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Bibliothekswesen international in den Zeitschriften des DBI
Großbritannien

Die Automation in wissenschaftlichen Bibliotheken Südenglands
Joachim Dietze

Ein Reisebericht

Die Bibliotheksreise fand auf Einladung des British Council Anfang Dezember 1991 statt und wurde von der Library Association im einzelnen vorbereitet. Das Ziel der Reise war es, Erfahrungen auszutauschen und Neues auf dem Gebiet der Bibliotheksautomation kennenzulernen. Die Gastgeber hatten als erste Bibliothek die Cambridge University Library vorgesehen - sicherlich mit gutem Grunde, denn sie hat eine Art Schlüsselposition, da hier bereits sehr früh mit der Automation begonnen worden war. Die ersten Nachrichten von einer Büchersammlung im Cambridge College stammen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Seit 1709 kann die Bibliothek als Copyright Deposit Library des Vereinigten Königreichs von Großbritannien angesehen werden, das bringt u. a. den Vorteil mit sich, daß heute etwa 20 % der US-amerikanischen Buchproduktion auf diesem Wege erworben wird. Zur Zeit verfügt die Bibliothek über rund 5 Millionen Bände bei 30.000 eingetragenen Lesern aus der Universität und den umliegenden Colleges. Im Grunde genommen besitzt man in Cambridge ein dreischichtiges System, bestehend aus der zentralen Universitätsbibliothek, den Bibliotheken in den Departments und in den Colleges - letztere werden in der Regel von undergraduate students besucht. Aus diesem Grunde kauft die Universitätsbibliothek auch nicht für derartige Studenten Literatur. Trotzdem verfügt sie über sogenannte "nonacademic books", darunter ist in der Regel Belletristik und Kinderliteratur zu verstehen, die sie über das Copyright erhält. Es soll in dem Zusammenhang angemerkt werden, daß der alte Katalog eine Teilung aufweist zwischen academic books und nonacademic books.

1979 wurde mit der Katalogisierung der Bestände über den Computer begonnen. Man hatte dazu ein Inhouse System geschaffen und die Software selbst fabriziert: CATS (Cataloguing in a system). Mit der Aufnahme dieser Neukatalogisierung wurden die alten Kataloge abgebrochen; zur Sicherung der Bestände produziert man mittels COM alle drei Monate einen Mikrofiche-Katalog. Mit dem System CATS wird akzessioniert, katalogisiert, ausgeliehen, die Fernleihe gesteuert, aber auch die Zeitschriftenerwerbung läuft über den Rechner. Benutzt wird zur Zeit ein VAX-Computer von DEC. Seit 1989 haben die großen Universitätsbibliotheken Großbritanniens begonnen, ein Netz aufzubauen, es trägt den Namen CURL (Consortium of University Research Libraries). Dazu gehören die Universitätsbibliotheken London, Manchester, Leeds, Glasgow, Edinburgh, Cambridge und Oxford. Die British Library ist diesem Konsortium vorerst als Beobachter beigetreten, sie verfügt aber über ein Stimmrecht. Das Netz wird als Katalogverbund eingesetzt; Fernleihsteuerung ist möglich. Der zentrale Computer wird in Manchester betrieben. Als Software nutzt man zur Zeit CATS aus Cambridge. Manchester hat jedoch bereits eine neue kommerziell vertriebene Software "204" gekauft, die für den Verbund eingesetzt werden soll. Der Verbund läuft über JANET (Joint Academic Network). Dieses Kommunikationsnetzwerk wurde 1984 eröffnet und verbindet Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen Großbritanniens, wobei die Nutzung kostenfrei ist, weil die britische Regierung dieses Unternehmen stützt. Inzwischen haben auch kommerzielle Firmen Anschluß bekommen. Über Gateways ist JANET mit 18 Ländern verbunden, darunter auch mit dem US-amerikanischen INTERNET, das den Weg zu weiteren internationalen Kommunikationsstrecken eröffnet. Zur Zeit sind über 60 OPACs wissenschaftlicher Bibliotheken Großbritanniens über JANET anwählbar, es werden aber auch die Ressourcen der British Library, die seit 1977 mit BLAISE-LINE einen bibliographischen Dienst online über ihre Bestände unterhält, einschließlich der Magnetbänder von OCLC zur Fremddatennutzung angeboten. JANET ist ein Paketnetzwerk im X.25-Modus, über eine X.400-Schnittstelle kann von der Postleitung eingewählt werden. Damit bietet JANET Nutzungsmöglichkeiten für die elektronische Post, den Filetransfer und den Terminalanschluß.

