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Bibliothekswesen international in den Zeitschriften des DBI
Frankreich

Museumsbibliotheken in Frankreich am Beispiel einiger Nationalmuseen in Paris
Silke Kopton

Während eines von der Bibliothekarischen Auslandsstelle des DBI organisierten Studienaufenthaltes in Paris hatte ich Gelegenheit, schwerpunktmäßig einige Kunst- und Museumsbibliotheken Frankreichs kennenzulernen. Das Programm ermöglichte mir einen Besuch in den Bibliotheken folgender Pariser Museen:

Abgerundet wurde das Besuchsprogramm der Bibliothekslandschaft Frankreichs im Bereich Kunst und Museum durch einen Besuch in der interuniversitären Sondersammelgebietsbibliothek für Kunst und Archäologie, der 'Bibliothèque d'Art et d'Archéologie - Fondation Jacques Doucet'.

Die ministerielle Zuständigkeit für die Bibliotheken der staatlichen Museen hat in den letzten Jahren häufig gewechselt. Während heute fast das gesamte wissenschaftliche Bibliothekswesen im Geschäftsbereich des 'Ministère de l'Enseignement Supérieur' liegt, gehören die Museen (und damit auch ihre Bibliotheken) in den Aufgabenbereich des 'Ministère de la Culture et de la Francophonie', dessen 'Direction des Musées de France' derzeit für die 34 Nationalmuseen in ganz Frankreich zuständig ist (davon 15 allein in Paris).

Anders als in Deutschland unterstehen die Bibliotheken dieser Museen organisatorisch nicht den Museen selbst, sondern wiederum einer für Frankreich typischen zentralen Zwischeninstanz, dem 'Service des Bibliothèques des Musées Nationaux', der direkt von der 'Direction des Musées de France' abhängt.

Von den 34 Nationalmuseen unterhalten 24 Bibliotheken mit z. T. höchst spezialisierten Beständen zwischen 500 bis 110.000 Bänden (Musée Guimet), denen entsprechend ihrer Ausstattung bisweilen eine sehr bedeutende Rolle in der nationalen Literaturversorgung zukommt.

Um die Struktur der Bibliotheksverwaltung in diesem Bereich besser verstehen zu können, empfiehlt es sich, zunächst einmal die Bibliothek des größten Museums Frankreichs und, seit der Eröffnung des neu einbezogenen Flügels Richelieu am 19.11.93, sogar des größten Museums der Welt, dem 'Musée du Louvre' etwas genauer zu betrachten. Die Bibliothek dieses gigantischen Museums ist zugleich die Zentralbibliothek der Nationalen Museen. Hier ist auch der Service des Bibliothèques des Musées Nationaux, die den anderen Museumsbibliotheken übergeordnete Zentralstelle, angesiedelt, die unterschiedliche Dienstleistungen für die einzelnen Bibliotheken versieht.

So ist zum Beispiel der Erwerbungshaushalt für alle Bibliotheken im Haushalt der Zentralbibliothek verankert. Von hier aus wird er auch verwaltet, d. h. alle Bücher und Zeitschriften, die den einzelnen Museumsbibliotheken im Kauf zugehen, werden über die zentrale Erwerbungsabteilung im Louvre beschafft und inventarisiert, wobei jedes Museum selbstverständlich seinen eigenen Haushaltstitel hat. Für einige Bibliotheken übernimmt die Zentrale auch die Abwicklung des Tauschverkehrs. Zusätzlich wird für etwa 10 der Bibliotheken auch die gesamte Formalkatalogisierung hier abgewickelt, seit April 1993 übrigens mit Hilfe des EDV-gestützten Katalogisierungs- und Erwerbungssystems GEAC, dessen Anwendung allerdings noch in einer Erprobungsphase steckt.

