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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 11, 99

Bisherige Erschließung der Drucke des 17. Jahrhunderts (VD 17)

Gudrun Hoinkis1)

 

Das 17. Jahrhundert ist geprägt vom Dreißigjährigen Krieg und der darauffolgenden Zersplitterung Deutschlands. Hinzu kam, dass die Bevölkerung durch den Krieg, Hunger und Seuchen um die Hälfte dezimiert war. Die Städte waren halb entvölkert und zerstört. So war an ein Anknüpfen an die Blütezeit der Kunst und der Wissenschaften des Humanismus, der Reformationszeit bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges nicht zu denken. Zwar hörte die Buchproduktion nie völlig auf, aber sie ging stark zurück.

Da auf deutschem Gebiet die meisten Kampfhandlungen stattgefunden hatten, waren viele Klöster geplündert und zerstört worden. Die aus früheren Zeiten überlieferten Drucke waren verstreut auf viele Bibliotheken (Privat-, Universitäts- und Hofbibliotheken).

Einen überregionalen Nachweis oder Bestrebungen, eine Nationalbibliographie zu schaffen gab es nicht.2) Es entstehen nur einige Teilverzeichnisse des im 17. Jahrhundert in Deutschland gedruckten Schrifttums. Auch später entstehen nur Teilverzeichnisse.3) "Vom bibliotheksinternen Gesichtspunkt sind Bestandsverzeichnisse einzelner Sammlungen verständlicherweise immer das Naheliegendste. Man erfasst nur, was einem innerhalb der eigenen vier Wände zugänglich ist, und lässt alles übrige weg. Für den Außenstehenden ist die Benutzung derartiger Selbstdarstellungen, deren jede nach einem anderen System organisiert ist, freilich weniger günstig.4)"

Die Buchproduktion der damaligen Zeit bildet eine weitgehend unerforschte Größe.

Zwei wichtige Verzeichnisse für diesen Zeitraum sind Georgi's Allgemeines Bücherlelexikon und die Frankfurter Messkataloge.

Diese zwei genannten bibliographischen Verzeichnisse sind für den Zeitraum 1601-1700 die wichtigsten und gleichzeitig die umfangreichsten, obwohl der Georgi nur ca. 120.000 Titel umfasst für den gesamten Zeitraum seines Erscheinens, also für fast 200 Jahre! Die geschätzte Zahl für die Aufnahme der Drucke in das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts (VD17) sind dagegen 350.000 bis 400.000 Titel. Das ist dann nicht nur die dreifache Menge, wie Hermann Schüling meint, sondern mindestens das fünf- bis sechsfache.

Später kamen noch andere Verzeichnisse hinzu, die aber nur Teilverzeichnisse waren.

Obwohl man damit schon einen Schritt weitergekommen war, fehlte noch immer ein nationalbibliographisches Verzeichnis, um den historischen Forschungen eine gesicherte Literaturbasis zu schaffen.

Seit den 80er Jahren wird ein retrospektives Verzeichnis der Buchproduktion gefordert. Mitte der 80er Jahre gab die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) eine Studie in Auftrag, die "die methodischen Grundlagen für das neue Verzeichnis untersuchen, sowie den Zeit- und Kostenrahmen erarbeiten sollte".5)

1990 legte Wolfgang Müller diese Studie vor. Die Anfänge für das VD-17-Projekt waren geschaffen.

Technische Umsetzung

Das Vorgängerprojekt Oettingen-Wallerstein

Am 13. Februar 1980 wurde die Privatbibliothek aus dem Fürstenhaus Oettingen-Wallerstein in öffentliches Eigentum des Freistaates Bayern überführt. Als Standort für die Bestände wurde die Universitätsbibliothek Augsburg bestimmt.

Da die Formalkatalogisierung oft für die Bedürfnisse des Forschers nicht ausreicht, werden wichtige Seiten (Titelblatt...) gescannt und im Internet als zusätzliche Quelle zur Einsicht angeboten.

