Publikationen Hierarchiestufe höher Vorherige Seite

BIBLIOTHEKSDIENST Heft 4, 99

Bücher, Bytes und Bibliotheken: Integrierte Information im Internet.

4. InetBib-Tagung in Oldenburg

Beate Tröger

"Bücher, Bytes und Bibliotheken: Integrierte Information im Internet" - unter dieser Überschrift fand vom 3. bis 6. März die vierte Dortmunder InetBib-Tagung statt - diesmal als Kooperation mit der Universitätsbibliothek Oldenburg. Im luftig-hellen neuen Hörsaalgebäude der norddeutschen Universität diskutierten zweieinhalb Tage lang rund 400 Experten aktuelle bibliothekarische Themen rund um das Internet.

Eine zentrale Rolle spielte dabei die Frage der Integration der verschiedenen mittlerweile in vielen Bibliotheken vorhandenen elektronischen Dienstleistungen. Noch stehen OPAC, Datenbanken mit (fach-) bibliographischen Nachweisen, Zeitschriftennachweise, Einstiege in elektronisch Dokumentlieferdienste wie SUBITO oder JASON und Fachinformationsseiten im Internet oft isoliert nebeneinander - der Nutzer wird hier teilweise zu regelrechten Denk-Akrobatien verpflichtet, muß er sich doch klar machen, daß etwa eine elektronische Zeitschrift, gespeichert auf einer CD-ROM, nicht selten ohne jeden entsprechenden inhaltlichen Hinweis unter dem Link "CD-ROM-Datenbanken" abzurufen ist. Diese CD-ROM-Datenbank wiederum kann nur getrennt von anderen Recherche-Instrumenten befragt werden, der Nutzer stellt also dieselbe Anfrage unter Umständen immer wieder neu - wenn ihm denn die komplexe bibliothekarische Nachweis-Situation überhaupt bewußt ist. Ist das nicht der Fall - wie in der Praxis leider nicht selten - reduziert sich die Erfolgsquote jeder Recherche um einen aus Bibliothekssicht unkalkulierbaren Faktor X mit dem Ergebnis mangelnder Zufriedenheit auf seiten des Nutzers und einer gewissen Hilflosigkeit auf seiten der Bibliothek: sie hat ja vermeintlich alles Notwendige angeboten.

Solche mißliche Situation zu verbessern, setzen sich Bemühungen um die Integration elektronischer Dienste und Nachweisinstrumente zum Ziel. Das von PICA Leiden gemeinsam mit mehreren niederländischen Universitätsbibliotheken getragene DELTA-Projekt1) etwa soll am Ende seiner Laufzeit 2001 verschiedene bibliothekarische Angebote zu einer synthetisierten Offerte vereinigen: als Volltexte retrodigitalisierte niederländische Zeitschriften mit internationaler Reputation bündeln sich hier mit Angeboten elektronischen Publizierens für potentielle Autoren, mit Nachweisen über Inhaltsverzeichnisse und Abstracts aktueller elektronischer Zeitschriften und mit Möglichkeiten der direkten Dokumentbestellung und Lieferung via E-Mail oder Dokumenten-Server. Treffer einer Recherche sollen integriert in einer gemeinsamen Liste und gewichtet über ein Relevance Ranking präsentiert werden, die Recherche selbst erfolgt über eine multilinguale 'subject search', unterstützt durch linguistische Verfahren. Profildienste runden das Angebot ab, das der Referent Erik Jan Yntema (PICA Leiden) charakterisierte mit den Worten: "The primary goal of DELTA is the implementation of the Virtual Research Library (VRL) via an integrated package of enduser-services for the use of resources selected and offered by research libraries, using state-of-the-art web technology combined with existing library infrastructures 2).