Nur in den drei großen Nationalmuseen neben dem Louvre, dem 'Musée des Arts et Traditions Populaires', dem 'Musée des Antiquités Nationales' in Saint-Germain-en-Laye und dem 'Musée des Arts Asiatiques - Guimet' ist das Bibliothekspersonal ebenfalls an die Bibliothekszentrale der Nationalmuseen angebunden, zumindest auf der Ebene der Bibliothekare ('Conservateurs' und 'Bibliothécaires adjoints'). Dieses bedeutet einerseits eine häufig als unangenehm empfundene Abhängigkeit hinsichtlich des Stellenplans, da nach Ansicht der Direktoren der einzelnen Museumsbibliotheken die Personaldecke in Relation zu den zu bewältigenden Aufgaben gesehen viel zu dünn ist besonders auch im Vergleich zur Zentralbibliothek im Louvre - andererseits ergibt sich daraus natürlich eine relativ starke Unabhängigkeit gegenüber den Museen selbst.

Die Zentralbibliothek der Nationalen Museen befindet sich im 'Pavillon des Arts' im 'Palais du Louvre'. Auf einer Gesamtfläche von 1.250 m² beherbergt sie etwa 150.000 Bände (3.900 Regalmeter) Monographien, etwa 1.350 Zeitschriften werden laufend bezogen und, zusammen mit den Auktionskatalogen, auf 2.400 Regalmeter untergebracht. Die Aufstellung der Bücher erfolgt nach 36 sehr grob gefaßten Sach- und Formalgruppen, die inhaltlich nicht weiter untergliedert sind.

Etwa ein Drittel aller Neuzugänge kommt auf dem Wege des Schriftentausches mit etwa 300 Tauschpartnern in aller Welt in die Bibliothek, der hier nicht nur quantitativ von besonderer Bedeutung ist. Die Ausstellungskataloge, die bei dieser Zugangsart den größten Teil ausmachen, sind für das Sammelgebiet der Bibliothek vor allem deswegen so wichtig, weil der Schwerpunkt nicht auf Geschichte der Kunst sondern auf der Beschreibung von Kunst und ihren Werken liegt. Weitere wichtige Publikationsformen neben Ausstellungs- und Sammlungskatalogen sind daher Auktionskataloge des In- und Auslandes, um den Weg z. B. eines bestimmten Kunstwerkes auch nach Jahren noch zurückverfolgen zu können; allein in diesem Bereich kamen 1991 elf Regalmeter hinzu.

Im Bereich der käuflich zu erwerbenden Literatur kommen die Anschaffungswünsche in der Regel von den 60 Wissenschaftlern des Louvre, die den sieben großen Abteilungen des Museums zugeordnet sind: orientalische, ägyptische, griechische, römische und etruskische Altertümer, Skulpturen, Kunsthandwerk, Graphik, letztere bis etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die Buchwünsche werden in der Zentrale koordiniert und nach Bedarf ergänzt; jede Abteilung verfügt über einen eigenen Etat. Der gesamten Institution standen im Haushaltsjahr 1992 1.373.000 FF (entspricht etwa 411.900 DM) für Buchankäufe zur Verfügung, 634.000 FF davon entfielen auf den Erwerb von Periodika. Interessant erscheint die Verteilung der Haushaltsmittel zwischen der Zentrale und den einzelnen Museen: 815.000 FF wurden für die Erweiterung der Bestände der Zentralbibliothek ausgegeben, nur 558.000 FF kamen allen anderen Bibliotheken in den angeschlossenen Museen zusammen zugute.

