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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 5, 98

Überarbeiteter DIN-Fachbericht 13 erschienen


Barbara Schneider-Eßlinger

1988 erschien der DIN-Fachbericht 13 "Bau- und Nutzungsplanung von Wissenschaftlichen Bibliotheken" in seiner 1. Auflage. Er hatte seither insbesondere für die Berechnung von Raumgrößen und Deckenlasten breite Anwendung gefunden und wurde auch von Genehmigungsbehörden und Ministerien weitgehend akzeptiert. Trotzdem entstand Bedarf für eine Neuausgabe, und zwar aus zwei Gründen: zum einen wegen der weitgreifenden Umstrukturierung und Neuorientierung in den Bibliotheken im Zeitalter moderner Informationstechnologien, und zum anderen war der Bericht schlichtweg vergriffen.

1995 setzte das Deutsche Bibliotheksinstitut daher auf entsprechende Initiative des DIN eine Expertengruppe ein, die den DIN-Fachbericht in Zusammenarbeit mit dem DIN und der Baukommission des Deutschen Bibliotheksinstituts überarbeiten sollte. Insbesondere die sich aus der Umbruchphase ergebenden Konsequenzen für Raumbedarf und Nutzungsanforderungen sollten im neuen DIN-Fachbericht ihren Niederschlag finden. Mitte 1997 lag ein Manuskript vor, und die erste öffentliche Präsentation der Arbeitsergebnisse erfolgte auf dem Bibliothekskongreß in Dortmund. Daraus und aus der sich anschließenden Begutachtungsphase durch eine Reihe von angesprochenen Experten ergaben sich dann noch Hinweise zu Inhalt und Schwerpunktsetzung.

Im folgenden sollen in Auswahl wesentliche Änderungen und neue Akzente, die gesetzt wurden, vorgestellt werden.

Der erste Teil, auf den einzugehen ist, ist Teil 3 "Begriffe": Es ist eine Reihe von neuen Begriffen eingefügt worden, jedoch sind auch Begriffe herausgenommen worden. Prägnantes Beispiel für einen neuen Begriff ist der Katalogeintrag, wo sich die entscheidende Änderung darauf bezieht, daß der Katalog jetzt überwiegend als Online-Katalog, als OPAC beschrieben wird.

Der Teil "Organisationsformen und Nutzungsbereiche von Bibliotheken" ist überarbeitet und dahingehend verändert worden, daß auf die Anforderungen einer zeitgemäßen Informationsinfrastruktur Bezug genommen wird. Es handelt sich hier jedoch lediglich um Akzentuierungen, der grundsätzliche Aufbau ist unverändert geblieben.

Dies sieht nun schon anders aus bei Teil 5: "Nutzflächen" , so z. B. bei den "Flächen für Bücher, Zeitschriftenbände und andere Medien". Besondere Bedeutung kommt dabei der Entwicklung hin zur Freihandbibliothek zu, da damit ein größerer Flächenbedarf insbesondere wegen der meist sachlichen Aufstellung ohne Formattrennung der Bestände - und dem stetig wachsenden Benutzerdruck - einher geht. Da davon auszugehen ist, daß sich in Freihandbereichen in der Regel mehrere Personen gleichzeitig in den Bediengängen aufhalten, sollten die Gänge eine Mindestbreite nicht unterschreiten. Hieraus resultieren veränderte größere Achsabstände.

Ein besonders wichtiges Hilfsmittel stellten und stellen die Tabellen zur Flächenberechnung dar. Sie sind jetzt so zugeschnitten, daß Werte für ein geschlossenes Magazin, für ein Freihandmagazin und für den Freihandbereich bzw. Lesesaal angeboten werden. Damit soll der Notwendigkeit, die Räumlichkeiten auf lange Sicht flexibel nutzbar zu machen, Rechnung getragen werden und auch auf die besonderen Bedürfnisse von Umnutzungen von Flächen, so z. B. wenn ein geschlossenes Magazin zum Freihandmagazin wird, eingegangen werden. Einfluß auf die optimale Flächenausnutzung hat als gewichtiger Faktor auch die Größe der Regalblockeinheiten, die bestimmt wird durch die geplante Nutzung. Das heißt: geschlossene Magazine mit relativ geringer Nutzungsfrequenz können größere Regalblockeinheiten aufweisen, hohe Nutzungsfrequenz und Freihandmagazine bedingen wegen der notwendigen Zugänglichkeit für mehrere Personen gleichzeitig kleinere Einheiten. Der neue DIN-Fachbericht empfiehlt, daß aus arbeitsorganisatorischen Gründen Regalreihen eine Länge von 8 m nicht überschreiten sollten.

