Publikationen Hierarchiestufe höher Vorherige Seite

BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 99

 

Positionspapier zu einer verwaltungsexternen Ausbildung Wissenschaftlicher Bibliothekare

Kommission für Ausbildungsfragen des Vereins Deutscher Bibliothekare
 

Die bibliothekarische Qualifikation für die Angehörigen der Laufbahn des höheren Bibliotheksdienstes wird zur Zeit im Wege eines Vorbereitungsdienstes vermittelt. Daneben gibt es in Deutschland die Möglichkeit, Bibliotheks- oder Buchwesen als Haupt- oder Nebenfach an einer Universität zu studieren und dieses Studium mit einer Hochschulprüfung abzuschließen. Eine Laufbahnbefähigung wie nach Abschluß eines Vorbereitungsdienstes ist damit jedoch nicht verbunden.

Die jüngsten Entwicklungen in einigen Bundesländern lassen allerdings den Schluß zu, daß der Vorbereitungsdienst nicht in jedem Fall als Einstellungsvoraussetzung gefordert wird. So ist der Trend zur Verbeamtung von Bibliothekaren insbesondere in den neuen Bundesländern rückläufig. Werden spezialisierte Fachkräfte benötigt (z. B. im Bereich Informatik), so hat das Fachwissen häufig Vorrang gegenüber der Laufbahnbefähigung.

In diesem Zusammenhang wurde von der Kommission für Ausbildungsfragen des Vereins Deutscher Bibliothekare (VDB) bereits im Frühjahr 1997 eine Umfrage bei den zuständigen Ministerien durchgeführt, um einen aktuellen Planungsstand in bezug auf die Ausbildung zur Wissenschaftlichen Bibliothekarin / zum Wissenschaftlichen Bibliothekar (im Folgenden Wissenschaftlicher Bibliothekar) im Beamten- und Angestelltenverhältnis zu erheben (vgl. Anhang A).

Betrachtet man zudem die Ausbildung der Diplombibliothekare, so wird deutlich, daß die Ausbildung im Vorbereitungsdienst zur Ausnahme geworden und die externe Ausbildung an deren Stelle getreten ist. Auch in den anderen Ländern der Europäischen Union ist eine dem Vorbereitungsdienst vergleichbare Ausbildungsform nicht üblich (vgl. Anhang B).

Aufgrund dieser Entwicklungen hat sich die Kommission für Ausbildungsfragen des VDB zur Aufgabe gemacht, zu prüfen, auf welchen Grundlagen eine Ausbildung zum Wissenschaftlichen Bibliothekar außerhalb des Vorbereitungsdienstes aufbauen und wie eine solche verwaltungsexterne Ausbildung organisiert werden sollte. Dabei setzt die Kommission voraus, daß für die Wahrnehmung der Aufgaben des wissenschaftlichen Bibliotheksdienstes prinzipiell eine bibliothekarische Zusatzqualifikation erforderlich ist, die nach oder während eines Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule erworben werden muß, und die im Regelfall Voraussetzung für die Einstellung bzw. Anstellung sein sollte.

Die von der Kommission für Ausbildungsfragen erarbeiteten Positionen zu einer verwaltungsexternen Ausbildung werden nachfolgend in fünf Thesen zusammengefaßt und erläutert.

These 1

Grundqualifikation für den Wissenschaftlichen Bibliothekar ist ein Langzeitstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule (Universitätsstudium). Eine Promotion kann für die Bewerbung wie auch für die spätere Berufsausübung förderlich sein.

