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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 11, 97

Öffnungszeiten der Universitätsbibliotheken und der Hochschul- und Fachhochschul-Bibliotheken


Vergleich von 1992 zu 1996

Ulla Usemann-Keller

Seit Jahren unterliegen die wissenschaftlichen Bibliotheken den Sparzwängen, gleichzeitig öffnen sie sich immer intensiver den neuen Informationstechniken in Richtung virtuelle Bibliothek. Heute ist es nicht mehr nur das Buch oder die Zeitschrift, die als eine Maßeinheit für vermittelte Literatur benutzt werden kann. Sie zerfällt zunehmend in vermittelte Informationseinheiten, also weit höhere und differenziertere Untermengen der klassischen Zählweise. Dieser veränderten Nutzung gilt es ebenso Rechnung zu tragen wie den ansteigenden Benutzerzahlen in den Bibliotheken. Die installierten (EDV-) Ressourcen mit den hohen Verfallszeiten (schnelles Veralten von Informationen und Geräten) bedingen veränderte Verhaltensweisen der Bibliotheken. Dazu gehören neben anderen Überlegungen auch die über Öffnungszeiten. Die hier vorgelegte grobe Analyse des Ist-Zustandes in Bezug auf 1992 soll Anregung sein, sich mit den Möglichkeiten und Chancen längerer Öffnungszeiten und einem weitergefaßten Service-Gedanken auseinanderzusetzen.

Grundlage für diese Auswertung sind die von den Universitäts-, Hoch- und Fachhochschul-Bibliotheken an die DBS gemeldeten Daten, die auf Grund der plakativen Erfassungsmöglichkeiten nur eine eingeschränkte Aussage zulassen. Bei mehreren Bibliotheken in einer Universität bzw. Hochschule wird nur die Öffnungszeit der zentralen Bibliothek erfaßt. Besteht die Bibliothek bzw. Hauptbibliothek/Zentrale aus mehreren Räumlichkeiten/Teilbibliotheken mit unterschiedlichen Öffnungszeiten, wird die längste Öffnungszeit erfragt.

Unter Regelöffnungszeit wird die normale Öffnungszeit der Bibliothek verstanden - unabhängig davon, ob es im Berichtsjahr auch Zeiten reduzierten Bibliotheksbetriebes (etwa während der Semesterferien) gegeben hat. Bei Änderungen der Öffnungszeiten im Berichtsjahr wird vom Stand 31.12. ausgegangen.

Universitätsbibliotheken
Die besten Voraussetzungen für lange Öffnungszeiten (Beispiel: UB Bielefeld) sind geeignete Gebäude mit einem zentralen Zugang und Ausgang (bei ggf. mehreren Zugängen während der Hauptöffnungszeiten), verkehrsgünstige Lage der Bibliothek (auf dem Kampus oder stadtmittig), eine möglichst geringe Zersplitterung der Bibliotheken und der universitären Einrichtungen. Von den 76 universitären Bibliothekssystemen verfügten 1996

19Systeme über 1Bibliothek
17Systeme über2 -10Bibliotheken
7Systeme über 11 -20Bibliotheken
6Systeme über21 -50Bibliotheken
8Systeme über51 -99Bibliotheken
18Systeme über100 -200Bibliotheken
1System ohneAngaben

Ungünstig für lange Öffnungszeiten wirken sich fehlende eigene Bibliotheksgebäude aus, weil die Funktionsräume wie Lesesäle, Katalogsäle, Lehrbuchsammlung, Zeitschriftenlesesaal (Beispiel: UB der TU Berlin) sowie die Abteilungs- und/oder Bereichsbibliotheken im oder in Uni-Gebäuden verstreut über jeweils eigene Zugänge verfügen und auch unterschiedliche Öffnungszeiten ausweisen können. Diese Individualitäten bedingen Personaleinsatz und dieser wiederum bedingt u.U. unterschiedliche Öffnungszeiten innerhalb eines Bibliotheksystems. Der Statistik sind keine Angaben über die angebotenen Qualitäten während der Öffnungszeiten zu entnehmen, die sich einerseits auf die volle oder eingeschränkte Zugänglichkeit der Bestände und andererseits auf die Qualifizierung (Eingruppierung) des Personals beziehen.

Im folgenden werden die Entwicklungen von 1992 zu 1996 analysiert:

Es gab1992
1996
74 und
79 Universitätsbibliotheken.