Teil 5 behandelt auch die Grundflächen für Benutzung und Information. Die grundlegende Neufassung dieses Abschnitts trägt in besonderen Maße den neueren Entwicklungen in wissenschaftlichen Bibliotheken Rechnung, es fließen hier aber auch Praxiserfahrungen aus dem Bereich der Benutzung in den Lesesälen bzw. Lesezonen unserer Bibliotheken mit ein. So halten zunehmend in den Benutzungsbereichen PCs Einzug, entweder in Form von Notebooks oder Laptops, die die Benutzer mitbringen, oder in Form von PCs als Angebot der Bibliothek.

Doch auch die Praxiserfahrungen mit den herkömmlichen Lesesaalplätzen haben gezeigt, daß die bisher üblichen Flächenvorgaben für Benutzerarbeitsplätzen unzureichend waren. Wenn man davon ausgeht, daß ein Benutzer einer Bibliothek meist mehr als ein Buch ausleiht, eventuell noch das eine oder andere Nachschlagewerk oder Hilfsmittel benötigt, außerdem Schreibzeug mitbringt, wird für halbwegs geordnetes Arbeiten mehr Platz als bisher vorgesehen benötigt - soll der Tischnachbar nicht physisch oder auch psychisch gestört werden. Aus diesen Gründen plädiert der DIN-Fachbericht jetzt für differenzierte Benutzerarbeitsplätze je nach Zweckbestimmung bzw. Ausstattung (Abb. 1). Es wird unterschieden: ein Standardarbeitstisch, die sogenannte "Variante A"; er sollte die Länge von 1,20 m und eine Tiefe von 80 cm nicht unterschreiten. Diese Arbeitstische sind dann auch für zeitweilige Nutzung von kleineren oder nicht stationären Rechnern geeignet. Der zweite Typ, die "Variante B" bezieht sich auf Benutzerarbeitsplätze, die mit PCs ausgestattet sind und "Variante C" schließlich zielt ab auf Benutzerarbeitsplätze, die als Multimedia-Arbeitsplatz geeignet sind.

Bei den geschlossenen Benutzerarbeitsflächen wird jetzt unterschieden zwischen den tatsächlich geschlossenen - also durch eine Tür abgeschlossenen - und den sogenannten Carrels, die halbhoch geschlossen sind. Die Flächen für die geschlossenen Benutzerarbeitsplätze wurden rechnerisch ermittelt aus der Fläche für den Arbeitsplatz, einer Regalfläche, Bewegungsfläche und dem Türraum. Weniger als 7 qm sind daher nicht vertretbar bzw. nicht realistisch.

Bei den "Flächen für Kataloge", die zu den "Flächen für Information" gehören, ist das Beispiel für die Wandlung der Zettelkatalogfläche in eine OPAC-Fläche besonders hervorzuheben (Abb. 2). Das metrische Raster der Rücken an Rücken gestellten Katalogschränke gibt die Möglichkeit für eine Weiternutzung als OPAC-Fläche vor. Da die Katalogschränke ein solides Untergestell mit großer Beinfreiheit erfordern, können sie relativ problemlos in OPAC-Arbeitsplätze umgewandelt werden, wenn - und das ist eine wichtige Voraussetzung - die notwendigen Verkabelungsmöglichkeiten vorgesehen worden sind.