Die Zentralbibliothek im Louvre ist der Öffentlichkeit nur sehr eingeschränkt zugänglich, in erster Linie ist sie für die Wissenschaftler der Museen bestimmt. Die strenge Einschränkung des Benutzerkreises, die z. B. Studenten generell ausschließt, wird mit den sehr beschränkten räumlichen Möglichkeiten begründet. So stehen in dem schönen, mit dunklem Holz vertäfelten und von zwei prunkvollen Galerien umgebenen Lesesaal im 'Pavillon des Arts' nur 18 Leseplätze zur Verfügung, 12 weitere in einem Lesesaal im 'Pavillon de Flore'. Im erstgenannten Hauptlesesaal befinden sich die wichtigsten Handbücher und Nachschlagewerke, der Katalogbereich sowie die meisten der zahlreichen in- und ausländischen Ausstellungs- und Sammlungskataloge. Der übrige Bestand befindet sich in Magazinen, die sich hinter den Galerien auf drei Etagen ausdehnen. Für die Mitarbeiter der staatlichen Museen ist der direkte Zugang auch zu den Magazinbeständen möglich.

Für die vielfältigen Aufgaben, die im 'Service des Bibliothèques et Archives des Musées Nationaux' wahrzunehmen sind, stehen insgesamt 25 Voll- und 4 Teilzeitkräfte zur Verfügung. Davon entfallen 5 auf die sogenannten 'Conservateurs' (entspricht etwa den Fachreferenten bei uns - die Stellen sind übrigens alle mit Frauen besetzt), nur 2 auf 'Bibliothécaires adjoints' (entspricht ungefähr unseren Diplom-Bibliothekaren), 3 auf 'Secrétaires de Documentation' (vergleichbar mit unseren Bibilotheksassistenten), die restlichen 15 Stellen verteilen sich auf Verwaltungsangestellte, Bibliotheksarbeiter, Magaziner und technisches Personal. Die Erwerbungsabteilung wird von einem 'Conservateur' geleitet, die anderen Abteilungen unterstehen direkt der Direktorin.

Das Musée National des Arts et Traditions Populaires ging mit seinen Sammlungen aus dem 1878 gegründeten 'Musée d'Ethnographie du Trocadéro' hervor, dessen völkerkundlichen Bestände heute in dem 'Musée de l'Homme' im 1937 erbauten Palais de Chaillot untergebracht sind. Der volkskundliche Teil mit Objekten aus dem Gebiet des heutigen Frankreich wurde 1937 in einem eigenen Museum, zunächst ebenfalls im Palais de Chaillot, zusammengeführt. Hier verblieb das Museum bis 1969, um dann in den eigens dafür vorgesehenen Neubau in den Bois de Boulogne überzusiedeln, der zwei sehr unterschiedliche Arten der Objektpräsentation ermöglicht: Im Erdgeschoß werden auf einer Fläche von 2.360 m² die Sammlungsgegenstände im Kontext ihres Gebrauchs nach pädagogischen Gesichtspunkten für eine breite Öffentlichkeit ausgestellt (Galerie culturelle), im Untergeschoß auf gleicher Fläche thematische objektbezogene Zusammenstellungen (Galerie d'études). Den Grund dafür findet man in der Tatsache, daß das Museum seit 1968 zwei verschiedene Funktionen zu erfüllen hat, zum einen die eines Nationalmuseums auf seinem Gebiet in Abhängigkeit von der 'Direction des Musées de France' , zum anderen die einer Art Forschungslabor im Dienst des 'Centre National de la Recherche Scientifique' (C.N.R.S.) unter dem Namen 'Centre d'Ethnologie Française'. Für diese Forschungseinrichtung ist entsprechend das 'Ministère de l'Enseignement Supérieur' zuständig.

Der Bestand umfaßt heute 85.000 Bände an Monographien - darin ist ein Altbestand von etwa 5.000 Werken enthalten, die zumeist aus dem 18. Jahrhundert stammen. 2.500 Zeitschriften sind vorhanden, 800 davon werden laufend bezogen. Die Bibliothek verfügt über einige Sondersammlungen, deren bedeutendste wohl die von den sogenannten 'Impressions populaires' darstellt. Diese kleinen, auf billigem Papier gedruckten Schriftchen wurden von den Kolporteuren vom Ende des 16. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts vertrieben und legen ein beredtes Zeugnis über die Zentren der französischen Kolportage jener Zeit ab (Paris, Troyes, Rouen, Lille, Limoges, Caen). Mit etwa 3.000 'Livrets Bleus' zählt sie, zusammen mit der Sammlung in der Bibliothèque Nationale, zu den bedeutendsten Frankreichs.

