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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 8, 99

Projektmanagement für Öffentliche Bibliotheken

Seminar in Berlin

Susanne Thier

 

Der Druck auf die Öffentlichen Bibliotheken unter den Voraussetzungen rapide steigender Anforderungen und Erwartungen von seiten der Benutzer (hier sei stellvertretend nur das Stichwort: neue Medien und Informationsdienste genannt) bei gleichzeitig ebenso dramatisch sinkenden Etats, innovative und kreative Ideen zu entwickeln und umzusetzen, wird immer größer. Einerseits gilt es, flexibel auf die Anforderungen der Nutzer zu reagieren und neue Dienste durch Kooperationen und den Einsatz neuer Technologien anzubieten, damit auch eine innovative Bibliotheksarbeit zu präsentieren, andererseits sollen Kernaufgaben, die Personal und Mittel weitreichend aufzehren, nicht aufgegeben oder beschnitten werden. Rationalisierungsmaßnahmen, klare Bibliotheksprofile, neue Formen der Steuerung u.a. sind hier unverzichtbare Instrumente, die den Bibliotheken den Weg in die Zukunft etwas ebnen können; daneben ist jetzt aber auch zunehmend das verheißungsvolle Zaubermittel Projekte in das Blickfeld geraten, denn mit ihm können Bibliotheken sich innovativ und entwicklungsfreudig zeigen, und: es beinhaltet ggf. auch eine mögliche Zusatzförderung: Geld also. Nicht für die (nicht weniger wichtigen) Routineaufgaben, aber z.B. für die Entwicklung neuer Dienste und besonderer Angebote. Das macht die Sache attraktiv, aber, um freudige Erwartungen sogleich abzudämpfen, nicht unbedingt leicht, denn der Weg zu den möglichen Fördertöpfen ist mitunter sehr steinig, ja manchmal schier unpassierbar. In dieses Geflecht ein wenig Licht zu bringen und verschiedene Förderer und Förderprogramme einmal näher vorzustellen war, ebenso wie die anschließende Vermittlung einiger Grundlagen und Praxistips zu Projektbeantragung und -steuerung, Ziel eines Seminars für Öffentliche Bibliotheken und Fachstellen, das am 7. und 8. Mai im Deutschen Bibliotheksinstitut in Berlin stattfand.

Förderer und Förderprogramme:
Europäische Union

Forschungsprogramme

Ein spezifisches Bibliotheksprogramm war 1990 bis 1998 fester Bestandteil der europäischen Telematikprogramme, so auch zuletzt im 4. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung (4. RP 1994-1998). Mit dem 5. Forschungsrahmenprogramm (1998-2002) wurde das Bibliotheksprogramm erweitert in Richtung auf die Gesamtheit der "Gedächtnis-Institutionen" Museen, Archive und Bibliotheken. Dr. Klaus Reinhardt vom deutschen National Focal Point im DBI erläuterte die Struktur und bibliotheksrelevante Inhalte des Programms: Eines der vier großen Teilprogramme des 5. Rahmenprogramms zielt auf den Aufbau einer nutzerfreundlichen Informationsgesellschaft (Informations Society Technologies - IST). IST wiederum beinhaltet neben Forschungs- und Forschungsinfrastrukturmaßnahmen vier Leitaktionen:

  1. Systeme und Dienste für den Bürger
  2. Neue Arbeitsverfahren und elektronischer Geschäftverkehr
  3. Multimedia-Inhalte und -werkzeuge
  4. Grundlegende Technologie und Infrastrukturen.

Hier ist insbesondere die Leitaktion 3: "Multimedia-Inhalte und -werkzeuge" für die Bibliotheken, Museen und Archive von Interesse, sie hat die Aktionslinien:

In der für Bibliotheken vor allem relevanten Aktionslinie "digitales Erbe und kulturelle Inhalte" soll es darum gehen, den Zugang zum intellektuellen und kulturellen Erbe Europas zu verbessern, den Beitrag der Gedächtnis-Institutionen zu einer sich abzeichnenden Kulturökonomie herauszustellen und ihrer Bedeutung für den wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt noch stärker gerecht zu werden.

