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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 97

Internet in der BPI des Centre Georges Pompidou


Nic Diament

Kurze Vorstellung der Bibliothek

Die Bibliothèque Publique d'Information (BPI) wurde 1977 im großen Kunst- und Kulturzentrum Georges Pompidou gegründet. Ihre Richtlinien sind folgende:

Auf Grund dieser Charakteristika - zahlreiche Benutzer, Freihand, keine Ausleihe - spielen unsere Mitarbeiter dem Publikum gegenüber eine wesentliche Rolle in der Auskunft, der Information und der Forschungsbegleitung.

Die Bibliothek umfaßt etwa 150 Fachleute aller Fachbereiche, die für diese Vermittlung zuständig sind. Jeder Mitarbeiter verbringt etwa ein Drittel seiner Arbeitszeit im Umgang mit dem Publikum.

Unsere Hauptziele

Als wir unserem Publikum im Juni 1995 Internet zur Verfügung stellten, hatten wir als Hauptziel die Sensibilisierung des Publikums und unseres eigenen Personals für das Internet-Surfen.

Deswegen haben wir eine kollektive Einrichtung dieses neuen Dienstes bevorzugt. Es sollte nicht der exklusive Bereich einiger Spezialisten für neue Technologien werden, sondern alle Bibliotheksarbeiter sollten sich Internet allmählich aneignen.

Diese Entscheidung hat positive Ergebnisse gezeitigt, aber natürlich auch einige Nachteile mitgebracht.

Rückschau

Seit 1992 war Internet in der BPI vorhanden, eingerichtet von unserer EDV-Abteilung. Diese Abteilung hat die Hauptrolle gespielt - mit Hilfe der Dienste Informatik und Bibliographische Koordination - als wir einen Internet-Server für den öffentlichen Zugang einrichteten.

Im Juni 1995 haben wir einen Internet-Server installiert, um zunächst unseren Katalog öffentlich zugänglich zu machen. Gleichzeitig boten wir den Benutzern kostenlos die ersten vier PCs an (heute neun), die den Zugang zu Internet ermöglichen.

Etliche Abteilungen der Bibliothek wurden auch vernetzt, anfangs waren es 9, heute sind es 20.

Unser WWW-Angebot

Um unser Angebot zu aktualisieren und über dessen Struktur nachzudenken, entstand im Herbst 1995 eine Internet-Arbeitsgruppe, der sog. "Internet-Verlagsausschuß", der jeden zweiten Monat die Vertreter verschiedener Abteilungen vereinigt.

Sensibilisierung des Publikums

Das Angebot
Aus grundsätzlichen Erwägungen sowie aus praktischen Gründen entschieden wir uns, keinen Zugang zu E-Mail und FTP zu erlauben.

Die Benutzer haben z. Z. noch nicht die Möglichkeit, das Diskettenlaufwerk oder einen Drucker zu gebrauchen. Es ist jedoch vorgesehen.

Der pädagogische Aspekt oder die Benutzerschulung
Zuerst haben wir die Homepage strukturiert, damit der Benutzer für seine ersten Schritte im Netz einen Leitweg findet. Wir hielten es für wichtig, daß das Internet als dokumentarische Quelle mit unserem eigenen Bestand verknüpft wird.

Wir veranstalten außerdem Benutzerschulungen, die zweimal pro Woche angeboten werden. Jedesmal kommen zwischen 15 und 20 Benutzer. Eine große Einführung vor einem großem Bildschirm findet einmal im Monat statt, zu der etwa 60 Benutzer kommen.

Das Ausbilderteam hat jetzt ein Programm aufgestellt, das aus den folgenden Punkten besteht:

Der Ausbilder muß natürlich flexibel auf die besonderen Fragen seines Publikums eingehen.

Jede Einführung dauert etwa anderthalb Stunden und erreicht ein Publikum, das die anderen Schulungen (OPAC, CD-ROMs) nicht besucht.

Internet-Benutzer in der BPI
Eine Umfrage wurde im Sommer und Herbst 1996 durchgeführt, an der etwa 150 Benutzer teilnahmen.

Es gibt aber einen Unterschied zwischen den Antworten auf unsere Umfrage und der echten Praxis der Benutzer.