Inhaltlich spiegelt sich die doppelte Aufgabenstellung in den fachlichen Sammelschwerpunkten wieder. Sie liegen bei Volkskunst und Brauchtum, Folklore und Ethnologie Frankreichs, sowie Museumskunde aber auch Ethnographie, Anthropologie, Wissenschaftsmethodik etc.

Die Bibliothek des 'Musée National des Arts et Traditions Populaires' ist eine Präsenzbibliothek, die ihren Benutzern 32 Leseplätze in dem 115 m² großen, modern möblierten Lesesaal bietet. Die personelle Situation wurde als äußerst angespannt dargestellt.

Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Museums und die Forscher des 'Centre d'Ethnologie Française' sind zu Ausleihen berechtigt. Außerdem ist man an den Fernleihverkehr angeschlossen. Die auswärtigen Leser der Bibliothek setzen sich in der Hauptsache aus Studenten des Faches, Universitätsangehörigen, Studenten der 'Ecole du Louvre', Mitgliedern der heimatkundlichen und folkloristischen Vereine, Künstlern, Architekten und vielen anderen zusammen, die ein berechtigtes Interesse an derart spezialisierten Beständen nachweisen können.

Die Aufstellungssystematik ist, wie häufig in Spezialbibliotheken, eine eigens für die bestehenden Bedürfnisse entwickelte Klassifikation. Das wichtigste Kriterium ist die geographische Zuordnung eines Buches oder einer Zeitschrift, erst wenn diese nicht möglich ist, werden sachliche Notationen vergeben, die sich aus drei Großbuchstaben zusammensetzen und in etwa Rückschlüsse auf das damit abgekürzte jeweilige Fachgebiet erlauben (sog. 'sprechende' Notationen). Diese Form der Aufstellung hat sich bewährt und ermöglicht den Mitarbeitern des Hauses eine schnelle Orientierung innerhalb ihres Interessengebietes, auch in den nur für sie zugänglichen Magazinen.

Abschließend sind weitere Dokumentationseinrichtungen des Museums zu erwähnen, die dem Forscher auf dem Gebiet der Ethnologie Frankreichs eine umfangreiche Materialsammlung ermöglichen. Es sind dies ein wissenschaftliches Archiv, welches u. a. 100.000 alte Postkarten, 200.000 Fotografien und unterschiedliche andere Dokumente bereithält, ferner ein Bildarchiv (90.000 Medieneinheiten), sowie eine Phonothek mit etwa 50.000 Tonträgern.

Das Musée National des Arts Asiatiques - Guimet, im folgenden kurz als 'Musée Guimet' bezeichnet, verdankt den Namenszusatz seinem Gründer Emile Guimet (1836-1918). Der Industrielle aus Lyon, den viele seiner Geschäftsreisen nach Asien geführt hatten, gründete das Museum 1885 bis 1888 in Paris, um seine umfangreichen Objekt- und Büchersammlungen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In dem eigens zu diesem Zweck errichteten Gebäude am Place d'Iéna erhielt die Bibliothek Guimets, die den Grundstock zur heutigen bildet, einen außergewöhnlich guten Platz: Sie wurde in der sogenannten 'Belétage' (1. Stock) in einer wunderschönen, im neoklassizistischen Stil erbauten Rotunde untergebracht. Diese erstreckt sich über drei Ebenen und erhält das Licht von auf halber Höhe befindlichen großzügigen Fenstern rundherum, die Galerie oben wird von ionischen Säulen umrahmt. Lesesäle in einem solchen Ambiente sind heute nicht mehr allzu häufig anzutreffen. Seit 1979 steht er unter Denkmalschutz.

