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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 3, 99

Die Zweigbibliothek Medizin als "Postillion d'Information"

Kundenorientierte Information und Kommunikation per Internet

Oliver Obst

Die Zweigbibliothek Medizin der Universitäts- und Landesbibliothek Münster ist die zentrale medizinische Bibliothek der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster. Zu ihren Kunden zählen ca. 2.000 Wissenschaftler und Ärzte der Universität, 3.500 Medizinstudenten, sowie Ärzte, Patienten und medizininteressierte Laien aus Stadt und Umland.

Zur Verbesserung

hat die Zweigbibliothek ein abgestuftes Angebot von Informationsprodukten entwickelt. Dabei spielen die Möglichkeiten des Internets (E-Mail, Web-Seiten) eine zentrale Rolle.

Newsletter per E-Mail

Seit Dezember 1995 informiert die Zweigbibliothek Medizin der ULB Münster regelmäßig ihre Kunden durch E-Mails. Sie benutzte dazu die Mailingliste des biowissenschaftlichen medizinischen Informationsnetzwerks für Münster - BIOMEIN-INFO1). Diese etwas ruhige Diskussionsliste hat einen wissenschaftlichen Themenschwerpunkt, so daß sich die Bibliothek mit Mails immer sehr zurückhalten mußte, um keine Flames zu riskieren. Nachdem auch noch Probleme mit der Technik hinzukamen, die den Teilnehmerkreis von 400 auf 120 reduzierten, entschloß sich die Bibliothek nach etwa zwei Jahren, eine eigene Mailingliste ins Leben zu rufen. Letztendlich ermutigt wurde sie dazu durch den - mit gleicher Intention 1996 etablierten - medbib-info Mailingdienst der Medizinischen Bibliothek des Universitätsklinikums Benjamin Franklin Berlin2).

Seit November 1997 bietet die Zweigbibliothek Medizin nun die elektronische Infopostille ZB MED Newsletter an. Per E-Mail werden Benutzer über Dienstleistungen der Bibliothek und weitere interessante Informationen, z.B. aus dem Internet, auf dem laufenden gehalten. Interessierte Benutzer können den Newsletter subskribieren und erhalten dann etwa zweimal in der Woche aktuelle Medizin- und Bibliotheksinformationen per E-Mail zugeschickt.

Der Newsletter wird als Einbahnstraße über die Mailinglisten-Software Majordomo3) verteilt. Replies an die Liste und Diskussionen sind nicht möglich. Die Listenteilnehmer werden jedoch dazu angeregt, bei Antworten, Fragen und Problemen den Autor und 'Listowner' direkt anzumailen, was rege genutzt wird. Jeder Teilnehmer kann über bestimmte Befehle im Text seiner Mail selbständig subskribieren und wieder 'unsubskribieren'. Da diese Methode erfahrungsgemäß jedoch nicht für alle Kunden attraktiv ist, wurde von Anfang an ein zweiter Zugang über die Homepage4) der Zweigbibliothek geschaffen, wo nur die eigene E-Mail-Adresse angegeben werden muß (s. Abb.). Der Newsletter ist prinzipiell für jeden Teilnehmer offen, Listensupport wie die z.B. die Zugangsmöglichkeit auf der Homepage wird aber nur für Angehörige der Universität geleistet. Alle anderen müssen sich selber in die Liste ein- und austragen.

Hypermail

Der Newsletter führte schließlich auch zur eleganten Lösung eines Problems: Zum einen wollte die Bibliothek ihre Kunden mit einem automatischen Push-Service informieren, zum anderen sollten die Informationen aber auch unter dem Punkt "Aktuelles" auf der Homepage zu finden sein - Doppelarbeit sollte selbstverständlich nicht anfallen. Ein Freeware-Programm namens Hypermail5) ermöglichte die 'Quadratur des Kreises'. Hypermail wandelt E-Mails im Unix-Mailboxformat in miteinander verbundene HTML-Dateien um, die nach Datum, Thread, Subject oder Autor sortiert werden können. Durch Implementation von Hypermail als 'Cron-Job' auf dem Majordomo-Mailserver wird jede neue Ausgabe des Newsletters automatisch in eine HTML-Datei umgewandelt. Der Punkt "Aktuelles" auf der Bibliotheks-Homepage verweist nun einfach auf die aktuellste HTML-Version des Newsletters6). Ein kleiner Wermutstropfen ist die HTML-Darstellung der E-Mails, die gehobenen Layoutansprüchen nicht ganz genügt. Der Autor ist für jeden Hinweis auf eine ästhetisch anspruchsvollere Lösung dankbar.

Inhalt

In den 15 Monaten, die der Newsletter bisher besteht, wurden insgesamt 114 Ausgaben verschickt, also etwa alle vier Tage einer. Der Newsletter versucht die Informationen möglichst komprimiert und 'häppchenweise' zu geben. Selten ist er länger als eine Druckseite. Wie wir wissen, entspricht dies auch den Bedürfnissen unserer Kunden. Welche Themen enthielt der Newsletter bisher? Welche Themen hielt die Bibliothek für mitteilenswert?

1. Bibliotheksbezogene Informationen

2. Internet-Informationen Um an die hier aufgezählten aktuellen Informationen über medizinische oder anderweitig interessante Quellen des Internets zu kommen, hat die Bibliothek zahlreiche Mailinglisten und elektronische Zeitungen subskribiert (u.a. Medlib-l,7) Mmatrix-l,8) Medimed,9) Scout-Report,10) Newscan)11).

Entwicklung

Seit Beginn haben sich jeden Monat ca. 30 Personen für den Newsletter subskribiert, Tendenz fallend. Mit Stand 17.2.1999 nutzen rund 435 Personen diesen Infoservice (s. Abb.).