Entwickelt und erprobt wurde das Verfahren im Rahmen eines DFG-Projekts ("Einbindung der Bildlichen Darstellung des Titelblattes in die Katalogrecherche").6) Hierfür wurde das Datenbanksystem OMNIS/Myriad entwickelt, das nun auch für das VD17 genutzt wird.

Das Oettingen-Wallerstein-Projekt (<http://www.bibliothek.uni-augsburg.de/ oew.html>) ist von der technischen Seite her das Vorgängerprojekt des VD17, in dem das Scannen der Titelblätter und das Bereitstellen der bildlichen und textlichen Informationen im Internet getestet wurde.

Datenbank

Das VD17 ist von Anfang an als Datenbank geplant worden. Die Datenbank OMNIS/Myriad wurde von dem Münchener Forschungszentrum für wissensbasierte Systeme (FOWISS) entwickelt.

Es ist ein multimediales weitverkehrsfähiges relationales Datenbanksystem und erlaubt eine Kommunikation über das Internet. Für OMNIS gibt es auch eine Bild-Archiv-Komponente. Es hat keine interaktive Erfassungskomponente, aber die Datenbank entstand mit einer Komponente zur Offline-Einspielung von den Daten aus dem Maschinellen Austauschformat für Bibliotheken (MAB).

Da keine neue Erfassungskomponente entwickelt werden sollte, entschieden sich die Projektpartner für eine Kombination der OMNIS/Myriad-Software für das Retrieval und die Verwaltung und ein im Bibliothekswesen entstandenen und öffentlich geförderten Datenbanksystem. Es kam nur die Allegro-Software (Allegro X) für die Datenerfassung in Frage. Allegro hat durch die weite Verbreitung niedrige Lizenzkosten und passt sich gut an die Benutzeranforderungen an.

Bilddigitalisierung

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte"

Die Digitalisierung des Titelblattes vertieft die bibliographische Beschreibung. In den früheren Regelwerken, z.B. den Preußischen Instruktionen (PI) versuchte man die Typographie des Titelblattes nachzubilden.

Inzwischen gibt es die Erleichterung durch die Bildspeicherung, was bedeutend zeitsparender und wesentlich genauer als eine Titelaufnahme ist. Aber es gibt noch andere Gründe, die für eine Bilddigitalisierung sprechen. So bietet sie "weiterhin die Möglichkeit, die Katalogaufnahme authentisch sichtbar um Elemente zu ergänzen, auf deren Vorhandensein in einer traditionellen bibliographischen Beschreibung bestenfalls in dürren Abkürzungen im Rahmen einer Kollationsformel oder des Illustrationsvermerks hingewiesen wurde, wie z.B. des Kupfertitels und der Druckersignete... Die zahlreichen begleitenden Personalangaben, die oft erst eine Identifizierung erlauben, den Erfassungsaufwand aber erheblich steigern würden, werden den Interessierten als Bildseite zur Weiterarbeit angeboten. Damit erlaubt das Bild als Ergänzung zur Katalogaufnahme, Begrenzungen der traditionellen bibliographischen Beschreibung in Textform aufzuheben."7)

Die digitalisierten Titelblätter werden nicht nachbearbeitet, denn sie sind nicht als Faksimile gedacht, sondern sollen dem Benutzer mehr Informationen zu dem Druck bieten. Die Qualität der verfilmten Titelblätter kann sich unterscheiden. Bei rotgedruckten Teilen ist oft die Lesbarkeit beeinträchtigt, da die Farbe rot bei der schwarz-weißen Mikroverfilmung nicht herauskommt (man denke nur an die Verfilmung des alten Systematischen Katalogs in der Staatsbibliothek zu Berlin, wo man bei den Titeln, die noch vorhanden sind, oft nur mit Mühe, den roten Haken, der das Vorhandensein des Titels bedeutet, aber auf Mikrofilm nur hellgrau erscheint, sucht). Trotz einiger Mängel profitiert der Benutzer von der Bilddigitalisierung, und den Projektbibliotheken bietet sie eine erleichternde Ausgaben-Identifizierung.