Sechs Universitätsbibliotheken können nicht in den Vergleich einbezogen werden, da sie entweder 1992 bzw.1996 (1996 - 2 Bibl. ohne Angaben) keine Daten lieferten bzw. erst ab 1993 oder 1994 als Neugründungen auftauchten oder in der Gründungs- und Aufbauphase keine Benutzung hatten/haben.

Gesamtangaben:
1992
gesamt
Durchschnittswert pro Bibliothek1996
gesamt
Durchschnittswert pro Bibliothek
Öffnungstage pro Jahr lt. DBS 20.924
(74 Bibl.)
282,8 21.763
(77 Bibl.)
282,6
Öffnungstage pro Jahr lt. DBS gewichtet * 20.669
(73 Bibl.)
283,1 20.737
(73 Bibl.)
284,1
Öffnungs-stunden pro Woche lt. DBS 4.629
(74 Bibl.)
62,6 4.888
(77 Bibl.)
63,5
Öffnungs-stunden pro Woche lt. DBS gewichtet * 4.575
(73 Bibl.)
62,7 4.672
(73 Bibl.)
64,0
*Gewichteter Wert heißt, daß nur die Angaben von 73 Bibliotheken miteinander verglichen wurden.

Geringste Veränderungen der Öffnungstage pro Jahr, d. h. Schwankungen zwischen 1 und 3 bzw. 5 Tagen, sind kalenderbedingt vernachlässigbar.

Die Öffnungs- und Schließmöglichkeiten pro Jahr ergeben sich aus ergäben die Chance, an mindestens Sonstige Schließtage bis durchschnittlich 20 Tage könnten auf das Konto von Inventuren und Revisionen, Samstagschließungen in vorlesungsfreier Zeit verbucht werden.

Detailangaben:
1992
von 74 Bibl.
1995
von 79 Bibl.
1996
von 79 Bibl.
Sonntagsöffnung344
mind. 299 Öffnungstage1621,6 %2025,3 %1519 %
260 - 298 Öffnungstage3851,4 %3645,6 %4050,6 %
max. 259 Öffnungstage2027,0 %2126,6 %2227,9 %
keine Angaben 2 2,5 % 2 2,5 %
Summe74100 %79100 %79100 %
über 100 Wochenstunden 11,4 % 11,3 % 11,3 %
über 60 Wochenstunden4054,0 %4658,2 %4759,5 %
62 - 64 Wochenstunden (entspr. Durchschnittswert) 14
18,9 %
16
20,3 %
16
20,3 %
unter 60 Wochenstunden3344,6 %3038,0 %2936,7 %
ohne Angaben 22,5 % 22,5 %
Summe74100 %79100 %79100 %

An mindestens 299 Tagen sind 16 (1992) bzw. 15 (1996) Universitätsbibliotheken geöffnet gewesen. 1992 waren 3 Bibliotheken (Bielefeld, Marburg, Stuttgart-Hohenheim) einschließlich Sonntag zugänglich, eine weitere UB (Paderborn) ermöglichte ab Ende 1994 mit Erfolg die Sonntagöffnung. Bei 13 Bibliotheken gab es Änderungen zu 1996 in Bezug auf die Zugänglichkeit, die über einer kalendermöglichen Toleranzgrenze liegen.

11 Bibliotheken erweiterten ihre Öffnungstage von 1992 zu 1996 zwischen 6 und 98 Tagen, 2 Universitätsbibliotheken reduzierten die Öffnung um 47 bzw. 8 Tage.

An mindestens 260 und max. 298 Tagen geöffnet hatten 38 (1992) bzw. 40 (1996) Universitätsbibliotheken, das impliziert eine Samstagöffnung.

Insgesamt hatten somit 54 (73 %) der Uni-Bibliotheken 1992 und 55 (69,6) UB 1996 an Samstagen geöffnet.

Die wenigsten Öffnungstage, d.h. max. 259 Tage pro Jahr, wiesen 1992 21 Bibliotheken aus, davon sind bei 4 Bibliotheken keine Veränderungen im Vergleich zu 1996 zu sehen. 14 Bibliotheken reduzierten insgesamt 40 Tage (zw. 1 und 8 Tagen) und 2 Bibliotheken erweiterten die Öffnungstage um insgesamt 56 Tage (10 bzw. 46 Tage). Eine Bibliothek machte 1996 keine Angaben zum Vergleich.