Analysiert man die E-Mail-Adressen der Teilnehmer, befindet sich - wie nicht anders zu erwarten - mit 91% hauptsächlich die originäre Klientel der Universitäts- und Landesbibliothek (die Angehörigen der Universität Münster) unter den Subskribenten des Newsletters. Elf Teilnehmer stammen nicht aus Münster, weitere 25 Adressen können nicht eindeutig zugeordnet werden. Von den rund 400 universitären Nutzern sind 184 Mitarbeiter der Medizinischen Einrichtungen, was bei den dort angemeldeten 1.919 E-Mail-Adressen noch nicht einmal 10% ausmacht. Hier besteht offensichtlich noch ein großes Wachstumspotential. Die restlichen 216 Teilnehmer sind entweder Studenten oder Mitarbeiter anderer Fachbereiche.

Befragung

Nach einer Laufzeit von einem halben Jahr und 40 Ausgaben wurden im März 1998 die damals 158 Abonnenten des Newsletters per E-Mail um ihre Meinung zu diesem Angebot gebeten12). Im Rücklauf erhielten wir 35 Antworten (22%). 25 Antworten kamen von Angehörigen der Medizinischen Fakultät (71%), sieben aus anderen Fachbereichen wie Ernährungswissenschaften, Pharmazie, Psychologie, Drogenforschung (20%), drei von auswärtigen Bibliothekaren und/oder Informationsprofessionals (9%). Wissenschaftler oder Studenten anderer Universitäten, Patienten, Laien oder niedergelassene Ärzte haben an der Umfrage nicht teilgenommen.

91% aller Befragten äußerten sich zufrieden bis sehr zufrieden über den Newsletter, 9% waren unentschieden, unzufrieden war niemand. Unter den Antwortenden waren insgesamt 20 Ärzte und biomedizinische Wissenschaftler, von denen sieben sehr zufrieden waren, zehn zufrieden und drei unentschieden (s. Abb.)

Vergleicht man die Antworten von Medizinern und Studenten, so findet man, daß Internet-Quellen von beiden Gruppen gleichermaßen geschätzt werden, Bibliotheksinformationen dagegen eher von Studenten, elektronische Zeitschriften eher von Medizinern als wichtig erachtet werden.

Informationskaskade

Der Newsletter stellt den ersten Schritt in einer Kaskade von Informationsprodukten dar, die eine Informierung des Kunden und ein Marketing der Dienstleistungen gewährleisten sollen.

Das zweimonatlich erscheinende und primär gedruckte13) Informationsblatt ZB MED INFO wählt besonders interessante Themen aus dem Newsletter aus und stellt diese unter der Überschrift "News" zusammen. Es enthält darüber hinaus kurze Berichte aus der Bibliotheksarbeit, wirbt für neue Produkte, stellt Mitarbeiter vor, rezensiert Bücher, gewährt dem Leser einen Einblick in die Bibliothekspolitik und animiert Mitarbeiter der Fakultät zu relevanten Beiträgen. ZB MED INFO war ursprünglich als Kolumne bzw. Beilage im Pulsschlag14) - dem monatlich erscheinenden Informationsblatt der Medizinischen Einrichtungen der Universität - konzipiert, entwickelte sich dann aber zu einer selbständigen Publikation, die lediglich die Herstellungs- und Vertriebsstrukturen des Pulsschlags mitnutzt. ZB MED INFO finanziert sich zum Teil durch Anzeigen.

Der Jahresbericht schließlich vertieft diesen Einblick und bringt Details und harte Fakten des vergangenen Jahres wie z.B. die Etatverteilung oder zukünftige Ziele.

Resümee

Wie die Bibliothek an den vielen positiven Reaktionen ihrer Kunden ablesen konnte (besser wäre wohl nur ein Postillion d'amour angekommen), ist sie ihrem Ziel, Dienstleistungen bekannter und die Bibliothek transparenter zu machen, ein Stück weit näher gekommen. Wenn man dazu den Imagegewinn für die Bibliothek berücksichtigt und bedenkt, daß viele Informationen und Dienste nur durch diese Weise schnell und adäquat verbreitet werden können, scheint der dazu notwendige Aufwand vergleichsweise gering zu sein.

1) http://www-ifi.uni-muenster.de/Dokumente/biomein/biomein.html

2) Ankündigung am 17.10.1996 in Medibib-l: http://medweb.uni-muenster.de/zbm/medibib/archiv96/0199.html

3) Majordomo-WWW-Gateway: http://www.inf.utfsm.cl/~marcos/majordomo/www.html

4) http://medweb.uni-muenster.de/zbm/

5) Hypermail Development Center: http://www.landfield.com/hypermail/

6) Homepage des Newsletters: http://medweb.uni-muenster.de/zbm/zbmed/

7) LISTSERV@LISTSERV.ACSU.BUFFALO.EDU , subscribe medlib-l Vorname Nachname

8) LISTSERV@LISTSERV.ACOR.ORG , subscribe mmatrix-l Vorname Nachname

9) LISTPROC@ASK.UNI-KARLSRUHE.DE , subscribe medimed Vorname Nachname

10) http://scout.cs.wisc.edu/scout/lists/, Subskription via Web-Formular

11) http://www.newscan-online.de

12) Fragebogen unter: http://medweb.uni-muenster.de/~obsto/text/zbmednews.html

13) Wiewohl es natürlich auch als PDF-, PS- und HTML-Datei unter der Homepage zugänglich ist

14) http://www.uni-muenster.de/Dezernat2/pulsschlag/d2ps.htm


Stand: 10.03.99
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