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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 4, 99

Ministerin Bulmahn weist den Weg nach vorn

Die deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, erklärte CORDIS-Nachrichten, welche Probleme sie während der Deutschen Präsidentschaft der Europäischen Union angehen will, die bis Ende Juni 1999 läuft.

Frage 1:

Welches ist das Hauptziel der Deutschen Ratspräsidentschaft in Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation?

Antwort 1:

Forschung und damit neues Wissen ist eine Voraussetzung und ein Katalysator für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Forschungsförderung ist praktizierte Zukunftsvorsorge, neue Produkte und Verfahren sind der entscheidende Impuls für nachhaltiges Wachstum und mehr Beschäftigung. Je besser es den Mitgliedstaaten gelingt, diesen Zusammenhang in konkrete Politik umzusetzen, desto besser für Europa. Je besser es der Europäischen Union gelingt, die Forschungspolitik auf diese Ziele zu konzentrieren, desto besser alle Bürgerinnen und Bürger in Europa.

Die deutsche EU-Präsidentschaft will mit ihren Aktivitäten Zeichen für den Aufbruch in die Wissensgesellschaft und für die wachsende Internationalität von Bildung und Forschung setzen und zugleich einen Beitrag zu einem europäischen Beschäftigungspakt leisten.

Frage 2:

Welche Maßnahmen und Initiativen sollen im Bereich der Forschung, Entwicklung und Innovation zur Förderung der Ziele der Deutschen Präsidentschaft durchgeführt werden?

Antwort 2:

Während der Deutschen EU-Präsidentschaft läuft das 5. Europäische Rahmenprogramm Forschung an. Es wird darauf ankommen, daß die neuen Strukturen, ihre problemorientierte Konzentration auf Leitaktionen, die stärkere Beteiligung von Wissenschaft, Wirtschaft und Nutzern auch an der konzeptionellen Umsetzung wirklich greifen. Bei der Vorbereitung des 5. Rahmenprogramms hat der Rat verschiedentlich gefordert, das europäische Forschungsmanagement unter den Stichworten Effizienz, Transparenz und stärkere Einbindung der europäischen Wissenschaftsorganisationen, zu modernisieren. Wir werden dies gerade zu Beginn 5. Rahmenprogramms intensiv verfolgen.

Unter der Deutschen EU-Präsidentschaft wird sich die Assoziierung der Beitrittskandidaten in Mittel- und Osteuropa und Zypern realisieren. Wir wollen nicht nur die entsprechenden Vereinbarungen zum Abschluß bringen, sondern auch den neuen Partnern helfen, sich möglichst rasch und effizient in die europäischen Forschungsstrukturen zu integrieren. Die Einbindung in das europäische Forschungsprogramm (und entsprechend in die Bildungsprogramme) muß ein Erfolg werden. Sie wird dann positiv auf den gesamten Beitrittsprozeß ausstrahlen.

Gerade das weiter werdende Europa ist angewiesen auf einen intensiven Dialog zwischen der "Brüsseler Zentrale" mit der Community in Wissenschaft und Wirtschaft. Wir wollen den Versuch machen, einen offenen Dialog zwischen Ministerrat und Spitzenvertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft zu organisieren, um gerade noch weit im Vorfeld des 6. Rahmenprogramms über künftige Strategien für die europäische Forschungsförderung zu diskutieren und Schwächen beim Start des 5. Rahmenprogramms rechtzeitig aufzudecken.

Wir werden darüber hinaus in einer Reihe interessanter Konferenzen und wissenschaftlicher Veranstaltungen Weichen stellen und Impulse geben für die längerfristige Entwicklung von Forschung, Bildung und Innovation in Europa. Wir werden das 5. Rahmenprogramm in einer großen Startveranstaltung in Essen sichtbar auf den Weg bringen.

Wir wollen die Einbindung der Beitrittskandidaten praktisch unterstützen, insbesondere aber auch den geistes- und sozialwissenschaftlichen Horizont der absehbaren Wiedererlangung eines integrierten Gesamteuropas deutlich machen. Wir wollen die internationale Einbindung Europas voranbringen im Gespräch mit den Mittelmeerländern und in der transatlantischen Partnerschaft. Wir wollen insbesondere die ethischen Grundlagen und Fragestellungen des Innovationsprozesses in Politik und Gesellschaft diskutieren und schließlich versuchen, an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert etwas mehr Klarheit zu gewinnen über die Chancen und Risiken, die Forschung und Bildung demnächst herausfordern.

Die deutsche Präsidentschaft hat die Chance, im Anschluß an die Verabschiedung des 5. Rahmenprogramms über den Tag hinaus Denkanstöße zu geben und Weichen zu stellen. Dieses wollen wir gerne aufgreifen.

Frage 3:

Das RP5 wird während der deutschen EU-Präsidentschaft lanciert. Wie wird RP5 zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit und mehr Beschäftigung in Europa beitragen?