In der darin angeregten Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Bibliotheken, Museen und Archive wird vom deutschen National Focal Point eine große neue Herausforderung gesehen, mit dem Ziel, ein kulturelles Netzwerk aufzubauen. Interessante Multimedia-Ansätze bei den Museen/Archiven gibt es bereits, für Kooperationen aber bestehen noch große Hindernisse vor allem hinsichtlich einer mangelnden technischen Infrastruktur und fehlender Normen und Standards.

Besonders für die Öffentlichen Bibliotheken mit meist sehr geringen personellen Ressourcen aber als ganz gravierendes Problem erweist sich, das zeigten auch die Beträge zum Thema Antragsverfahren von Christoph Albers, National Focal Point im DBI, und Dr. Karl A. Stroetmann, empirica, Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung, Bonn, der ausgesprochen hohe Aufwand, der mit einer Projektbeantragung und -durchführung im Bereich der EU-Forschungsprogramme verbunden ist. Insbesondere für Antragsteller und Konsortialführer (Bedingung ist, daß Partner aus mindestens drei europäischen Ländern beteiligt sind, durchaus empfehlenswert aber ist es, ca. fünf verschiedene Länder in das Projekt einzubinden), ist eine detaillierte Kenntnis der Ausschreibungstexte und dazugehörigen Dokumente, der Kriterienkataloge und Leitfäden, ebenso unverzichtbar wie ein professionelles Projektmanagement, technologisches Equipment (Internet, E-Mail usw.) und profunde Kenntnisse nicht nur des Englischen, sondern auch der speziellen EU-Terminologie. Empfehlenswert erscheint es von daher für Öffentliche Bibliotheken, zunächst im Bereich von "demonstration actions", d.h. in Demonstrationsphasen von Projekten einzusteigen, sich eingehend über laufende Projekte und Projektergebnisse zu informieren und Kontakte zu erfahrenen Projektpartnern aus dem europäischen Ausland, z.B. über die Intiative "PubliCA",1) zu knüpfen.

Kulturprogramme

Eine weitere Möglichkeit der Projektförderung innerhalb der EU gibt es im Bereich der Kulturprogramme. Hatte es in der längsten Zeit des Bestehens der Europäischen Gemeinschaft überhaupt keine Zuständigkeit für Kultur gegeben, so ist seit dem Vertrag von Maastricht (1992) in dem Artikel 128 (er wurde im Amsterdamer Vertrag 1997 zu Artikel 151) eine - allerdings eher bescheidene - Kompetenz geschaffen. Danach leistet die Gemeinschaft "einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes". Die jährliche Ausstattung des Kulturbudgets mit ca. 60-65 Millionen DM, also noch nicht einmal 0,04% des Jahresbudgets der Kommission, ist zwar alles andere als üppig, aber immerhin gibt es auch für die Öffentlichen Bibliotheken hier die Möglichkeit, an Förderprogrammen teilzunehmen. Noch bis - voraussichtlich - Ende 1999 laufen die seit einigen Jahren aufgelegten Programme

Sie wurden von Susanne Thier (bis Ende Juni 1999 im DBI, seit Juli UB der Europa-Universität Viadrina) kurz vorgestellt, da zum Zeitpunkt des Seminars eine Verlängerung dieser Programme noch um ein weiteres Jahr nicht ganz unwahrscheinlich schien. Im Juni konnte nun aber doch eine Einigung der europäischen Kulturminister über das geplante neue Rahmenprogramm "Kultur 2000" erzielt werden, so daß jetzt mit einer Ablösung der drei Programme zum Jahreswechsel wohl gerechnet werden kann, der Entwurf bedarf nun noch der zweiten und dritten Lesung des Europäischen Parlaments. Dieser Entwurf für ein einheitliches, spartenübergreifendes Rahmenprogramm "Kultur 2000" mit einer Gesamtfördersumme von 167 Mio Euro für die fünf Jahre 2000-2004 sieht drei Säulen vor:

