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BIBLIOTHEKSDIENST Heft 9, 97

Die Stadtbücherei Stuttgart ist - groß, schön, wundervoll - auch im Internet

Doris Wolpert

Mit den Worten "Die Stadtbücherei Stuttgart ist - groß , schön, wundervoll - auch im Internet" begrüßt die Stadtbücherei ihre virtuellen Besucher im WWW. Hinter verschiedenen Begriffen der Startseite wie zum Beispiel "groß" oder "wundervoll" sind Verknüpfungen versteckt, die spielerisch und immer wieder überraschend zu weiteren Seiten führen. Der kleine Kobold, der gleichzeitig das Maskottchen des Kindermedienzentrums ist, steht auf der Startseite symbolisch für die Medienvielfalt aus Büchern, Musik, Filmen, Computeranwendungen und für die gemeinsamen Leitlinien aller Projekte der Stadtbücherei Stuttgart: die kreative Integration neuer Technologien in das Bibliotheksprofil und die selbstverständliche Verknüpfung aller Medien.

Abbildung 1 und zur Hompages der Stadtbücherei Stuttgart

Das Angebot im Internet

Bereits im November 1995 erfolgte mit einem öffentlichen Internet-Arbeitsplatz in der Zentralbücherei der Start ins Internet im Rahmen des Winshuttle-Projektes des DFN-Vereins. Im Januar 1996 begann die Entwicklung einer eigenen Homepage und seit Januar 1997 besteht eine Kooperation mit der Stadtbibliothek Ludwigsburg für die Erstellung von Bookmarks. Auf diese Weise können unkompliziert und schnell wichtige Themenkomplexe als Instrument zur erfolgreichen Recherche aufbereitet und angeboten werden.

In der Mediothek, der jüngsten Dienststelle der Stadtbücherei Stuttgart, erfolgte der Einstieg in die Welt der elektronischen Information und Kommunikation schrittweise, sozusagen von der Mailbox zum Internet. Ab Mai 1995 hat die Mediothek eine eigene Mailbox im CL-Netz betrieben. Interessierte hatten so die Möglichkeit, vor Ort lesend und schreibend im CL-Netz aktiv zu werden oder von außen auf den Datenpool der Mailbox zuzugreifen. Seit Januar 1996 steht allen Mediotheksbesuchern ein Internet-Platz zur Verfügung.

Besondere Services und wichtige Inhalte im WWW-Angebot ergeben sich aus den Leitthemen der Stadtbücherei Stuttgart:

Seit rund drei Jahren gibt es zum Beispiel den Schwerpunkt "Beruf - Karriere - Wirtschaft". Was mit traditionellen Medien, CD-ROM-Datenbanken und einem PC-Arbeitsplatz begann, erfährt nun im WWW eine weitere Ergänzung. Auf den entsprechenden WWW-Seiten (Abb. 2) finden sich Hinweise auf relevante Zeitungen und Zeitschriften, Informationen über Firmen/Institutionen/Verbände, virtuelle Stellenmärkte, usw. Aber auch Literaturtips und ein Adressenservice der Stadtbücherei fehlen nicht.

Abbildung 2

Der Futuristische Lesesalon (Abb. 3), der in der Zentralbücherei im Juli letzten Jahres eröffnet wurde, animiert auch im Internet zur Auseinandersetzung mit Literatur. Im virtuellen Futuristischen Lesesalon finden sich nicht nur zahlreiche Verknüpfungen zu Literatur im Netz und zu Diskussionsgruppen sondern auch die beiden literarischen Projekte zu Gertrude Stein und Helmut Heißenbüttel, die von der Stadtbücherei Stuttgart initiiert wurden.

Abbildung 3

Erfahrungen bei Nutzung und Vermittlung des Internet-Angebotes

Wer nutzt die Möglichkeiten des Internet? Welches Nutzungsverhalten ist im Netz zu beobachten? Welche Netzinhalte finden Interesse? Welche Nutzungsmodalitäten sind sinnvoll und geeignet? Wie muß die Schulung und kontinuierliche Fortbildung für das Personal aussehen?

