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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 12, 99

Im Kern einig: Dublin Core auf dem Wege zum weltweiten Standard

7. Dublin Core Workshop in Frankfurt am Main

Christel Hengel-Dittrich

 

Vom 25. - 27. Oktober 1999 fand der 7. Dublin Core Workshop (DC 7), eine internationale Arbeitstagung von rund 130 Metadatenexperten aus fünf Kontinenten und 27 Ländern, in der Deutschen Bibliothek Frankfurt am Main statt. Der Workshop war eine gemeinsame Veranstaltung Der Deutschen Bibliothek, des Online Computer Library Center (OCLC) sowie des deutschen Organisationskomitees für DC7. In der Teilnehmerstruktur spiegelte sich das große Interesse wider, das gerade die Bibliotheken an der Dublin Core-Entwicklung nehmen. So waren neben acht europäischen Nationalbibliotheken die Library of Congress, die National Library of Australia und die National Library of Canada teilweise mehrfach durch Teilnehmer vertreten, daneben Internationale Organisationen wie die IFLA (UDT Core Programme, UBCIM Office) und das ISSN International Centre.

Dublin Core ist ein internationaler Ansatz, der darauf abzielt, Internet-Ressourcen strukturiert zu beschreiben und damit gezielt suchbar und selektierbar zu machen. Seine bestechend einfache Grundidee war, bereits bei der Herstellung der Ressourcen strukturierte Metadaten in sie einzubetten, so bereits im Zuge der Veröffentlichung verlässliche Zugriffspunkte für die Internetrecherche bereitzustellen und für die Metadaten ein gemeinsames Set von Datenelementen zu vereinbaren und durchzusetzen. Den Startpunkt des "Dublin Core Metadata Element Set" (DCMES) bildete 1994 ein Workshop von Bibliothekaren, Wissenschaftlern und Internet-Spezialisten, auf dem man sich auf ein einfaches Set von 15 Datenelementen verständigte. Seither hat sich dieses Set weltweit in zahlreichen Bereichen durchgesetzt. Bibliotheken, Dokumentationsstellen, Wissenschaftler, Verlage, Archive, Museen und andere "Communities" benutzen über sektorale, fachliche und nationale Grenzen hinweg dasselbe Elemente-Set zur einfachen Beschreibung und Erschließung ihrer Internet-Bestände. Dublin Core ist so eine internationale Initiative geworden, an der sich Nationalbibliotheken und internationale Akteure beteiligen.

Mit der Zahl der Anwender wuchs an vielen Stellen der Wunsch nach Erweiterungsmöglichkeiten für spezielle Anwendungen und nach Spezifizierungsmöglichkeiten innerhalb der einzelnen Elemente auf. Viele Anwender fanden die 15 Elemente nicht ausreichend für ihre Bedürfnisse und führten, zugeschnitten auf den speziellen Informationsbedarf im eigenen Bereich, zusätzliche Elemente ein.

Darüber hinaus wurden für die vorhandenen Datenelemente zusätzlich "Qualifier" entwickelt, um die einzelnen Elemente bzw. die Angaben darin genauer spezifizieren zu können, und es wurde intensiv diskutiert, welche dieser Qualifizierungen in einem allgemein gültigen Standard berücksichtigt werden sollen.

So stieg die Zahl der Anwendungs-Varianten mit zusätzlichen Qualifizierungen, d.h. (Untergliederungen der zugelassenen Elemente, oder Erweiterungen, d.h. Ergänzung zusätzlicher Elemente, und es setzte die Diskussion ein, was dabei als lokale Abweichung und was als Standard zu betrachten war.

DC 7 hat hier Klarheit geschaffen und einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, die notwendige Anwendungssicherheit herzustellen und Dublin Core zu einem verlässlichen Internationalen Standard mit festgelegtem Standardisierungsverfahren zu machen, ihm aber gleichzeitig seine Offenheit und seine Interoperabilität über sektorale, fachliche und nationale Grenzen hinweg, auch gegenüber anderen Metadatenstandards, zu erhalten.