Stephen Pinfield (University of Birmingham) beschrieb in seinem Vortrag "a view from the UK": die Hybrid Library "eLib3), angetreten unter der Prämisse "people, not technology, represent the important issue", bemüht sich bereits seit 1994 um die Integration verschiedener bibliothekarischer Angebote - "printed and electronic, local and remote"4). Umgerechnet 40 Millionen DM flossen bislang in etwa 60 verschiedene Einzelprojekte unter dem Dach der eLib: Einzelprojekte zum "Electronic Publishing" ebenso wie zum "Ressource Access", zu "Training and Awareness" ebenso wie zu "Supporting Studies" - jeweils focusiert unter dem Blickwinkel anzustrebender Integration der verschiedenen Elemente. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte 1999 liegen in den Bereichen "user authentication, metadata management, interconnectivity, digital imaging and preservation, user issues, and organisational issues".

Auch in Deutschland finden sich ähnliche Ansätze: lokal, wie bei dem namensgleichen Osnabrücker Projekt "ELib", und überregional wie beim nordrhein-westfälischen Projekt "Digitale Bibliothek NRW".

Das nordrhein-westfälische Modell5), vorgestellt von Dirk Pieper (UB Hagen), ruht auf verschiedenen Teilkomponenten, die landesweit allen Hochschulangehörigen einen einheitlichen integrierten Zugriff auf die bibliothekarischen Angebote ermöglichen sollen - das Spektrum reicht hier vom Verbundkatalog und den diversen OPACs über verschiedene zentral und lokal vorhandene bibliographische Datenbanken und über zumeist konsortial bereitgestellten elektronischen Zeitschriften bis hin zu vielen im Lande präsenten elektronischen Publikationen der einzelnen Hochschulen. Recherchen werden über die Schnittstellen Z39.50 und HTTP vom System parallel an diese verschiedenen Datenbanken gegeben, die Recherche-Ergebnisse werden ebenso parallel an den Nutzer zurück geliefert - gebündelt in einer gemeinsamen Trefferliste, deren Ranking auf der Grundlage der tatsächlichen jeweiligen Dokumentenverfügbarkeit erstellt werden soll. Überprüfungen der Zugriffsberechtigungen und Abrechnungsverfahren im Blick auf eingebundene Dokumentlieferstrukturen müssen das ganze Angebot unterfüttern.

Die Electronic Library der Universität Osnabrück6) bietet, so Dr. Hartmut Zillmann (UB Osnabrück), für den eigenen Campus bezogen auf elektronische Zeitschriften Ähnliches: eingebunden in ein umfassendes fachspezifisch strukturiertes Angebot wissenschaftlicher Informationen in elektronischer Form werden via Datennetz zugängliche Zeitschriften mit dem Printzeitschriften-Fundus der Bibliothek verknüpft. Der Nutzer erhält damit jederzeit per Mausklick den Hinweis, ob und an welchem Standort eine korrespondierende Print-Publikation in der Bibliothek vorhanden ist. Zugleich wertet ein für diese Funktionalität optimierter Harvester, ein Suchroboter, die elektronische Version automatisch (i.d.R. bis hinunter auf die Abstract-Ebene) aus und indexiert sie entsprechend - ebenfalls ein großer Mehrwert für eine Recherche nach und in elektronischen Zeitschriften.

