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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 99

 

Unternehmen fördern den Managementnachwuchs:

Drei Jahre Fundraising an der Wirtschaftswissenschaftlichen Seminarbibliothek, Abt. Betriebswirtschaftslehre, der Universität des Saarlandes

Stephan Sabel
 

Zum Jahreswechsel feierte die Betriebswirtschaftliche Seminarbibliothek der Universität des Saarlandes einen schönen Erfolg: Durch eine Anfang Januar eingegangene Spende durchbrach der Gesamterlös der seit drei Jahren laufenden Sponsoringaktion die Grenze von DM 60.000,-. Dieses Ergebnis zeigt, daß erfolgreiche Sponsoringkonzepte auch für weniger publicityträchtige Bibliotheken realisierbar sind. Meist handelt es sich bei Bibliotheken, denen die Akquisition externer Geldgeber gelingt, jedoch um "große" Institutionen von überregionaler Bedeutung. In Zeiten eingefrorener und schrumpfender Bibliotheksetats können aber auch kleine und mittlere Bibliotheken die potentielle Geldquelle Sponsoring nicht mehr außer Acht lassen.
 

Zur Größenordnung der Bibliothek

Die Wirtschaftswissenschaftliche Seminarbibliothek ist eine der größten Fachbereichsbibliotheken der Universität des Saarlandes. Sie stellt den rund 4.000 Studierenden der Fächer Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft mehr als 170.000 Bücher zur Verfügung. Die Bibliothek unterteilt sich in die beiden Verwaltungseinheiten Volkswirtschaftslehre / Politikwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre.

Innerhalb der Betriebswirtschaftlichen Abteilung nehmen sechs Vollzeitkräfte die Verwaltung des Bestandes wahr. Dieser Bestand umfaßt derzeit (Stand: Februar 1999) mehr als 92.000 Monographien und 140 laufende Zeitschriften. Alljährlich erhöht sich der Monographienbestand um etwa 1.500 Bände.

 
Die blanke (Etat-)Not wird zum Geburtshelfer

Im Jahre 1995 deckten trotz rigoroser Einsparungen im Bereich der Zeitschriftenabonnements die ordentlichen Mittelzuweisungen gerade die laufenden Kosten für Zeitschriften und Loseblattwerke. Ohne die Zuweisung von Sondermitteln war die Bibliothek zum Erwerb keiner einzigen Monographie fähig. Diese prekäre Situation spitzte sich noch weiter zu, als gegen Jahresende jegliche Sonderzuweisungen auszubleiben drohten. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, ergriff das Bibliotheksteam in dieser Lage die Initiative und begann mit der Unterstützung des verantwortlichen Seminardirektors nach externen Geldgebern zu suchen.
 

Die Auswahl potentieller Sponsoren

Zur Bewältigung der finanziellen Engpässe galt das ursprüngliche Interesse der Bibliothek vor allem langfristigen, kontinuierlichen Sponsorenbeziehungen. Es mußte also überlegt werden, für welche Firmen eine Sponsorenschaft in einer BWL-Seminarbibliothek interessant sein könnte. Diese potentiellen Interessenten konnten in drei Gruppen zusammengefaßt werden:

 
Kontaktaufnahme

Der nächste Schritt bestand in der Kontaktaufnahme zu den in Frage kommenden Firmen. Relativ einfach gestaltete sich das Ansprechen von Firmen, zu denen ohnehin schon Verbindungen bestanden. Aus der täglichen Arbeit entstandene Beziehungen oder der persönliche Kontakt zu ehemaligen Absolventen des Fachbereichs öffneten manche (Firmen)-Tür.

Darüber hinaus wurden mit Hilfe von Adreßbüchern und Branchenverzeichnissen weitere Adressen relevanter Unternehmen gesammelt.

Die ermittelten Adressen wurden in eine eigens entwickelte Datenbank eingespeist. Diese Datenbank ermöglicht eine reibungslose Verwaltung von Sponsorendaten und -geldern. Weiterhin unterstützt sie die Adressenverwaltung für die Serienbriefe der einzelnen Mailingaktionen. Vor allem aber bietet sie einen ständigen Überblick über den aktuellen finanziellen Stand der Sponsoringaktivitäten und dokumentiert die Verwendung der eingeworbenen Mittel.
 

Mailingaktionen

Den in der Datenbank erfaßten Firmen wurden Info-Pakete zugeschickt, die aus einem Anschreiben und einem Informationsfaltblatt1) zur Sponsoringaktion bestanden. Das Anschreiben schilderte die finanzielle Notsituation der Bibliothek, das beiliegende Faltblatt stellte das Konzept der Sponsoringaktion dar und zeigte auf, in welcher Form Sponsoren der Seminarbibliothek unter die Arme greifen können.

Zur Auswahl gestellt wurden eine einmalige Spende zugunsten der Bibliothek oder die Überweisung eines festen jährlichen Betrags in selbstgewählter Höhe.

