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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 10, 99

Der Virtuelle Katalog Kunstgeschichte (VKK)

Maria Effinger, Rüdiger Hoyer

 

Seit September 1999 ist die Auswahl an Spezialkatalogen auf Basis der Technologie des Karlsruher Virtuellen Kataloges1) ergänzt durch den schon seit längerer Zeit angekündigten "Virtuellen Katalog Kunstgeschichte (VKK)" (http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/vk_kunst.html).

Die Bereitstellung dieser fachlich orientierten Suchmaschine an der UB Karlsruhe wurde finanziell ermöglicht durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die - neben der Berücksichtigung des Faches im SSG-Verteilungsplan - seit 1972 ein spezielles Schwerpunktprogramm für die großen deutschen kunsthistorischen Präsenzbibliotheken betreibt (s.u.). Die Möglichkeit einer übergreifenden Abfrage dieser auch den hochspezialisierten Spitzenbedarf befriedigenden Bibliotheken war seit jeher ein logisches Desiderat der DFG, das bislang aufgrund verschiedenster Probleme gescheitert war, sieht man einmal ab von dem spät entstandenen Fachverbund Florenz-München-Rom (s.u.). Mit Hilfe der Technik wird das Vorhaben als "virtuelle" Kooperation nun doch möglich, freilich unter der Bedingung, dass das Retrieval in hohem Maße von dem allein für die Suchmaschine sinnvoll abfragbaren "gemeinsamen Nenner" bestimmt wird und nicht durch die meist traditionsbehafteten Katalogeigenheiten und Vorstellungen der Einzelinstitution, welche die längste Zeit einer wirklichen Katalogisierungskooperation entgegengestanden haben.

Teilnehmende Institutionen

Der Virtuelle Katalog Kunstgeschichte hat hinsichtlich der teilnehmenden Institutionen die Endausbaustufe noch nicht erreicht. Die Datenbanken, die vom VKK z. Zt. angesprochen werden, sind folgende:

1. Fachverbund Florenz-München

Dieser wird gebildet von den Bibliotheken der drei deutschen universitätsun-abhängigen kunsthistorischen Forschungsinstitute: Kunsthistorisches Institut in Florenz, Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München und Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut) in Rom. Sie arbeiten in einem von der DFG als Pilotprojekt geförderten Fachverbund.2) Dessen Katalog enthält die seit Beginn der EDV-Katalogisierung im Jahre 1996 produzierten Nachweise (Stand Anfang September 1999: ca. 47.000 Buchtitel, ca. 37.000 Aufsätze und Rezensionen aus Zeitschriften und Sammelwerken, über 6.000 Zeitschriftentitel).

Im Rahmen des o.g. DFG-Sammelschwerpunktprogramms betreuen diese Bibliotheken folgende Bereiche:

2. Heidelberger Fachkatalog Kunstgeschichte

3. Dresdner Fachkatalog Zeitgenössische Kunst ab 1945

Diese beiden Datenbanken auf der Grundlage von SWB-Exzerpten werden speziell für den Virtuellen Katalog Kunstgeschichte angeboten von der Universitätsbibliothek Heidelberg und der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden mit ihren DFG-geförderten Sondersammelgebieten

Derzeit werden in der UB Heidelberg ca. 1.400 Zeitschriften zur Kunst und Kunstgeschichte laufend gehalten, der Gesamtbestand kunstgeschichtlicher Literatur beträgt 250.000 Bände. Im über den Virtuellen Katalog Kunstgeschichte recherchierbaren "Heidelberger Fachkatalog Kunstgeschichte" sind davon derzeit ca. 55.000 Monographien (hauptsächlich ab Erscheinungsjahr 1986) sowie sämtliche kunstwissenschaftlichen Zeitschriftenbestände enthalten. Der "Dresdner Fachkatalog Zeitgenössische Kunst ab 1945" enthält derzeit ca. 12.000 Buchtitel des insgesamt ca. 60.000 Titel umfassenden Bestandes zum Sondersammelgebiet. Die ca. 360 fachrelevanten laufend gehaltenen Zeitschriften werden in Kürze in den Fachkatalog aufgenommen.

Die Verwaltung und Pflege nicht nur der Heidelberger, sondern auch der Dresdner Daten erfolgt durch die UB Heidelberg.

Such-Interface

Dem Benutzer werden im Interface also z. Z. drei Datenbanken angeboten. Wie vom KVK gewohnt, kann man wählen, in welchen der Kataloge recherchiert werden soll. Standardeinstellung ist, anders als im Universal-KVK die Suche in allen teilnehmenden Katalogen. Als Suchfelder werden angeboten "Autor", "Titelstichwörter/Schlagwörter", "Exakter Titel", Institution", "ISBN/ISSN" "Jahr" und "Verlag".