Im Vorgängerprojekt Oettingen-Wallerstein wurde für die Digitalisierung der Titelseiten ein Flachbettscanner benutzt, der sich aber nicht für das VD-17-Projekt als geeignet erwies. Denn die Bibliotheksbestände des 17. Jahrhunderts sind oft in Sammelbänden eng zusammengebunden worden. Beim Kopieren würden die Buchrücken zu großen Belastungen ausgesetzt werden.

Aber Buchscanner, die Aufnahmen bei einem geöffneten Buch erlauben, gibt es noch nicht, bzw. sind zu wenig erforscht und letztlich zu teuer. Außerdem bleibt es fraglich, ob sie wirklich buchschonend sind.8)

So kam für die Bilddigitalisierung nur eine Variante in Frage: die der Mikroverfilmung. Die entsprechenden Seiten werden auf den Mikrofilm gebracht, der dann gescannt wird. Die Bildseiten werden auf einer CD-ROM gespeichert.

Es werden im allgemeinen fünf Schlüsselseiten gescannt: die Titelseite, Seiten mit Namen von Widmungsempfängern, der Beginn des Hauptteils, das Kolophon und die Druckermarken.

Ein Verfilmen oder Scannen des Gesamttextes aller Werke wurde nicht erwogen, dafür gibt es verschiedene Gründe:

Arbeitsablauf

Im allgemeinen ist der Arbeitsablauf für alle Projektbibliotheken ähnlich, bis auf die Staatsbibliothek zu Berlin, die den Schritt der Recherche im Retro-Verbundkatalog auslässt, da die Staatsbibliothek ihre Altbestände noch nicht vollständig in diese Datenbank eingegeben hat.

Zuerst wird eine Recherche in der VD-17-Datenbank gemacht, ob der Titel schon eingegeben wurde. Ist das nicht der Fall, erfasst der Katalogisierer zunächst den Fingerprint und speichert ihn in der OMNIS-Datenbank ab. Dadurch kann eine andere Partnerbibliothek erkennen, dass dieser Titel in Kürze bearbeitet wird.

Der nächste Schritt ist die Recherche im Retro-Verbundkatalog (Retro-VK). Das Deutsche Bibliotheksinstitut (DBI) hat hierfür die Katalogdaten, die dem Zeitraum 1601-1700 entsprechen, herausgefiltert und für das VD-17-Projekt zur Verfügung gestellt.

Ist eine passende Aufnahme im Retro-Verbundkatalog vorhanden, wird die Titelaufnahme markiert und exportiert und im Allegro-Fenster importiert. Hier wird sie nun weiter bearbeitet. Wenn die Titelaufnahme fertig ist, exportiert man sie zur OMNIS/Myriad-Datenbank.

Der Update-Manager der Datenbank prüft in regelmäßigen Abständen, ob ein Datensatz angekommen ist. Wenn das der Fall ist, baut der Manager der Datenbank den Datensatz auf, und er steht weiteren Recherchen zur Verfügung.

Ein aus der VD-17-Datenbank ausgelesener Satz ist bis zum Wiedereinchecken für die anderen Projektpartner gesperrt. Durch dieses Synchronisationskonzept (Check-In/Check-Out-Mechanismus) werden Dubletten (Mehrfacherfassungen) vermieden.9)

Katalogisierung

RAK-WB und das VD17

Für das VD-17-Projekt war im vornherein klar, dass die Titelaufnahmen nach den Regeln der alphabetischen Katalogisierung für wissenschaftliche Bibliotheken (RAK-WB) in Verbindung mit dem Maschinellen Austauschformat für Bibliotheken (MAB) erfolgen würde. "Die im Projekt entstehende Datenbank sollte keine isolierte und inkompatible Insellösung werden ..."10)

