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Kommissionen des Deutsches Bibliotheksinstitut
Tätigkeitsberichte 1995

(3) Kommission des DBI für Benutzung und Information

Vorsitzende:Dr. Gisela Herdt, Berlin
Weitere Mitglieder:Dr. Ekkehard Henschke, Leipzig
Dr. Horst Neißer, Köln
Werner Schwarz, Augsburg
Beate Straka, Stuttgart
Betreuerin im DBI:Ulla Usemann-Keller
Berichterstattung im Fachbeirat:ÖB: Regine Wolf-Hauschild, Heidelberg WB
Dr. Georg Ruppelt, Wolfenbüttel

Expertengruppe:Auswahlliste Informationsbestände
Round-table:Technische Medien in der Benutzung/im Leihverkehr 26.1.95 Köln
Benutzeranleitung für OPAC-Nutzung 16.10.1995 Hannover
Sitzungen:16./17.2.1995 Berlin
18./19.10.1995 Augsburg
Öffentliche Veranstaltung:6.6.1995 Bibliothekartag in Göttingen gemeinsam mit der Konferenz der Zentralkataloge
Projektbegleitung: BMBF-Projekt 1156: Büchertransportsysteme

Die personelle Zusammensetzung der Kommission blieb im Vergleich zu 1994 unverändert.

Im Zentrum der Kommissionsarbeit standen die vielfältigen Formen und Aspekte des Bereichs Literaturversorgung: Neue Formen der Bestellübermittung und der Dokumentenlieferung, die Einbeziehung neuer Medien in den klassischen Leihverkehr, die Laufzeiten im Leihverkehr, Probleme der nicht zum Deutschen Leihverkehr zugelassenen Bibliotheken, die kostenpflichtigen Dokumentenlieferdienste in Ergänzung und als Alternative zum Leihverkehr.

Wie üblich in Abstimmung mit der Konferenz der Zentralkataloge beschäftigte sich die Kommission mit Verstößen gegen die Leihverkehrsordnung, z. B. der Mißachtung der Lenkbestimmungen bei Bestellungen medizinischer Literatur als Folge der langen Bearbeitungszeiten in der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, der Nichtbeachtung der Vorschriften für das Ausfüllen der Bestellformulare, der unbearbeiteten Weiterleitung von Bestellscheinen durch Bibliotheken infolge Personalmangels. Beide Gremien sprachen sich in einer Empfehlung für die Einbeziehung der Bestände von Hochschulinstituten in den überregionalen Leihverkehr aus.

Die Kommission hatte wiederholt Anlaß, sich mit den Problemen ostdeutscher kleinerer Spezialbibliotheken bei der Literaturversorgung ihrer Klientel zu befassen. Deren Literaturbedarf konnte in der DDR weitgehend durch die den Leihverkehr ergänzenden Fachnetze befriedigt werden. Am Deutschen Leihverkehr können sie jetzt in der Regel infolge fehlender Zulassungsvoraussetzungen nicht teilnehmen; für die Inanspruchnahme der kostenpflichtigen Dokumentenlieferdienste fehlt oftmals das Geld. So können sie nur als korporative Benutzer bei einer nahe gelegenen, am Deutschen Leihverkehr teilnehmenden Bibliothek auf deren Bestellscheinen bestellen oder aber, sofern sie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken (ASpB) sind, auf deren Bestellscheinen bei einem anderen Mitglied der ASpB, wobei zu berücksichtigen gilt, daß die Mitgliedschaft in der ASpB nicht zur Dokumentenlieferung verpflichtet, sondern es dazu vielmehr individueller Absprachen zwischen den Teilnehmern bedarf.

