Bibliomarket in Rußland
Jelena Jastrebowa
Trotz der Kollisionen und harten Bewährungsproben ist das bibliothekarische Leben bei uns in Rußland nicht eingegangen, vielmehr entwickelt es sich weiter, sein Puls schlägt. Unter neue wirtschaftliche Bedingungen gestellte Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken fangen nach Überwindung des ersten Schocks an, nach einem neuen legitimen Platz in der Gesellschaft zu suchen sowie Marketingstrategien zur Organisation ihrer Tätigkeit aktiv zu nutzen. Das Erlernen der Grundlagen, Formen und Methoden der Marktwirtschaft bis zu ihrer Beherrschung ist für sie zum existentiellen Problem geworden, ohne dessen richtige Lösung unentwegt die Hamlet-Frage auftaucht: "Sein oder nicht sein".
Den richtigen Weg im "Marketing-Dickicht" zu finden, hilft das Wissenschaftlich-Innovative Zentrum "Bibliomarket" (WIZ BM). Diese für unseren Staat noch ungewöhnliche Firma wurde Anfang 1992 in Moskau gegründet. Ihre Arbeit stützt sich auf die Prinzipien der Selbstfinanzierung, Orientierung an den Bedürfnissen des Marktes, auf eigene starke Seiten (Mobilität, beachtliches Niveau der Fachleute, Schnelligkeit bei der Lösung der Fragen), auf ständige Berücksichtigung der Angebote der Konkurrenz und der Partner.
Zu Bibliomarket gehören hochqualifizierte, energische, ziemlich junge geschäftige Leute, meist - außer einer Ausnahme - Frauen. Manche von ihnen besitzen internationale Zertifikate zu Marketing und Management, sind IFLA-Mitglieder, Doktoren der Wissenschaften und verfügen über umfangreiche bibliothekspraktische Erfahrungen. Sie wollen, daß sich die Qualität der Arbeit in unseren Bibliotheken erhöht, daß sie ohne große Verluste zum Markt übergehen.
Zur Verwirklichung dieser enormen Aufgaben hat BM sowohl eine komplexe Strategie als auch die Taktik des Handelns für die nächste Zeit herausgearbeitet. Für das Jahr 1993 wollen wir folgende besonders wichtige und aktuelle Arbeitsaufgaben erwähnen:
An dieser Stelle möchte ich mich an deutsche Bibliothekare und Angestellte der Staatlichen Beratungsstellen wenden und Ihnen folgende Kooperation anbieten:
Vielleicht haben Sie originelle Gedanken zur Organisation der Tätigkeit der Bibliothek, die sie mit Ihren russischen Kollegen austauschen wollen - BM kann dabei behilflich sein und Ihr Anliegen an die breite bibliothekarische Öffentlichkeit weiterleiten.
Deutschen Bibliotheken, die direkte Arbeitskontakte mit russischen Bibliotheken aufnehmen wollen, würden wir gern zur Seite stehen. Oder deutsche Bibliothekare, bibliothekarische Berufsverbände wollen gemeinsam mit russischen Bibliothekaren Konferenzen zu aktuellen Problemen des Bibliothekswesens durchführen - mit großer Freude werden wir solche Vorschläge aufgreifen und unser Bestes tun, damit das Geplante stattfindet.
Darüber hinaus könnten wir, gemeinsame historische und kulturelle Wurzeln sowie ein riesiges Interesse für deutschsprachige Literatur in unserem Lande in Betracht ziehend, eine parallele soziologische Studie über Einstellung und Verhältnis der russischen Bevölkerung zum deutschen Buch sowie der deutschen zur russischen Literatur durchführen.
Die ersten positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bibliotheksinstitut in Berlin und Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland hat Bibliomarket bereits gemacht.
Wir haben die Publikation "Marketingkonzeption für Öffentliche Bibliotheken" von Peter Borchardt und anderen, erschienen in Berlin 1987, übersetzt und verlegt. Im Mai 1993 wurde es in Moskau präsentiert, wozu einige Mitglieder des Autoren-Kollektivs eingeladen waren.
Abschließend möchte ich betonen, daß das WIZ Bibliomarket zahlreiche verschiedene Pläne und Einfälle hat und optimistisch in das neue Jahrhundert schaut.
Wir wünschen allen Bibliothekaren der Bundesrepublik Deutschland viel Erfolg und hoffen auf fruchtbare Zusammenarbeit mit Ihnen.