Wolfgang Müller hatte in seiner 1990 erschienenen Voruntersuchung Die Drucke des 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum auf Schwachpunkte einiger Bestimmungen für die Anwendung auf das alte Buch hingewiesen. So schlägt er in seiner Studie vor: "Notwendige über RAK-WB hinausgehende Regelungen sollten daher so gering wie möglich ausfallen; überwiegend wird es sich ohnehin eher um Präzisierungen und Ergänzungen handeln ..."11)

In der Neuauflage der RAK-WB, die 1993 erschien, wurde durch Änderungen oder Ergänzungen der Paragraphen mehr auf die Besonderheiten der alten Drucke eingegangen. So wird nun auch die bildliche Information berücksichtigt. Und das ist auch der Unterschied zum VD16, hier wurde versucht eine typographische Nachbildung des Titelblattes zu geben.

Besonders wichtig sind die im Buch genannten Personen. Neben den Verfassern und Herausgebern werden im barocken Buch Literaten und künstliche Beiträger (Kupferstecher, Widmungsempfänger) genannt. Für die Forschung kann es interessant sein zu wissen, an wessen Hof der Autor war, die Widmung kann hierzu Aufschluss geben.

Für die Verfasser und alle sonstigen beteiligten Personen wird aus einer für das VD17 entwickelten überregionalen Personennormdatei eine Normform ermittelt. Aber für noch nicht enthaltene Namen, von beteiligten Verfassern wird häufig keine Normform gebildet, da der zeitliche Aufwand zu groß wäre. Das trifft bei allen Namen von Beiträgern, Zensoren und Widmungsempfängern zu, die in nur leicht angepasster Vorlageform erfasst werden.12)

Sachtitel werden bis zu einer Länge von 25 Wörtern erfasst. Durch die Digitalisierung der Titelseite ist die vollständige Titelfassung verfügbar. Bei deutschsprachigen Titeln werden Stichworte, die suchrelevant sind, in orthographisch normierter Form in einem eigenen Feld gespeichert.

Fingerprint

Begriff und Zweck

"Der Fingerprint ist eine Folge von Zeichen, die definierten Seiten und Zeilen eines gedruckten Buches entnommen werden und die in Verbindung mit dem Erscheinungsdatum dazu bestimmt und geeignet sind, mit Hilfe des Computers Exemplare der gleichen Ausgabe zusammenzuführen und Drucke unterschiedlicher Ausgaben zu unterscheiden, und zwar ohne physischen Vergleich der Objekte."13)

Mit dem Fingerprint wird eine Möglichkeit gegeben, alte Drucke leichter und besser zu vergleichen ohne auf eine Autopsie zwischen den beiden Drucken zurückzugreifen, was oft nur mit großem Aufwand möglich wäre, da die Drucke an verschiedenen Orten sein können.

Aber ein Vergleich ist notwendig, da im Zeitalter des Handsatzes und -druckes beim mehrfachen Setzen, sogar des gleichen Textes, Unterschiede in der Zeilenbrechung auftreten. Es sind also unterschiedliche Zeilenenden dadurch entstanden und nur identische Werke haben auch dieselbe Zeilenbrechung. Um zu überprüfen, ob es sich um ein identisches Werk handelt, wird an vier definierten Seiten der Zeilenbruch untersucht. Das heißt, es wird eine Kombination aus zwei mal zwei Zeichen, die einer festgelegten Zeile von vier definierten Seiten des Druckes entnommen werden. Daraus ergeben sich 16 Zeichen, denen noch das Erscheinungsjahr beigefügt wird. Diese Zeichenfolge identifiziert jede Druckausgabe sehr genau und kann mit der Internationalen Standardbuchnummer (ISBN) verglichen werden.