Antwort 3:

Das 5. Rahmenprogramm unterscheidet sich in seiner Struktur erheblich von seinen Vorläufern. Gerade durch die Organisation in problemorientierten "Leitaktionen" und deren Beratung durch unabhängige Externe Beratergruppen soll gewährleistet werden, daß die Forschungsförderung stärker als bisher zur konkreten Innovation in Europa beiträgt. Die problemorientierte Bündelung von Projekten wird uns hier einen wichtigen Schub bringen.

Auch die Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die einen wichtigen Faktor bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze in Europa darstellen, wird ihre Wirkung nicht verfehlen.

Frage 4:

Könnten Sie den Ansatz der deutschen Wirtschaft und Unternehmen im Hinblick auf die Beteiligung am 5. Rahmenprogramm umreißen, und welchen Nutzen können sie ihrer Meinung nach daraus ziehen?

Antwort 4:

Die deutsche Wirtschaft ist in hohem Masse exportorientiert. Die Unternehmen und auch deren Arbeitnehmer wissen, daß der Standort Deutschland - und das gilt genauso für alle unsere Nachbarstaaten - nur in einem prosperierenden Europa global bestehen kann. Die Schaffung europäischer Vernetzung, die Erschließung neuer Kontakte in den europäischen Partnerstaaten, die gezielte Stärkung der Verbindung zu den universitären und ausseruniversitären Forschungseinrichtungen Europas ist deshalb gerade auch für die Wirtschaftsunternehmen ein entscheidender Faktor für eine prosperierende Zukunft. Hier kommt dem europäischen Forschungsprogramm eine besonders wichtige Rolle zu.

Gerade das Engagement der Wirtschaft kann in den vergangenen Zeiten darunter gelitten haben, daß die europäische Forschungsförderung zu sehr in alle denkbaren Verzweigungen der Wissenschaft aufgesplittert war. Dem hoffen wir durch hochrangigen Sachverstand aus Wissenschaft und Wirtschaft wirkungsvoll gegengesteuert zu haben. Die deutsche Wirtschaft setzt in die neuen Strukturen hohe Erwartungen. Ich bin überzeugt, die Kommission wird durch effiziente Managementstrukturen und konsequente Umsetzung der neuen Ziele diese Erwartungen nicht enttäuschen.

Frage 5:

Unterstützen Sie im Kontext des am 13. Oktober 1998 unterzeichneten EU-Abkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit die engere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus den USA und der EU?

Antwort 5:

Das Verhältnis zwischen Europa und den USA ist geprägt durch enge Verflechtung und offenen Wettbewerb. Die Entwicklungen der letzten Monate in verschiedenen Industriesektoren haben die Dynamik dieser Beziehungen eindrucksvoll bewiesen. Für die europäische Wissenschaft und Forschung ist es um so wichtiger, im engsten Kontakt zu den amerikanischen Kollegen zu stehen, um durch Austausch und Wettbewerb auch selbst zu profitieren. Gleiches gilt für die amerikanischen Partner. Ich begrüße deshalb nachhaltig die Kooperationsvereinbarung zwischen der EU und den USA.

Wir werden in unserer Präsidentschaft durch eine europäisch-amerikanische Konferenz in Stuttgart möglichst konkrete Perspektiven für diese Zusammenarbeit innerhalb des 5. Europäischen Forschungsrahmenprogramms entwickeln.

Frage 6:

Wie kann FuE den Beitrittskandidaten auf ihrem Weg in die Europäische Union helfen?

Antwort 6:

Ab Frühjahr 1999 werden voraussichtlich die Beitrittskandidaten aus Mittel- und Osteuropa sowie Zypern uneingeschränkt an den spezifischen Programmen des 5. Forschungsrahmenprogramms teilnehmen.

Ob dies ein Erfolg wird, wird in diesen Ländern ein wichtiges Signal dafür sein, wie der weitere Beitrittsprozeß eingeschätzt wird. Europa und insbesondere auch die Bundesrepublik Deutschland haben deshalb ein herausragendes Interesse daran, daß es den Partnern aus Mittel- und Osteuropa gelingt, bereits in der ersten Phase des 5. Rahmenprogramms in möglichst großem Umfang Partner der europäischen Projekte zu werden.

Dabei ist es z. B. wichtig, daß Wissenschaftler der Beitrittskandidaten auch als Konsortialführer in den Gemeinschaftsprojekten mitarbeiten, daß eine möglichst große Zahl von Nachwuchswissenschaftlern aus diesen Ländern die Chancen zum Aufenthalt in den Mitgliedstaaten der EU nutzt, daß aber auch umgekehrt die mittel- und osteuropäischen Länder Gastgeber für Wissenschaftler werden. Die im 5. Rahmenprogramm vorgesehene Förderung von "Centres of Excellence" in diesen Ländern hat hierbei besondere Bedeutung. Wir erwarten, daß dadurch Kristallisationspunkte in Mittel- und Osteuropa gefördert werden, die die Anziehungskraft dieser Länder auf die europäische Wissenschaftsgemeinde durchschlagend fördern.

Quelle : CORDIS Information Collection Unit, Brussels


Stand: 08.04.99
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