  1. Zusammenarbeit von kulturellen Einrichtungen, Organisationen und Institutionen aus mehreren europäischen Staaten zur Realisierung von Projekten im Rahmen mehrjähriger, maximal dreijähriger förmlich zu diesem Zweck abzuschließender Kooperationsabkommen.
  2. Groß angelegte jährliche Aktionen mit europäischer und/oder internationaler Ausstrahlung wie z.B. "Kulturstadt Europas", Kulturfestival im Land der jeweiligen EU-Präsidentschaft, Veranstaltung eines Kulturforums der Europäischen Union usw.
  3. Spezifische Maßnahmen mit innovativem und experimentellem Charakter, z.B. Kreationen und Veranstaltungen in neuen Formen kulturellen Ausdrucks, Teilhabe an kulturellen Ereignissen für alle Bürger, insbesondere die kulturell benachteiligten Bevölkerungsgruppen und junge Menschen, Schaffung von Multimedia-Instrumenten für unterschiedliche Zielgruppen, Förderung der Ausstrahlung der europäischen Kultur auf Drittländer.

Insgesamt ist die erforderliche Projektgröße und die Mindestsumme der Förderung im Vergleich zu den Vorgängerprogrammen ganz erheblich angehoben worden, in (1) muß der Gesamtkostenrahmen pro Projekt bei ca 700.000 bis 1 Mio. DM liegen (die Förderung beträgt max. 60%), bei (2) beträgt die Unterstützung jeweils nicht weniger als ca. 400.000 DM bis max. 2 Mio. DM, in (3) liegt der Kostenrahmen bei etwas bescheideneren ca. 200.000-400.000 DM (bei einer Mindestunterstützungssumme von 100.000, einer maximalen von 200.000 DM). Immerhin aber ist der Anteil am Gesamtbudget für "kulturelle Großereignisse" (2) zugunsten der anderen beiden Säulen auf 10% zurückgefahren worden. Der Text des Entwurfs ist, ebenso wie z.B. auch die Antragsformulare für die Programme Ariane, Raphael und Kaleidoskop und viele weitergehende Informationen über die WWW-Adresse der Kultur Kontakt Stelle für Kulturförderprogramme der Europäischen Union (Cultural Contact Point Germany) zugänglich: http://www.kulturrat.de/ccp/.

Strukturfondsförderung

Vor dem Hintergrund, daß ca. 30% des gesamten EU-Haushaltes für die Strukturfondsförderung verwendet wird (weitere 50% stehen für unser Thema ganz außer Diskussion, damit wird die "Gemeinsame Agrarpolitik" finanziert, die "restlichen" 20% müssen sich alle anderen Programme, wie z.B. die Aktionsprogramme, das Armutsprogramm und die Entwicklungshilfe der EU, aber auch das 5. Rahmenforschungsprogramm u.v.m. teilen), scheint es nicht uninteressant, einmal einen Blick hinter die "Kulissen" der Strukturfondsförderung zu werfen. Dr. Klaus-Peter Schmidt, Ansprechpartner für Europa-Angelegenheiten in der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, hob hier den Vorhang und erläuterte zunächst Instrumente und Systemregeln dieses umfangreichen Förderkomplexes. Zu den wichtigsten Instrumenten der Strukturfondsförderung zählen der

Im Unterschied zu den oben vorgestellten Programmen werden die Mittel dieser Fonds nicht in Brüssel, sondern in den Mitgliedstaaten und Regionen verwaltet. Für diese gelten verbindlich bestimmte Systemregeln, darunter zentral:

Ab dem Jahr 2000 (2000-2006) wird das System der Strukturfondsförderung reformiert. Vorgesehen ist, daß die Ziele reduziert werden (von derzeit sechs auf dann nur noch drei, nämlich: Ziel 1. Konzentration der Förderung auf Regionen, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung höchstens 75% des Gemeinschaftsdurchschnitts beträgt; Ziel 2. industrielle und ländliche Problemgebiete, Ziel 3. Humanressourcen/arbeitsmarktpolitische Instrumente (Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit, Chancengleichheit, Integration, Anpassung der Arbeitnehmer an den industriellen Wandel), ferner ist vorgesehen, die Gebietskulissen zu reduzieren, die Finanzmittel bei einem Drittel des EU-Haushalts zu konsolidieren, die Zahl der Gemeinschaftsinitiativen zu verringern und die Beitrittskandidaten in die Strukturförderung einzubeziehen.