Solche Nachweis- und Erschließungsbemühungen sind aber nur ein Teil des gesamten Problemfeldes, das sich um die E-Zeitschriften rankt - wie so oft, drängt sich auch bei ihnen die Finanzierungsfrage sehr schnell nach vorn. So laufen in vielen Bibliotheksverbünden z. Z. schwierige Konsortialverhandlungen über verlegerische Paketangebote, einige sind bereits abgeschlossen und müssen sich in der bibliothekarischen Praxis bewähren. Dabei stellt sich rasch die Überlegung nach der faktischen Nutzung vor Ort ein: wie stark werden elektronische Zeitschriften durch die potentiellen Leser bislang überhaupt frequentiert - ja: wie stark werden sie überhaupt wahrgenommen? Diese Kernfrage zeigt sich letztlich in nahezu allen Bibliotheken, das wurde während der Kurzvorträge und der sich anschließenden Podiumsdiskussion der Referenten Heinz-Peter Berg (ULB Düsseldorf), Dr. Friedrich W. Froben (FU Berlin), Uwe Rosemann (UB/TIB Hannover) und Dr. Alex C. Klugkist (UB Groningen) zum Thema "Kosten und Nutzen von Konsortialverträgen für elektronische Zeitschriften" sehr deutlich. Die Wege der einzelnen Verbünde und Verhandlungspartner hin zu den elektronischen Zeitschriften sind durchaus unterschiedlich beschritten worden - so hat sich beispielsweise das Friedrich-Althoff-Konsortium Berlin-Brandenburg für eine Zusammenarbeit mit der Agentur Lange & Springer entschieden, während in Nordrhein-Westfalen die Bibliotheken als Gruppe direkt mit den Verlagen kooperieren. Trotz solcher und etlicher weiterer Spezifika in den einzelnen regionalen Kontexten aber bleiben die Grundsatzfragen identisch. Entsprechend betonten die Referenten auch übereinstimmend die Notwendigkeit einer Akzeptanzsteigerung auf Nutzerseite - nur dann könne man eine tatsächliche Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. Dies betrifft nicht zuletzt die Frage des finanzintensiven Parallelbezugs der Print- und der elektronischen Version einer Zeitschrift: die regelmäßige Nutzung der E-Zeitschrift ist bislang noch so gering, daß ein Abbestellen der Printausgabe sehr problematisch sein kann. Das wird etwa anhand der Zahlen einer Nutzungsuntersuchung der ULB Düsseldorf hinsichtlich des Elsevier-Konsortiums NRW deutlich, die Heinz-Peter Berg vorstellte: in allen acht Konsortialbibliotheken in NRW lagen bei einer erheblichen Anzahl der gekauften elektronischen Titel die Nutzungsfrequenzen unter 100 pro Jahr - selbst die 'Hits' der Zeitschriften wurden nur von 5-6 Nutzern regelmäßig aufgerufen. Eine der Ursachen hierfür ist sicherlich in der bisher in vielen Fällen praktizierten Paket-Verhandlung mit den Verlagen zu sehen: titelbezogene Order-Listen, wie etwa im Elsevier-Vertrag des Friedrich-Althoff-Konsortiums vereinbart, erhöhen die Nutzungsfrequenz durch ihre Bedarfsbezogenheit. Dabei stellt sich das Problem der ‚kritischen Masse', das ist eine bibliothekarische Binsenweisheit, natürlich auch für die Nutzung der Printzeitschriften. Zudem sind bei einer Betrachtung der Finanzierung und deren Amortisation die Kosten der Printmedien und ihrer Geschäftsgänge in den Bibliotheken mit einzurechnen - ebenso wie last not least die Möglichkeit einer stärkeren Nutzung der Dokumentlieferdienste. Gleichwohl bleibt der Umstand des bislang oft zu geringen medienspezifischen Marketings von Seiten der Bibliotheken zu diagnostizieren. Push-Dienste, Profildienste sind hier als attraktiver 'Blickfang' denkbar - Basis-Marketing aber wäre zunächst auch ganz pragmatisch die Einbindung der Angebote in den lokalen OPAC. Grundsätzlich wünschenswert ist darüber hinaus der Ausbau der Mehrwerte der neuen medialen Form: Zitat-Verlinkungen etwa oder die direkte, die online-Möglichkeit einer Diskussion des gerade gelesenen Artikels im Sinne dynamischen Publizierens etc.

Strittig bei der Podiumsdiskussion blieb übrigens die Frage der Finanzierung elektronischer Zeitschriften: während Alex C. Klugkist und Uwe Rosemann sich für eine zentrale Finanzierung über Vorab-Abzüge aus den Bibliotheksetats aussprachen, betonte Friedrich W. Froben die Autonomie der Hochschulen und einen entsprechend dezentral durchzuführenden Finanztransfer.

