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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 97

Internet-Benutzerarbeitsplätze in der Universitätsbibliothek Dortmund

Ein Erfahrungsbericht

Kurt Schröder

1. "Entwicklungsgeschichte"

Seit März 1994 beschäftigen wir uns auf breiter Ebene, d. h. nun auch neben den EDV-Spezialisten die Bibliothekare mit eingeschlossen, mit dem Internet. Initialisierend wirkte dabei der Artikel von A. Osswald u. T. Koch: Internet und Bibliotheken - Ein einführender Überblick, in: ZfBB 41 (1994}, S.1 ff. Über die vielfältigen Aktivitäten wurde bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet1). Entwicklung und Einführung der Benutzerarbeitsplätze stellen sich in folgendem zeitlichen Ablauf dar:

2. Konfiguration

Die Hard- und Software-Aussstattung wurde so ausgewählt, daß keine besonderen, zeitaufwendigen Beschaffungen erforderlich waren. Es wurden also Rechner aus der "laufenden Produktion" gewählt, die ebensogut auch an anderer Stelle im CD-ROM-Netz eingesetzt werden können, was möglichen Wartungsaufwand reduziert und leichte Austauschbarkeit fördert. Auch bei der Software wurde auf leicht verfügbare, weit verbreitete (auch an den Arbeitsplätzen der UB) Internet-Tools zurückgegriffen. Im einzelnen handelt es sich um die folgenden Komponenten:

Rechner

Software DFÜ-Anbindung

TCP/IP (Trumpet Winsock 2. lf mit "winpkt.com" aus Vers. 2.0b) via Bibliotheksnetz über Router an das Uni-Backbonenetz (Uni-interner Verkehr). Die Internet-PCs haben keine festen IP-Adressen, sie "fragen" beim Server freie IP-Adressen (dynamisches BOOTP) ab. Ein weiterer Router verbindet dann mit dem Breitband-Wissenschaftsnetz (2 Mbit, HRZ-WIN-Netz).

Startmenü

Wir bieten unseren Benutzern eine Startseite an, die einen auf der obersten Ebene strukturierten Einstieg in das Internet erlaubt. An dieser Stelle sollen stichpunktartig die "Links", die sich hinter den einzelnen Menüpunkten verbergen, erläutert werden:

Mail

Die Benutzer können lediglich Mails versenden. Antworten, die an die Mail-Adresse der IBAs gerichtet sind, werden vom "Postmaster" gelöscht. Eine Vergabe und Verwaltung von Mail-Adressen durch die UB ist nicht geplant. Es steht den Benutzern frei, Antwort-Mails an ihre private Mail-Adresse - sofern vorhanden - zu leiten.

Probleme

Nach gut einem Jahr zeichnen sich folgende Probleme ab:

3. Nutzungsmodalitäten

Wir haben auf den Entwurf einer Benutzungsordnung eigens für die Benutzerarbeitsplätze verzichtet. Berechtigt ist jeder Benutzer über 18 Jahre mit Benutzungsausweis der UB oder Reisepaß bzw. Personalausweis. Für unter 18jährige kann die Leitung der Benutzungsabteilung Ausnahmen genehmigen (vgl. Benutzungsordnung der UB). Es existiert ein Merkblatt "Hinweise zu den Internet-Benutzerarbeitsplätzen der UB Dortmund". Darin wird auf allgemeine Verhaltensregeln (z.B. Netiquette) hingewiesen.

Diese Verwaltungsarbeiten haben sich, was Sicherheit der Stationen und mögliche Reproduzierbarkeit "schädlicher" Aktionen anlangt, im großen und ganzen bewährt. Sie sind jedoch sehr zeitaufwendig und bei einem größeren Internet-Pool in diesem Umfang sicher nicht mehr zu leisten.