Im OPAC der Cambridge University Library werden für die Inhaltserschließung der Bücher die Schlagworte der Library of Congress eingesetzt, es gibt keine systematische Klassifikation. Mehr als 100 Terminals hält die Bibliothek für die Leser und eigenen Mitarbeiter im Netz bereit. Nebenher wird ein Union catalogue - also ein Zentralkatalog für die einzelnen Bibliotheken der Departments der Universität und der Colleges geführt, wobei man anmerken muß, daß nicht alle Departmentsbibliotheken angeschlossen worden sind. Es fehlen insbesondere die Bestände der naturwissenschaftlichen Departments im Union catalogue.

Die Leitung der Universitätsbibliothek steht dem Plane einer retrospektiven Katalogkonversion ablehnend gegenüber, da man der Meinung ist, daß es billiger und effizient sei, die Suche nach älteren Beständen in gekauften Datenbasen vorzunehmen und dann im zweiten Schritt am eigenen Katalog formal nachzuschlagen. Begründet wird diese Haltung auch damit, daß für Bücher, die über zehn Jahre alt sind, nur 10% der Gesamtnutzung festgestellt werden konnten.

Die zentrale Bibliothek der London University geht auf das Jahr 1838 zurück. Sie verfügt heute über 1.200.000 Bände und betreut 38.000 Leser. An der University of London studieren rund 40.000 Studenten einschließlich der Undergraduates. Es handelt sich um ein zweischichtiges Bibliothekssystem. 1980 begann die London University Library mit Hilfe des Computers zu katalogisieren, wobei sie die Katalogdaten der British Library benutzte einschließlich der dort vorhandenen Bänder von OCLC. Für diese Arbeit wurde die Software LOCAS (Local Cataloguing System) der British Library verwendet; dieses Shared cataloguing system wurde jedoch von der British Library 1986 abgebrochen und man hatte deshalb an der Universitätsbibliothek erwogen, das System URICA von McDonnell Douglas einzusetzen. Zwischenzeitlich wurde für die Ausleihe die Software von GEAC (Toronto) genutzt. 1988 entschied man sich jedoch, eine kommerziell vertriebene Software vom Software-Haus SLS in Bristol zu erwerben mit Namen LIBERTAS. Diese Software ist modulartig strukturiert und es werden damit an der London University Library Monographien erworben (ohne Zeitschriften), es wird katalogisiert und auch ausgeliehen. Für die sachliche Erschließung im OPAC werden die Schlagwörter der Library of Congress und die Bliss-Klassifikation benutzt. LIBERTAS ist hardwareabhängig von der Firma DEC, gearbeitet wird zur Zeit mit einem VAX-Computer.

Bereits 1979 hatte man mit Hilfe von LOCAS begonnen, 12 größere Collegebibliotheken der London University in die Computerkatalogisierung einzubeziehen. Die Ausgabe der Daten erfolgte über COM mit monatlicher Kumulierung. Als LIBERTAS eingeführt wurde, hat man zwei pools gebildet und zwar einen Katalog für die Universitätsbibliothek und einen anderen für 22 College- und Institutsbibliotheken der Universität. Daneben wurde an sechs einzelnen größeren Collegebibliotheken die gleiche Software installiert. Die Firma SLS in Bristol führt eine Datenbank sämtlicher Katalogdaten, die mit ihrer Software LIBERTAS betrieben wird. Es ist nun möglich, bei der Katalogisierung diese Daten als Fremdkatalogisate zu nutzen. Das ist jedoch für die einzelnen Bibliotheken kostenpflichtig. Die Universitätsbibliothek kann außerdem online über SLS seit 1991 Daten von OCLC recherchieren. Jedem ist es jedoch kostenfrei möglich, über den Katalogverbund CURL Daten zu entnehmen oder die in Manchester vorgehaltenen OCLC-Bänder zu befragen.