Ganz ähnliche Akzeptanzprobleme wie bei den elektronischen Zeitschriften finden sich auch in anderen Kontexten bibliothekarischer Internet-Angebote - so etwa im Rahmen der elektronischen Hochschulschriften. Auch hier sind entsprechende Marketingstrategien notwendig. Einzelne Segmente des bibliothekarischen Publikationsangebotes allerdings erfahren bereits jetzt eine langsam stärker werdende Nachfrage: die elektronische Abgabe und Veröffentlichung von Dissertationen etwa trifft auf allmählich mehr Akzeptanz ebenso wie die elektronisch angebotenen Lehr- und Lernmaterialien, die Semesterapparate etc. Nicht zuletzt diese Dokumententypen aber beinhalten ein Konglomerat technischen und organisatorischen Zündstoffes für die Bibliotheken. Unter dem Titel "Elektronisches Publizieren an der Hochschule" stellten fünf Referenten jeweils einzelne Aspekte dieses Zündstoffes dar - Aspekte, die in den 'Herkunfts-Projekten' der Referenten besonders intensiv bearbeitet werden.

So berichtete Michael Popien (BIS Oldenburg) über die "Automatisierung des elektronischen Publikationsprozesses" im BIS Oldenburg. Ziel ist es dort, über ein einfach zu bedienendes integriertes System Autoren zu ermutigen, ihre Veröffentlichungen eigenständig und unaufwendig im WWW zu plazieren - die Bibliothek hofft auf diesem Wege, Quantität und Akzeptanz des neuen Veröffentlichungsweges zu steigern.

Solche Steigerung intendieren auch bibliothekarische Offerten etwa eines Print-on-demand-Services oder einer bestellbaren Dokumentenversion auf CD-ROM. Vor allem aber die Gewähr eines Manipulationsschutzes der Daten durch Schlüsselungsverfahren etc. macht - das zeigt die Praxis sehr deutlich - ein elektronisches Publikationssystem für viele potentielle Autoren attraktiv. Die entsprechend aufzubauenden Dienstleistungsangebote stellte Dr. Bruno Klotz-Berendes (UB Dortmund) am Beispiel der ELDORADO-Struktur der UB Dortmund7) dar.

Nicht trivial sind natürlich auch die Formataspekte elektronischen Publizierens. Daniel Ohst (RZ der HU Berlin) beschrieb das Vorgehen des Projektes "Digitale Dissertationen" der HU Berlin8), das - anders als viele andere einschlägige Aktivitäten - für Archivierung und Recherche nicht auf Postscript oder das weit verbreitete PDF, sondern auf SGML / XML setzt mit der Begründung, dieses Format erhalte die Struktur der Originaldokumente.

Derartige Formatfragen nehmen an Komplexität zu, hat es die Bibliothek mit Multimedia-Daten zu tun, die online veröffentlicht werden sollen. Diese Veröffentlichungen finden sich bislang noch relativ selten im Kontext des elektronischen Publizierens - nicht zuletzt aufgrund der aufwendigeren technischen Bearbeitung bereits durch die Autoren, aber auch ihrer höheren technischen Anforderungen an Bibliothek und Nutzer. Dr. Beate Tröger (UB Essen) diskutierte auf der Grundlage der vorliegenden Erfahrungen aus dem Essener MILESS-Projekt9) verschiedene Aspekte dieses Kontextes in einem State-of-the Art.

Multimedia- und reine Textdokumente gleichermaßen betreffend zeigt sich das Problem der Langzeitarchivierung - nach wie vor ist die Frage dauerhafter Aufbewahrung und Zugänglichkeit nicht befriedigend gelöst. Das hat natürlich besondere Prägnanz für Die Deutsche Bibliothek, deren Referent Dr. Volker Henze die drei gegenwärtig an der DB diskutierten Verfahren vorstellte: das auf Datenkonvertierung aufsetzende Migrationsmodell, das die gesamten Systemumgebungsdaten mit archivierende Emulationsmodell und die "Technology Preservation", ein "Technikmuseum" also, das Daten, Soft- und Hardware zusammen aufbewahrt.