Die wohl wichtigsten Ergebnisse waren der mit großer Einigkeit gefasste Beschluss, bis Januar 2000 zu einem einheitlichen Standard für Qualifikatoren in Dublin Core zu gelangen, sowie die Vorbereitung eines organisatorischen Rahmens für die Standardisierungsarbeit.

An dem Standard-Elemente-Set DCMES mit seinen 15 Datenelementen wurde ausdrücklich festgehalten. Für die Bildung von Qualifikatoren, die eingebettet in die Elemente des Grundstandards eine feinere Strukturierung ermöglichen sollen, wurden folgende Grundregeln aufgestellt:

Es wird unterschieden zwischen Element-Qualifikatoren und Wert-Qualifikatoren.

Element-Qualifikatoren dienen dazu, die Elementtypen in sich feiner zu differenzieren. Mit ihnen werden Subelemente gebildet, die das Element definitorisch einengen (Dump-down-Regel). So kann z.B. im Datenelement "Creator" durch Ergänzung entsprechender Qualifikatoren zum Elementnamen zwischen dem "Autor" und einem "Illustrator" differenziert werden.

Wert-Qualifikatoren definieren demgegenüber den Inhalt eines Elements näher. So ist es bei codierten oder nach einem bestimmten Standard gebildeten Angaben möglich, durch einen entsprechenden Qualifikator den betreffenden Standard zu bezeichnen oder die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Thesaurus auszudrücken.

Für den Workshop lagen für die einzelnen Elemente bereits Vorschläge zur Standardisierung der Qualifikatoren vor. Sie waren über die DC-Mailinglisten erarbeitet worden, in denen die Arbeit der DC-Arbeitsgruppen zwischen den Workshops stattfindet. Die Vorschläge wurden auf dem Workshop intensiv diskutiert. Die Ergebnisse sind als abschließende Entwürfe bereits den DC-Mailinglisten vorgelegt. Sie werden im Moment abschließend diskutiert. Die endgültige Verabschiedung erfolgt dann durch das "Advisory Committee" und das "Dublin Core Directorate". Zum Verfahren im einzelnen siehe http://purl.org/DC/about/index.htm und http://purl.org/DC/about/DCMIStructure-19990531.htm.

Die Festlegung auf einen einheitlichen Standard bedeutet aber nicht, dass Ergänzungen, Abweichungen und Weiterentwicklungen diskreditiert werden. Um einen Überblick über die einzelnen Anwendungen von Dublin Core zu gewinnen, wird eine Registrierung eingeführt. Sie bietet mehrfache Vorteile. Die gemeldeten Anwendungen werden begutachtet. Dabei wird unterschieden, ob sie dem vereinbarten Dublin Core Standard vollständig entsprechen, ob und welche lokalen Erweiterungen enthalten sind und ob Regelverletzungen vorliegen (z.B. bei der Bildung der Qualifikatoren). So ist mit der Registrierung eine Qualitätssicherung und Beratung verbunden und gleichzeitig bereits die Grundlage zur Weiterentwicklung des Standards gelegt. Da die "Registry" öffentlich zugänglich ist, können Neuanwender sich darin über bereits vorhandene Lösungen orientieren. Dadurch werden fach- oder bereichsbezogene Absprachen begünstigt. Lokale Anwendungen, die sich international durchzusetzen beginnen, können in einem öffentlichen Verfahren auf die Ebene des allgemeingültigen Standards angehoben werden.

Der Standardisierungsprozess wird in Zukunft stärker regelgebunden und formalisiert sein, gleichzeitig aber auch besser vorhersehbar und planbar. Die Dublin Core Metadata Initiative (DCMI) ist auf dem Wege, sich klarere organisatorische Strukturen zu geben und Kompetenzen, Zusammensetzung und Wahl ihrer Gremien genauer festzulegen (Zu Einzelheiten siehe http://purl.org/DC/about/DCMIStructure-19990531.htm) Dublin Core bleibt aber ein offener Standard, an dessen Entwicklung sich jeder Anwender beteiligen kann. Die Arbeitsgruppen mit ihren Mailinglisten und die allgemeine Diskussionsliste DC.general stehen jedermann offen.