Die Erstellung des Fingerprints dauert ca. zwei bis drei Minuten, aber ein Vergleich von ähnlichen Drucken, der auf Autopsie beruht, dauert wesentlich länger. Für das VD-16-Projekt wurde der Fingerprint noch nicht verwandt und so war "die Bearbeitungszeit für die Feststellung von Mehrfachexemplaren zu bereits aufgenommenen Drucken kaum geringer als die für eine vollständige Neuaufnahme - ein Faktum, das ... natürlich für die Laufzeit des gesamten Unternehmens gravierend ins Gewicht fällt".14)

Dem Fingerprint sind aber auch gewisse Grenzen gesetzt. So versagt er bei genauen Nachdrucken und bei reinen Titelausgaben gleichen Erscheinungsjahres. In diesen Fällen wird erst durch den Titelblattvergleich der Unterschied sichtbar.

Grundregeln

Wie schon kurz erwähnt, besteht der Fingerprint aus 16 Zeichen in vier Gruppen, die der jeweils letzten und vorletzten Zeile auf vier festgelegten Seiten dem Buch entnommen werden, pro Zeile ein Zeichenpaar.

Den Blattvorderseiten (Rektoseiten) werden die Zeichenpaare dem Ende der Zeile und den Blattrückseiten (Versoseiten) werden sie dem Anfang der Zeile entnommen.

Es entstehen vier Gruppen:

Zu diesen 16 Zeichen (zusammengesetzt aus den vier Gruppen) tritt ein Indikator, der anzeigt, welcher Seite des Buches die dritte Zeichengruppe entnommen worden ist, "3" steht für die dreizehnte Seite, "7" für die siebzehnte Seite oder "C" bei fehlender Zählung. Das "C" steht für counted = vom Bearbeiter gezählt.

Als vierstellige Zahl folgt das Erscheinungsjahr in arabischen Ziffern mit nachfolgendem Indikator, der dessen Form im Buch anzeigt:

A: arabische Ziffern
C: Chronogramm
E: erstes Datum in einem Almanach (Kalender), das das Osterdatum angibt
R: römische Ziffer etc.15)

Einblattdrucke gehören zu den Sonderfällen, für die es in dem Regelwerk für Fingerprints auch extra Regeln gibt:

Kollation

Wolfgang Müller hatte für die Kollation die Kollationsformel von Harold Jantz, der sie für seine Sammlung von Barockdrucken16) entwickelt hatte, in seinen Testläufen benutzt.

"Gemäß Jantz wird nach Angabe des Formates in abgekürzten Wörtern eine möglichst genaue Beschreibung des Aufbaues des Buchblockes mit seinen Besonderheiten, wie Titelblätter, Frontispiz, Illustrationen der verschiedensten Art, Beigaben, leere Seiten usw., geliefert. Bei mehrbändigen Werken geht eine zusammenfassende Bandangabe voraus."17)

Jantz hat die Methode nur an wenigen Beispielen erläutert und keine detaillierten Regeln aufgestellt. So wurde für den Testlauf in der Studie von Wolfgang Müller erst einmal eine Beispielsammlung zusammengestellt.

Die Kollationsformel erwies sich als zu zeitintensiv und außerdem war zu befürchten, dass die Formel aufgrund der unterschiedlichen Bearbeiter differieren und Ungereimtheiten auftreten würden.

Durch diese Ergebnisse verzichtete man auf die Jantzsche Kollationsformel und entschied sich für eine erweiterte RAK-Lösung, die im Einklang mit den Vertretern der Forschung stand.

Gattungsbegriffe

Aus Zeit- und Kostengründen findet keine Sacherschließung statt. Die Sacherschließung müsste von einem Wissenschaftlichen Bibliothekar gemacht werden (Höherer Dienst), das wäre aber zu zeitintensiv und zu kostenaufwendig.