Von den 22 Bibliotheken, die 1996 max. 259 Tage geöffnet hatten, gab es nur vier mit dem Angebot der Samstagsöffnung (mit je 4, 4, 4, 5 Stunden).

Auswertung der Extremabweichungen von 1992 zu 1996
Zusätzliche Öffnungstage konnten angeboten werden aus folgenden Gründen:
Plus 47 Tage (Paderborn)ermöglicht durch die Sonntagöffnung
Plus 46 Tage (München)entpuppte sich leider als falsche Angabe
Plus 24 Tage (Freiberg)keine Schließung in den vorlesungsfreien Zeiten mehr möglich
Plus 9 Tage (Chemnitz)

Die auffälligsten Veränderungen bei den Öffnungsstunden pro Woche von 1992 zu 1996:
Plus 22 Stunden (Cottbus)Ausweitung abends bis 22 Uhr, dagegen samstags noch geschlossen, da die Professoren an diesen Tagen keine Lehrveranstaltungen wegen Heimreisen abhalten.
Plus 21 Stunden (Potsdam)nach baulichen und organisatorischen Veränderungen
Plus 17 Stunden (Freiberg)
Plus 15 Stunden (Bremen)
Plus 13 Stunden (Paderborn)u. a. Sonntagöffnung
Minus 15 Stunden (Chemnitz)
Minus 11 Stundenin der TU-Bibliothek Hamburg-Harburg ist keine echte Reduzierung. Diese 11 Stunden wurden in der Testphase im Jahre 1992 angeboten; damals wurde die Öffnungszeiten abends um je 2 Stunden verlängert. Dieses Angebot wurde jedoch von den Lesern nicht angenommen und somit ab 1993 wieder zurückgenommen.
Minus 7 Stunden (Landau, Rostock)

Die meisten Bibliotheken (49 der Vergleichbaren) behielten die Zahl der Wochenöffnungsstunden bei, wobei im Sinne einer vernünftigen Zeitverteilung (z. B. Vermeidung von Mittagschließungen) Veränderungen bei der Verteilung vorgenommen wurden und werden.

Hoch- und Fachhochschulbibliotheken
Weniger überschaubar und auswertbar sind die Angaben der Hoch- und Fachhochschulen, weil die Bibliotheken, die jeweils nicht an der DBS teilgenommen haben, die später hinzugekommen sind, die in anderen Systemen aufgegangen sind oder einen Ortswechsel vollzogen haben, erheblich zahlreicher sind als bei den Universitätsbibliotheken. Zudem sind die aktiven Benutzer z.T. überschaubarer, so daß die Öffnungszeiten präziser auf deren Bedürfnisse abgestimmt werden können.

Gesamtangaben:
161 Bibliotheken meldeten 1992,
160 Bibliotheken meldeten 1995
175 Bibliotheken meldeten 1996 ihre Öffnungszeiten an die Deutsche Bibliotheksstatistik.

1992
insgesamt
Durchschnittswert pro Bibliothek1996
insgesamt
Durchschnittswert pro Bibliothek
Öffnungstage pro Jahr lt. DBS 36.698
(153 Bibl.)
239,9 39.024
(157 Bibl.)
248,6
Öffnungs-stunden pro Woche lt. DBS 6.335
(157 Bibl.)
40,4 8.120
(168 Bibl.)
48,3

Detailangaben:
Die Angaben von 38 Bibliotheken sind eingeschränkt aussagefähig, weil

1992
von 154 Bibl.
1995
von 150 Bibl.
1996 von
162 Bibl.*
über 299Öffnungstage pro Jahr 4 6 5
260 298 Öffnungstage pro Jahr 6 8 13
200 259 Öffnungstage pro Jahr136129138
unter 200 Öffnungstage pro Jahr 8 7 6
von 172 Bibl. **
über 40 Wochenstunden 65 67 92
21 39 Wochenstunden 82 76 72
unter 20 Wochenstunden 7 7 8

* 13 Bibliotheken ohne Angaben
** 2 Bibliotheken ohne Angaben und 1 Bibliothek mit unrealistischen Angaben

Die Mehrheit der Bibliotheken hat zwischen 200 und 259 Tage im Jahr geöffnet und gewichtet somit den durchschnittlichen Wert von 240 Tagen (1992) bzw. 248 Tagen (1996).