Die meisten befragten Personen behaupten, daß sie Informationen suchen; man beobachtet trotzdem, daß sie den Erholungsraum des Internet benutzen, sozusagen dort Entspannung suchen.

Es ist auch festzustellen, daß Internet als wertvoll und befriedigend betrachtet wird: 33 % der Benutzer sagen, daß sie nicht gefunden haben, was sie suchten, aber deren Hälfte hält für befriedigend, was sie gefunden hat.

Der Zugang zum Internet ist in der Bibliothek ein Moment der Geselligkeit; die meisten befragten Benutzer haben mit jemandem gesprochen und oft sieht man, wie ein Benutzer als "Internet-Lehrer" für einen Laien einspringt. Im allgemeinen kann man bestätigen, daß die Suchmethode der Benutzer gerade darin besteht, daß sie keine Methode ist.

Zum Beispiel werden Wörter wie "Host", "Internet-Adresse" oder "Internet-Suchdienst" oft verwechselt. Die Benutzer sind oft nicht in der Lage, ihren Weg durch Hyperlinks zurückzuverfolgen. Die meisten ziehen es vor, das Thema der Recherche zu interpretieren und über die besichtigten Angebote zu sprechen.

So mehren sich im Netz unerwartete Entdeckungen und gleichzeitige Verluste der Orientierungspunkte.

Sensibilisierung des Personals

In den Informationsstellen
Im Juni 1995 hat für das ganze Personal eine erste Einführung stattgefunden. Ab Oktober begann die EDV-Abteilung, das Personal auszubilden.

Zwei Personen mindestens in jeder Fachgruppe wurden damals ausgebildet (es sind 15 Gruppen in verschiedenen Fächern, deren jede aus 10 Personen besteht).

Durch die Vermehrung der vernetzten PCs in den Abteilungen, durch die Teilnahme an beruflichen Foren, durch die Recherche in den Katalogen anderer Bibliotheken und durch die Erforschung einiger Fachangebote entwickelte sich allmählich eine Art Gewohnheit für zahlreiche Kollegen.

Die Vernetzung der PCs in den Informationsstellen (zwischen Oktober 1996 und Januar 1997) erlaubte wirklich, daß die Bibliothekare sich Internet-Kompetenz aneignen. Bei dieser Gelegenheit wurden die 150 Gruppenmitglieder ausgebildet, um dem Publikum zusätzliche Informationen über das Internet und dessen bessere Benutzung vorzuschlagen.

Das Ausbilderteam
Das Ausbilderteam besteht aus etwa zwölf freiwilligen Bibliothekaren, die aus verschiedenen Abteilungen stammen. Die Einführungen kommen zusätzlich zur üblichen Arbeitszeit im Publikumsbereich hinzu.

Das Team trifft sich einmal pro Monat, um den Zeitplan vorzubereiten. Wir wählen verschiedene Zeitpunkte am Tag und verschiedene Tage in der Woche, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen.

Die Teammitglieder bilden sich auch unter einander fort und tauschen Tricks aus, die sie gerade hier und dort gefunden haben.

Diese Ausbildung verlangt einen persönlichen Einsatz, fundierte Kenntnisse über das Internet und deren regelmäßige Aktualisierung, sowie pädagogische Qualitäten.

Der Verlagsausschuß
Er besteht aus etwa 20 Personen, die im allgemeinen nicht mit den Ausbildern identisch sind. Er hat die Aufgabe, den Host der BPI zu aktualisieren und besonders die Vorschläge der verschiedenen Abteilungen anzunehmen, interessante Server erreichbar zu machen oder Dokumente zu verlegen.

Schlußbemerkungen
Diese kollektive und allgemeine Einrichtung unseres Internet-Dienstes hat natürlich auch Nachteile:

Aber dieser Zustand hat auch Vorteile: Heute, nach 18 Monaten, haben wir den Eindruck, daß wir die nächste operationelle Stufe erreichen müssen, auf der wir die EDV-Abteilung verstärken und die notwendige Arbeitseinrichtung optimal strukturieren, damit unser Wunsch, dem Publikum noch bessere Dienste und Veranstaltungen zu bieten, Wirklichkeit wird.


Stand: 04.09.97
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