Ich hatte auch die Chance, eine der größeren Collegebibliotheken der London University zu besuchen und zwar das Queen Mary and Westfield College. In diesem College studieren rund 6.000 undergraduates. Die Bibliothek enthält eine halbe Million Bände. Diese Collegebibliothek nutzt im vollen Umfang sämtliche Leistungen von LIBERTAS. Bei der Ausleihe wird mit Barcode gearbeitet. Über Verfahren der Katalogretrokonversion hat man bereits 50.000 Titel erfaßt, man nutzt dabei unter anderen auch OCLC und zwar derart, daß Titelkarten an diesen Verbund nach den USA geschickt werden, so daß man die dort enthaltenen Daten auf Magnetband zurückerhält. Die Kosten bei diesem Verfahren belaufen sich auf 1,15 englische Pfund (ca. 3,40 DM) pro Titel.

Man kann bereits hier festhalten, daß die Software LIBERTAS der Firma SLS in Bristol von zahlreichen wissenschaftlichen Bibliotheken in Süd- und Westengland verwendet wird. In Mittel- und Nordengland, wenn man von einigen Ausnahmen absieht, wird die Verbundsoftware BLS (Birmingham Library System) eingesetzt, die ebenfalls von einem kommerziellen Softwarehaus, BLCMP, ausgearbeitet worden ist. Folgende Universitätsbibliotheken sind an diesem Verbund beteiligt: Belfast University, Brunel University bei London, Loughborough University, Salford University, Sheffield University, Warwick University und auch Leicester Polytechnic.

Die Southampton University ist aus einem ehemaligen College der London University entstanden, das 1952 selbständig geworden ist. Zur Zeit studieren hier 7.500 Studenten. Die Universitätsbibliothek nennt sich Hartley Library nach dem Gründer eines Kulturzentrums in Southampton, das der Vorläufer des eben erwähnten Colleges ist. Die Bibliothek hat 1988 ein neues Gebäude bekommen und verfügt zur Zeit über 850.000 Bände. Es handelt sich um ein einschichtiges Bibliothekssystem auf einem Campus, an die zentrale Bibliothek sind noch drei Zweigbibliotheken (Biologie, Medizin und Geographie) angeschlossen, wobei die Zweigbibliothek für Geographie in Kürze in die Zentralbibliothek eingegliedert werden soll, während die beiden anderen Zweigbibliotheken in größerer Entfernung von der zentralen Bibliothek liegen. 1966 hat man begonnen, mit einer eigenentwickelten Software die Ausleihe zu automatisieren. Dann wurde in gleicher Weise die Erwerbung angeschlossen, während man mit der Software LIBERTAS versuchte, die Katalogisierung in der Zweigbibliothek für Medizin und in der Zentralbibliothek voranzubringen. Da auf diese Weise kein integriertes System entwickelt werden konnte, hat man sich entschlossen, 1990 URICA von McDonnell Douglas, das auf Unix-Basis läuft, zu erwerben. Alle Module dieses integrierten Software-Systems sind bereits installiert, d. h. die Erwerbung, die Katalogisierung einschließlich OPAC und die Ortsleihe. Bei der Erwerbung sind die Zeitschriften noch nicht erfaßt worden; man konnte auch Kritiken am Erwerbungsmodul hören, das mit der früheren Eigenentwicklung verglichen wurde. So gab es Probleme mit der Aufnahme mehrbändiger Werke und der Behandlung der vom Buchhandel nicht gelieferten Literatur sowie auch mit der mangelhaften Prüfung der Identifikations- bzw. Erwerbungsnummern, die in der zentralen Bibliothek verwendet werden. Die Universitätsbibliothek nutzt in ausgedehnter Weise Fremdkatalogisate bei SLS, BLCMP und auch bei der British Library und zwar kostenpflichtig, da sie selbst keine Katalogdaten an diese Verbundkataloge liefert.

Die Universitätsbibliothek verfügt zur Zeit über zwei Netze, die über ein Gateway an das Campus-LAN der Universität angeschlossen sind. So plant man unter anderem auch, die weiter entfernten Studenteninternate an dieses LAN anzuschließen. Über ein Gateway ist das Campus-LAN der Universität mit JANET verbunden bei Einsatz der amerikanischen Software CROSSTALK. Nach Aussage der Bibliothek wird auf diese Weise sehr intensiv BIDS (Bath Information and Data Service) genutzt.