Über den Durchschnitt, also mehr als 248 Tage, hatten 1996 50 Bibliotheken (30,9 %) geöffnet, darunter bis 248 Tage 112 Bibliotheken (69,1 %).

Über 299 Tage hatten 1992 lediglich 4 HS/FHS-Bibliotheken geöffnet, davon ist die Hochschulbibliothek für Medizin in Erfurt 1994 in die dortige UB eingegliedert worden. Die Bibliothek des Priesterseminars in Fulda behielt ab 1995 die Zahl der Öffnungstage bei, erweiterte jedoch die wöchentliche Öffnungszeit um 5 Stunden.

Augsburg und die Kirchliche Hochschule Bielefeld reduzierten die Öffnungstage um 23 bzw. 20 zwischen 1992 und 1996. Jena - ohne Vergleichdaten zu 1992 - bot von 1995 zu 1996 71 Tage weniger an bei einer Erweiterung um 6 Wochenstunden. Die Sporthochschule Köln reduzierte um 21 Tage und 8 Wochenstunden.

Die Musikhochschule München erweiterte den Zugang um 30 Tage und 17 Stunden/Woche. Stralsund bietet deutlich mehr Tage (plus 49) und im Vergleich zu 1992 auch 11 Stunden mehr pro Woche an; ebenso erweiterte Weimars Hochschule für Musik den Zugang von 211 (1992) auf 247 Tage (1996 und von 26 auf 47 Wochenstunden). Wolfenbüttel öffnet die FHS-Bibliothek ab 1996 40 Tage länger bei gleichbleibender Wochenstundenzahl.

An mindestens 260 und max. 298 Tagen hatten 1992 lediglich 6 Bibliotheken geöffnet.

Bei einer Öffnungszeit ab 260 Tagen pro Jahr kann von einer Samstagöffnung ausgegangen werden, d.h. daß 1992 10 Bibliotheken (6,5 %) und 1996 18 Bibliotheken (11,1 %) samstags ihre Dienste anboten.

Unter 200 Tagen im Jahre 1992 waren 8 Bibliotheken geöffnet (das Minimum lag bei 60 Tagen (Dresden) pro Jahr mit einer Steigerung von 67 Tagen und einer Erhöhung der Wochenstunden von 14 auf 21).

Erfreulicherweise scheint sich ein Trend zu mehr Öffnungstagen auch im Hoch- und Fachhochschulbereich durchzusetzen.

Beim Vergleich der Öffnungstage von 1995 zu 1996 ergibt sich folgendes Bild:

97 von den 140 * mit 1995 vergleichbaren Bibliotheksangaben weisen Veränderungen aus.

Änderung in TagenZahl der Bibl.Reduzierung der Tage in ... Bibl.Erweiterung der Tage in ... Bibl.
bis 5 Tage503020
6 - 15 Tage2619 7
16 - 30 Tage13 7 6
31 - 48 Tage 8 2 6

*Von den 175 Bibliotheken 1996 sind 35 nicht vergleichbar, weil

Die Wochenstunden liegen ebenso wie die Öffnungstage pro Jahr niedriger als bei den Universitätsbibliotheken. Von 1992 zu 1995 wurden in 28 Bibliotheken insgesamt 131 Wochenstunden reduziert (Maximalwert: 13 Stunden) und in 42 Bibliotheken insgesamt 318 Wochenstunden zusätzlich angeboten (Maximalwert: 34 Stunden bei gleichzeitiger Erweiterung um 36 auf insgesamt 300 Öffnungstage im Jahr 1995, Theologische HS Friedensau).

Über den Durchschnittswert von 48 Stunden pro Woche, bei 2 Maximalangaben von 83 bzw. 84 Wochenstunden, hatten 1996 38 Bibliotheken geöffnet.

Die niedrigsten Angebote der Wochenöffnung (5 bzw. 6 Wochenstunden) korrelieren mit 278 bzw. 248 Öffnungstagen (1996) pro Jahr. Unter 20 Wochenstunden (11, 14, 14, 16) haben vier Hoch- bzw. Fachhochschulen geöffnet.

Zwischen 1995 und 1996 gab es folgende Veränderungen:

42 von den 152 * Bibliotheken, die mit den Angaben von 1995 vergleichbar sind, weisen Veränderungen der Öffnungsstunden pro Woche aus. Der Extremwert ist die Kürzung um 34 Wochenstunden bei einer Erhöhung der Öffnungstage (+23) in einer Katholischen Fachhochschule.