Aus Krankheitsgründen ausfallen mußte leider der Vortrag zum Bereich Recht im Kontext elektronischen Publizierens. Die vom Referenten Dr. Harald Müller (Bibl. des MPI Heidelberg) im Abstract angekündigte "juristische Checkliste" und der "Mustervertrag" für Bibliotheken10) wären sicherlich auf ein erhebliches Interesse im Auditorium gestoßen, so daß sehr zu hoffen ist, daß der Vortrag Interessierten auf anderem Wege zugänglich gemacht werden kann.

Marketing und Nutzungsevaluationen blieben auch Diskussionspunkte im vierten Themenblock, der unter dem Titel "Kommunikation: vom Diskutieren und Chatten" aktuelle Fragen der Öffentlichen Bibliotheken im Kontext des Internets zur Diskussion stellte.

Als "Zapp und weg oder ..." beleuchtete dabei zunächst Paul Ulrich (ZLB Berlin) mögliche und tatsächliche "Internet-Marketing-Strategien für Öffentliche Bibliotheken" und gab Tips zur sinnvollen und attraktiven Gestaltung von Websites. Ziel jeder Bibliothek muß es sein, eine dauerhafte Besucherbindung zu erreichen: der Nutzer soll angeregt werden, die Website als "Internet-Portal" wahrzunehmen und einzusetzen. Um dies zu erreichen, gibt es Minimalanforderungen an den bibliothekarischen Internet-Auftritt: so müssen die Seiten Originalität und Aktualität aufweisen, sie benötigen präzise Titel für die sinnvolle Abspeicherung als Bookmark sowie das Auffinden durch Suchmaschinen, die relevanten und attraktiven Informationen müssen auf den ersten Blick erkennbar sein, weil sich Nutzer innerhalb von 20-30 Sekunden entscheiden, ob eine Seite für sie interessant ist oder nicht, Ladezeiten sind bei der Seitengestaltung ebenso zu bedenken wie ihre behindertengerechte Struktur ("Wie klingt die Website beim Vorlesen?") usw.

Ob diese und etliche weitere Tips erfolgreich sind, ist ablesbar u. a. über Nutzerstatistiken, ermittelt via Logfiles. Solche Logfiles sind mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, gibt es doch vielfältige Fallen in ihrer Auswertung: so zählen etwa Zugriffe aus dem Cache bzw. dem jeweiligen Proxy-Server nicht mit, dafür aber eine Seite mit fünf Graphiken gleich sechsfach, weil jede Graphik vom System einzeln verrechnet wird. Trotz solcher Irrungen und Wirrungen aber ist eine Nutzerstatistik ein sinnvolles Hilfsmittel zur Evaluierung des eigenen Web-Auftrittes. Ein mögliches proprietäres Statistik-Programm stellte Marckus Kraft (Heid, Landmann & Partner Eschborn) vor.

Um Marketing und Dienstleistungen an und mit dem Internet explizit für die lokalen Bibliotheksnutzer ging es in zwei anderen Beiträgen.

Frank Daniel (Stadtbibliothek Köln) berichtete zunächst über einen attraktiven Service, den das Web für ortsgebundene bibliothekarische Aktivitäten an der Info-Theke übernehmen kann: RABE11), die Diskussionsliste für Auskunftsbibliothekare, zieht nach nun einem halben Jahr Laufzeit eine erste sehr positive Bilanz. Inspiriert durch die US-amerikanische STUMPERS-List, bietet RABE heute eine schnelle und effektive Möglichkeit, Wissen aus aller Herren Bibliotheken zu bündeln und Nutzern vor Ort zur Verfügung zu stellen. Aktuell sind etwa 600 Bibliothekare subskribiert, die monatlich rund 50 zum Teil sehr knifflige Fragen beantworten - ein gelungener Fall der vielbeschworenen, aber selten realisierten Synergie.

