Hefte ausführliche Erläuterungen zu den neuen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes und den Auswirkungen auf die Arbeit der Bibliotheken geben.


1. Allgemeines

Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl. I S. 842; Wiedergabe der wichtigsten Bestimmungen in Bibliotheksdienst 29 (1995), H. 8, S. 1312 f.) ist die EG-Richtlinie zum Vermiet- und Verleihrecht vom 19. November 1992 (ABl. EG Nr. L 346 S. 61) in deutsches Recht umgesetzt worden. Das Änderungsgesetz führt, wie durch die Richtlinie zwingend vorgeschrieben, ein ausschließliches Vermietrecht ein, tastet aber die nach dem alten Recht für alle Medien bestehende Verleihfreiheit nicht an. Dies ist ein großer bibliothekspolitischer Erfolg, der ganz wesentlich der langjährigen Überzeugungsarbeit von BDB, DBV und DBI zu verdanken ist. Eine gesetzliche Einschränkung der Verleihfreiheit für Computerprogramme konnte allerdings nur durch eine von der BDB und dem DBV für die Bibliotheken abgegebene Selbstverpflichtungserklärung, auf das Verleihen bestimmter Computerprogramme zu verzichten, abgewendet werden.

Im folgenden sollen die Grundzüge des bibliothekarischen Verbreitungsrechts, wie es sich nach dem 3. Urheberrechtsänderungsgesetz darstellt, abgehandelt werden.

2. Verbreitungsrecht

Urheberrechtlich geschützte Medien dürfen, so der von einer wichtigen Ausnahme durchbrochene Grundsatz, nur mit Zustimmung des Berechtigten verbreitet werden. Wie bereits im alten Recht wird das Verbreitungsrecht auch im geänderten Urheberrechtsgesetz (UrhG) definiert als "das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen" (§ 17 Abs. 1 UrhG).

Die Verbreitung ist Werknutzung in körperlicher Form (§ 15 Abs. 1 UrhG). Nur körperliche Gegenstände ("Werkstücke") können verbreitet werden. Die Vermittlung von Werken durch Funk oder über Netze ist Werknutzung in unkörperlicher Form ("Wiedergabe" im Sinne des Urheberrechts). Die Nutzung von Online-Datenbanken tangiert also nicht das Verbreitungsrecht.

Zum Begriff der Verbreitung gehört, daß der Besitz an dem Werkstück auf einen anderen übertragen wird (bzw. die Besitzübertragung angeboten wird). Bibliotheksrelevante Verbreitungshandlungen sind die Ausleihe von Medien an Bibliotheksbenutzer und die Versendung von Medien im Rahmen des bibliothekarischen Leihverkehrs.

Keine Verbreitung ist - auch daran ändert das neue Recht nichts - die Überlassung von Medien zur Präsenznutzung . Bei der Präsenznutzung verbleibt der Besitz, die tatsächliche Herrschaft über die Medien, bei der Bibliothek.

Keine Verbreitung ist ferner, wie schon nach altem Recht, die Aushändigung von Vervielfältigungsstücken, die von Bibliotheken im Auftrage von Benutzern zu deren Gebrauch angefertigt werden.

3. Inhaber des Verbreitungsrechts

Inhaber eines Verbreitungsrechts waren nach dem alten Recht die Urheber, die Herausgeber wissenschaftlicher Ausgaben und nachgelassener Werke, die Hersteller von Lichtbildern, Tonträgern, Filmen und Laufbildern. Nach neuem Recht steht auch den ausübenden Künstlern (z. B. Schauspielern, Musikern) ein Verbreitungsrecht bezüglich der Bild- und Tonträger zu, auf denen ihre Darbietungen aufgenommen sind.