Änderung in StundenIn ... Bibl.Reduzierung in ... Bibl.Erweiterung in ... Bibl.
1 - 5261214
6 - 1011 5 6
11 - 34 5 1 4

*Von 175 Bibliotheken (1996) entfällt 1 wegen unrealistischer Angaben, 2 machten keine Angaben 1996 und von 20 Bibliotheken liegen 1995 keine Vergleichsdaten vor.

Es kann davon ausgegangen werden, daß die HS/FHS-Bibliotheken ihre Öffnungszeiten ebenso wie die Universitätsbibliotheken in den vorlesungsfreien Zeiten und um Feiertage herum reduzieren.

Insgesamt lassen diese Auswertungen der Öffnungszeiten in dem Zeitraum 1992 bis 1996 nur begrenzt exakte Aussagen zu, weil es Veränderungen von Jahr zu Jahr gegeben hat, die sich über einen längeren Zeitraum aufheben können. Die Gründe dafür können Anpassung an die Gegebenheiten - wie Zugeständnisse an Sparprogramme - sein. Da die Hoch- und Fachhochschullandschaft weit stärker in Bewegung, das heißt von Reorganisationen und Umstrukturierungen betroffen ist, als die Universitätsbibliotheken, weist die vorgelegte Auswertung weniger Eindeutigkeit denn Ansätze zu Trendaussagen aus.

Benutzerumfragen
Die in den Bibliotheken möglicherweise durchgeführten Benutzerbefragungen oder statistischen Erhebungen zu den Öffnungszeiten dienen der eigenen Verwendung und werden im allgemeinen nicht öffentlich gemacht. Im Rahmen der Benutzer/Nichtbenutzer-Forschung fanden Befragungen vor allem in Öffentlichen Bibliotheken statt.

Aus früheren Umfragen ist bekannt, daß Leser mit hoher Priorität längere Öffnungszeiten auf der 1. Seite des Fragebogens wünschen, bei der Nachfrage auf späteren Fragebogenseiten ihre Wunschbesuchszeiten jedoch innerhalb des bestehenden Rahmens angeben.

Dem DBI liegen derzeit vier Auswertungen von Benutzerbefragungen in Universitätsbibliotheken und eine aus dem Fachhochschulbereich vor. Die Intention der Fragebogen ist unterschiedlich und somit eine vergleichende Auswertung zu den Öffnungszeiten erschwert. Die Einbeziehung von Nicht-Nutzern in einem Fall bringt ebenso Zweifel an der Vergleichbarkeit wie die unterschiedliche Art der Fragestellungen.

1994 führte die UB Hildesheim eine Befragung durch, die im Fragenkomplex "Benutzer-Verhalten" auch die Benutzungszeiten erfragte und die "Spätnutzung" (19 - 20 Uhr) analysierte. Von den Befürwortern längerer Öffnungszeiten wird vor allem der Samstag genannt, bei längeren Abendöffnungen wohl die Angleichung der Freitagöffnung an die der vorangegangenen Werktage gewünscht.

1996 befragte die UB Münster ihre Leser und veröffentlichte die "Benutzerzufriedenheitsstudie" (von Harald Buch. - in: Bibliotheksdienst 31(1997) H. 1, S. 23 - 31). Die Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf und die UB Magdeburg führten Benutzer/Nichtbenutzer-Befragungen im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie geförderten DBI-Projektes durch. Düsseldorf präzisiert derzeit die ersten Ergebnisse nach einer weiteren Erhebung.

Nach den Ergebnissen der Umfragen und den Beobachtungen des DBI und seiner Benutzungskommission ist die Verteilung der Öffnungszeiten ebenso wichtig wie die Zahl der Tage und Stunden.

Gemäß den Ergebnissen dieser individuellen Umfragen können die Bibliotheken gezielt mit Veränderungen der Öffnungszeiten ihrer einzelnen Bereiche reagieren (z. B. wurde die Mittagsschließung eines Handschriftenlesesaals aufgegeben).

Die Auswertungen der jeweils geführten Statistiken weisen nach, daß das Gros der Leser zwar die Bibliotheken in engeren Zeiträumen frequentiert (Stoßzeiten), aber die Qualität der Nutzung und die Verweildauer dadurch nicht beurteilt werden können.