Michael Braun (HÖB Hamburg-Harburg) griff anschließend in seinem Vortrag das Problem der Internet-Nutzerarbeitsplätze in Bibliotheken auf. Unter dem Titel "Chatten und Recherchieren" stellte er drei verschiedene Angebote in Hamburger Öffentlichen Bibliotheken dar in ihrer jeweiligen Verpflichtung an den Stadtteil, die Zielgruppe und die Kundenerwartungen: die Internet-Plätze im Informationszentrum der Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen, die PC-Insel der Stadtteilbibliothek Hamburg-Harburg und das EXIT-Internet-Cafe von Jugendlichen für Jugendliche in der Stadtteilbibliothek Hamburg-Mümmelmannsberg (ein von Honorarkräften der Bibliothek betreutes Programm zur Schaffung gewaltpräventiver Angebote).

Eingerahmt wurden die gesamten Themenblöcke von zwei Oldenburger Vorträgen: dem Eröffnungsbeitrag "Informationsvermittler zwischen Schreiben und Lesen: Wissensmanager, Bibliothekarinnen oder wer oder was?" von Hermann Havekost (BIS Oldenburg) und der multimedialen Schluß-Collage von Christine Gläser, Brigitte Kranz, Katharina Lück und Kim Braun (ebenfalls BIS Oldenburg). Betrachtete Hermann Havekost die bibliothekarischen "Bedenkenträger" und deren Prognosen des Endes von Buch und Bibliothek ("Ich denke, sie stellen einfach noch die falschen Fragen. Man muß die Bibliothek gar nicht retten wollen. Wenn die Bibliothekare die richtigen Fragen stellen würden, dann könnten sich auch andere, vielleicht neue Perspektiven zeigen, auch für Bibliotheken. Darüber sollte man sprechen"12), galt der Abschlußblick der Vorträge den Nutzern einer Bibliothek. Mit der These "Bibliothekare und Benutzer verstehen sich (oft) nicht"13) präsentierten die vier Oldenburger Kollegen eine bunte Collage zum Thema Nutzerforschung. Via Interviews hatten sie zu ermitteln versucht, welche Erwartungen und Wünsche Nutzer an ihre Bibliothek haben, welche Schwierigkeiten existieren, wo und wie sich Unzufriedenheiten und Zufriedenheiten ausdrücken. Nicht zuletzt zeigte sich hierbei aber auch, welche sprachlichen, welche Kommunikationsprobleme es geben kann - dies demonstrierten die gefilmten Antworten sehr anschaulich, die Studenten auf die Frage gegeben hatten, was denn bitte schön ein Benutzer sei. Es lohnt, sich beim nächsten Oldenburg-Besuch diesen Filmausschnitt einmal anzuschauen!

Neben dem Vortragsprogramm bot die 4. InetBib-Tagung wie bereits in den letzten Jahren am Nachmittag vor der offiziellen Eröffnung vier parallel stattfindende Tutorials, die sich um die praktische Umsetzung bibliothekarischer Internet-Anforderungen rankten. Tim Schneider (VISER Systemintegration Stuttgart) widmete sich dem Weg "Von HTML zu XML: Standards, Editoren, Beispiele", Bernd Diekmann, Ansgar Scherp und Ralf Wirth (alle BIS Oldenburg) gaben "Anleitungen zum Erstellen von interaktiven Webseiten" mit Javaskript, PERL und CGI (dieses Thema war so begehrt, daß die Veranstalter einen Zusatztermin ansetzen mußten), und die "Praxis des elektronischen Publizierens an der Hochschule: Textformate, Graphikformate, Konvertierung" stellten Kim Braun (BIS Oldenburg) und Martin Liebetruth (GDZ der SUB Göttingen) vor. Unter dem nicht ganz unbekannt klingenden Titel "Gute Seiten, schlechte Seiten" schließlich analysierten Oliver Tautz (HRZ der Uni Dortmund) und Dirk Zimmermann (C-LAB Usability Paderborn) HTML-Editoren ("HTML zu Fuß oder WYSIWYG?") und berichteten über grundsätzliche Anforderungen an die Gestaltung von Web-Seiten unter Usability-Gesichtspunkten.