Erläuterung

Der Wissenschaftliche Bibliothekar fungiert als Vermittler in Wissenschaft und Gesellschaft. Durch seine beruflichen Tätigkeiten des Sammelns, des Bewertens und der Weitergabe von Informationen unterstützt er die Produktion von Wissen selbst (in Wissenschaft und Forschung) wie auch die praktischen Entscheidungsprozesse in Politik, Wirtschaft, Justiz und Kultur. Alle beruflichen Aktivitäten des Wissenschaftlichen Bibliothekars sind primär wissenschafts-orientiert, zugleich aber auch praktische Tätigkeiten. Dies gilt insbesondere für die folgenden Aufgabenstellungen:

In diesen Bereichen müssen ständig Entscheidungen getroffen werden, deren Ergebnisse nur dann akzeptiert werden, wenn sie fachlich überzeugen. Dies setzt die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Kommunikation sowie zu wissenschaftsgeleiteter Arbeit voraus, die nur ein wissenschaftliches Langzeitstudium vermitteln kann. Entsprechend lauten die Regelungen in vielen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen in den einzelnen Bundesländern und auf Bundesebene (Stand Februar 1999):

Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule. Mindeststudienzeit nicht weniger als drei Jahre unter Ausschluß von Zeiten berufspraktischer Ausbildung. Staatsprüfung/gleichwertige Prüfung.

Ordnungsgemäßes Studium, mindestens sieben Semester, an einer wissenschaftlichen Hochschule oder Gesamthochschule in anderen als Fachhochschulstudiengängen. Staatsprüfung/Hochschulprüfung. Promotion erwünscht.

Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule mit erster Staatsprüfung oder Promotion oder sonstiger Hochschulprüfung.

Studium an einer wissenschaftlichen oder gleichstehenden Hochschule, abgeschlossen mit Staatsprüfung/Hochschulprüfung. Hilfsweise auch Promotion.

Bestehen einer das Studium abschließenden Universitäts-, Hochschul- oder ersten Staatsprüfung.

Wissenschaftliches Studium an einer Hochschule. Staatsprüfung/Diplom- oder Magisterprüfung. Hilfsweise Promotion als Nachweis der Hochschulprüfung.

Studium an einer Universität, Technischen Hochschule, an einer anderen gleichstehenden Hochschule. Staatsprüfung/Hochschulprüfung.

Studium an einer Universität, Technischen Hochschule, an einer anderen gleichgestellten Hochschule. Staatsprüfung, Universitäts- oder Hochschulprüfung. Promotion.

Wissenschaftliches Studium an einer Hochschule nicht unter drei Jahren. Staatsprüfung/Diplomprüfung/Magisterprüfung. Hilfsweise Promotion als Nachweis der Hochschulprüfung.

Studium an einer Universität, Technischen Hochschule oder in gleichgestellten Studiengängen. Regelstudium von mindestens 3 Jahren und 6 Monaten. Promotion erwünscht.

These 2

Die bibliothekarische Zusatzqualifikation muß sich an den Inhalten der verwaltungsinternen Ausbildung angemessen orientieren, wobei die Inhalte den sich wandelnden Anforderungen jeweils anzupassen sind.

Erläuterung

Die bibliothekarische Zusatzqualifikation muß zu einer praktischen Handlungskompetenz führen, die der Verantwortung eines Wissenschaftlichen Bibliothekars entspricht.

Dem praktischen Teil der Ausbildung ist der "Leitfaden für die praktische Ausbildung des höheren Bibliotheksdienstes" (1996) zugrunde zu legen. Die dort formulierten Grundsätze und Inhalte sind in den jeweiligen Ausbildungsplänen zu berücksichtigen. Dabei muß stets darauf geachtet werden, daß die Ausbildung auf die Wahrnehmung der Aufgaben des wissenschaftlichen Bibliothekars gerichtet ist. Daher kommt Ausbildungsschwerpunkten im Bereich Leitung und Management sowie Informations- und Kommunikationstechnik ein besonderes Gewicht zu. Außerdem sollte die Eigeninitiative besonders gefördert werden, da die Fähigkeit zu selbständigem und eigenverantwortlichem Handeln und Entscheiden zu den grundlegenden Qualifikationen des wissenschaftlichen Bibliothekars gehören. Zu diesem Zweck ist auch die Übertragung eines Projektes erforderlich, das in eigener Verantwortung durchgeführt werden sollte.

