Metadaten:
Alternative oder Grundlage der bibliographischen Erschließung?
In vielen Projekten und neu
aufgebauten Geschäftsgängen für Online-Ressourcen erfolgt zusätzlich oder alternativ
zur „normalen“ bibliographischen Erschließung nach den RAK(-NBM) eine
Erschließung mit Metadaten. Damit sollen für die Publikationen im Internet neue
Wege der Erschließung erprobt werden. Dahinter steckt die Vorstellung, dass
viele der detaillierten Angaben in herkömmlichen Titelaufnahmen für
Netzpublikationen entfallen können, da sie im Dokument selbst online verfügbar
gemacht oder aus ihm abgeleitet werden können. Diese „sowieso“ in den
Dokumenten vorhandenen Meta-Daten sollen mit relativ geringem Aufwand in
„schlanken“ Geschäftsgängen als einfache Basiserschließung für das Retrieval
nutzbar gemacht werden.
Um an dieser Entwicklung
teilhaben und sie mitbestimmen zu können, wird zur Zeit vielerorts im
Informationssektor, nicht nur in Bibliotheken, nicht unerheblicher Aufwand
geleistet: in einer Metadaten-Formatdiskussion, in der die ursprünglich
schlichten Metadatenformate durch Qualifier stärker differenziert werden (was
unweigerlich an ganz analoge Formatdiskussionen vergangener Zeiten erinnert);
in neuen Geschäftsgängen, die in Gang gesetzt und nach innen und außen
koordiniert werden müssen; in den Bemühungen, Metadaten zu standardisieren und
Interoperabilität zwischen den unterschiedlichen Nutzungsbereichen zu erzielen.
Der Metadatenentwicklung wird offenkundig ein hohes Zukunftspotential
zugemessen.
Metadaten entstehen im
„Lebenszyklus“ in der Entstehungsphase einer Elektronischen Ressource. Sie
stellen inhaltlich zunächst nichts anderes dar als die zum Titel gehörenden
Angaben, die analog in Printpublikationen auf den Titelseiten zu finden sind.
Sie werden vom Autor, dem Urheber oder dem Hersteller, also den unmittelbar
Beteiligten im Herstellungs- und Veröffentlichungsprozess der Ressource
produziert und miterfasst.
Idealtypisch sind sie selbst
Bestandteile der Ressource und lediglich durch eine entsprechende Formatierung
als Metadaten kenntlich gemacht. Dies bietet die Möglichkeit, sie von
vornherein kategorisiert, nach Angabearten (Titel, Autor, Verlag etc.) getrennt
anzugeben und abzurufen.
Es ist unmittelbar
einsichtig, dass vergleichbare Angaben wie auf einer Titelseite auch für
Online-Publikationen notwendig sind. Für Nicht-Text-Ressourcen (Musik, Bilder,
Film, Multimedia) sind sie z.B. unabdingbare Voraussetzung, um diese Ressourcen
überhaupt wiederauffindbar zu machen. Gegenüber der Titelseite eines Buches
haben Metadaten aber den entscheidenden Vorteil, dass sie bereits kategorisiert
vorliegen und entsprechend in kategorisierter Form gesucht, abgerufen und
weiterverwendet werden können.
Dadurch tun sich
faszinierende Möglichkeiten auf. In der Tat sind die vom Autoren vergebenen
Metadaten für alle Dokumente, die bibliothekarisch nicht erschlossen werden
können, eine sehr brauchbare Basiserschließung. Es bietet sich auch geradezu
an, sie auch in der bibliothekarischen Erschließung weiterzunutzen, sie in die
Geschäftsgänge der Bibliotheken einzubauen, im eigenen Katalogsystem in einen
Titelsatz im eigenen Erfassungsformat zu übertragen und weiter zu bearbeiten,
wie man dies analog auch mit einem CIP-Datensatz, einem Erwerbungsdatensatz
oder einem anderen Fremddatensatz tut.