In neuerer Zeit erhielt die Bibliothek weitere Räumlichkeiten gegenüber dem historischen Rundlesesaal, die in modernem Ambiente den Empfangs- und Katalogbereich unterbringen. Hier liegen auch die laufend gehaltenen Zeitschriften aus, stehen Nachschlagewerke und zusätzliche Leseplätze zur Verfügung.

Die Bibliothek des 'Musée Guimet' hat ihre Sammlungsschwerpunkte ständig nach denen des Museums ausgerichtet. Nach der Museumsreform von 1945 sind diese auf asiatische Kunst beschränkt (Afghanistan, Pakistan, Indien, Südostasien, Zentralasien, China, Korea, Japan), zuvor wurde z. B. auch Vieles aus dem archäologischen Bereich dieser Länder in die Aufgabenstellung einbezogen. Die archäologischen Sammlungen gingen an den Louvre, umgekehrt erhielt man von dort die asiatischen Kunstobjekte.

Der teilweise hochspezialisierte Bestand der Bibliothek umfaßt etwa 110.000 Bände an Monographien, 1.500 Zeitschriften, 350 davon werden laufend bezogen. Damit ist sie die größte der der Zentrale im Louvre unterstellten Museumsbibliotheken. Die Abhängigkeit von der Zentralbibliothek bleibt in diesem Fall allerdings fast ausschließlich auf die Verwaltung des bescheidenen Haushalttitels reduziert, in allen anderen Bereichen arbeitet man nahezu selbständig; zusätzlich stehen Gelder zur Verfügung, die in erster Linie aus Zuwendungen der 'Fondation de France' und der 'Fondation pour l'Etude de la Langue et de la Civilisation Japonaises' stammen.

Zur Bestandserschließung werden diverse Zettelkataloge geführt. Im alphabetischen Katalog werden auch Zeitschriftenaufsätze der wichtigsten Zeitschriften zum Thema in Auswahl nachgewiesen. Erstellt werden die Titelaufnahmen von Katalogbearbeiterinnen, die durch ihre jeweilige Muttersprache auf die einzelnen Sprachgruppen spezialisiert sind und die sehr schwierige Transliterierung der Schriftzeichen vornehmen können. Zusätzlich werden Kataloge in asiatischen Sprachen geführt, ansonsten gibt es Einzelkataloge für Ausstellungen, Museen und Sammlungen - der Sachkatalog enthält sowohl systematische als auch Schlagwortelemente.

Die Bibliothek ist nicht nur den hausinternen Mitarbeitern, sondern auch einem spezialisierten Publikum zugänglich - für letztere natürlich nur als Präsenzbibliothek - und wird sehr intensiv genutzt, vor allem aus dem Universitätsbereich.

Für die vielfältigen Aufgaben dieser großen Bibliothek stehen insgesamt nur acht Stellen zur Verfügung. Angesichts der zwangsläufig sehr arbeitsintensiven Benutzerbetreuung erscheint die Personaldecke der Bibliothek besonders dünn, erschwert wird die Situation durch die hohen täglichen Benutzerzahlen. Die Bibliothek des 'Musée Guimet' ist die bestausgestattete Sammlung im Bereich asiatische Kunst und ihren Nachbargebieten.

Das Musée des Antiquités Nationales befindet sich seit seinem Gründungsjahr 1862 im wunderschönen Schloß von Saint-Germainen-Laye westlich von Paris, umgeben von herrlichen Gartenanlagen. Napoleon III. ließ den ehemaligen Sitz der französischen Könige restaurieren, um dort die nationalen archäologischen Sammlungen zusammenzuführen und der, wenn auch anfangs sehr eingeschränkten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Heute nach eigenen Angaben auf diesem Gebiet das reichste Museum der Welt, erstrecken sich seine Sammlungen von der Vor- und Frühgeschichte bis zum Mittelalter, unterteilt in verschiedene Abteilungen (Paläolithikum, Neolithikum, Bronzezeit, Eisenzeit, romanisches Gallien, merowingisches Gallien), die die technische und künstlerische Entwicklung seit der Entstehung des Menschen veranschaulichen, schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des heutigen Frankreich.

