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Kommissionen des Deutschen Bibliotheksinstituts

Tätigkeitsberichte 1997

(7) Rechtskommission des DBI


Vorsitzende:Gabriele Beger, Berlin
Weitere Mitglieder:Dr. Jürgen-Christoph Gödan, Hamburg
Ulrich Moeske, Dortmund
Dr. Harald Müller, Heidelberg
Prof. Klaus Peters, Köln
Betreuung im DBI:Helmut Rösner
Berichterstatter im Fachbeirat:Reiner Diedrichs, Göttingen
Sitzungen:12./13. 2. 1997 in Berlin
27./28. 10. 1997 in Dortmund
Öffentliche Veranstaltung:20.5.1997 Bibliothekskongreß Dortmund

Eine der häufigsten Fragen in den letzten Jahren an die Rechtskomission: "Befinden wir uns im digitalen Umfeld in einem rechtsleeren Raum?". Zwar von den Bibliotheksjuristen stets verneint, verfügen wir seit 1997 durch das "Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz" (IuKDG) über eine diesbezüglich neue gesetzliche Grundlage. Auch wenn weiterhin viele Fragen dabei offen bleiben, sind die Grundlagen für die Nutzung von elektronischen Datenbanken bzw. Datenbankwerken in Online- und Offlineform geregelt. Dieser Neuregelung ging wie jeder Gesetzgebung ein Anhörungsverfahren sowohl beim Bundesjustizministerium als auch vor der Equete-Kommission des Deutschen Bundestages voraus. Die Rechtskommission des DBI hatte im Auftrag der BDB und des DBV die Gelegenheit, sowohl schriftlich Stellungnahmen einzureichen als auch an den Anhörungen - erstmals in der Bibliotheksgeschichte auch vor dem Bundestag - teilzunehmen. Der Stand der Interessenvertreter der Bibliotheken und Informationseinrichtungen war nicht leicht, zumal er den wirtschaftlichen Interessen scheinbar konträr gegenübersteht. Insbesondere den Bibliotheken wird unterstellt, sie wollten alles kostenlos an jedermann zur Verfügung stellen und damit den Absatz der Verleger, Produzenten und Buchhändler in erheblichem Maße gefährden. Im digitalen Umfeld wird befürchtet, daß jedermann alles kopiert und nichts mehr kauft.

Ein Umdenken auf allen beteiligten Seiten muß stattfinden. Wissenschaftliche Enwicklung und technische Innovation verlangt nach qualifizierten und damit informierten Bürgern, unabhängig davon, ob sie in der Lage sind, Informationen zu kaufen oder nicht. Darin besteht der Bildungs- und Informationsauftrag der Bibliotheken, und der Staat sichert dieses Grundrecht durch Art. 5 des Grundgesetzes als Informationsfreiheit jedem Staatsbürger zu. Zu schnell wird vergessen, daß Bibliotheken Kaufpreise zahlen beim Erwerb ihrer Medien und Informationen, Bund und Länder zahlen für das Entleihen (§ 27 UrhG) und zustimmungsfreie Kopien (§§ 53, 54 UrhG) in Bibliotheken, so daß von "kostenlos" grundsätzlich keine Rede sein kann.

Nachdem die Rechtskommission im Auftrag der BDB in der Phase der Gesetzgebungsinitiative zum IuKDG eine Denkschrift "Bibliotheken in der Informationsgesellschaft: Urheberrechtschutz kontra Informationsfreiheit?" vorgelegt hat, begann ein neuer Abschnitt des Dialogs zwischen den beteiligten Kreisen. Am 2. Dezember 1997 trafen sich zu einem Spitzengespräch Vertreter des Börsenvereins, der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände, des Deutschen Bibliotheksverbandes und der Rechtskommission in Frankfurt a.M. mit dem Ziel, über die Benennung der unterschiedlichen Positionen und Befürchtungen wieder zu einem arbeitsteiligen Konsens in der Informationsvermittlung zu gelangen. Ein wesentliches Ergebnis ist auch die gemeinsame Ausrichtung einer öffentlichen Vortrags- und Diskussionsrunde auf dem Bibliothekartag im Juni 1998 in Frankfurt, zu dem Herr Reinbothe in seiner Funktion als Vertreter der EU-Kommission in Brüssel als Moderator gewonnen werden konnte.

Zurückblickend bestand die Arbeit der Rechtskommission 1997 zu einem erheblichen Teil aus bibliothekspolitischen Aktivitäten mit juristischem Hintergrund.

Über den Inhalt und die praktische Handhabung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes wurde im BIBLIOTHEKSDIENST 9/97 sowie in diesem Heft publiziert sowie in einer Vielzahl von Seminaren und Vorträgen berichtet. Aber auch andere bibliotheksjuristische Fragen beschäftigten die Mitglieder der Rechtskommission. Dabei sei insbesondere auf folgende Schwerpunkte hingewiesen:

und immer wieder zahlreiche Fragen zum Benutzungsrecht. Ferner begannen die Vorarbeiten für die Neuausgabe der "Rechtsvorschriften für die Bibliotheksarbeit" sowie - in Zusammenarbeit mit der VDB-Kommission für Rechtsfragen - für die "Entscheidungssammlung zum Bibliotheksrecht"; diese beiden Publikationen werden voraussichtlich im Sommer bzw. Herbst 1998 erscheinen.

Im Dezember 1997 legte die EU-Kommission den Vorschlag einer EU-Richtlinie zur "Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" vor. Darin sollen die Ausnahmebestimmungen für den öffentlichen Zugang zu elektronischen Informationen und insbesondere das private Kopieren im europäischen Raum einer harmonisierten Regelung zugeführt werden. Die Rechtskommission hat ihre Aktivitäten mit anderen europäischen Bibliotheksverbänden und vor allem mit der EBLIDA abgestimmt; eine detaillierte Stellungnahme aus bibliothekarischer Sicht wurde im April 1998 dem Bundesjustizministerium eingereicht.

Veröffentlichungen

Harald Müller / Gabriele Beger: Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz. Neues Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste. - In: BIBLIOTHEKSDIENST 31. (1997), 9, 1781.

Klaus Peters: Urheberrecht und Informationsgesellschaft. Ein Überblick über den Stand des deutschen, europäischen und internationalen Urheberrechts. -In: BIBLIOTHEKSDIENST 31. (1997), 6, 1127.

Monika Rasche: Zur Künstlersozialabgabepflicht der Bibliotheken. - In: BIBLIOTHEKSDIENST 31. (1997), 7, 1333.

Bibliotheken in der Informationsgesellschaft: Urheberrecht kontra Informationsfreiheit? Denkschrift der BDB. - Berlin: DBI, 1997. ISBN 3-87068-577-8.

Der Tätigkeitbericht 1996 erschien in BIBLIOTHEKSDIENST 31. (1997), 5, 905, der Bericht über die konstituierende Sitzung in BIBLIOTHEKSDIENST 31. (1997), 4, 654.

Gabriele Beger


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