Das waren einige der zentralen Fragen, die uns beschäftigten, als das Internet-Projekt im Winter 1995/96 startete. Von Juni bis Dezember 1996 wurden deshalb die Internet-Nutzer der Mediothek befragt. Insgesamt 139 ausgewertete Fragebögen geben Antworten auf diese Fragen:

Der durchschnittliche Internet-Nutzer der Mediothek ist demnach:

Soweit der Durchschnitt. Einige Ergebnisse seien hier etwas genauer betrachtet:

64 % der Internet-Nutzer sind männlich, 36 % sind weiblich. Dieses Verhältnis ist überraschend, vergleicht man sonstige Internet-Statistiken. In bezug auf die Mediothek spiegelt es ziemlich genau die Verteilung zwischen Besucherinnen und Besuchern wieder.

Die Hälfte der Befragten nutzt das Internet für private Zwecke. Berufliche Fragestellungen machen 33 % aus, Schule/Ausbildung nur 9 % (dieser Wert ist vermutlich so niedrig, da anfangs Minderjährige nur zusammen mit ihren Eltern surfen durften). 7 % machten keine Angabe. Allgemein ist ein enormer Orientierungsbedarf festzustellen und vor allem große Neugierde auf Internet. Die Besucher der Mediothek bestätigen immer wieder, daß sie das Ausprobieren mit fachkundiger Unterstützung und ohne kommerziellen Hintergrund sehr schätzen. Dementsprechend sind die Internet-Arbeitsplätze permanent ausgelastet.

Die praktischen Internet-Kenntnisse der Nutzer waren Ende 1996 noch sehr gering:

50 % nutzten das Internet zum ersten Mal. Knapp 30 % hatte schon erste Internet-Erfahrungen. Nur rund 20 % waren der Meinung, das Internet bereits gut oder sehr gut zu kennen.

War die Suche erfolgreich? Insgesamt antworteten 62 % auf diese Frage mit "Ja". Es ist jedoch interessant, daß bei der erstmaligen Internet-Nutzung nur 54,3 % erfolgreich sind, während bei wiederholter Internet-Nutzung 78,7 % Erfolg haben.

Die tägliche Arbeit im Auskunftsdienst zeigt, wie wichtig für die Besucher kompetente Beratung und Hilfestellung bei den ersten Schritten im Internet sind. Viele haben anfangs keine Vorstellung von der Größe und Unübersichtlichkeit des Internet, sie kennen die einzelnen Dienste nicht und wissen zum Beispiel auch nicht, wie Suchmaschinen funktionieren. In der Mediothek konnten wir beobachten, wie sich bei den Besuchern diese Kompetenzen entwickeln: durch die praktische Arbeit am Internet-PC und durch die intensive Nutzung des breitgefächerten aktuellen Medienangebots. Ein Drittel der Befragten gab an, die Medienpalette aus Büchern, Zeitschriften, Videos und Lernsoftware zu nutzen. Eine enorme und kaum zu befriedigende Nachfrage finden nach wie vor Einführungen für Gruppen und projektbegleitende Vorträge rund um Internet.

Die persönliche Einführung und Hilfestellung, die im Rahmen des Auskunftsdienstes erfolgt, spielt jedoch die größte Rolle. Hierbei lernen wir durchaus auch im Sinne des Lifelong Learning mit und von unseren Besuchern. Nicht zuletzt dadurch haben sich viele interessante Gespräche und Kontakte zwischen Bibliothek und Besucher aber auch unter den Besuchern ergeben.

Technik, Zugang und Nutzungsmodalitäten

Zentralbücherei und Mediothek starteten jeweils mit einem Internet-Arbeitsplatz. Inzwischen gibt es in der Zentralbücherei drei öffentliche und drei interne Internet-PCs. In der Mediothek wird in Kürze ebenfalls ein Internet-PC für Kurzrecherchen bzw. für Auskunftsfragen in Betrieb gehen.

Die Computer sind so abgesichert, daß Besucher keine Manipulationen vornehmen können. Ein regelmäßiges Backup der gesamten Festplatte dient als Sicherung für Notfälle. Von Zeit zu Zeit ist es notwendig, neue Versionen des Browsers einzuspielen oder Zusatzsoftware zu installieren. Die technische Betreuung der Geräte und die HTML-Programmierung der WWW-Seiten erfolgt teilweise durch Bibliothekspersonal, teilweise sind diese Arbeiten nach außen vergeben.

Allen Internet-Interessierten steht eine Nutzungszeit von insgesamt drei Stunden pro Woche zur Verfügung. Die Nutzung ist kostenlos, nur für Ausdrucke wird eine Gebühr erhoben. Das ist auch bei den anderen PC-Arbeitsplätzen auf diese Weise geregelt. Genutzt werden können WWW, telnet und newsgroups.


Stand: 04.09.97
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