Auf Bitte der Kommission führte die UB Augsburg im November 1994 eine Stichprobenuntersuchung über die Laufzeit von Fernleihbestellungen durch. Das Ergebnis wurde im Bibliotheksdienst veröffentlicht, siehe unten. Auf der Grundlage von 1.000 Bestellungen, die nicht über den Zentralkatalog gingen, sondern an Bibliotheken direkt versandt und von diesen teilweise weitergeleitet wurden, ermittelte Augsburg die Laufzeiten und differenzierte dabei nach Buchbestellungen, Aufsatzkopien, Negativscheinen, Erledigungen innerhalb und außerhalb der Region. Auffällig waren die beträchtlichen Unterschiede zwischen den Bearbeitungszeiten in den einzelnen Bibliotheken, so daß die ermittelten durchschnittlichen Laufzeiten - noch dazu auf der Basis einer relativ kleinen Bestellscheinmenge - von geringerem Aussagewert sind.

Die Kommission war im Beirat des BMBF-Projektes Büchertransportsysteme vertreten, das im Herbst 1995 zum vorläufigen Abschluß kam. Die wichtigste Empfehlung des Projektberichtes, künftig regionale Bücherautodienste mit einem täglichen Containerversand zwischen den regionalen Zentren zu verbinden und damit den Leihverkehr erheblich und kostengünstig zu beschleunigen, wird von der Kommission nachdrücklich unterstützt.

Auf der Basis eines im November 1994 erstellten Diskussionspapiers über die Einbeziehung von AV-Medien und elektronischen Medien in den Deutschen Leihverkehr, nach einem Round-table zu diesem Thema in der Stadtbibliothek Köln im Januar 1995, der anschließenden Abstimmung mit mehreren Bibliotheken, die nicht auf dem Round Table vertreten waren, jedoch über bedeutende Bestände an AV-Medien verfügen, nach der Veröffentlichung eines Entwurfs der geplanten Richtlinien im Bibliotheksdienst und der Vorstellung diese Entwurfs auf der öffentlichen Sitzung der Kommission und der KZK während des Bibliothekartages in Göttingen wurden die "Richtlinien für Nicht-Buch-Materialien im Leihverkehr" Ende 1995 im Bibliotheksdienst veröffentlicht. Es bleibt zu hoffen, daß die Richtlinien in den nächsten Jahren fortgeschrieben werden und damit die Entwicklung auf diesem Sektor der sich besonders rasch wandelnden Medien und ihrer Benutzbarkeit nachvollzogen wird.

Die Kommission griff die 1994 verabschiedeten Empfehlungen der IFLA für den Einsatz von Telefax im Internationalen Leihverkehr auf und entwickelte in Zusammenarbeit mit etlichen großen Bibliotheken das englischsprachige Telefaxorder-Formular für die Bestellung von Aufsatzkopien zum Verbleib oder für die Ausleihe von Büchern. Das Formular ist so gestaltet, daß es nicht nur für die Fax-Übermittlung sondern auch als Grundlage für eine E-mail-Bestellung geeignet ist. Es kann sowohl von deutschen Bibliotheken für Bestellungen im Ausland als auch von ausländischen Bibliotheken für Bestellungen in deutschen Bibliotheken verwendet werden.

Die Sektion IV des DBV hat auf ihrer Frühjahrssitzung 1995 in Erlangen die gemeinsame Empfehlung der Kommission und der KZK gebilligt, die Gebühren für die Lieferung von nicht in Deutschland erschienener Literatur im Rahmen des Internationalen Leihverkehrs von DM 10,- auf DM 15,- zu erhöhen. Für den Leihverkehr mit Bibliotheken in osteuropäischen Ländern wird empfohlen, noch bis Ende 1996 auf diese Pauschale zu verzichten. Durch das von der IFLA propagierte Voucher-System wird es in den nächsten Jahren generell zu Gebühren auch für die Lieferung der nationalen Literatur kommen.

Da 3 Kommissionsmitglieder in einige Gremien der SUBITO-Initiative (Plenum, AG 2, AG 4) berufen und an bestimmten Arbeitsvorhaben zu Spezialfragen beteiligt waren, nahm die Diskussion der SUBITO-Ziele und deren Wandlungen im Verlaufe der Initiative selbstverständlich relativ viel Zeit der Kommissionssitzungen in Anspruch.

