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Bibliothekswesen international in den Zeitschriften des DBI
Frankreich

Der Monographienkatalog französischer Hochschulbibliotheken
Gernot U. Gabel

Der Pancatalogue, der maschinenlesbare Monographienkatalog französischer Hochschulbibliotheken, ist seit kurzem auch über Internet zugänglich, so daß sich eine Beschreibung dieses neuen nationalen Datenpools anbietet, der inzwischen mehr als eine Million Datensätze enthält.

Die französischen Hochschulbibliotheken, jahrelang vom zuständigen Ministerium unzureichend alimentiert, begannen relativ spät mit der Konvertierung ihrer Katalogdaten in maschinenlesbare Formate. Da seitens des Ministeriums anfangs keine Vorgaben für eine Verbundlösung vorlagen, ergriffen einige Bibliotheken die Initiative und schlossen sich dem Verbundsystem SIBIL (Système intégré pour bibliothèques) an, das zunächst in schweizer Bibliotheken Anwendung fand. Diese Lösung mochte einzelnen Institutionen ausreichend erscheinen, für einen nationalen Planungsansatz war die Übernahme von Fremdleistungen, besonders aus dem angelsächsischen Raum, in größerem Umfang als unverzichtbar einzubeziehen. Das vom Ministerium geförderte Katalogisierungssystem Mobicat, seit 1985 an einigen Universitätsbibliotheken im Einsatz, wies leider in der Anwendung zu große Unterschiede in den Datensätzen auf, so daß dessen nationale Ausweitung verworfen wurde. Mitte der 80er Jahre war das von der Bibliothèque Nationale in Paris entwickelte System OPALE zur Einsatzreife gelangt und die US-amerikanische Datenbank OCLC bot ihre Dienstleistungen international an. Somit war die Voraussetzung gegeben, im geplanten Verbundkatalog eine Fremddatenübernahme sowohl französischer wie englischsprachiger Publikationen vorzusehen.

1987 erteilte die für Hochschulbibliotheken zuständige Abteilung des Ministeriums den Auftrag für ein Pilotprojekt, das in seiner Realisierungsphase alle 80 Universitätsbibliotheken des Landes mit ihren rund 300 Abteilungsbibliotheken sowie die Bibliotheken der dem Ministerium zugeordneten Forschungseinrichtungen einschließen sollte. Vorgaben bestanden in der Einbindung von Katalogdaten der bereits in der Operationsphase befindlichen Bibliotheken des SIBIL-Verbundes, der Datenbank der französischen Nationalbibliothek sowie des amerikanischen Verbundkatalogs OCLC. Damit war zugleich die grundsätzliche Entscheidung getroffen, in den Verbundkatalog Daten einzuspeisen, die nach zwei unterschiedlichen Regelwerken (Afnor und AACR2) erfaßt und zwei verschiedenen Datenformaten (US-MARC und UNIMARC) erstellt werden. Den Bibliotheken stand die Wahl frei, mit welchem der drei Datenlieferanten sie eine Zusammenarbeit wünschten: SIBIL-France (Montpellier), OCLC (Dublin, Ohio) oder BN-OPALE (Paris). Mit der Entscheidung für die Anwendersoftware DOBIS LIBIS kam die erste Phase des Projektes zu Ende.

Die Planer des Projekts gingen von der Annahme aus, daß sich alle bibliographischen Datensätze, egal aus welchen Quellen sie auch stammen mögen, in ein Standardformat überführen lassen. Mit Hilfe dieser Standardisierungen und entsprechender Indices sollte sowohl eine homogene Datenbasis wie eine gute Retrievalfähigkeit der Datenbank sichergestellt werden. Zum Kernstück der Operation wurden die Indices bestimmt, neun an der Zahl (Verfasser-, Titel-, Verlags-, Sach-, Klassifikation-, ISBN/ISSN, Dokument-Nr. der BN, der Quellendatenbank u. des Pancatalogue), von denen die ersten fünf als Normdateien geführt werden. Für die Sigel der besitzenden Bibliotheken entwarf man einen Modus aus einer neunstelligen Ziffer, ähnlich der im französischen Zeitschriftenverzeichnis verwendeten Sigel. Nach Eingabe des Sigels wird auf dem nachfolgenden Bildschirm die Bibliothek mit ihrer Anschrift einschließlich Telefon- und Fax-Nummer sowie einer Kurzbeschreibung ihrer Öffnungszeiten und Service-Leistungen aufgeführt. Die zu einer Titelaufnahme gehörenden Lokaldaten (z. B. Signatur) werden hingegen nur rudimentär verzeichnet.

Die Pilotphase setzte 1989 mit der Übernahme von 5.000 Datensätzen aus dem OCLC-Datenpool ein, die über ein automatisches Umsetzungsverfahren in einzelne Rubriken überführt wurden. Es zeigte sich, daß die erste Tranche nicht ausreichte, um alle Abweichungen zu erkennen, so daß für eine endgültige Bewertung schließlich rund 200.000 Datensätze überprüft werden mußten. Als besondere Fehlerquelle erwiesen sich Interpunktion, diakritische Zeichen und Spatia, die zunächst zu zahlreichen Dubletten führten. Schließlich ließen sich die automatischen Umsetzungs- und Korrekturverfahren so weit verbessern, daß im Sommer 1991 ein Testlauf an drei großen Hochschulbibliotheken erfolgen konnte, der zu akzeptablen Resultaten führte. Im Mai 1992 wurde das Projekt in die Anwendungsphase übergeleitet und alle zum Zuständigkeitsbereich des Ministeriums gehörenden Bibliotheken zur Mitarbeit eingeladen. Die Zentralredaktion (4 Personalstellen) wurde im Ministerium angesiedelt.

Der Pancatalogue liegt auf dem zentralen Rechner des SUNIST (Serveur Universitaire National pour l'Information Scientifique et Technique) in Montpellier auf. Ende Dezember 1993 war der Pancatalogue auf über 1,3 Millionen Datensätze angewachsen. Rund 90 Bibliotheken oder Teilbibliotheken haben sich dem Verbund angeschlossen. Der Zugang zur Datenbank ist staatlichen Einrichtungen über die französischen Datennetze RENATER (Reseau National de la Technologie, de l'Enseignement et de la Recherche) und Transpac (Transport de Données par Paquets) möglich. Für die allgemeine Öffentlichkeit wurde ein Zugang über das französische Bildschirmtextsystem Minitel (Code 3613 oder 3617, Service PANCA) eröffnet. Für Interessenten außerhalb Frankreichs bietet sich der Zugriff über Internet an. Allerdings ist der Service nicht kostenlos erhältlich. Die teilnehmenden Bibliotheken zahlen einen Jahrestarif in Höhe von 1.350 Francs, von privaten Nutzern verlangt man sogar 6.750 Francs.

Der Pancatalogue soll kein lediglich die französischen Hochschulbibliotheken umfassender Datenpool bleiben, man will ihn vielmehr in den französischen Gesamtkatalog, für den die Bezeichnung "Catalogue Collectif de France" gewählt wurde, integrieren. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den verschiedenen Ministerien wurde im September 1991 unterzeichnet. Die Federführung des Projekts liegt bei der Bibliothèque de France, die seit ihrer Fusion mit der Bibliothèque Nationale (Januar 1994) den Namen Bibilothèque Nationale de France (BNF) trägt. Die BNF hat ein nationales Projekt zur Rekonvertierung von Literaturbeständen bedeutender Bibliotheken aufgelegt, mit dem jährlich etwa 700.000 neue Datensätze erstellt werden.