Der Virtuelle Katalog Kunstgeschichte ist wie sein "großer Bruder" KVK ein Meta-Suchinterface, das über keine eigene Datenbank verfügt, sondern die eingegebenen Suchanfragen an mehrere WWW-Bibliothekskataloge gleichzeitig weiterreicht und die jeweiligen Trefferlisten mit Kurztitelangaben anzeigt. Jeder Treffer auf diesen Listen stellt einen Link auf den WWW-Server des jeweiligen Zielkatalogs dar. Beim Aufrufen der Vollinformation zu einem gefundenen Titel erfolgt die Umschaltung in den WWW-OPAC des Zielsystems. Dort kann der Benutzer nun - ebenfalls per Mausklick - weitere Informationen (z. B. Bestandsnachweise) und Funktionen (z. B. Dokumentlieferung) bzw. spezifische Suchfunktionen aufrufen. Da der Dresdner 'Fachkatalog' in Heidelberg betreut wird, wird in diesem Fall jedoch in die Heidelberger EDV-Umgebung umgeschaltet, natürlich mit einem Link zur SLUB Dresden.

Bei bibliothekarischen Suchmaschinen erfolgt in Anbetracht der Differenzen der Zielsysteme hinsichtlich Katalogisierungspraxis und OPAC-Konzept die Rückführung der Retrievalmöglichkeiten auf einen gemeinsamen Nenner. Die Suchmaske wird also normalerweise nicht alle in den Zielsystemen gegebenen Suchfelder bzw. -strategien anbieten können. Am "großen" KVK lässt sich dies in vielfältiger Weise illustrieren. Mit zunehmender Bedeutung der Suchmaschinen tritt andererseits eine, auch außerhalb des Bibliothekswesens zu beobachtende, Dynamik ein, die bewirkt, dass bereits bei der Konzeption der Zielsysteme die Abfrage durch Suchmaschinen bedacht wird oder gar Zielsysteme ausdrücklich für den Zweck der Suchmaschinenabfrage eingerichtet werden. Bei der Einrichtung des Virtuellen Kataloges Kunstgeschichte ergab sich nun genau diese Situation, dass die Suchmaschine, im Gegensatz zur a priori erfolgenden Systemabstimmung bei Open Systems Interconnection mit Z39.50-Protokoll, nicht mehr nur a posteriori applizierter Behelf ist, sondern teilweise das Design der Zielsysteme konditioniert.

In Anbetracht der bestehenden Heterogenitäten im Bereich der Sacherschließung und um einen möglichst unproblematischen Rahmen für die Erweiterung des VKK um zusätzliche Partner zu schaffen, wurde für das VKK-Interface nach dem Vorbild des Institute-OPAC der UB Heidelberg eine Art Universalsuchfeld (Stichwörter / Schlagwörter) eingerichtet, unter Verzicht auf nähere Differenzierung im Bereich der Begriffstypen der Sacherschließung. Sacherschließungen wie etwa RSWK-Ketten sollen von den Zielsystemen für dieses Feld analog zu Titeln verstichwortet werden. Beim Eintragen mehrerer Suchbegriffe erfolgt automatisch eine UND-Verknüpfung, Rechtstrunkierung einzelner Suchbegriffe ist möglich. Das Feld bringt den Vorteil, daß auch die, oft substantiellen, Informationen der Titeldaten bei Suchen mit Sachbegriffen berücksichtigt werden. Während eine entsprechende Indexierung in den Heidelberger Zielsystemen von vornherein vorgesehen war, wurde für den Fachverbund Florenz-München-Rom eine vom bisherigen Fachverbund-OPAC abweichende VKK-Spezialindexierung vorgenommen. Diese erlaubt es, auch mit im Fachverbund-OPAC bislang nicht direkt retrievalfähigen Bestandteilen (z. B. 'Unterschlagwörter', Benennungen von Gebäuden, Zeitangaben, Einzelwörter von Körperschaftsschlagwörtern) zu suchen. Die zielsystemseitige Reaktion auf das VKK-Interface war in diesem Fall Movens für die Schaffung zusätzlicher Retrievalmöglichkeiten, die vorübergehend dem VKK einen zusätzlichen Mehrwerteffekt verleihen. Selbstverständlich werden kurzfristig die neuen Möglichkeiten in der Fachverbund-OPAC-Umgebung nachvollzogen werden müssen.

Dokumentliefermöglichkeiten

Bei den im VKK nachgewiesenen Büchern der Bibliotheken in Florenz, München und Rom handelt es sich, wie gesagt, um Präsenzbestand, der nur im Ausnahmefall über die traditionelle Fernleihe zur Verfügung steht. Ein modernes Dokumentliefersystem existiert weder hier noch in den übrigen großen kunsthistorischen Präsenzbibliotheken, sollte aber recht bald eingerichtet werden. Die Bestände der UB Heidelberg bzw. der SLUB Dresden stehen dagegen dem überregionalen Leihverkehr zur Verfügung. Einen besonderen zusätzlichen Service bietet die UB Heidelberg mit ihrem Sondersammelgebiets-Schnellieferdienst (SSG-S)3) , über den die gewünschte Literatur binnen 48 Stunden bezogen werden kann. In Dresden erfolgen Dokumentschnelllieferungen zum SSG über den SUBITO-Dienst der deutschen Bibliotheken.