Obwohl die Strukturfonds im Prinzip nicht für öffentliche Einrichtungen gedacht sind, so ist es doch möglich und denkbar, daß Öffentliche Bibliotheken hier teilnehmen und Ziele der Strukturfondsförderung unterstützen können, so z.B. im Bereich der Verbesserung der Infrastruktur oder der Förderung der Humanressourcen (Ziel 3), indem sie auch für benachteiligte Bevölkerungsgruppen Informationen zugänglich machen, oder z.B., möglichst in Kooperation mit Wirtschafts- und Sozialpartnern (Unternehmensverbände, Betriebsräte), gezielt Materialien und Informationsangebote für Qualifizierungsmaßnahmen bereithalten. Ob und mit welchem Auftrag Öffentliche Bibliotheken hier im Rahmen der Strukturfondsförderung konkret Mittel erhalten können, hängt von den spezifischen Zielen ab, die in den Bundesländern jeweils festgelegt werden. Möglicherweise lohnend ist es also, hierüber Informationen einzuholen und Kontakt mit dem für die Europäische Fondsverwaltung zuständigen Ministerium Ihres Bundeslandes Kontakt aufzunehmen.2)

Kooperationen mit dem Ausland

Mit einer Vielzahl von Projektpartnern und -förderern gibt es in der Bibliothekarischen Auslandsstelle im DBI eine rege Zusammenarbeit. Aus ihrem reichen Erfahrungsschatz fächerte Elisabeth Simon ein ganzes Bündel von Partnern, insbesondere auch für kleinere Projekte auf (von bibliothekarischen Bibliotheksverbänden, einzelnen Bibliotheken und öffentlichen Einrichtungen bis hin zu Stiftungen und Gesellschaften wie die Gesellschaft für Technologische Zusammenarbeit (GTZ) oder die Carl-Duisberg-Gesellschaft) und hob so manche Erfahrungs-Perle für die Teilnehmer ans Tageslicht, darunter z.B. den Rat, Schlüsselbegriffe der Projektarbeit wie Marketing, Management usw. bereits im Vorfeld mit den Projektpartnern genau zu definieren und zu präzisieren, da im internationalen Raum hierüber oft ein sehr unterschiedliches Verständnis herrscht. Durchaus nicht scheuen sollten sich gerade auch Öffentliche Bibliotheken, um Unterstützung für Projekte auch einmal bei Stiftungen anzufragen, besonders interessant: Robert Bosch Stiftung, Friederich-Ebert-Stiftung, Deutsch-französisches Jugendwerk, Soros-Stiftung (vorwiegend für Kooperationen im Bereich der MOE-Staaten, http://www.soros.org).

Noch immer hilfreich ist hier das gute alte "Stiftungshandbuch",3) und für Adressen und Ansprechpartner auch weiterer Einrichtungen natürlich unentbehrlich: der "Oeckl".4)

Leitprojekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Als neues Element der staatlichen Forschungsförderung wurden Leitprojekte 1997 eingeführt. Wie Dr. Herbert Partzsch aus dem DBI erläuterte, werden die Leitprojekte über Ideenwettbewerbe zu bestimmten Themenfeldern ausgeschrieben, d.h., auf die Ausschreibung eines vorgegebenen Themenfeldes können Ideenskizzen für konkrete Projekt- und Lösungsvorschläge eingereicht werden, aus denen dann in einer ersten Stufe des Wettbewerbsverfahrens ca. 15 für eine detailliertere Ausarbeitung ausgewählt werden. In dieser Phase können sich auch weitere Partner bei den Gewinnern noch um eine nachträgliche Aufnahme in deren Vorhaben bewerben. In der zweiten Stufe werden aus diesen 15 detaillierten Anträgen dann schließlich rund fünf zur Durchführung ausgewählt.