Es werden für zusätzliche Sucheinstiege rund 140 Gattungsbegriffe vergeben. Durch die Verwendung von Gattungsbegriffen können Fragestellungen bei Benutzern abgedeckt werden, deren Forschungen sich auf spezielle Gattungen beziehen, wie Flugschriften und Personalschriften des 17. Jahrhunderts. Der Gattungsbegriff gibt dem Benutzer eine zusätzliche Hilfe zur Suche.

Allerdings sollte der Benutzer bedenken, bei einer Titelsuche nicht nur den Gattungsbegriff zu benutzen, da die Titelmenge zu groß wäre (bei der Eingabe des Gattungsbegriffs Dissertation gibt es schon jetzt 14.434 Titel), er sollte eine Kombination aus Gattungsbegriff und Autor oder Stichwort eingeben (Dissertation & Thomasius ® 145 Treffer ; Dissertation & Thomasius & Halle ® 44 Treffer).

Da es nicht für jeden Druck einen passenden Gattungsbegriff gibt, wird empfohlen, mit den Stichworten zu arbeiten.18)

Im Testlauf hatte man für eine eventuelle Sacherschließung den Gattungskatalog der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel getestet, der 257 Gattungen und 203 Verweisungen umfasst. Er erwies sich als ungeeignet in seiner ursprünglichen Form, da die literaturwissenschaftliche Seite zu übergewichtig war und damit oft zu spezielle Gattungsbegriffe enthalten waren.

Aus diesem Grunde wurde die Liste mit den Gattungsbegriffen um die Begriffe, die für das 17. Jahrhundert nicht relevant sind, gekürzt, andere wichtige Begriffe (etwa 90 Bezeichnungen) wurden hinzugesetzt, z.B. Streitschrift.

Das Ergebnis ist ein Gemisch aus großen Fachgebieten (Archäologie, Altertumskunde), sehr kleinen Gruppen (Akustik, Ars moriendi) und Formschlagwörtern (Kalender, Bibliothekskatalog).

Falls diese Gattungsbegriffe in Katalogen mit Beschlagwortung nach den Regeln für den Schlagwortkatalog (RSWK) überführt werden sollen, müssen sie aber erst noch in Schlagwortketten umgebildet werden, um im Retrieval vollständige Ergebnisse zu erfassen. Deshalb ist in der dritten Auflage der RSWK ein Anhang mit aufgenommen: Anlage 10 Konkordanz zu den Gattungsbegriffen des VD17, z.B.:

Schlagwort

Zeitschlagwort

Formschlagwort

Altertumswissenschaften
im VD17: Altertumskunde

Geschichte

Quelle

Befestigung
im VD17: Festungsbau

Geschichte

Quelle

Emblemliteratur
im VD17: Emblembuch

Geschichte

Quelle


Die Gattungsbegriffe stehen vollständig im Internet (<http://www.vd17.bsb. badw-muenchen.de/gattungsbegriffe.html>).

 

Kurze Übersicht für die Recherche in der VD-17-Datenbank

Trunkierung

%

Suche mit dem Anfang oder Ende eines Wortteils

Boole'sche Operatoren

&

-

|

und

nicht

oder

Platzhalter

;

.

_

ersetzt ein oder kein Wort

ersetzt ein beliebiges Wort

ersetzt ein beliebiges Zeichen

Ausblick

Bisher sind nur sechs Bibliotheken an dem VD-17-Projekt beteiligt, für die Zukunft werden vermutlich noch andere Bibliotheken ihre Bestände im VD17 zugänglich machen, wenn die technische und organisatorische Seite geklärt ist. Es wäre sehr wünschenswert, da die Datenbank dann eine größere Vollständigkeit hätte, und die Seltenheit der einzelnen Drucke repräsentieren würde.