Die theoretische Ausbildung muß auf der praktischen Ausbildung aufbauen, wobei das dort erworbene Wissen ergänzt und vertieft wird. Vor allem müssen grundlegende Kenntnisse über betriebliche und organisatorische Zusammenhänge sowie in den Bereichen Wissensmanagement, Informationstechnik und Informationspolitik erworben werden.

These 3

Der Erwerb der bibliothekarischen Qualifikation ist in Form eines postgradualen Studiums ebenso denkbar wie in Form eines zusätzlichen Haupt- oder Nebenfaches.

Erläuterung

Zur Qualitätssicherung muß eine Ausbildung angestrebt werden, die an oder in einer Hochschule angesiedelt ist bzw. im Rahmen einer Hochschulausbildung betrieben wird. Die Ausbildung besteht aus einem praktischen und einem theoretischen Teil.

Im Falle einer Hauptfach/Hauptfach- bzw. Hauptfach/Nebenfachkombination kann auf bestehende Studienangebote im Bereich der Bibliothekswissenschaft verwiesen werden. Für ein postgraduales Studium sind zwei zeitgleiche Blöcke von Theorie und Praxis mit einer Dauer von jeweils zwei Semestern erstrebenswert, wobei das Praktikum der Theorie in der Regel vorausgehen soll. Das postgraduale Studium kann sowohl an einer Universität als auch an einer Fachhochschule angesiedelt sein. Einer Fachhochschule wäre dies als Sonderaufgabe zuzuweisen, die sie zusätzlich zu ihrem eigentlichen Bildungsauftrag wahrzunehmen hätte.

Generell sollte der Erwerb der bibliothekarischen Qualifikation in den Ländern der Europäischen Union einheitlich geregelt sein.

These 4

Die bibliothekarische Zusatzqualifikation muß mit einer Prüfung abschließen, die zugleich als Laufbahnbefähigung anerkannt wird. Der Abschluß soll eine als Hochschulgrad erkennbare Bezeichnung tragen.

Erläuterung

Die Abschlußprüfung der bibliothekarischen Zusatzqualifikation sollte zugleich dazu befähigen, in ein Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Als mögliches Modell hierfür könnte die Niedersächsische Laufbahnverordnung für die Laufbahn des gehobenen Dienstes an wissenschaftlichen Bibliotheken herangezogen werden. In ihr wird auch eine Hochschulprüfung als Laufbahnprüfung anerkannt, in diesem Fall der mit Prüfung abgeschlossene Studiengang Bibliothekswesen an der Fachhochschule Hannover.

Die Bezeichnung des Prüfungsabschlusses muß als Hochschulgrad erkennbar und auch international anerkannt sein. Denkbar wäre die Verleihung eines wissenschaftlichen Grades "Wissenschaftliche Bibliothekarin / Wissenschaftlicher Bibliothekar", wie dies an der Humboldt-Universität zu Berlin bei den Absolventen des dortigen Fernstudiums bereits der Fall ist, oder aber eines "Master of library and information science".

These 5

Für das postgraduale Studium ist eine Finanzierungsbasis zu schaffen.

Erläuterung

Durch den Wegfall der Bezüge, die im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes gewährt werden, muß eine neue finanzielle Basis zur Sicherung des Lebensunterhaltes gefunden werden. Nur so ist zu erreichen, daß die Ausbildung zum Wissenschaftlichen Bibliothekar einen Anreiz ausübt, der sich gleichmäßig auf alle Fachrichtungen, auch auf zeitweilige "Mangelfächer" (gegenwärtig z.B. Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Ingenieurwissenschaften) erstreckt. Damit wird nicht nur eine Kontinuität in der Ausbildung des bibliothekarischen Nachwuchses geschaffen, sondern insbesondere bewirkt, daß das bisherige fachliche Qualitätsniveau der Wissenschaftlichen Bibliothekare für das Bibliothekswesen in Deutschland erhalten bleibt.

