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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 4, 99

Rechtskommission des DBI

Frühjahrssitzung 1999

Regina Elias

Am 22. und 23. Februar 1999 tagte die Rechtskommission in Berlin. Sie beschäftigte sich mit folgenden Themen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 10. Dezember 1997 sowie BMJ-Diskussionsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 7. Juli 1998:

Die konzertierte Lobby-Arbeit von EBLIDA auf europäischer Ebene und der einzelnen Bibliotheksverbände auf nationaler Ebene hat zwar mehr oder weniger Erfolg in diversen Ausschüssen des Europa-Parlaments gezeitigt, ist aber nur unbefriedigend umgesetzt worden: Die - gegenüber der Urfassung - leicht veränderte Fassung des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte vom 20. Januar 1999 wurde vom Europa-Parlament in der ersten Lesung am 9. Februar 1999 beschlossen. Die Hoffnung, aus den sehr detaillierten und in mancher Hinsicht bibliotheksfreundlicheren Vorschlägen des Verbraucher- und des Kulturausschusses würden wenigstens Teile übernommen, hat sich nicht erfüllt. Das dominierende Element der Richtlinie ist das Prinzip der beinahe allumfassenden Vergütung für die Rechtsinhaber. Die Richtlinie wird jetzt an die Europäische Kommission zurückgeleitet, dann an den Ministerrat, schließlich kommt sie zur zweiten Lesung (etwa im Juni diesen Jahres) wieder vor das Europa-Parlament. Es dürfte illusorisch sein, jetzt noch grundlegende Veränderungen zu erwarten.

Die Rechtskommission beschloß daher, in eine Änderung des Richtlinienvorschlages nichts mehr zu investieren: Aktionen in dieser Richtung sollen EBLIDA überlassen werden. Statt dessen ist unter den gegebenen Paradigmen alle Kraft dafür einzusetzen, auf nationaler Ebene für die Bibliotheken optimale Lösungen (große nationale Bibliothekskonsortien - insbesondere für Öffentliche Bibliotheken, da Wissenschaftliche Bibliotheken im Regelfall handlungsfähiger sind -, pauschale Lizenzverträge für die Bibliotheken, Lizenzierungsgrundsätze, Musterlizenzvertrag) zu finden. Darüber hinaus ist gezielt in die Umsetzung der WIPO-Verträge durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes zu investieren.

Um dies zu erreichen wird die DBI-Rechtskomission sowohl mit der BDB/DBI-Arbeitsgruppe "Elektronische Information und Urheberrecht" als auch mit Vertretern des Bundesjustizministeriums im April / Mai diesen Jahres Beratungen aufnehmen.

Der neue Öffentlichkeitsbegriff (siehe auch Bericht über die Herbstsitzung der Rechtskommission in BIBLIOTHEKSDIENST 33. Jg. (1999) H.1):

Anhand einer Diskussionsvorlage hat sich die Kommission erneut damit auseinandergesetzt, wie der Begriff "öffentliche Wiedergabe" - "communication to the public" - im WIPO-Vertrag, im EU-Richtlinienentwurf und im Diskussionsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes des BMJ definiert wird und welche Konsequenzen für die Bibliotheken daraus resultieren; die Diskussionsgrundlage wird zu gegebener Zeit veröffentlicht.

ECUP-Papier "Licensing Digital Resources: How to avoid the legal pitfalls?":

Das ECUP-Papier stellt sehr übersichtlich dar, worauf Bibliotheken beim Abschluß von Lizenzverträgen zu achten haben; u.a., welche rechtlichen Klauseln keinesfalls von Bibliotheken unterzeichnet werden dürfen.

Um die Bibliotheken für die Probleme zu sensibilisieren, die bei dem Abschluß von Lizenzverträgen auftreten können, wurde von dem ECUP-Papier in österreichisch-deutscher Kooperation (Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bibliotheksinstitut) eine deutschsprachige Übersetzung erstellt, die unter dem Titel "Lizenzierung digitaler Ressourcen: Wie können rechtliche Fallen vermieden werden?" in Form einer zweisprachigen Arbeitshilfe beim DBI bezogen werden kann.

Mustervertrag für ehrenamtlich Tätige in Bibliotheken (mit Erläuterungen):

Die Kommission verabschiedete die endgültige Fassung des Mustervertrages; das vollständige Material (der Mustervertrag und die dazugehörigen Erläuterungen) werden voraussichtlich im Heft 6 des Bibliotheksdienst veröffentlicht. Gleichzeitig wird das Thema "Ehrenamt" Gegenstand eines Vortrages auf der öffentlichen Sitzung der DBI-Rechtskommission im Rahmen des diesjährigen Bibliothekartages sein.

Bannerwerbung auf Webseiten:

Die Kommission erreichte die Anfrage nach der Zulässigkeit von Bannerwerbung auf Webseiten durch öffentliche Bibliotheken. Sie ist der Auffassung, daß aus rechtlicher Sicht keine Bedenken gegen eine solche Werbung bestehen; die evtl. Erarbeitung eines Mustervertrages für solche Fälle wird gegenwärtig geprüft.

Mustervertrag Sponsoring:

Die Kommission hat in Abstimmung mit Kultureinrichtungen und Verlagen ein Muster für einen Sponsoringvertrag (veröffentlicht im BIBLIOTHEKSDIENST 32 (1998) 6; auch abrufbar über die Hompage der ZLB) entworfen, dessen Unterschrift nach ihrer Information bisher nie auf Schwierigkeiten stieß. Sie wird dieses Muster jedoch nochmals in Hinblick auf die neue Fassung der Textziffer 9 des sog. Sponsoring-Erlasses des Bundesfinanzministeriums vom 9. Juli 1997 - ergänzt mit Schreiben vom 18. Februar 1998 - überprüfen (Mitwirkung der Körperschaft an Werbemaßnahmen; Vermutung eines Betriebes gewerblicher Art durch das Finanzamt). Weiterhin sollen in das Vertragsmuster noch Varianten aufgenommen werden (etwa für den Fall, daß der Sponsoringvertrag nur befristet für eine Aktion abgeschlossen werden soll).

Urteil zu DIN-Normen:

Die Kommission weist darauf hin, daß DIN-Normen unter Umständen keinen urheberrechtlichen Schutz genießen; das BGH-Urteil in dieser Sache (veröffentlicht in ZUM 1990, 576) wurde durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1998 - 1 BvR 1143/90 - 1. Kammer des 1. Senats - für verfassungsgemäß erklärt. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts kann in Heft 11 der ZUM 1998 nachgelesen werden.

Initiative des Europarates zu Bibliotheksgesetzgebung:

Angeregt durch die Konferenz "Libraries and Democracy", die der Europarat Ende November vorigen Jahres in Straßburg veranstaltet hat, plant das Goethe-Institut gemeinsam mit der BDB und dem Europarat und (u.a.) mit der Unterstützung des British Council die Durchführung einer internationalen Konferenz zum Thema "Bibliotheksgesetzgebung in föderativen und regionalen Systemen". Die Konferenz wird vom 29.-30. April 1999 im Goethe-Forum, München stattfinden. Ziel der Konferenz ist es,

Die Vorsitzende der Rechtskommission wird auf dieser Konferenz im Namen der BDB einen Vortrag halten.


Stand: 08.04.99
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