Im Laufe der Projektphase wäre es wünschenswert, wenn die in meinen Augen recht umständliche Bilddigitalisierung doch noch durch einen Flachbettscanner erfolgen würde. Dadurch könnte die Zeitdifferenz zwischen der schon in der Datenbank einsehbaren Titelaufnahme und der Bereitstellung der Bilder verringert werden bzw. vollständig wegfallen.

 

1) Dieser Beitrag ist ein Auszug aus einer Diplomarbeit; sie kann in Buchform bezogen werden beim Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin oder in elektronischer Form bei der Autorin (Adresse unter AUTOREN)

2) Vergl.: Das 17. Jahrhundert im Netz / Stefan Wiesener ... // In: DFN Mitteilungen 41 (1996) 6

3) einige Beispiele: Bircher, Martin: Deutsche Drucke des Barock 1600-1700 (Bestand Wolfenbüttel); Dünnhaupt, Gerhard: Bibliographisches Handbuch der Barockliteratur. In drei Teilen. Hundert Personalbibliographien deutscher Autoren des 17. Jahrhunderts. Stuttgart 1980-1981. - 2., Verb. und wesentlich verm. Aufl. unter dem Titel: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Teil 1-6. Stuttgart 1990-1993. David Paisley: Catalogue of books printed in the German-Speaking countries and of German books printed in other countries from 1601 to 1700. Now in the British Library. London 1994. Alle drei Projekte arbeiten recht unterschiedlich: Bircher mit Kurztiteln und Titelblattkopien, Dünnhaupt mit diplomatischen Titelbeschreibungen und Paisley mit Kurztiteln.

4) Dünnhaupt, Gerhard: Der barocke Eisberg ... // In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel - Frankfurter Ausgabe - Nr. 92, vom 04.11.1980. - S. A 443

5) Dörr, Marianne: Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke // In: ZfBB 43 (1996) 5. - S. 409

6) von Januar 1993 bis Januar 1995 in Zusammenarbeit mit der "Forschungsgruppe Wissensbasen" (FORWISS)

7) Dörr, Marianne: Digitale Bilder in der Altbestandserschließung - drei Projekte und ihre Realisierung // In: BFB 24 (1996) 2. ; Inzwischen ist die Entwicklung so weit, daß bei einer Kosten-Nutzen-Rechnung der Buchscanner gleichwertig dem Mikrofilm wäre, aber die Projektbibliotheken sind sehr unterschiedlicher Auffassung, ob nun Mikroverfilmung oder ein Buchscanner eingesetzt werden soll. Wenn der Buchscanner bevorzugt wird, gibt es die Diskussion, ob ein schwarz-weißer oder ein farbiger. Das letztere würde die DFG aber nicht bezahlen.

8) <http://www.vd17.bsb.badw-muenchen.de> ... unter Schlüsselseiten

9) <http://www.rtb-nord.uni-hannover.de/dfn/mitteilungen/html/heft41/A3/A3.html> ... unter Katalog-Management

10) Dörr, Marianne: Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke // In: ZfBB 43 (1996) 5. - S. 412

11) Müller, Wolfgang: Die Drucke des 17. Jahrhunderts ... - S. 36

12) Vergl.: Dörr, Marianne: Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke // In: ZfBB 43 (1996) 5. - S. 419

13) Definition nach John P. Feather: Tests on the use ... // In: Fingerprints ... - S. 5

14) Briegleb, Jochen: Zur Katalogisierung alter Drucke in der Bundesrepublik // In: Fingerprints ... - S. 6

15) Vergl.: Müller, Wolfgang: Fingerprints ... S. 7 ; Fingerprints : Regeln und Beispiele ... S. 28f.

16) Jantz, Harold: German Baroque Literature. Vol. 1-2. New Haven, 1974

17) Müller, Wolfgang: Die Drucke des 17. Jahrhunderts ... S. 52

18) <http://www.vd17.bsb.badw-muenchen.de/> Angaben standen in "Bibliographischer Beschreibung"

 

 


Stand: 4.11.99
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