Neben formalen Metadaten
werden auch Metadaten zur Beschreibung des sachlichen Inhalts angegeben:
Keywords, Schlagwörter, Notationen, Abstracts.
Von diesen Primärinformationen
durch die Autoren, die bei einer nachträglichen Erschließung erst aufwendig
ermittelt werden müssten und bei Spezialwissen oft gar nicht ermittelt werden
können, kann insbesondere die Sacherschließung profitieren.
Je besser sich die Metadaten
in eine (bibliographische) Erschließung einpassen, umso größer kann der
Synergieeffekt bei ihrer Übernahme sein. So sind weitere Anforderungen
entstanden, welche Daten sinnvollerweise im Entstehungsprozess bzw. in den
darauf folgenden Stufen als Metadaten angegeben werden sollten: technische
Metadaten, Metadaten, die die mit dem Dokument verbundenen Rechte beschreiben,
Metadaten für die Zugriffskonditionen etc.. Dies hat zu einer intensiven
Beschäftigung mit der Entstehung von Metadaten, ihren Formaten und ihrer
Standardisierung geführt.
Die Metadaten-Realität
entspricht zur Zeit keineswegs dem Idealtypus. Sie werden de facto überwiegend
in getrennten Online-Dokumenten ganz analog zu Datensätzen erfasst (was keinen
Informationsverlust, wohl aber Mehrarbeit darstellt). Wirklich geeignete
Dokumentformate und Tools sind noch im Entwicklungsstadium. Trotzdem wird
eifrig mit Metadaten-Formaten experimentiert, ihr Mapping in bibliographische
Datenformate und umgekehrt erprobt und geeignete durchsetzungsfähige Dokumentformate
getestet.
Entsprechend groß ist das
Interesse, sich mit den Produzenten der Ressourcen und der Metadaten auf ein
Format mit Datenelementen zu einigen, das gleichzeitig eine möglichst
arbeitsökonomische Ersterfassung der Metadaten ermöglicht, den Nachbearbeitungsaufwand
in den Bibliotheken minimiert und die zusätzlichen Anforderungen weiterer
Interessengruppen berücksichtigt.
So arbeiten in dem von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt META-LIB die beteiligten
Bibliotheken – darunter Die Deutsche Bibliothek - daran, einen
Metadaten-Standard zu vereinbaren und mit den anderen an Metadaten
interessierten Gruppierungen abzustimmen, der für die Weiternutzung in
Bibliotheken geeignet ist und auf dem eine weitergehende (national)bibliographische
Erschließung aufsetzen kann. So liegt ein weiterer Schwerpunkt des Projekts in
der Entwicklung von Konventionen für eine nationalbibliographische Erschließung
in der Online-Umgebung, die auf Metadaten aufsetzt. Eine der Teilaufgaben dabei
liegt in der Einbeziehung und Bereitstellung von Normdaten auf allen
Erschließungsebenen.
Außer den Bibliotheken sind
weitere Institutionen stark an Metadaten und ihren unterschiedlichen
Verwendungen interessiert: Wissenschaftler (organisiert in den Fachgesellschaften),
Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Dokumentationsstellen, Verlage, Museen,
Archive, Verwertungsgesellschaften bringen weitere interessante Aspekte und
Anforderungen in die Metadatendiskussion ein. Sie alle haben das gemeinsame
Ziel, die Interoperabilität der Daten zwischen den unterschiedlichen
Anwendergruppen zu gewährleisten.
Wer sich weiter über Metadaten informieren möchte, hat dazu auf
dem „Deutschen Dublin Core Tag 1999“
Gelegenheit, der am 28. Oktober 1999 im Anschluss an den 7. Internationalen Dublin Core Workshop in Der Deutschen Bibliothek
ausgerichtet wird. Er soll ein breites Publikum über die Metadaten-Anwendungen,
insbesondere nach dem Dublin Core Standard, in Deutschland informieren und den
aktuellen Stand sowie neue Entwicklungen vorstellen. Anmeldungen sind noch bis
zum 1. Oktober möglich.