Seit Februar 1991 hält das Rechenzentrum der Bath University mit Hilfe der menuegesteuerten Software STATUS die Daten des Institute for Scientific Information in Philadelphia vor. Es handelt sich dabei im einzelnen um den Science Citation Index, Social Sciences Citation Index, Arts and Humanities Citation Index und einen Index to Scientific and Technical Proceedings. Im Augenblick sind die Daten retrospektiv bis 1986 verfügbar, in Kürze soll der Umfang bis 1981 erweitert werden. Aus diesem Grunde werden die entsprechenden CD-ROMs nicht mehr angeboten.

Die Universitätsbibliothek von Southampton besitzt traditionell eine größere Sammlung von Amtsdruckschriften der britischen Regierung. Seit 1990 hat man dafür eine eigene Datenbank angelegt, die mit der Software STATUS der Firma Harwell Computer Power betrieben wird. Es ist damit Freiwortsuche möglich, als Recherchemerkmal kann aber auch das Intervall oder das Datum des Erscheinens der jeweiligen Amtsdruckschrift benutzt werden. Ein Katalog dieser Amtsdruckschriften wird in größeren Abständen von der Bibliothek publiziert. Außerdem setzt man eine kommerziell hergestellte Datenbank auf CD-ROM ein und zwar den Catalogue of UK (United Kingdom) official publications.

Die Brunel University bei London wurde 1966 gegründet; sie trägt den Namen eines britischen Ingenieurs aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Die Universität verfügt über zwei Campi und zwar in Uxbridge und in Runnymede, die am westlichen Stadtrand von London liegen. In beiden Campi befinden sich Bibliotheken mit einem Besitz von etwa 350.000 Bänden. An der Universität lernen rund 4.300 Studenten. In Uxbridge erhielt die Universitätsbibliothek 1973 ein neues Gebäude. Mit der Bibliotheksautomation wurde 1983 begonnen und zwar mit der Ausleihe, 1987 folgte die Katalogisierung einschließlich eines OPAC, wobei die Sacherschließung mittels Schlagwörter der Library of Congress geschieht. Im gleichen Jahr wurde auch die Erwerbung in die Automation einbezogen einschließlich der Zeitschriften. Genutzt wird die Software BLS vom Hersteller BLCMP aus Birmingham. Dieses integrierte Softwaresystem wird zur Zeit von insgesamt 16 britischen Bibliotheken eingesetzt, wobei im Verbund unter BLS katalogisiert wird. Die Daten können im UK-Marc-Format transportiert werden. Dieser Katalogverbund wird für die beteiligten Bibliotheken nonprofit betrieben.

Der Campus in Uxbrigde verfügt über ein LAN mit einem Gateway zu JANET. Auf diese Weise wird der OPAC der Bibliothek für die gesamte Universität zugänglich. Man nutzt JANET auch für die Fernleihe, um insbesondere in der British Library Document Supplying Division in Boston Spa zu bestellen. Es wird dem Leser außerdem die Möglichkeit geboten, einige Computerkataloge Londoner Hochschulbibliotheken direkt zu befragen.

Aus Kostengründen hat man begonnen, statt die Zitatindices des Institute for Scientific Information auf CD-ROM über BIDS zu benutzen.