4. Zustimmungsfreie Verbreitung

Die Verbreitung eines Werkstücks war nach altem Recht auch ohne Zustimmung des Berechtigten zulässig, wenn das Werkstück mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden war. Eine Ausnahme galt nur für das Vermieten von Computerprogrammträgern (§ 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG). Das neue Recht sieht nun für alle Werkarten ein auch nach der Veräußerung fortbestehendes Vermietrecht vor. Die neue Regelung lautet: "Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig" (§ 17 Abs. 2 UrhG). Danach darf eine Bibliothek Medienstücke verleihen, die sie vom Berechtigten oder über den seriösen Handel zu Eigentum erworben hat.

Hat der Berechtigte das Medienstück, an dem die Bibliothek Besitz erworben hat, nicht veräußert, bleibt das Verbreitungsrecht des Berechtigten bestehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Bibliothek auf Grund eines "Lizenzvertrages" verpflichtet ist, eine CD-ROM nach Ablauf einer bestimmten Frist (i.d.R. gegen Aushändigung einer aktualisierten Version) an den Berechtigten zurückzugeben. Eine solche CD-ROM darf nur mit Zustimmung des Berechtigten verliehen werden.

Gemäß § 17 Absatz 2 UrhG darf die Bibliothek zu Eigentum erworbene Medien verleihen (auch weiterverkaufen, tauschen, verschenken), sie darf diese Medien aber nicht vermieten. Verleihen im Sinne des Urheberrechts "ist die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung" (§ 27 Absatz 2 Satz 2 UrhG). "Vermietung ... ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung" (§ 17 Absatz 3 Satz 1 UrhG). Die zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung von Medien dient Erwerbszwecken, wenn die Gebrauchsüberlassung mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Ein Bibliotheksträger handelt mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn er die Entgelte oder Gebühren für die Überlassung von Medien (z. B. von CDs oder Videokassetten) so kalkuliert, daß die erwarteten Einnahmen die erwarteten Kosten für Erwerb und Verwaltung dieser Medien übersteigen. Werden Gebühren erhoben, die mehr als kostendeckend sind, handelt es sich bei der Gebrauchsüberlassung um Vermietung, die nur mit Zustimmung des Berechtigten zulässig ist. Der Berechtigte ist frei, seine Zustimmung zu verweigern. Er kann sie von der Zahlung eines Entgeltes abhängig machen.

Ein Wirtschaftsunternehmen, daß seinen Mitarbeitern Medien als Arbeitsmittel überläßt, will damit zweifellos seine Erwerbszwecke fördern. Die Besitzübertragung müßte also als Vermietung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes angesehen werden. Das Gesetz hat für diesen Fall jedoch eine Ausnahmeregelung vorgesehen. § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 UrhG bestimmt: "Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung ... im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden." Danach handelt es sich nicht um Vermietung, wenn Firmenbibliotheken Mitarbeitern des Unternehmens urheberrechtlich geschützte Medien als Arbeitsmittel zum vorübergehenden Besitz überlassen. Die Ausleihe bedarf nicht der Zustimmung des Berechtigten, wenn die Medien Eigentum des Unternehmens sind.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung "Werkbücherei" im Jahre 1972 (BGHZ 58, 270) die Auffassung vertreten, Werkbüchereien dienten "mittelbar dem Erwerbsinteresse des Unternehmens", da sie dazu beitragen sollten, "den Arbeitsfrieden und die Arbeitsfreude zu fördern". Daraus könnte gefolgert werden, bei der Überlassung von Medien durch Werkbüchereien handele es sich um Vermietung. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird jedoch unter Berufung auf die Begründung des Richtlinienvorschlags der EG-Kommission ausdrücklich festgestellt, daß die Ausleihe von Medien durch Werkbüchereien kein Vermieten sei (vgl. BT-Drs. 13/115 S. 13). Dementsprechend dürfen die Werkbüchereien nach wie vor davon ausgehen, daß sie ihre Medien verleihen und dementsprechend nicht der Zustimmung der Rechtsinhaber bedürfen.