Die Bibliothek des Museums, untergebracht im Südflügel des Schlosses, existiert ebensolange wie das Museum selbst. Sie lebte in den ersten Jahrzehnten fast ausschließlich von Schenkungen, meist von den im Hause tätigen Wissenschaftlern oder von Stiftungen und wissenschaftlichen Gesellschaften. So ist auch der außergewöhnlich hohe Anteil an Sonderdrucken zu erklären, der mehr als ein Drittel des Bestandes ausmacht. In Zahlen verfügt die Bibliothek über etwa 30.000 Bände Monographien, fast 15.000 Sonderdrucke und etwa 330 laufend gehaltene Zeitschriften (davon 180 ausländische). Nur drei Stellen stehen dafür insgesamt zur Verfügung.

Katalogisiert wurde bis Anfang 1992 konventionell mit teilweise sogar handgeschriebenen Zetteln, die sowohl für Monographien als auch für Zeitschriftenaufsätze aus als besonders wichtig erachteten Zeitschriften erstellt wurden und in den alphabetischen sowie in den geographischen und/oder Sachkatalog eingelegt wurden. Die Zeitschriften werden heute zusätzlich im CCN (Catalogue Collectif National des Publications en Série) nachgewiesen, bzw. an diesen gemeldet.

Mit dem Ziel, die Katalogisierung auf ein computergestütztes System umzustellen, schloß sich die Museumsbibliothek einem fachlichen Katalogisierungsverbund, dem 'Réseau FRANTIQ' (Fichiers de Recherches en Sciences de l'Antiquité) an. Initiiert und betreut vom 'Centre de Recherches Archéologiques' du C.N.R.S. in Valbonne ist der Bestand dieses Verbundes seit 1987 bereits zu einer beachtlichen Datenbank im Fach angewachsen, die über den Host 'SUNIST' (Serveur Universitaire National d'Information Scientifique et Technique) unter dem Namen FRANTIQ-BASE abfragbar ist, sogar ebenso über das französische MINITEL (entspricht unserem Btx - ist aber wesentlich weiter verbreitet). Da derzeit noch keine Direktübertragungen möglich sind, werden die Katalogisate per Diskette an die Verbundzentrale gesendet und dort eingespielt. Dadurch kommt man momentan leider noch nicht in den Genuß der Fremddatenübernahme oder der Datenbankrecherche im Verbund; lediglich die lokalen Daten sind derzeit recherchierbar, doch wird sich dieses in Kürze ändern.

Für den interessierten Museumsbesucher, der sich allgemeiner oder zu Einzelfragen des in der Sammlung Gesehenen informieren möchte, gibt es eigens ein Dokumentationszentrum, dem auch die Photothek angeschlossen ist. Es verfügt über eigenes Personal.