Es wurde mir auch ermöglicht, ein Polytechnicum zu besuchen und zwar das Polytechnic of Central London. Ein Polytechnic ist ein Hochschultyp, der vom Bildungsanspruch etwa zwischen einer deutschen Fachhochschule und einer technischen Hochschule einrangiert werden kann. Diese Polytechnics wurden durch Gesetz in den 70er Jahren gegründet. Sie sind sehr stark pragmatisch von ihren Studiengängen her, die flexibel angelegt sind, ausgerichtet und auf die angewandten Wissenschaften spezialisiert. Das zeigt sich allein darin, daß an der Polytechnic of Central London 5.500 Direktstudenten studieren, 7.500 Teilzeitstudenten, d. h. also im Abendstudium oder im Fernstudium, hinzu kommen noch 18.000 Kursstudenten, das bedeutet, sie belegen Weiterbildungskurse. In London und in der weiteren Umgebung gibt es zur Zeit 9 derartige Polytechnics, sie entstanden durch den Zusammenschluß verschiedener Colleges. Es ist geplant, daß 1992 die Polytechnics das Recht erhalten, den Titel University zu führen. Das Polytechnic of Central London wird sich dann University of Westminster nennen. Da dieses Polytechnic in verschiedenen Gebäuden in London untergebracht ist, hat man sich entschlossen, keine zentrale Bibliothek dafür aufzubauen, sondern in den jeweiligen Gebäuden 8 Einzelbibliotheken einzurichten. Die Bibliotheken sind alle einem Information Resource Service unterstellt, wobei hinzuzufügen ist, daß für sämtliche Bibliotheken und Institutionen dieses Polytechnics ein LAN existiert, wobei es auch möglich ist, sich mit Hilfe eines Modems über die Telefonleitung vom privaten PC in das LAN einzuschalten. Für die Bibliotheksautomation, die 1986 begonnen hat, verwendet man die Software LIBERTAS von SLS. Am Anfang standen die Katalogisierung und der Aufbau eines OPAC (Sacherschließung nach Dewey DC) sowie die Ausleihe. 1989 wurde mit der Erwerbung fortgesetzt, die zentralisiert ist. 1991 ist die Fernleihe automatisiert worden. Für 1992 plant man, die Zeitschriftenerwerbung in die Automation mit einzubeziehen. Es gibt eine einzige Datenbank für alle acht Bibliotheken, die Daten werden außerdem in die SLS-Datenbank nach Bristol gemeldet. Bei der Katalogisierung nutzt man SLS sowie Fremddaten von OCLC über SLS. In dem automatisierten Ausleihsystem ist es auch möglich, Bücher aus den verschiedenen Bibliotheken des Polytechnic zu bestellen, sie werden dann für den Benutzer über einen Bücherautodienst herbeigeschafft.

Die Universität in Oxford wird von über 100 Bibliotheken ganz unterschiedlichen Typs versorgt. Es handelt sich dabei gleichsam um ein vierschichtiges Bibliothekssystem, das in horizontaler Ebene strukturiert ist, weil alle Bibliotheken selbständig sind:

  1. Drei zentrale Bibliotheken, die unabhängig voneinander sind, stehen an erster Stelle, und zwar die Bodleian Library als zentrale Universitätsbibliothek, die Bibliothek des Taylor Institution für west- und osteuropäische Studien und die Bibliothek des Ashmolean Museum für Archäologie und Klassisches Altertum.

  2. 13 Fakultätsbibliotheken kleinerer Dimension als Ausleihbibliotheken für Geistes- und Sozialwissenschaften.

  3. 6 Departmentbibliotheken für Naturwissenschaften.

  4. Zahlreiche Collegebibliotheken, insbesondere für Undergraduates.
Die berühmte alte Bodleian Library, die von Thomas Bodley 1602 als erste öffentliche Bibliothek Englands gegründet wurde, verfügt über rund 6 Millionen Bände, sie ist genauso wie die Bibliothek der Cambridge Universität eine Copyright Deposit Library seit 1610. 1983 hat der Library Board der Universität die erste Empfehlung zur Einführung der Bibliotheksautomation gegeben und zwar sollten ursprünglich einige Fakultätsbibliotheken mit der Katalogisierung und der Ausleihe beginnen, dabei wollte man jedoch die Bodleian Library aus Kostengründen vorerst auslassen. Daraufhin wurde ein Pilotprojekt angefahren, indem drei Fakultätsbibliotheken 1985-87 mit der Software LS 2000, die für OCLC eingesetzt wird, begannen, wobei man gleichzeitig die Kataloge retrospektiv konvertierte. 1986 gab es jedoch einen Bericht über die mögliche Automation der Bodleian Library und eine entsprechende Ausschreibung. Den Zuschlag erhielt im Jahre 1987 die Software DOBIS/LIBIS von IBM. 1988 wurde die Software implementiert und mit der Katalogisierung zum Aufbau eines OPAC begonnen, dabei ist die Bodleian Library gleichzeitig auf die Anglo-American-Cataloguing Rules (AACR 2) übergegangen. Bei der Software DOBIS/LIBIS handelt es sich um ein integriertes System, das sich durch Multilingualität und Dublettenkontrolle auszeichnet. Es gibt dabei keine Probleme beim Einsatz von US-MARC oder UK-MARC. Mit der Verwendung von DOBIS/LIBIS wurde der Gebrauch der Software LS 2000 abgebrochen, und die bisher aufgenommenen Katalogdaten der drei Fakultätsbibliotheken sind in das Format der neuen Software konvertiert worden. Die Software DOBIS/LIBIS wurde in einer Testphase von zwei Bibliotheken für die Akzession erprobt, zur Zeit setzen es 11 Bibliotheken ein, das Ausleihmodul verwenden derzeit 4 Fakultätsbibliotheken.