Zur finanziellen Absicherung des Lebensunterhalts während der Zeit des Erwerbs der bibliothekarischen Qualifikation sind unterschiedliche Modelle denkbar. Hierher gehören z.B. Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse, Beschäftigungsverhältnisse mit Unterbrechungen, andere Teilfinanzierungen z.B. im Rahmen von speziellen Ausbildungsverträgen. Vorbilder für diese Finanzierungsmöglichkeiten findet man in anderen europäischen Ländern.
 

Anhang A:

Planungsstand in den einzelnen Bundesländern.

Auswertung einer Umfrage bei den Ministerien im Frühjahr 1997

Die Auswertung stützt sich auf folgende Bundesländer:

Auswertung:

Frage 1: Werden die Aufgaben des wissenschaftlichen Dienstes in den Bibliotheken in der Trägerschaft des Landes (Fachreferats- bzw. Leitungsaufgaben) von Bediensteten im Beamtenstatus und/oder von Angestellten wahrgenommen?

In allen Bundesländern, von denen Antworten vorliegen, werden die Aufgaben sowohl von Beamten als auch von Angestellten wahrgenommen. Dabei werden in den neuen Bundesländern häufiger Angestellte eingesetzt als in den alten Bundesländern.

Frage 2: Ist für die Angestellten eine bibliotheksspezifische Ausbildung zusätzlich zu den im BAT genannten Qualifikationen erforderlich?

Diese Frage wird in fünf Fällen verneint; viermal wird eine Ausbildung für erforderlich gehalten. In zwei weiteren Bundesländern wird das Erfordernis der bibliotheksspezifischen Ausbildung in Abhängigkeit zur jeweiligen Aufgabenstellung gesehen. So wurden dort z.B. im EDV-Bereich auch Angestellte ohne Laufbahnprüfung eingestellt.

In den Antworten wird deutlich, daß es juristisch problematisch ist, unter den gegebenen Bedingungen des BAT, für Bibliotheksangestellte eine dem höheren Bibliotheksdienst vergleichbare Zusatzqualifikation zu fordern, obwohl diese zweifellos wünschenswert ist.

Frage 3: Auf welchem Wege sollen künftig die Bibliotheken in der Trägerschaft Ihres Landes den Nachwuchs für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst gewinnen?

Sechs Bundesländer verweisen auf eigene verwaltungsinterne Ausbildungsaktivitäten bzw. auf verwaltungsinterne Ausbildungsmöglichkeiten in anderen Bundesländern. In zwei Fällen ist eine Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin vorgesehen. Ein weiteres Bundesland prüft z.Zt., ob eine Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin als Alternative zur verwaltungsinternen Ausbildung in Frage kommt. Dazu kommen zwei Hinweise, daß in den letzten Jahren nicht ausgebildet wurde.

Frage 4: Sind in nächster Zeit Änderungen in der Zulassungs-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnung für den höheren Bibliotheksdienst an wissenschaftlichen Bibliotheken beabsichtigt? Oder ist vorgesehen, solche Regelungen zu erstellen, falls sie bislang noch nicht existieren?

In vier Fällen wird momentan kein Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Änderung der Zulassungs-, Ausbildungs- oder Prüfungsordnung gesehen. Ein Bundesland paßt seine Ausbildungs- und Prüfungsordnung den neuen Gegebenheiten an, damit in das Beamtenverhältnis auch Personen aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum berufen werden können.

Zwei Bundesländer prüfen z.Zt., ob in Zukunft im Angestelltenverhältnis ausgebildet werden soll, während ein weiteres Bundesland die Ausbildung im Angestelltenverhältnis bereits beabsichtigt. In zwei Fällen ist eine Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin vorgesehen.
 

Anhang B:

Blick in einige europäische Nachbarländer (Stand April 1999)

England

Im Vergleich zu Deutschland und Frankreich sind die Wege zur Ebene "higher qualifications" (Wissenschaftlicher Bibliothekar) im Bibliothekswesen Englands ein schwer durchschaubares System. Der Individualismus der einzelnen Hochschulen, an denen eine entsprechende Ausbildung möglich ist, erweitert die Spielarten noch ganz erheblich.