Das Musée de l'Homme unterscheidet sich von den anderen, bisher beschriebenen staatlichen Museen vor allem durch die Tatsache, daß es von einem anderen Ministerium abhängig ist und in den Aufgabenbereich des 'Ministère de l'Enseignement Supérieur et de la Recherche' fällt. Innerhalb der Abteilung 'Direction de l'Information Scientifique et Technique et des Bibliothèques' (noch bekannter unter dem früheren Namen 'Direction des Bibliothèques, des Musées et de l'Information Scientifique et Technique - kurz DBMIST) sind zwei unterschiedliche Stellen zuständig. Für das Museum selbst ist es die 'Mission des Musées', während die Bibliothek direkt der 'Sous-direction des Bibilothèques' untersteht, wie z. B. auch alle Universitätsbibliotheken. Diese Trennung der Zuständigkeiten bewirkt einmal mehr, daß die Bibliothek dem Museum gegenüber sehr unabhängig ist. Historisch gesehen hat sich das 'Musée de l'Homme' ebenfalls aus dem 1877 gegründeten 'Musée d'Ethnographie du Trocadéro' entwickelt und wurde 1928 dem 'Muséum National d'Histoire Naturelle' zugeschlagen, genauer gesagt dem Lehrstuhl 'Anthropologie des Hommes Actuels et des Hommes Fossiles' dieser großen wissenschaftlichen Einrichtung. Die verwaltungsmäßige Abhängigkeit besteht noch immer - das 'Musée de l'Homme' gliedert sich heute in drei Arbeitsbereiche Anthropologie, Ethnologie und Vorgeschichte - die jeweils von einem Professor geleitet werden. Die Führung der gesamten Einrichtung obliegt jedoch dem leitenden Direktor des 'Muséum National d'Histoire Naturelle'.

Bleibt zu sagen, daß die geographische Ausdehnung der Aufgabenstellung den Menschen in allen fünf Kontinenten umfaßt - mit einer Ausnahme: Frankreich - denn diese Sammlungsbestände sind seit 1937 in einem eigenen Museum untergebracht, dem 'Musée National des Arts et Traditions Populaires'.

Die Bibliothek existiert seit den ersten Tagen des ursprünglichen Museums, wurde aber erst zwischen 1929 und 1931 reorganisiert und damit nutzbar gemacht, da vorher weder Kataloge noch Personal zur Verfügung standen. 1937 bezog man die neuen Räumlichkeiten im Palais de Chaillot. Zu den ursprünglichen Büchersammlungen des Museums kamen bedeutende Geschenke bzw. Dauerleihgaben einiger wichtiger wissenschaftlicher Gesellschaften und Institutionen hinzu. Heute umfaßt der Bestand der Bibliothek etwa 280.000 Bände an Monographien (davon 20.000 noch nicht inventarisiert), 5.000 Zeitschriften existieren, von denen etwa 1.500 laufend bezogen werden. Ein Altbestand von etwa 1.000 Werken von vor 1810 ist hinzuzurechnen.

Die außergewöhnlich reichen und spezialisierten Bestände im Bereich anthropologischer und ethnographischer Wissenschaften prädestinierten die Bibliothek dafür, 1983 nach Gründung der 'Centres d'Acquisition et de Diffusion de l'Information Scientifique et Technique' (kurz CADIST, etwa vergleichbar mit unseren Sondersammelgebieten), die besonderen Sammlungsaufgaben für den Bereich Ethnologie und Vorgeschichte wahrzunehmen.

So wird die Bibliothek natürlich nicht mehr nur von den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Hauses genutzt, deren lnformationsbedürfnisse im Rahmen von Forschung und Ausstellungsvorbereitung zu befriedigen immer noch eine von vielen wichtigen Aufgaben der Bibliothek darstellt. Neben Ethnologen, Anthropologen und Prähistorikern der verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie ausländischen Forschem sind vor allem die Studenten der entsprechenden Fachbereiche der Pariser Universitäten, die in ihren Universitätsbibliotheken oft nur unzureichende Quellen finden, auf die hochspezialisierten Bestände angewiesen. Gemäß den Vorstellungen der Museumsgründer ist die Bibliothek aber auch für Liebhaber des Faches ebenso wie für Schüler etc. offen.

Die Magazine verteilen sich auf drei Etagen und bieten zusammen eine Fläche von 1.500 m2 , die wiederum 6 Regalkilometern Platz bietet. Aufgestellt sind die Werke nach der 1937 ausgewählten Klassifikation der 'Library of Congress' in Washington, die für die eigenen Bedürfnisse modifiziert wurde.