Das Einlösen solcher und weiterer Anforderungen an bibliothekarische Angebote im Internet spiegelte am Tagungsende die erstmalige Verleihung dreier InetBib-Awards. Der Award für Funktionalität ging an die Kreisfahrbücherei Celle14): "Eine kleine fahrende Bibliothek mit umfassendem Angebot! Ausgezeichnet wird hier das beispielhafte elektronische Komplett-Paket für die Kunden der Bibliothek", betonte Barbara Lison (Stadtbibliothek Bremen) in ihrer Laudatio. Das Design wurde prämiert bei der Stadtbibliothek Stuttgart15) ("Hier wird das Prinzip ‚Weniger ist mehr' ausgezeichnet", so ein Auszug aus der Laudatio von Christine Gläser (BIS Oldenburg) und den Award für Innovation erhielt der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK)16) mit der von Hans Wätjen (BIS Oldenburg) genannten Begründung, der KVK sei nicht neu, aber er habe sich "um das Image des deutschen Bibliothekswesens im Internet in besonderer Weise verdient gemacht."

Eine umfangreiche Ausstellung und etliche informative Firmenvorträge rundeten das Programm ab gemeinsam mit den Besichtigungsmöglichkeiten der Oldenburger Bibliotheken und einer Tagesexkursion zur UB Groningen, der Partnerbibliothek Oldenburgs. Last not least soll aber auch die Abendveranstaltung nicht unerwähnt bleiben, die von der Datenautobahn auf den Feldweg führte, Kohl und Pinkel - inklusive der Ausrufung eines Kohlkönigspaares - bereithielt und beim Tanz um den Katalog endete.

Alles in allem bot die vierte InetBib-Tagung interessante Inhalte ebenso wie eine sehr angenehme Infrastruktur des 'Drumherums' bei Räumlichkeiten, Verpflegung und Betreuung - den Organisatoren aus Dortmund und Oldenburg sei dafür ein großes Lob ausgesprochen.

Alle Vorträge und Tutorialbeiträge werden als Tagungsband veröffentlicht, das Tagungsprogramm und die Vortrags-Abstracts sind zusammen mit vielen Fotos der Veranstaltung bereits jetzt im Internet abrufbar17). Und auch den Termin der nächsten InetBib-Tagung gibt es schon: sie wird vom 8.-10. März 2000 stattfinden - in Dortmund, ihrer 'Geburtsstadt'.

1) http://www.pica.nl/ne/

2)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/abstracts/yntema.html

3)http://www.ukoln.ac.uk/services/elib/

4)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/abstracts/pinfield.html

5)http://www.hbz-nrw.de/DigiBib/ und http://www.ub.uni-bielefeld.de/digibib-nrw/

6)http://elib.uni-osnabrueck.de/

7)http://eldorado.uni-dortmund.de:8080/

8)http://dochost.rz.hu-berlin.de/epdiss/

9)http://miless.uni-essen.de/

10)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/abstracts/mueller.html

11)http://www.hbz-nrw.de/hbz/fortbildung/rabe

12)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/abstracts/havekost.html

13)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/abstracts/glaeser.html

14)http://www.kreisfahrbuecherei.celleweb.de

15)http://www.shuttle.de/buecherei/

16)http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html

17)http://www.bis.uni-oldenburg.de/inetbib99/


Stand: 08.04.99
Seitenanfang