Hervorzuheben ist auch ein neuer Abschnitt zur Gestaltung des Ausleihbereichs. Nachrüstungen und Erweiterungen sind hier nur bedingt möglich bzw. bieten dann - wie häufig zu sehen ist - kein gutes Bild. Der DIN-Fachbericht nimmt Bezug auf die Gestaltung der Verbuchungsplätze unter dem Einfluß der EDV-Ausleihverbuchung und dem damit verbundenen erheblichen Geräteaufwand. So wird pro Verbuchungsplatz eine Fläche von ca. 6 qm vorgeschlagen. Auch zur Thematik "Selbstverbuchungsplätze" werden, soweit dies bisher möglich ist, Hinweise gegeben.

Daß gerade bei Benutzungsflächen die ausreichende Verkabelung eine große Bedeutung hat, muß hier nicht besonders betont werden. Ganz wichtig ist es, potentiell die Möglichkeit einer flexiblen Nachverkabelung einzubauen. Verschiedene Konzepte, wie Doppelböden oder Hohlraumböden, werden beschrieben.

Zu den Grundflächen für Personal ist folgendes zu sagen: Seit 1970 gilt unverändert die sogenannte 'RB-Bau'. Seit dieser Zeit haben bekanntermaßen die unterschiedlichsten Entwicklungen auf dem Gebiet der Technik und auch auf dem Gebiet des Bibliothekswesen stattgefunden. Die RB-Bau geht grundsätzlich nur von Flächenberechnungen für Verwaltungsbehörden aus. Sie kann und wird damit in keiner Weise den Besonderheiten von bibliothekarischen Arbeitsstätten gerecht. Der bibliothekarische Arbeitsbereich ist jedoch eher mit einer Fließstrecke in einem Produktionsunternehmen als mit einem Standardbüroarbeitsplatz in einer Verwaltungsbehörde zu vergleichen. Es durchläuft ihn nämlich täglich eine definierte Anzahl von Medieneinheiten, wie dies in Verwaltungsbehörden in der Regel nicht erforderlich ist. Die notwendigen Bearbeitungsschritte und die erforderlichen Hilfsmittel und Geräte führen zu einem Bedarf an zusätzlichen Flächen. Aus diesem Grund wurden zu den in der RB-Bau definierten Grundflächen an einigen Stellen Zuschläge von 1,5 bis 3 qm addiert.

Im Teil sonstige "Hauptnutz- und Nebennutzflächen" sind Beschreibungen zu finden für einzelne sehr wichtige Sonderräume. Neu aufgenommen wurden folgende Bereiche: Haustechnik, Restaurierungswerkstatt, Chemikalienlager, DV-Zentrale.

Auf die Grenzen eines DIN-Fachberichts sei hingewiesen im Zusammenhang mit dem eben erwähnten Abschnitt 'DV-Zentralen'. Selbstverständlich ist hier keine ausführliche Beschreibung der Planung einer DV-Zentrale zu erwarten, da diese in der Regel von Fachplanern konzipiert werden. Trotzdem sollten einige Aspekte aus der Sicht der Bibliothek im Auge behalten werden, und auf diese geht der Abschnitt ein. Es handelt sich vornehmlich um Hinweise aus der praktischen Erfahrung, und die Anmerkungen sollen den Bibliothekar in die Lage versetzen, mit den Fachplanern in einen Dialog zu treten.

Als weitere völlig neue Kapitel sind zu erwähnen:

Die Fördertechnik: Der Einsatz von Fördertechnik soll der Erwartung des Benutzers auf rasche Bedienzeiten Rechnung tragen, gerade wenn er seine Bestellungen elektronisch aufgegeben hat. Es ist in jedem Fall empfehlenswert, bei entsprechend hohem Ausleih- und Bearbeitungsaufkommen Fördertechnik von vorne herein einzuplanen. In diesem Kapitel wird eine Beschreibung der unterschiedlichen Arten von Fördertechnik gegeben, verbunden mit wesentlichen Angaben dazu. Es werden aufgeführt: Aufzüge für Personen und Lasten, Kleinlasten und Buchaufzüge, Förderbänder, Behälterförderanlagen mit Eigenbetrieb und Kastenförderanlagen. Eingeflossen sind auch Maßangaben und Gewichte, die jedoch produktabhängig sind und nur als Richtschnur bei der späteren Detailplanung dienen können.