Die Ebene "higher qualifications" wird durch den Zusatz MA oder MSc zum Namen äußerlich zum Ausdruck gebracht. Ein Master-Studium in England ist ein Postgraduiertes Studium. Die Zulassung setzt den Abschluß eines Erststudiums (Honours degree in any subjects) voraus. Das Erststudium führt nach drei Jahren zu dem Abschluß BA (Hons). Zusätzlich zum Abschluß des Erststudiums wird für die Zulassung zu einem Master-Studium eine mindestens neun Monate umfassende praktische Tätigkeit vorausgesetzt.

Das Master-Studium kann als full-time Studium (Dauer 1 Jahr) oder als part-time Studium (Dauer 3 Jahre) absolviert werden, wenn der Student daneben im Informations- bzw. Bibliothekswesen tätig ist.

Der Master-Abschluß ist auch auf dem Weg research-entry erreichbar. Voraussetzung für diesen Weg ist ein erhebliches Maß an Berufserfahrung. Das Studium erfolgt immer neben der Berufstätigkeit (daher part-time Studium) und dauert zwischen ein und zwei Jahren. Die Abschlußarbeit besteht aus einer dissertation, für die es eine Umfangsnorm gibt (nicht gleichbedeutend mit der deutschen Dissertation).

Die higher degrees bestehen aus MPhil und PhD und setzen eine zusätzliche Studienzeit von zwei bzw. drei Jahren voraus. Der Abschluß ist die Erarbeitung einer thesis, die etwa das Niveau einer deutschen Dissertation besitzt. Auch diese Studienziele werden häufig im Wege des part-time Studiums neben der Berufsarbeit erreicht.

Neu eingeführt wurde vor einigen Jahren ein credit-point-System, das vor allem deshalb geschaffen wurde, um einen Studienwechsel und die mit ihm verbundene Anerkennung der bisherigen Studienleistungen zu vereinfachen. Hierbei werden Studienleistungen, aber auch praktische Tätigkeiten mit einem Punktesystem belegt; dieses wird auch für die Examenszulassung herangezogen.
 

Österreich

In Österreich bestehen Ausbildungsmöglichkeiten für Bewerber mit akademischer Vorbildung (Verwendungsgruppe A) und solche mit dem Abschluß Abitur (Verwendungsgruppe B). Die Ausbildung für die B-Gruppe wird zur Zeit an der Fachhochschule Eisenstadt eingerichtet und soll im Rahmen eines achtsemestrigen Studiums erfolgen. Die Ausbildung zielt auf Tätigkeiten im gesamten Bereich des Bibliotheks- und Dokumentationswesens.

Die Ausbildung für die Angehörigen der Verwendungsgruppe A befindet sich durch das jüngst in Kraft gesetzte Vertragsbedienstetengesetz in einer Übergangsphase. Die vorgesehenen Änderungen in der Ausbildung beziehen sich mehr auf die innere Struktur, weniger auf Grundprinzipien. Es bleibt bei der berufsbegleitenden Form der Ausbildung ebenso wie bei ihrer Ausrichtung auf den Bibliotheks- und Dokumentationsbereich. Auch die modulare Struktur wird sich nicht grundsätzlich ändern. Die zeitliche Flexibilität, innerhalb derer die Ausbildung abgeschlossen werden kann, beträgt zukünftig vier Jahre (bisher zwei Jahre). Die Ausbildung wird aus einer Theorie- und Praxisphase und einer Trainings- und Spezialisierungsphase bestehen. Dabei beinhaltet die Theorie- und Praxisphase 27 Wochen Seminare und Vorlesungen (1080 Stunden), 5 Wochen Praxisphase mit Begleitunterricht und eine Bearbeitungszeit von drei Wochen für eine Projektarbeit. Die Trainings- und Spezialisierungsphase soll künftig 37 Wochen umfassen. Die bisherige kommissionelle Prüfung wird durch Teilprüfungen, die an die Module angehängt sind, ersetzt. Ausbildungsorte sind neben der Österreichischen Nationalbibliothek verschiedene wissenschaftliche Bibliotheken in Österreich.
 