Das Dublin Core Metadata Element Set einschließlich seiner Qualifizierungen hat sich mit dem DC 7 Workshop weitgehend konsolidiert. DC 7 hat gleichzeitig aber auch deutlich gemacht, dass sich der Dublin Core-Ansatz nicht darin zu erschöpfen braucht. Fasst man den Core-Ansatz allgemeiner, erweist er sich als ein auf viele Bereiche übertragbares Metadaten-Modell zur Herstellung von Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Anwendergruppen. In dieser Sicht ist das Dublin Core ein Kern-Set von Metadaten-Elementen zur Beschreibung von unterschiedlichen Klassen von Ressourcen, das auf dem Konsens der jeweiligen Anwendergruppen basiert.

In diese Richtung ging auch der Vorschlag, den Die Deutsche Bibliothek auf dem DC 7 Workshop einbrachte: Ein Dublin Core Metadata Element Set zur Beschreibung von Personen zu entwickeln und damit die Möglichkeit zu eröffnen, Personen-Normdaten als Metadaten zu verwenden: Viele persönlichen Merkmale, die für die Beschreibung und Identifizierung einer Person wichtig sein können, wie Geburtsjahr und -ort, Beruf, Fachgebiet, etc., haben nichts oder nur wenig mit ihrer Funktion als Autor oder Illustrator eines Dokuments zu tun. In einem Creator-Feld untergebracht, wirken sie dementsprechend als Fremdkörper. Außerdem ist nur schwer sicherzustellen, dass dieselbe Person bei anderen Dokumenten, an denen sie in derselben oder in einer anderen Funktion beteiligt ist, auf exakt dieselbe Weise beschrieben wird. Wird die Beschreibung der Person in ein getrenntes Dokument ausgelagert und dieses durch einen Link mit der betreffenden Ressource verbunden, so bietet dies alle Vorteile, die auch Normdaten in Online-Katalogen bieten: Gleiche Formen für alle damit beschriebenen Dokumente, die Möglichkeit, bei Bedarf zusätzliche Informationen zur Person zu erfassen, die Möglichkeit, Links zu allen mit der Person verbundenen Ressourcen zu setzen und umgekehrt.

Normdaten als Metadaten können darüber hinaus zusätzliche Handlungs-Möglichkeiten eröffnen, so z.B. indem Metadaten zu Personen zusammen mit Metadaten zu Netzpublikationen auf freiwilliger Basis direkt von den Urhebern erhoben und damit Daten aus erster Hand zur Verfügung gestellt werden könnten oder indem versucht wird, zwischen den bestehenden Normdateien gemeinsame Kern-Metadaten zu vereinbaren und als gemeinsame Minimal Level Authority Records zu verwenden.

Der Vorschlag Der Deutschen Bibliothek wurde in einer speziell dafür eingerichteten Arbeitsgruppe intensiv besprochen und stieß weitgehend auf Zustimmung.

Die Arbeitsgruppe wird über eine DC-Mailingliste weitergeführt werden und einen Vorschlag für ein Dublin Core Metadata Set für Personen vorlegen. Die Deutsche Bibliothek wird dabei federführend beteiligt sein.

 

Deutscher Dublin Core-Tag

Im unmittelbaren Anschluss an den Workshop war am 28. Oktober die deutsche Öffentlichkeit aus Bibliotheken, dem Dokumentationsbereich, Universitäten, Archiven und Museen, Softwareanbietern sowie dem Verlagswesen zu dem eintägigen interdisziplinären Forum "Der Deutsche Dublin Core Tag 1999" eingeladen.

Auch Der Deutsche Dublin Core Tag 1999 war mit rund 230 Teilnehmern sehr erfolgreich. Mit Beiträgen aus Bibliotheken, Archiven, Verlagen, Museen und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften wurde ausführlich über die Dublin Core-Metadaten-Anwendungen in Deutschland informiert und gleichzeitig eine Brücke geschlagen zu den aktuellen Ergebnissen der internationalen Diskussion.


Stand: 26.11.99
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