Verhältnis zum "großen" KVK

Die Existenz von spezialisierten Angeboten wie dem Virtuellen Katalog Kunstgeschichte neben dem großen KVK ist in genuinen Vorteilen begründet4) . Die Suche in einem fachlich definierten Datenbestand schaltet bei eher bibliographischen Suchanfragen, die nicht einem bestimmten, bereits bekannten Titel gelten, irrelevante, nur durch Homonymie und Synonymie erzeugte Antworten in recht hohem Maße aus und liefert auch Hinweise auf höchstspezialisierte, selbst "graue" Literatur. Der virtuelle Fachkatalog besitzt hier eine Anwendungsmöglichkeit, die der "große" KVK per definitionem nicht haben kann. Ein weiterer Vorteil besteht in der Berücksichtigung auch von nicht in großen Verbundumgebungen und damit auch nicht in deren OPACs integrierten Datenbanken. Im vorliegenden Fall besonders nützlich ist außerdem die Einbeziehung der im Fachverbund Florenz-München-Rom extensiv und ziemlich aktuell verzeichneten Aufsatzliteratur.

Weiterer Ausbau des Virtuellen Katalogs Kunstgeschichte

Ziel des "Virtuellen Kataloges Kunstgeschichte" ist es, in Zukunft zu einem noch umfassenderen, zentralen bibliographischen Instrument für den Bestandsnachweis hochspezialisierter Literatur im Bereich Kunst zur Deckung des fachlichen Spitzenbedarfs zu werden. Das Unternehmen ist ein Beispiel für die notwendige Kooperation zwischen Universitätsbibliotheken und außer-universitären Einrichtungen, die zukünftig im größeren Zusammenhang des DFG-Projektes 'Virtuelle Fachbibliotheken' wesentlich sein wird. Die Integration weiterer Bibliothekskataloge ist dafür allerdings dringend notwendig. Wunschpartner sind vor allem die anderen großen DFG-geförderten Kunstbibliotheken:

Der Virtuelle Katalog Kunstgeschichte ist aber, entsprechend dem ausdrücklichen Wunsch der DFG, auch offen für die Einbeziehung interessanter Adressen unter den nicht von dieser Institution geförderten Bibliotheken. Dies betrifft naturgemäß besonders Institutionen, die sich mit dem von der konventionellen Kunstgeschichte noch nicht zureichend berücksichtigten Angebot auf dem Gebiet der Neuen Medien beschäftigen oder wegen sonstiger Schwerpunkte einen sinnvollen Bestandteil einer virtuellen Kunstbibliothek bilden würden. 6)

 

1) Informationen zu Historie und Technik des von Uwe Dierolf und Michael Mönnich konzipierten "Meta-Suchinterface" sind in der KVK-Website enthalten.

2) Vgl. zuletzt Hoyer, Rüdiger: Der Fachverbund Florenz-München-Rom : Kunsthistorische Fachinformation im Internet. In: Kunstchronik 52.1999, 6, S. 263-270.

3) http://www3.ub.uni-heidelberg.de/ssgs

4) Die spezialisierten bibliothekarischen Suchmaschinen, die über die KVK-Website zugänglich sind, sind leider wohl weitaus weniger bekannt als der gegenwärtig geradezu unentbehrliche KVK. Leider gab es nämlich bisher kein entsprechendes Link auf der KVK-Suchformularseite. Die Auswahl ist vielmehr nur über die für die tägliche Arbeit weniger wichtigen Info-Startseite der KVK-Website (http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/hylib/virtueller_katalog.html) über das Link "Auf KVK basierende Kataloge" zugänglich. Die bisher geringe Zahl der Spezialkataloge dürfte auch in organisatorischen und finanziellen Problemen begründet sein.

5) Die Einbeziehung der ebenfalls als Präsenzbibliothek von der DFG geförderten Bibliothek des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) Rom ist wegen deren Zugehörigkeit zu einem ausländischen, nicht speziell kunsthistorischen Verbund, dem römischen URBS, in absehbarer Zeit nicht zu realisieren.

6) Dies gilt z. B. für die junge Bibliothek der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn (http://www.kah-bonn.de), deren Sammelschwerpunkt die Geschichte des Ausstellungswesens ist. Die Pflege und Weitergestaltung des VKK wird derzeit in pragmatisch-kollegialer Weise in Abstimmung mit der DFG und gemeinsam mit der UB Karlsruhe von UB Heidelberg und Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München verwaltet. Interessenten wenden sich bitte an die Verfasser dieses Beitrags. Für die EDV-technische Betreuung an der UB Karlsruhe richtet sich unser Dank an Uwe Dierolf. Für die zielsystemseitigen EDV-Arbeiten danken wir Thomas Berger (Bonn) und Dr. Eberhard Pietzsch sowie Harald Gerlach (beide UB Heidelberg).


Stand: 10.11.99
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