Der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten zum Beispiel schwankt zwischen 62 % (UB Münster) und 16 % (FHS Wiesbaden). Samstags zusätzliche Öffnungszeiten von 13 - 17 Uhr zu wollen, erbrachte eine Erhebung (Münster), die zunächst eine samstägliche Verlängerung der Öffnungszeit um eine Stunde bewirkte.

Öffnungszeiten europäischer Universitätsbibliotheken
Den entsprechenden internationalen Bibliotheksverzeichnissen und Statistiken sind keine Angaben über Öffnungszeiten zu entnehmen, deshalb ist die Ermittlung und Auswertung der nachfolgenden Daten sehr zufällig. Aus den USA liegen uns derzeit keine exakten Angaben vor, es kann aber davon ausgegangen werden, daß die University Libraries normalerweise längere Abendöffnungen (bis 21/22 Uhr) anbieten als deutsche UB.

Um den Vergleich der Öffnungszeiten zu den deutschen Bibliotheken zu ermöglichen, wurden die Daten gemäß der Definition der Deutschen Bibliotheksstatistik von den belgischen (B. des Sciences Humaines und Sciences et Techniques), britischen (3 Bibliotheken der Universität Oxford), einer französischen UB (Paris), den österreichischen (Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Leoben, Linz, Salzburg, Wien), einer schwedischen (Stockholm) und schweizer (Basel, Bern, Fribourg, Genève) Universitätsbibliotheken herangezogen.

Die Öffnungstage pro Jahr sind in dieser Schnellerhebung nicht ermittelbar gewesen, jedoch weisen alle UB Schließzeiten im Sommer (1 - 6 Wochen) und teilweise in der Weihnachtswoche aus. In den Semesterferien werden die Zeiten von allen Bibliotheken reduziert und großenteils die Samstagöffnung eingestellt. In der Schweiz fallen in einer Bibliothek 2 Stunden Schließung in der Mittagszeit auf.

(Durchschnittliche) Öffnungsstunden/WocheSamstagöffnung
Durchschnitt in Stunden
Sonntagöffnung
Durchschnitt in Stunden
Belgien
(2 UB)
54,7590
Frankreich
(1 UB)
3630
Großbritannien
(3 UB)
5284
Österreich
(7 UB)
54,7550
Schweden
(1 UB)
72,566
Schweiz
(4 UB)
6050

Für die Überlegungen deutscher Bibliotheken um die Neugestaltung ihrer Öffnungszeiten im Kontext von neuen Aufgabenfeldern sollten die Öffnungszeiten europäischer und führender außereuropäischer Bibliotheken analysiert werden.

Auswertung von Pressemitteilungen
Die Auswertung der Pressemitteilungen mit den üblichen Vorbehalten ob der genauen Wiedergabe der Sachverhalte zeigt zumindestens einige Trends und mitunter auch Begründungen für bestehende sowie veränderte Öffnungszeiten an.

In einem Fall (Bremen) garantierte zusätzliches Personal eine Erweiterung der Öffnungszeiten, in anderen Fällen waren es Hinweise auf bauliche Veränderungen, verbesserte technische Ausstattungen.

In Baden-Württemberg ereilte das erklärte Sparziel des Landes (Strom und Personal) die Universitäten und Bibliotheken mit der Reduzierung der Abendöffnungen. Ebenso in Baden-Württemberg wurden für längere Öffnungszeiten vom Land ca. 40 Mio. DM für entsprechend technische Ausstattung lt. Pressemeldung vom Mai 1996 angekündigt, jedoch keine Erhöhung der Personalausstattung. Solche Lösungsangebote bringen den Universitäten und ihren Bibliotheken Konflikte bei der Umsetzung und Verbesserung der Infrastruktur.

In Dresden provozierten Kürzungen der Öffnungszeiten wegen Geldmangel und bürokratischer Hürden bei der Finanzierung von Hilfskräften Proteste der Studenten - mit Erfolg zumindest für das laufende Semester.