Mehr als 250 Sponsoringanschreiben wurden schließlich im Rahmen dieser ersten Mailingaktion im Jahr 1996 versandt. Zeitgleich berichtete die regionale und überregionale Presse über unser "Saarbrücker Modell" des Wissenschaftssponsorings. Das Medienecho erleichterte die telefonische und persönliche Kontaktaufnahme zu interessierten Firmen.

Die günstigen Rahmenumstände trugen zum positiven Ergebnis dieser Mailingaktion bei: Insgesamt 20 Firmen, Einzelpersonen und Körperschaften spendeten Beträge zwischen DM 100.- und DM 5.000.- in einer Gesamthöhe von rund DM 30.000.-. Sechs dieser Spender erklärten sich zu einer kontinuierlichen finanziellen Unterstützung der Seminarbibliothek bereit.

In den Jahren 1997 und 1998 wurden ebenfalls Mailingaktionen durchgeführt. Im Rahmen dieser Aktionen wurden jeweils etwa 100 Anschreiben an neu ermittelte Firmenadressen der regionalen Wirtschaft verschickt. Beide Wiederholungen zogen nicht mehr den ganz großen Erfolg der ersten Aktion nach sich. Immerhin gelang es aber, die Gruppe der Förderer der Seminarbibliothek bis Ende 1998 auf eine Zahl von 25 Sponsoren aufzustocken. Diese Sponsoren spendeten der Seminarbibliothek bis Januar 1999 Erwerbungsmittel in Höhe von DM 61.000.-

Neben der in der Info-Broschüre ausgewiesenen Unterstützung über Geldspenden zogen diese Mailingaktionen und die sie begleitende Pressearbeit noch andere "Fördermaßnahmen" nach sich:

 
Sponsoringanreize

Natürlich finanzieren Sponsoren eine Bibliothek nicht aus reiner Barmherzigkeit. Es müssen also im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten Anreize geschaffen werden, die Bibliothek finanziell zu unterstützen.

Die Bibliothek garantiert die folgenden Leistungen:

 Zusätzlich konnten im Jahr 1998 noch zwei weitere Anreize geschaffen werden: Entgegen ersten Zweifeln stellte sich im Laufe der Zeit heraus, daß diese Palette von Anreizen seitens der Sponsoringpartner als adäquat akzeptiert wurde.

Pressearbeit

Seit Beginn der Sponsoringaktivitäten der Seminarbibliothek profitiert die Aktion von der Zusammenarbeit der Bibliothek mit lokalen und überregionalen Medien. Die Berichterstattung in verschiedenen Printmedien, im Rundfunk und im Fernsehen machte einzelne Sponsoren erst auf die Seminarbibliothek und ihre Etatnot aufmerksam.

Als vorteilhaft erwies sich die Zusammenarbeit mit der Pressestelle der Universität des Saarlandes. So durfte die Seminarbibliothek das Presseverteilernetz der Universität für die Öffentlichkeitsarbeit der Sponsoringaktion nutzen.
 

Als Fazit: Einsichten & Enttäuschungen

Natürlich hat die Sponsoringaktion in ihrer bisherigen Laufzeit auch Pleiten erlebt. Etwa erwies sich der Versuch, Stiftungen aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung zur Unterstützung unserer Bibliothek zu bewegen, als gründlicher Fehlschlag.

Auch dauerte es seine Zeit, bis 5 oder 10 Prozent Rücklaufquote bei einer Werbebriefaktion als positives Ergebnis erkannt wurden.

Mit drei Jahren Erfahrung läßt sich sagen, daß die Sponsoringaktion nach der eher turbulenten Anlaufphase heute nur noch soviel Aufwand mit sich bringt, daß sie parallel zur Routinearbeit der Bibliothek adäquat betreut werden kann. Das eingeworbene Geld hat die Literaturversorgung des Fachbereichs wieder auf ein einigermaßen erträgliches Niveau gebracht. Vorübergehende Mittelengpässe lassen sich ebenfalls über das Sponsoringkonto der Bibliothek abfedern. Und die Stabilität der Beziehungen zu den meisten der Sponsoren garantiert diese Finanzierungssicherheit für die absehbare Zukunft.
 

1) Zur Gestaltung des Informationsfaltblattes s. Glessner, Miriam: Wissenschaft und Kommerz. In: PR-Koffer: Öffentlichkeitsarbeit für Bibliotheken, 1 (1997) 4, S. 12-14.

2) Der Bildschirmschoner beruht auf sich quer über den Bildschirm bewegenden Firmensignets. Nach jeweils 4 - 5 Sponsorensignets wird der Schriftzug "Die WiWi-Seminarbibliothek dankt ihren Sponsoren für ihre großzügige Unterstützung" eingeblendet.

3) Die Sponsoren-Seite der Homepage ist unter folgender URL abgelegt: <http://www.wiwi.uni-sb.de/sb/sponsoreN.html
 


Stand: 20.05.99
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