Seit 1989 wird in den internationalen Verbund OCLC katalogisiert, an dem mittlerweile schon 36 französische Bibliotheken partizipieren. Vorteile der Fremddatenübernahme liegen hier zusätzlich in der Möglichkeit, auch die Notation der gleichen Klassifikation zu übernehmen. Das Ministerium hat Mittel bereitgestellt, die Altdaten anhand der Katalogzettel von Fremdfirmen retrospektiv erfassen zu lassen. Dieses Projekt ist bereits abgeschlossen, die so erhaltenen bibliographischen Datenmengen müssen allerdings noch redaktionell bearbeitet werden. Daher liegen derzeit Mikrofichekatalogauszüge nur für die nach 1989 aufgenommenen Titel vor. Der Zeitschriftenbestand wird auch hier im CCN nachgewiesen.

Neben der Bibliothek, deren Aufgaben über die einer Museumsbibliothek weit hinausgehen, befindet sich noch ein Archiv im Aufbau, es gibt eine Photothek sowie eine Phonothek mit ethnomusikologischen Tondokumenten. Bereits seit 20 Jahren existiert der Plan, diese Sonderabteilungen mit der Bibliothek zusammen zu einer großen Mediathek zusammenzulegen. Die veralteten und quantitativ sehr beschränkten Räumlichkeiten der Bibliothek lassen allerdings auch schon andere, weniger gravierende strukturelle und bauliche Veränderungen des Museums als wünschenswert erscheinen.

Obwohl in ihrer geschichtlichen Entwicklung sehr unterschiedlich, haben die Museumsbibliotheken Frankreichs, die ich während meines Aufenthaltes besuchen konnte, heute alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Sie führen ein Dasein im Schatten bedeutender Institutionen, den Museen, die durch mehr oder weniger spektakuläre Aktionen oft im Mittelpunkt des Publikumsinteresses stehen. Die Museumsbibliothekare werden nur selten in die Aktivitäten des Hauses direkt eingebunden. So ist auch die Existenz der Bibliothek selbst vielen Museumsbesuchern gar nicht bekannt. Nur selten, wie z. B. im 'Musée Guimet' wird sie ihnen durch ihre günstige räumliche Lage im Hause oder wenigstens durch ausreichende Hinweisschilder ins Gedächtnis gerufen. Ein verstärktes Publikumsinteresse an der Bibliothek erscheint in den meisten Fällen auch gar nicht erwünscht zu sein. Verständlicherweise einerseits, sind die räumlichen und personellen Kapazitäten doch bereits vollkommen ausgelastet. Bedauerlicherweise stehen die Wissenschaftler der Museen andererseits einer größeren Öffnung nach außen häufig prinzipiell ablehnend gegenüber. Die doppelte Mission, auch gerade im Hinblick auf die unzureichende Ausstattung der universitären Einrichtungen besonders wichtig, ist daher für die Bibliothekare bisweilen nur schwer zu erfüllen.

Angesichts dieser Gemeinsamkeiten und der auch inhaltlich und formal sehr ähnlichen Aufgabenstellungen ist es umso erstaunlicher, daß die Kooperation der Bibliotheken untereinander so gering ist. Obwohl fast alle Bibliotheken der Nationalmuseen der Zentralbibliothek im Louvre unterstellt sind, geht man z. B. in Fragen der EDV-gestützten Katalogisierung völlig getrennte Wege.

Gemeinsam allen Bibliotheksdirektorinnen und -direktoren ist allerdings ein sorgenvoller Blick in die Zukunft, da mit der Gründung der neuen 'Bibliothèque Nationale de France' wahrscheinlich ein nationales Kunstinstitut mit zentraler Bibliothek im Gebäude der alten 'Bibliothèque Nationale' an der Rue de Richelieu entstehen soll. Die damit verbundenen Umstrukturierungen im Bereich der Kunstbibliotheken und ihre Folgen für die einzelnen Museen sind noch nicht abzusehen.