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Rechtskommission des DBI
Veröffentlichungen

Harald Müller
Regelung der Informationsvermittlung
Nutzungsbedingungen für STN International Karlsruhe

Veröffentlicht in: Bibliotheksdienst 25. (1991), S. 378.

Das Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe hatte seit Jahren in seiner Funktion als Service-Zentrum für das "Scientic & Technical Information Network (STN)" an seine Vertragspartner neben den Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch zusätzlich sogenannte STN International Benutzungsbeschränkungen übersandt. Auf Anfrage einer Universitätsbibliothek mußte sich die Rechtskommission mit dem Inhalt dieser Nutzungsbedingungen beschäftigen. Es war insbesondere die Frage zu klären, ob die lnformationsvermittlungsstelle dieser UB rechtlich gehindert ist, ihren studentischen Benutzern die im Einzelfall gewonnenen Rechercheergebnisse auf Diskette zu kopieren anstatt ihnen einen Papierausdruck zu überreichen.

Die Rechtskommission versuchte, die aufgeworfenen Fragen an Hand der aktuellen STN-Nutzungsbedingungen gutachtlich zu klären. Da die dabei gefundenen Ergebnisse aus Sicht der Bibliotheken nicht vollständig befriedigen konnten, nahm die Rechtskommission mit dem FIZ Karlsruhe direkten Kontakt auf. Auf einer gemeinsamen Besprechung erörterten die STN-Juristen mit einem Vertreter der DBI-Rechtskommission sämtliche strittigen Punkte. Es gelang den Beteiligten, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen lnteressenlage von STN International einerseits und der Funktion von Bibliotheken als universellen Informationszentren andererseits ein für alle Vertragspartner befriedigendes Ergebnis zu erzielen.

Im gemeinsamen Gespräch stellten die Rechtsexperten nämlich mit einem gewissen Erstaunen fest, daß auf Seiten der Universitätsbibliotheken die Nutzungsbedingungen von STN International bislang teilweise mißverstanden worden waren. Die Ursache hierfür liegt im unterschiedlichen Gebrauch einiger zentraler Fachbegriffe. Von der tatsächlichen Funktion her unterscheiden sich die lnformationsvermittlungsstelle in einer UB und der "Informationsvermittler" im Sinne der STN-Vertragsbedingungen nämlich ganz wesentlich. Daraus ergeben sich dann entscheidende Schlußfolgerungen hinsichtlich der Frage, ob etwa eine Weitergabe von Rechercheergebnissen auf Diskette den Nutzungsvertrag mit STN verletzt oder nicht.

Informationsvermittlungsstellen (IVS) im universitären Bereich

In der Regel sind die Universitäten bzw. die Universitätsbibliotheken Vertragspartner von FIZ Karlsruhe und Benutzer der STN-Angebote z.B. im Rahmen von Akademischen Programmen. Als Anlaufstellen für Online-Recherchen wurden - unter der Bezeichnung IVS - besondere Abteilungen im organisatorischen Rahmen von Universitätsbibliotheken eingerichtet. Eine IVS betreibt Informationsvermittlung für alle Universitätsangehörige, die somit als berechtigte Benutzer im Sinne der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von STN anzusehen sind. Gemäß diesen Bedingungen steht sämtlichen Studenten, Wissenschaftlern, Lehrbeauftragten und sonstigen Universitätsangehörigen das Recht zu, die STN-Datenbanken online zu nutzen. Sie sind insoweit keine Dritten im Sinne der genannten Bedingungen. Deshalb finden die Bestimmungen über Weitergabe von Rechercheergebnisse an Dritte auf Universitätsangehörige keine Anwendung.

Ist ein einzelnes Universitätsinstitut Vertragspartner von FIZ Karlsruhe und damit Benutzer in STN, kann der Datenbankanschluß ebenfalls von allen Universitätsangehörigen genutzt werden. Insofern bestehen zwischen den Instituten und einer UB keine Unterschiede.

Da im Normalfall jeder Universitätsangehörige berechtigter Nutzer von STN-Datenbanken ist, darf ihm die zentrale IVS einer UB Rechercheergebnisse auch auf Diskette überlassen. Die Benutzungsbeschränkungen betreffen ihn insoweit nicht. Ausgenommen sind einige wenige Datenbanken gemäß den Bedingungen der Datenbankproduzenten. Etwas problematischer sieht die Situation derzeit noch für außeruniversitäre Nutzer aus. Hierfür gelten zum Teil noch strikte Weitergabeverbote.

Regelung der Informationsvermittlung für Dritte

Die IVS einer UB wird allerdings dann für Dritte im Sinne der STN-Bedingungen tätig, wenn sie für nicht der Universität angehörige Bibliotheksbenutzer Recherchen in STN durchfuhrt. Nach den derzeit gültigen STN Benutzungsbeschränkungen dürfen Rechercheergebnisse an Dritte nicht weitergegeben werden. Sofern die Bedingungen der einzelnen Datenbankproduzenten dies nicht ausdrücklich untersagen, gestattet FIZ Karlsruhe jedoch im Vorgriff auf eine Neufassung der Nutzungsverträge bereits jetzt eine Weitergabe von Rechercheergebnissen an Dritte, auch auf Diskette.

In der Diskussion zwischen den Juristen von FIZ Karlsruhe und der DBI-Rechtskommission wurde deutlich, daß manchmal die Formulierungen in den STN-Bedingungen von den Vertragspartnern mißverstanden werden können. Außerdem muß es als äußerst unbefriedigend empfunden werden, daß die Weitergabe von Rechercheergebnissen aus einigen über STN angebotenen Datenbanken an außeruniversitäre Dritte erheblichen Beschränkungen unterliegt bzw. untersagt ist. Der Vertreter der Rechtskommission bat deshalb die Kollegen vom FIZ Karlsruhe um Prüfung, ob die Vertragsbedingungen insoweit vielleicht etwas mehr im Interesse der Nutzer formuliert werden könnten, um sowohl Mißverständnisse zukünftig auszuschließen, als auch die Bedürfnisse der Praxis besser befriedigen zu können.

Die Vertreter von FIZ Karlsruhe stellten eine Neufassung der STN-Nutzungsbedingungen für Frühjahr 1991 in Aussicht. In diesen soll der Sonderfall der Recherche für Dritte ausdrücklich berücksichtigt werden. Allerdings ist das FIZ Karlsruhe an die Lizenzverträge mit den jeweiligen Datenbankproduzenten gebunden. Es wird aber versuchen, bei diesen auf die besondere Bedeutung der Informationsvermittlung für Dritte hinzuweisen. FIZ Karlsruhe wird alle seine Vertragspartner zu gegebener Zeit über etwaige Änderungen umfassend informieren. Die DBI-Rechtskommission dankt dem FIZ Karlsruhe für die konstruktive Lösung der aufgeworfenen Fragen im Interesse der Bibliotheken.


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