Im Vergleich zu den vielen Projekten, die in den letzten Jahren durch die Förderung des BMBF den Bibliotheken und dem DBI ermöglicht worden waren (z.B. Projekt zur Jugendbibliotheksarbeit, Baufibel, Marketing für Öffentliche Bibliotheken, Fortbildung u.a.), ist hier, ähnlich wie im Bereich der EU Kulturprogramme (vgl. das neue Rahmenprogramm "Kultur 2000"), ein sehr deutlicher Trend zu Großprojekten festzustellen, die die Kräfte der Bibliotheken alleine sicherlich übersteigen. Nicht unbedingt aber muß dies nur von Nachteil für die Bibliotheken sein, es besteht die Chance (und Notwendigkeit), sparten- und branchenübergreifende Netzwerke zu bilden und nach starken Partnern auch aus der freien Wirtschaft Ausschau zu halten, interessant erscheint hier vor allem die Möglichkeit des "Zusteigens" in der zweiten Wettbewerbsphase.

Förderung der Öffentlichen Bibliotheken in den Bundesländern

In fast allen Bundesländern werden Öffentliche Bibliotheken gefördert, in dem Sinne, daß von den Ländern Büchereifachstellen, Beratungsstellen oder Büchereizentralen unterhalten werden, die die Öffentlichen Bibliotheken beraten und durch Servicedienste unterstützen und - allerdings in sehr unterschiedlichem Umfang - daß Fördermittel für die Öffentlichen Bibliotheken vergeben werden. Susanne Thier stellte die Ergebnisse einer Umfrage des DBI unter den Staatlichen Fachstellen vor, die ein sehr divergierendes Förderspektrum in den Ländern zeigte, es reicht von allgemeinen und breit gefächerten Fördermaßnahmen bis hin zu einzelnen ganz speziellen Förderprogrammen, wie z.B. solche zur Förderung des Internet in Öffentlichen Bibliotheken, die inzwischen erfreulicherweise von fast allen Bundesländern aufgelegt worden sind.5) Dementsprechend sind auch die Mittel, die für die Förderung und Bibliotheksprojekte zur Verfügung stehen, in den Ländern ganz unterschiedlich hoch (von mehreren Millionen in Ländern mit inhaltlich breiterem Förderspektrum bis z.B. nur zu einem zehntel Bruchteil einer Million), wobei dieses Engagement, über einen Zeitraum mehrerer Jahrzehnte betrachtet, auch innerhalb der einzelnen Bundesländer oft stark variierte, in den letzten zehn Jahren allerdings mit einer insgesamt gesehen leider deutlich abnehmenden Tendenz.

Daß kreative Ideen des "Fördermix" hier zunehmend gefragt sind, wurde in dem Beitrag von Edith Fischer aus der Landesfachstelle in Potsdam deutlich, die eine ganze Reihe von Finanzquellen benannte, durch die verschiedene Projekte der Fachstelle ermöglicht worden sind, mit Förderanteilen z.B. auch aus mehreren Ministerien, mit Lottomitteln, durch Sponsoring oder mit Mitteln aus Fördervereinen, ohne allerdings dabei zu verhehlen, daß solche Akquisen oft sehr schwierig und langwierig sind.

Projektpartner aus der freien Wirtschaft

Für dieses Seminar hochinteressant, da in Bezug auf die freie Wirtschaft sehr breit angelegt, war ein Projektversuch in Berlin: mit ca. 600 Unternehmen war die Kommunikationsagentur NGN (New Generation Network, Berlin) in Kontakt gestanden, um sie für das Projekt EduCard zu gewinnen. Es sollten hier bundesweit in Öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken Werbepostkarten verschiedener Unternehmen bei der Buchausgabe in die Leihmedien eingelegt werden, pro Karte sollten dabei 7 Pfennige an die Bibliothek gehen. Wie Robert Drblik von NGN deutlich machte, konnte bei vielen Unternehmen Interesse für das Projekt geweckt werden, langwieriger dagegen zeigte sich für NGN die Kontaktaufnahme mit den zahlreichen einzelnen und unterschiedlichen Bibliotheken und vor allem die Zeit bis zu den Vertragsabschlüssen.