5. Verleihen von Computerprogrammträgern

Die gesetzliche Regelung gilt für alle Arten von Medien, also auch für Computerprogramme. Nicht aus rechtlichen, sondern aus bibliothekspolitischen Gründen sind die Bibliotheken aber verpflichtet, im Hinblick auf das Verleihen von Computerprogrammen strikt die sich aus der Selbstverpflichtungserklärung der Bibliotheksverbände vom 5. Mai 1994 ergebenden Beschränkungen zu beachten. In der Erklärung heißt es:

  1. "Die Bibliotheken werden Vervielfältigungsstücke lauffähiger Computerprogramme, bei denen eine besondere Gefahr besteht, daß sie unerlaubt kopiert werden und den Berechtigten dadurch ein nicht unerheblicher Schaden entsteht, nur mit Gestatten der Rechtsinhaber an Bibliotheksbenutzer verleihen. Hierzu gehören nach der derzeitigen Marktsituation
    - Systemsteuerungsprogramme (z. B. MS DOS, OSI 2, Windows, PC-Tools)
    - Kommunikationssoftware (z. B. Novell Netware, Lotus Notes)
    - Textverarbeitungsprogramme (z. B. Word, Word Perfect)
    - Tabellenkalkulationsprogramme (z. B. Excel, Lotus)
    - Grafik- und CAD-Programme (z. B. Autocad, Pagemaker)
    - allgemeine Datenhaltungsprogramme (z. B. dBase, Paradox).
  2. Die Bibliotheken werden Programmträger im Sinne von Ziff. 1, die sie ihren Benutzern zur Präsenznutzung überlassen, mit allen zur Verfügung stehenden technischen und organisatorischen Mitteln gegen unerlaubtes Kopieren schützen.
  3. Die Bibliotheken werden diese Selbstverpflichtung zur Einschränkung der Ausleihe von Computerprogrammen im Benehmen mit den Verbänden der Softwareindustrie kontinuierlich der sich verändernden Marktsituation anpassen."
Bestehen in einer Bibliothek Zweifel, ob ein bestimmtes Programm nach der Selbstverpflichtungserklärung verliehen werden darf, sollte der Fall der BDB über die Geschäftsstelle zur Entscheidung vorgelegt werden. Das gleiche gilt, wenn ein Rechtsinhaber einer Bibliothek vorwirft, gegen die Selbstverpflichtungserklärung zu verstoßen.

Die Mißachtung der Selbstverpflichtungserklärung in der Bibliothekspraxis würde die Gefahr heraufbeschwören, daß der Gesetzgeber die bibliothekarische Verleihfreiheit einschränkt. Folge wäre, daß Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Ausleihe bestimmter Computerprogramme vor die Gerichte gebracht werden könnten. Schadensersatzprozesse und sogar Strafverfahren wären nicht auszuschließen. Hinzu kommt, daß eine gesetzliche Regelung ungleich schwerer sich verändernden Umständen angepaßt werden kann, als dies bei der Selbstverpflichtungserklärung, die weitgehend zur Disposition der bibliothekarischen Verbände steht, gegeben ist.

6. Bibliothekstantieme

Während das alte Recht nur den Urhebern und den Herausgebern wissenschaftlicher Ausgaben und nachgelassener Werke einen Anspruch auf "angemessene Vergütung" für die Nutzung ihrer Werke bzw. Leistungen durch Verleihen einräumte, sieht das neue Recht einen derartigen Anspruch zusätzlich für ausübende Künstler, Hersteller von Tonträgern und Filmproduzenten vor. Außerdem entsteht der Anspruch nicht nur, wie nach dem alten Recht, beim Verleihen von Vervielfältigungsstücken, sondern auch beim Verleihen von Originalen. Damit erhalten die Urheber auch einen Ausgleich für den Verleih ihrer Werke durch Artotheken. Die Erstreckung der Bibliothekstantieme auf weitere Rechtsinhaber und die Einbeziehung des Originalverleihs werden sicherlich eine Rolle spielen in den Verhandlungen über die Höhe der von Bund und Ländern nach dem Gesamtvertrag von 1975 zu zahlenden Bibliothekstantieme.


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