Frankreich

Im stark zentralisierten Bibliothekswesen Frankreichs ist seit 1992 eine Ausbildungsreform in Kraft, die unter anderem für alle bibliothekarischen Berufsgruppen eine Verkürzung der Ausbildungszeiten mit sich gebracht hat. Betroffen ist hiervon auch die Ausbildung für den Wissenschaftlichen Bibliothekar (conservateur), die jetzt einheitlich 18 Monate umfaßt.

Wie in Deutschland sind die Bibliothekare Angehörige des öffentlichen Dienstes, der berufsständisch gegliedert ist. Die einzelnen Berufsgruppen sind in corps zusammengeschlossen, die ihrerseits eine Art Laufbahngefüge (catégories) aufweisen. Die Wissenschaftlichen Bibliothekare gehören dabei der höchsten Gruppe A' an. Die Ausbildung erfolgt in einem beamtenähnlichen Status (conservateurs stagiaires).

Dem deutschen Bibliothekswesen ebenfalls vergleichbar, wird ein kommunales Bibliothekswesen von einem staatlichen unterschieden. Zuständig für den kommunalen Bereich ist das Kulturministerium, für Hochschulbibliotheken das Ministerium für Erziehung und Forschung. Demnach wird ein conservateur de bibliothèque für den kommunalen Bibliotheksdienst vom conservateur d' état für den Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken unterschieden. Gemeinsam ist beiden, daß ihre Bewerber ein mindestens dreijähriges Fachstudium abgeschlossen haben und eine sehr anspruchsvolle Zulassungsprüfung bestehen müssen, für die es aber spezielle Vorbereitungskurse gibt. Während im kommunalen Sektor die Ausbildung (am IFB in Villeurbanne) nach der Einstellung erfolgt, gibt es im staatlichen Bereich mehrere Zugangswege. Die Ausbildung kann vor und nach Aufnahme der Berufstätigkeit erfolgen. Der Weg concours interne steht auch für Aufstiegskräfte aus dem nächst niedrigen cadre A (vergleichbar gehobener Dienst) offen. Die Ausbildungsvoraussetzungen und die Zulassungsprüfung unterscheiden sich nicht. Auch hier erfolgt die Ausbildung in Villeurbanne.
 

Schweiz

Im Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken der Schweiz erfolgen der Bestandsaufbau, die Informationsvermittlung und die Wahrnehmung von Aufgaben der Leitung und des Managements durch die Tätigkeit von wissenschaftlichen Bibliothekaren. Eine Anstellung kann auch ohne bibliothekarische Ausbildung erfolgen - sowohl im Angestelltenverhältnis als auch in einem beamtenähnlichen Status. Die Ausbildung steht unter der Aufsicht des Verbandes der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen / Bibliothekare der Schweiz (BBS) und wird seit 1987 angeboten.

Zu der Ausbildung werden nur Teilnehmer zugelassen, die einen Hochschulabschluß nachweisen können, und die bereits an einer Bibliothek tätig sind. Diese Tätigkeit muß mindestens sechs Monate vor Ausbildungsbeginn aufgenommen worden sein. Eine beschränkte Zulassung besteht für Gasthörer und Diplom-Bibliothekare. Neuaufnahmen erfolgen alle zwei Jahre (in den ungeraden Jahren). Die Gesamtausbildung beträgt zwei Jahre bei vollzeitlicher Beschäftigung. Der theoretische Lehrgang erstreckt sich über 14 Monate und umfaßt ca. 400 Stunden. Ausbildungsstätten für den Lehrgang sind die Zentralbibliothek Zürich und die Faculté du Lettre der Universität Genf. Ausbildungsberechtigte Bibliotheken sind alle Hochschulbibliotheken.


Stand: 07.05.99
Seitenanfang