An der Oxford University gibt es ein eigenes Netz, in das alle Bibliotheken eingebunden sind. Man hat deshalb OLIS geschaffen (Oxford Library and Information System), das als Verbundkatalog für zur Zeit 43 Bibliotheken der Universität wirkt; man plant, ungefähr 70 Bibliotheken insgesamt zu beteiligen. Für die Sachkatalogisierung werden die Schlagwörter der Library of Congress genutzt. Bei der Katalogisierung werden auch Fremddaten eingesetzt und zwar CURL und OCLC, wobei die selbst entwickelte Konversionssoftware NORM verwendet wird, um vom US-MARC-Format und vom UK-MARC-Format in das Eigenformat von DOBIS/LIBIS zu konvertieren. Zwischen der Bodleian Library und der Bibliothek der Cambridge Universität gibt es in der Katalogisierung eine sehr enge Kooperation, da ja beide Bibliotheken als Copyright Deposite Libraries wirken.

Ich hatte die Möglichkeit, eine Fakultätsbibliothek zu besuchen und zwar die Bibliothek des Institute of Economics and Statistics, die 1938 gegründet wurde und zur Zeit über 113.000 Bände verfügt. 1990 wurde die Bibliotheksautomation mit der Katalogisierung begonnen, dabei hat man die Bibliothek in den Verbund OLIS einbezogen. An dieser Bibliothek steht u. a. auch der Social Sciences Citation Index auf CD-ROM zur Verfügung, außerdem hat man zu sämtlichen Datenbasen von BIDS online Zugang, so daß es also möglich ist, den Social Sciences Citation Index sowohl von 1985 bis 1991 online zu recherchieren als auch die entsprechenden CD-ROMs zu nutzen. Die Bibliothek hat außerdem zu dem Host DIALOG in Kalifornien Zugriff. Bei DIALOG werden über 250 Datenbanken angeboten (z. T. für Artikel als Volltext im Bereich des Wirtschaftsmanagements).

In London existiert seit 1982 ein Library and Information Technology Centre. Dieses Centre wird seit 1984 von der British Library ökonomisch unterstützt, außerdem arbeitet man fachlich sehr eng mit dem Polytechnic of Central London und dem direkt benachbarten South Bank Polytechnic zusammen. Es handelt sich um ein Beratungs- und Demonstrationszentrum, das die Aufgabe hat, die Bibliotheken, die sich der Automation nähern, objektiv, d.h. unabhängig von den Hard- und Softwareproduzenten, zu beraten. Man verwendet dafür Demonstrationen mit Hilfe des PC und man stellt darüber hinaus methodisch geschickt erarbeitete Publikationen zur Verfügung, die den Bibliothekaren helfen sollen, die den jeweiligen Bibliotheken gemäße richtige Entscheidung zu treffen.

Zusammenfassend wären folgende Besonderheiten bei den von mir besuchten englischen Bibliotheken festzustellen:

  1. Es gibt einige wenige herausragende, kommerziell betriebene Verbundkataloge (BLCMP und SLS) und den Verbundkatalog CURL von 7 Universitätsbibliotheken.

  2. Die meisten Bibliotheken nutzen bei der Katalogisierung auch die Fremddaten von OCLC entweder über eigene Verbundkataloge, die diese Daten vorhalten, oder direkt.

  3. Die in den Bibliotheken eingesetzte Software ist ganz unterschiedlicher Natur. Es werden aber immer integrierte Systeme verwendet.