Nach zweijähriger Vorbereitungszeit startete dann das Projekt und - wurde nach kurzer Zeit eingestellt. Aus der Sicht der Unternehmen, und genau diese war hier gefragt und wurde von Robert Drblik auch erfrischend unverblümt dargestellt, gab es bei den Bibliotheken eine ganze Reihe von Defiziten: nicht in allen Bibliotheken z.B. hat die Postkartenverteilung hinreichend funktioniert, mit der gravierenden Folge, daß vertragliche Vereinbarungen - gelegentlich bei weitem - nicht eingehalten wurden, teils weil Schätzungen bezüglich der Zahl der Nutzer oft nicht zutreffend waren, oder weil wohl schlicht zu wenig dafür getan wurde. Der Eindruck, daß manche Bibliothek zwar gern Geld einnehmen, aber keinen Zusatzaufwand auf sich nehmen will, kam bei NGN nun einmal auf, ein geringer Stellenwert der Werbung in der Bibliothek war auch aus den Reaktionen von nur einem Bruchteil der Bibliotheken heraus und sogar auf das Scheitern des Projekts hin festzustellen. Für Unternehmen ferner problematisch ist, daß Nutzergruppen in den Bibliotheken oft noch zu wenig genau beschreibbar sind; den Unternehmen liegt sehr daran, detailliert zu wissen, welche Zielgruppen (prozentual aufgefächert nach Alter, Religion usw.) sie in der Bibliothek ansprechen können. Daß für solch ein großes Projekt sehr viele verschiedene Ansprechpartner in sehr vielen unterschiedlichen Bibliotheken zu koordinieren waren, machte die Sache für NGN dabei freilich nicht einfacher. Zusammenfassend gab Drblik den Teilnehmern einige Tips aus dieser Projekterfahrung mit auf den Weg:

  • eine Win-Win-Situation muß da sein, d.h. auch: jeder muß etwas geben, denn leider sitzt auch bei den Unternehmen das Geld nicht mehr so locker
  • es ist eine innovative Idee zu erarbeiten, die dem Unternehmen Nutzen bringt, dabei sollten Planungsdaten, Fakten zur Zielgruppe genau genannt werden
  • die Bibliothek soll attraktiv sein für Werbepartner: die Bibliothek sollte sich bewußt machen, daß sie etwas bieten muß
  • Ressourcenproblem: die Bibliothek braucht Fachleute, die das Thema bearbeiten und Kontakte halten, vor allem das bei den Werbemanagern noch immer festsitzende alte Image der Bibliotheken aufpolieren
  • Geld muß investiert werden, um Geld zu erhalten: unverzichtbar sind gute Präsentationsmaterialien und eine intensive Kontaktarbeit (Ansprechpartner finden, persönlich aufsuchen, Informationen aquirieren).

Von der Projektidee zum Projektantrag: Praxistips

Dr. Karl A. Stroetmann von der Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung empirica, die sich zu 100% aus Projektmitteln finanziert, gab aus seinen langjährigen und internationalen Erfahrungen schließlich eine Fülle von ganz praktisch orientierten Hinweisen zu den einzelnen Schritten der Projektplanung, von denen hier allerdings nur einige eher stichpunktartig noch herausgegriffen werden können:

Ideengenerierung

Themen, die z.B. derzeit viel gefragt sind:

  • Marktstudie - was passiert in den nächsten zehn Jahren?
  • Nichtnutzerforschung
  • Entwicklung eines neuen Dienstes, z.B. für eine gezielte Nutzergruppe.

Eine Projektskizze sollte dem Bürgermeister vorgelegt und mit ihm vorabgestimmt werden, um potentiellen Sponsoren deutlich zu machen: Idee und politische Unterstützung sind vorhanden.