Angesichts der Vielfalt und des ständig wachsenden Angebots an kostenpflichtigen Dokumentlieferdiensten deutscher und ausländischer Bibliotheken und kommerzieller Einrichtungen sieht die Kommission eine neue Aufgabe auf die Bibliotheken zukommen, denn bei der für Benutzer unüberschaubaren Vielfalt der Dokumentlieferdienste bedarf es der bibliothekarischen Vermittlung, der kompetenten Beratung durch den Bibliothekar, damit der Benutzer unter den verschiedenen Möglichkeiten die für seine Zwecke beste Wahl treffen kann. Das setzt voraus, daß der Bibliothekar in der Auskunft oder Fernleihstelle umfassend informiert ist über die bestehenden Dienste: deren Leistungsumfang, Preise, Zugänglichkeit, Lieferzeiten, Abrechnungsmodalitäten. Die Kommission wird sich bemühen, Verständnis für diesen neuen Tätigkeitsbereich zu wecken und geeignete Hilfsmittel zu erstellen.

Die Kommission setzte sich mit dem Bericht des DBI über den Round Table "Benutzeranleitung für den OPAC in Öffentlichen Bibliotheken" auseinander. Der Round Table sollte dem Erfahrungsaustausch von Vertretern Öffentlicher Bibliotheken dienen mit dem Ziel, den Bedarf für im DBI zu erstellende Arbeitshilfen für die Benutzung von OPACs einschätzen zu können. Die Kommission empfahl, bei diesem Vorhaben die breiten Erfahrungen der wissenschaftlichen Bibliotheken mit dem Einsatz von OPACs einzubeziehen und sich an deren Merkblättern, schriftlichen Einführungen und Schulungsprogrammen zu orientieren.

Die "Auswahlliste zum Auf- und Ausbau von Informationsbeständen in Öffentlichen Bibliotheken" (dbi-materialien. 127) wurde aktualisiert und liegt jetzt auf Diskette vor. Entgegen der ursprünglichen Absicht, die von einer ÖB-Expertengruppe ausgewählten neuen Titel in den Heften der "Informationsmittel für Bibliotheken" laufend anzuzeigen, wurde ein Nachtrag als selbständige Publikation veröffentlicht.

Ausgehend von den Erfahrungen der StB Köln mit Selbstverbuchungsgeräten und dem geplanten Einsatz eines Cash-Automaten für die Verwaltung der Benutzergebührenkonten, an dessen Entwicklung die StB Köln beteiligt ist, erörterte die Kommission den Gebrauch geeigneter Zahlungsmittel, also unter anderem von Chipkarten. Der Kommission erscheint die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten von Chipkarten im Bereich der Bibliotheken, wie er in den Niederlanden teilweise schon praktiziert wird, im Rahmen eines Projektes wünschenswert.

Anläßlich der Berichte über die Controlling-Maßnahmen in den Stadtbibliotheken Stuttgart und Köln nahm die Kommission zur Kenntnis, wie unterschiedlich die Ansätze zur Durchführung des Controlling sind, je nachdem ob Controlling als selbst gesetzte Aufgabe verstanden oder als Mittel zur Personaleinsparung von übergeordneten Stellen eingesetzt wird.

Die Kommission informierte sich schließlich auch über die Arbeitsvorhaben des DBI auf dem Gebiet der Benutzerforschung, vor allem über die vorgesehene Arbeitshilfe zur Methodik von Benutzerbefragungen und regte an, Standard-Fragebögen zu einzelnen allgemeinen, aber auch zu aktuellen Problembereichen zu entwickeln, wie z. B. der Akzeptanz bestimmter Dienstleistungen durch die Benutzer oder dem Verhältnis zwischen Länge der Öffnungszeiten und Umfang des Dienstleistungsangebots.

1996 wird sich die Kommission schwerpunktmäßig mit neuen Aufgaben in Auskunftsstellen, der Einbeziehung der vielfältigen kostenpflichtigen Dokumentlieferdiensten in das Dienstleistungsangebot der Bibliotheken, Benutzungsproblemen mit neuen Medien und mit den neuen Gebührenstrukturen in Öffentlichen Bibliotheken befassen. Dabei soll auch überlegt werden, ob und wie die Kommissionsarbeit auf eine etwas breitere Grundlage gestellt werden kann.

Veröffentlichungen