4. Benutzung - Benutzerschulung

Die Arbeitsplätze sind während der Öffnungszeiten der Zentralbibliothek (Rechner-Zeiten: Mo-Do., 9.00-19.45 Uhr bzw. Fr. 9.00-17.45 Uhr ) in der Regel ausgebucht. Nach unseren Untersuchungen kommen überwiegend Studenten bzw. Studentinnen (90 %) an die Arbeitsplätze, davon wiederum die Mehrzahl aus den Bereichen Ingenieurwissenschaften und WISO (70 %). Die Bereiche Geisteswissenschaften bzw. Naturwissenschaften sind (20 % bzw. 10 %) in der Minderheit.

In einer Fragebogen-Stichprobe gaben die Benutzer an, das Internet an diesen Arbeitsplätzen zu 60 % für Studium, Forschung und Lehre zu nutzen. Die Möglichkeiten, Dateien zu übertragen und E-Mails (insbesondere von ausländischen Studenten geschätzt) zu versenden, wurden nur von einem kleineren Teil (<=10 %) genutzt.

Eine Analyse der von den Benutzern aus- bzw. angewählten URLs hat dagegen folgendes etwas differenzierteres Bild ergeben (die Beispiele enthalten keinerlei Wichtung oder gar Hinweise auf deren Häufigkeit, sondern dienen lediglich der Erläuterung der Gruppeneinteilung):

1. Gruppe:Computer, PC, Hard-, Software: 18 %
(z. B.: Atelco, Borland, Microsoft, SUN, Vobis, ...)
2. Gruppe:WWW, Netscape: 17 %
(z. B.: Chat, Cityweb, Cybercom, Internet-cafe-xy, Netscape, Webhits, ...)
3. Gruppe:Forschung, Lehre, Studium: 17 %
(z. B.: Medizin, Informatik, Philosophie, Umweltschutz, Uni-URL's, Wiso ...)
4. Gruppe:Unterhaltung: 15 %
(z. B.: BVB, Disney-World, Kinderüberraschungseier, Topmodelle, Gewinnspiele, ...)
5. Gruppe:Suchen, Suchmaschinen: 11 %
(z. B.: Altavista, Dino, Excite, Lycos, Yahoo, ...)
6. Gruppe:Wirtschafts-, Firmen-Info: 9 %
(z. B.: Banken, Börsenkurs, Branchen, Immobilien, Messen, Versicherungen, ...)
7. Gruppe:Stellenangebote, Jobs: 5 %
(z. B.: Aboutwork.com, Arbeitsamt, Aupair, Job.de, Jobware.de, ...)
8. Gruppe:Zeitschriften, Zeitungen: 5 %
(z. B.: Bild-Online, Computer-Zeitschriften, El Mundo, El Pais, Focus, Spiegel, Stern, ...)
9. Gruppe:Sonstiges: 3 %
(z.B.: FBI, Flughäfen, Flugpläne, Horoskop, Reisen, ...)

Diese Übersicht zeigt ganz deutlich, daß das Internet die Informationsbedürfnisse der Benutzer in unseren Bibliotheken in andere, neue Richtungen lenkt, die eben nicht - wie oben angegeben - in erster Linie Forschung, Lehre und Studium dienen.

Schriftliche Anleitungen/Unterlagen wurden von nur 44 % der Benutzer gewünscht:
"How to Do" - Kurzbeschreibungen, Informationen zu E-Mail, Telnet, Netscape, Effiziente Suche im Internet, Suchstrategien,...
Hingegen wünschten 65 % der Befragten Einführungsveranstaltungen der UB mit praktischen Übungen zum Thema Internet.

Wir haben inzwischen reagiert und bieten erläuternde Texte und Einführungsveranstaltungen für unsere Benutzer an.

Seit April 1997 werden Internet-Schulungen für Anfänger "Internet WWWie geht das?" in der UB Dortmund durchgeführt. In diesen Schulungen mit max. acht Teilnehmern, die wöchentlich mittwochs oder freitags im Wechsel zweistündig stattfinden, werden Grundkenntnisse im Umgang mit Netscape, grundlegende Suchstrategien im Internet, Abspeicherung und Weiterverarbeitung von Rechercheergebnissen und ein Einblick in die Möglichkeiten, das Internet auf dem Campus zu nutzen, vermittelt. Die Teilnehmer erhalten ein 13seitiges Skript über die wichtigsten Inhalte dieser Veranstaltung. Die Anmeldung erfolgt bei der Auskunft im Erdgeschoß. Interessanterweise zeigt sich hier, was den Schulungsbedarf nach Fachzugehörigkeit angeht, eine von obiger Gewichtung abweichende Verteilung:

Geisteswissenschaften führen hier mit 50 %, gefolgt von WISO mit 23%, den Ingenieurwissenschaften mit 17 % und den Naturwissenschaften (inkl. Mathematik und Statistik) mit 7 %.