Zielvorstellung
Öffnungszeiten sind in Bibliotheken kein isoliert zu betrachtender Teilaspekt. Mit viel Aufwand wurden über Jahre Bestände angeschafft, die zudem der täglichen Pflege bedürfen. Diese Werte verursachen zugleich Kosten und diese sind nur sinnvoll, wenn sie von der Bibliothek möglichst umfangreich zur Verfügung gestellt werden. Diese Dienstleistung gewinnt in den Zeiten von erhöhtem Informationsfluß und knappen Mitteln weiter an Bedeutung, d.h. der Nutzen muß zu den Kosten in einem sinnvollen Verhältnis stehen.

Für die Universitätsbibliotheken - zumindest für die 53 UB mit Beständen über 1 Mio Bände - sollte eine Sonntagöffnung angedacht werden.

Die Samstagöffnung sollte selbstverständlich sein, d.h. eine Reihe von UB müßte sich von der samstäglichen Schließung verabschieden, andere die Öffnungszeiten von 3 auf mehr Stunden ausweiten.

Die täglichen Öffnungszeiten wären von Montag bis Freitag zu erweitern. Ideal wäre eine tägliche Zeitspanne von 13 Stunden. Damit könnte für viele Bibliotheksnutzer die frühe Schließung am Freitag (Wochenende) vermieden werden.

Modell:Mo Fr je 13 Std. =65 Std.
Sa 6 Std.
So 4 Std.

optimale Wochenöffnungszeit 75 Std.

Für Hochschulen und Fachhochschulen wird sich ein reduziertes Modell ergeben. Zunächst verfügen sie über erheblich weniger Bestände (max. unter 400.000 Bde) und über weit weniger zu versorgende Studierende.

Dem kleineren Kreis der Wissenschaftler und Lehrenden kann überschaubar mit Sonderregelungen (Handapparate, Schlüsselvergabe etc.) geholfen werden. Zudem befindet sich an vielen Hochschulorten eine Universitätsbibliothek, um dringendsten Bedürfnissen abzuhelfen.

Fazit
Generell kann gesagt werden, daß eine leichte Anhebung des Gesamtumfangs der Öffnungszeiten von 1992 zu 1996 zu verzeichnen ist.

Bei der Reduzierung, vor allem bei geringfügigen, kann es sich um kalenderbedingte Abweichungen und Reduzierungen in benutzungsarmen Zeiten handeln. Geringe Verbesserung bedeutet, daß die Öffnungszeiten wenigstens im fast gleichen Umfang benutzerorientierter festgelegt werden.

In vielen Fällen müßten Unterbereiche (Ausleihstellen, Sonderlesesäle, Auskunftsdienste, Magazindienste u.ä.) länger ihre Dienste anbieten.

Die Benutzung der Bibliotheken in den unterschiedlichsten Qualitätsstufen (allgemeine Information, Literaturermittlung, Informationsbeschaffung, Studium der Literatur) hat zugenommen. Gründe dafür sind der Wunsch nach konzentriertem Studium, Bewältigen der Informationsflut, Geldknappheit, verbesserte technische Ausstattungen u.a.

In Abhängigkeiten von individuellen bibliothekarischen Gegebenheiten (wie Raumzuordnungen, technischen Möglichkeiten) werden ebensolche individuellen Lösungen für die Optimierung der Öffnungszeiten erforderlich. Optimale Öffnungszeiten einer Universitäts-, Hoch- und Fachhochschulbibliothek heißt nicht nur lange Öffnung einer Tür zur Hauptbibliothek sondern ein auf die Zielgruppe der Universitätsangehörigen abgestimmtes Konzept der Zugänglichkeit zu allen Bereichen der universitären Literaturversorgung.

Dieses Konzept kostet zwar u.U. zusätzliches Personal (Hilfs- sowie Bibliothekspersonal), sollte aber der Nutzen-Rechnung gegenübergestellt werden.

Im Laufe der Jahre wurde das Personal in den Benutzungsbereichen auf Kosten der anderen Bereiche (Buchbearbeitung etc.) erweitert, um dem gestiegenen Benutzung und dem ständig steigenden Informationsbedarf gerecht zu werden. Sofern der Einatz durch die Freigabe von Mitteln für Hilfskräfte möglich wurde und die Universitäten die Voraussetzungen schaffen konnten, bemühten sich die Bibliotheken um ein Öffnungskonzept mit abgestuften Qualitätsangeboten.

Dem gegenüber stehen aktuelle Trends, die die Bibliotheken in das Spannungsfeld bürokratischer Engen und der Sparanordnungen von Ländern und Universitäten bringen.


Stand: 12.11.97
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