Projektantragsplanung

Zur Präzisierung der Projektidee sollten u.a. die Fragen geklärt werden: welche Zeiträume/Termine sind für das Projekt anvisiert? Wer soll mitarbeiten (professionell und politisch)? Welche Konsequenzen ergeben sich nach dem Projekt, welche Folgekosten entstehen nach Projektende? Ist die Projektantragsphase personell und finanziell zu überbrücken? Die Projektstrategie sollte eine klare, vermittelbare Zeilsetzung enthalten, in verständlicher, unbibliothekarischer Sprache.

Projektantrag

Wichtige Bestandteile des Projektantrags sind:

  • Titelseite: sie sollte neben dem Titel des Projekts, dem Programm/Ausschreibungsbezug, der Adresse des Antragsstellers und dem Datum, ggf. auch schon das Inhaltsverzeichnis (mit Seitenzahlen), unbedingt aber eine zutreffende Kurzfassung enthalten, die möglichst konkret beschreibt, was von wem mit welchen Mitteln gemacht wird und wer das Ergebnis erzielt. Dies klingt zunächst wenig herausfordernd, um nicht zu sagen banal, wer aber schon einmal schweißperlend versucht hat, die ganze Projektphilosophie bedeutungsschwer in die Kurzfassung hineinzupressen, womöglich noch in Schachtelsätzen ineinandergetürmt, wird diesen Hinweis sicher hilfreich finden. Die Kurzfassung also ist entscheidend wichtig und sollte gut bedacht sein.
  • Ausgangssituation, Hintergrund
  • Ziel
  • Beziehung zur Ausschreibung, zum Programm
  • Untersuchungsinhalte, Inhalt
  • Vorgehensweise: sie sollte genau dargelegt werden und z.B. nicht nur beinhalten: Nutzerverhalten messen und erfassen, sondern: Gruppenbefragungen, Fragebogen auslegen usw.
  • Ablauf des Vorhabens, Methodik: der Inhalt sollte ggf. noch einmal in Arbeitsschritte zerlegt werden (möglichst nicht mehr als zehn) und diese jeweils untergliedert in: Ziel des Arbeitsschrittes, Inhalt, Methode, Dauer, Kontext, wer ist der Ausführende, Ergebnis des Arbeitspaketes, Beziehung zu den anderen Arbeitspaketen (erleichtert auch das Denken über das Projekt und Diskussionen im Konsortium, Aufwand und Ertrag aber müssen freilich im Verhältnis stehen), Milestones, kritische Punkte sollten festgelegt werden
  • Methodik
  • Zeitplan, auch in graphischer Darstellung und ggf. mit Darstellung der Abhängigkeiten
  • Projektorganisation: Leitung, Managementstruktur (auch: wie werden im Konfliktfall Entscheidungen herbeigeführt?), Qualitätssicherung
  • Qualifikation des Antragsstellers
  • Kostenplan.

Ist der Projektantrag bewilligt, so stehen oftmals erst einmal Vertragsverhandlungen an, es ist durchaus möglich, daß die Beträge reduziert und einzelne Teile des Projektes wieder herausgenommen werden müssen. In jedem Falle aber, so war auch von dieser Seite nochmals eindringlich zu hören, sollten die vertraglichen Festlegungen sehr ernst genommen werden. Dies gilt für die finanzielle Seite ebenso wie für die terminliche: falls also Kostenüberschreitungen (auch für Einzeltitel) notwendig werden, so müssen sie vorher beantragt und genehmigt werden, oder ist z.B. ein Zwischenbericht zum vereinbarten Zeitpunkt dann doch nicht zu schaffen, so sollte die Information unbedingt vor und nicht zu dem Termin erfolgen. Den Teilnehmern darüberhinaus ans Herz gelegt wurde, den Auftraggeber ggf. auch gleich schon zum "Kick-off-meeting", also dem ersten Treffen des Konsortiums, einzuladen, damit auch auf dieser Seite ein ganz unmittelbares Verständnis entwickelt werden kann für die interne Dynamik und die Probleme des Projektes. Daß dann schließlich ein guter Schlußbericht und eine wirksame "Vermarktung" der Ergebnisse (z.B. Website für das Projekt, Logo, kleine Broschüren), ein "Event" auch bei kleineren Projekten, zu dem der Bürgermeister und die Presse eingeladen wird, sehr hilfreich, vor allem aber auch mit einem erheblichen Imagegewinn der Bibliothek in der Gemeinde verbunden sind, darin liegt möglicherweise schon die Grundlage für ein nächstes Projekt ...