5. Ausblick

Zwei Internet-Arbeitsplätze reichen bei weitem nicht aus, die rege Nachfrage nach leistungsstarken und leicht zugänglichen Rechnern dieser Qualität auf dem Uni-Campus zu befriedigen, zumal das übrige Angebot an öffentlich zugänglichen Internet-PCs eher bescheiden ist2). Inzwischen existiert sogar schon eine "Unterschriftensammlung zur Schaffung weiterer Internet-Arbeitsplätze". In dieser Sammlung dominieren Ingenieurwissenschaften und WISO (50 % bzw. 26 %), Geistes- und Naturwissenschaften machen zusammen nur 24 % (15 % + 9 %) aus.

Noch für dieses Jahr ist zusätzlich die Einrichtung eines aus 15 PCs bestehenden Internet-Pools geplant. Möglicherweise werden dann die jetzt noch sehr zeitintensiven Verwaltungsarbeiten zugunsten eines vereinfachten Verfahrens aufgegeben, in dem dann Benutzername und -nummer via Lesepistole vom Ausweis in eine "Log-Datei" eingelesen werden. Diese Prozedur befindet sich aber derzeit noch im Entwicklungsstadium.

Eine weitere wichtige Erweiterung wird die Druckausgabe für Benutzer sein. Die technische Realisierung wird momentan geprüft.

Angesichts des obigen Ergebnisses stellt sich für uns die Frage, welchen Stellenwert sollen wir dem Dienstleistungs-Bereich "Internet für Benutzer" einräumen? Die primären Aufgaben unserer Bibliothek dürfen dabei natürlich nicht vernachlässigt werden.

Bibliothekskataloge (eigene und externe), Online-Datenbanken und die mit hohem finanziellen Aufwand allerorten installierten CD-ROM-Netze liefern doch wohl den Hauptanteil an Hinweisen auf wissenschaftliche Literatur (nahezu 90%)3).

Unsere Hauptanstrengungen sollten daher auf Benutzerberatung und -schulung in diesen Bereichen ausgerichtet sein. Betrachten wir das Internet im jetzigen chaotischen Zustand lediglich als komplementäre Informationsquelle für wissenschaftliche Informationen.

1) Man vergleiche etwa: Jedwabski, Barbara: Internet für Bibliotheksmitarbeiter. In: Bibliotheksdienst 29 (1995), S. 1138 ff. und: Nagelsmeier-Linke, Marlene: Am Beispiel der UB Dortmund: Wir starten ins Internet. In: Weiter auf dem Weg zur virtuellen Bibliothek - Bibliotheken nutzen das Internet. Erste InetBib-Tagung in der Universitätsbibliothek Dortmund, vom 11.-13. März 1996, 2. Aufl., Dortmund 1996, S. 117 ff.

2) Studentenzahlen WS 1996/97: 25.012, davon: Geisteswissenschaften 10.477 (42%), Ingenieurwissenschaften 8.205 (33%)? Naturwissenschaften (inkl. Mathematik, Statistik) 3.537 (14%), WISO 2.793 (11%). Unser elektronisches Ausleihsystem verzeichnet ca. 13.000 aktive Benutzer.)

3) Vgl. z.B. die Auswertung von Alexander Lebedev, Moscow State University, Version: February 11, 1997. http://www.chem.msu.su/eng/comparison.html, latest version: "... I think that the number of documents is the primary parameter when you 're looking for scientific information. My estimates show that the number of documents which can be found in the Net is less than 10 % of the number that can be found using a good scientific database like INSPEC or CAS....


Stand: 04.09.97
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