Ein weiteres, wichtiges und neues Kapitel behandelt die Sicherungstechnik, wobei zunächst gemeint ist: Sicherung gegen Einbruch und Diebstahl, die in Bibliotheken leider zunehmend von Bedeutung ist, gerade auch wegen der vorhandenen informationstechnischen Ausstattung. Die vorgestellten Maßnahmen betreffen Gebäudesicherung und Raumüberwachung, behandeln die Bedingungen einer Meldezentrale und lassen auch das Thema Schließanlagen nicht unerwähnt. Selbstverständlich gehört zum Kapitel Sicherungstechnik auch der Hinweis auf die Buchsicherung. Als letzter Punkt hat der Brandschutz, mit Erwähnung der so umstrittenen Sprinkler-Anlagen hier seinen Platz.

Ein anderer neuer Abschnitt formuliert Anforderungen an Lagerungsbedingungen von Bibliotheksgut. Wissenschaftliche Bibliotheken sind ihrem Sammelauftrag entsprechend bestrebt und verpflichtet, die von ihnen erworbenen Materialien solange wie möglich benutzungsfähig zu erhalten. Auch die derzeit laufenden Sicherheitsverfilmungen und die anstehende oder bereits begonnene Digitalisierung von Texten und ganzen Druckwerken enthebt die Bibliotheken nicht dieser Verpflichtung. Es versteht sich, daß die Anforderungen an Lagerungsbedingungen dabei immer wieder im Konflikt mit den Bedürfnissen der in den Bibliotheken arbeitenden Menschen, Benutzern wie Bibliotheksmitarbeitern, stehen und daher Kompromisse zu finden sind. Schäden für Bibliotheksgut können in hohen Maße ausgehen von Sonnenlichtstrahlungen, entsprechende Sonnenschutzmaßnahmen werden daher angesprochen. Des weiteren sind die raumklimatischen Bedingungen genannt und die von Luftverunreinigungen ausgehende Gefährdung. Das Kapitel schließt mit dem dringenden Hinweis, daß Bibliotheksgut so gut wie irgend möglich vor Wasserschäden zu schützen sei. Dieser Punkt muß im Verlauf der Bauplanung dahingehend bedacht werden, daß in Buch- und anderen Aufstellungsbereichen für Medien keine wasserführenden Leitungen verlegt werden.

Ein sowohl für die Benutzbarkeit von Bibliotheksräumen als auch für ihre Atmosphäre und Wirkung außerordentlich wichtiges Thema ist die Beleuchtung. Im neuen DIN-Fachbericht wird ihr daher eigens ein Kapitel gewidmet. Die dort gegebenen Hinweise ersetzen selbstverständlich nicht den Lichtplaner bzw. einen in diesem Metier erfahrenen und hoffentlich befähigten Architekten, sie helfen jedoch ganz bestimmt ungemein bei den im Verlauf der Lichtplanung zu führenden Gesprächen. Eine Tabelle macht Angaben zu den Faktoren, die eine hinreichende Lichtqualität in Bibliotheken ausmachen.

Eine ähnliche Aussage wäre zu machen zum Absatz "Raumakustik, Schallschutz", der wesentliche, bei der diesbezüglichen Planung zu berücksichtigende Faktoren benennt.

Zu hoffen ist, daß der neue DIN-Fachbericht 13 hohe Wirksamkeit entfaltet und die jetzt getroffenen Aussagen für einen angemessenen längeren Zeitraum Gültigkeit erfahren.

Bau- und Nutzungsplanung von Wissenschaftlichen Bibliotheken / erarb. im NA Bibliotheks- und Dokumentationswesen unter Mitw. e. Expertengruppe d. DBI. Hrsg.: DIN Dt. Institut für Normung e.V. - 2. Aufl. - Berlin [u.a.] : Beuth, [vorauss. Mai 1998]. - 76 S.
(DIN-Fachbericht ; 13)
ISBN 3-410-13831-5
Preis: (konnte vom Verlag bis Redaktionsschluß noch nicht genannt werden)

Die Veröffentlichung der Abbildungen ist technisch nicht möglich.


Stand: 13.05.98
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