 

1) PubliCA ist eine konzertierte Aktion der EU im Rahmen des Bibliotheksprogramms, mit dem Ziel, die Entwicklung und Verbesserung öffentlicher Bibliotheksdienste EU-weit zu fördern. Sie ist im Internet erreichbar unter der Adresse: http://www.croydon.gov.uk/publica/
Weitere wichtige Internet-Adressen, auch für ÖB (zusammengestellt von Dr. Klaus Reinhardt):
Homepage Digital Heritage Applications Unit, Luxembourg (DG XIII/E-2): http://www.echo.lu/digicult/
Homepage DG XIII/E-2 in deutscher Sprache: http://www.echo.lu/digicult/de/home.html
Projekte FP5: http://www.echo.lu/digicult/en/projects.html
Projekte EU-Bibliotheksprogramm: http://www2.echo.lu/libraries/en/projects.html
Projektideen aktueller CfP: http://echo.lu/digicult/en/fp5/ideas.html
EXPLOIT Interactive: http://www.exploit-lib.org/
5. Rahmenprogramm (5. RP): http://www.cordis.lu/fp5/
IST-Programm: http://www.cordis.lu/ist/
Deutscher National Focal Point für Bibliotheken: http://www.dbi-berlin.de/bib_wes/dbi_euro/eurohome.htm
Österreichischer National Focal Point für Bibliotheken: http://www.bmwv.gv.at/4fte/3nfp.htm
EBLIDA: http://www.eblida.org/
INFO2000: http://www2.echo.lu/info2000/de/infohome.html
Nationale Kontaktstelle für INFO2000: http://www.Darmstadt.GMD.de/PTF/ptfd.html
Deutscher National Focal Point für Museen: http://www.smb.spk-berlin.de/ifm/

2) Weitergehende allgemeine Informationen zur Strukturfondsförderung und zur Strukturfondsförderung in Berlin erhalten Sie unter der WWW-Adresse:http://www.berlin.de/new/Land/Senat/SenABF/EuropaInfo/home.htm, dort steht auch die Broschüre: "Europäische Strukturförderung in Berlin. Europäischer Sozialfonds" zum Download zur Verfügung. Informationen zu Förderprogrammen der EU für Regionalkooperationen und zur EU-Förderung im Land Brandenburg unter: http://www.brandenburg.de/land/mdjbe/europa.

3) Ute Berkel, Klaus Neuhoff, Ambros Schindler, Erich Steinsdörfer: Stiftungshandbuch. Hrsg.: Stiftungszentrum im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, 3. völlig überarb. u. erw. Aufl. - Baden-Baden: Nomos Verl.-Ges., 1989.

4) Taschenbuch des Öffentlichen Lebens. Deutschland 1998/1999. Hrsg. v. Albert Oeckl, Festland Verlag, 48. Jg.; Taschenbuch des Öffentlichen Lebens. Europa und internationale Zusammenschlüsse 1998. Hrsg. v. Albert Oeckl., Festland Verlag, 3. Aufl.

5) vgl. dazu die Übersicht von Klaus Peter Hommes und Susanne Thier: "Förderung von Internet in Öffentlichen Bibliotheken in den Bundesländern 1997 und 1998" in: "Internet in Öffentlichen Bibliotheken Up(to)date!" Hrsg. v. Marion Sommerfeld und Susanne Thier. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut, 1999 (dbi-materialien; 181), S. 25-28, oder im Internet: http://www.dbi-berlin.de/dbi_ber/fachstel/umfrage.htm.


Stand: 06.08.99
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