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Bibliotheksdienst Heft 4, 1996

Empfehlung zum Geschäftsverkehr wischen wissenschaftlichen Bibliotheken und dem Antiquariatsbuchhandel

Gerhard Gruber, Margot Wiesner

Die gemeinsame Erarbeitung von Empfehlungen für den Geschäftsverkehr ist für die Bibliotheken und den Börsenverein inzwischen bereits zur Tradition geworden.

1994 wurde erstmals eine Empfehlung für die Zusammenarbeit zwischen Öffentlichen Bibliotheken und Buchhandel veröffentlicht (Börsenblatt 40/ 20.5.94), und es erschien die Dritte, überarbeitete Empfehlung für den Geschäftsverkehr zwischen wissenschaftlichen Bibliotheken und dem Buchhandel (Börsenblatt 49/21.6.94), die im Auftrag des Börsenvereins und der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände erarbeitet worden war.

Längst überfällig war eine Übereinkunft zum Geschäftsverkehr zwischen Antiquariatsbuchhandel und wissenschaftlichen Bibliotheken. Eine solche Empfehlung wurde jetzt von der Arbeitsgemeinschaft Antiquariat im Börsenverein und der Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für Erwerbung und Bestandsentwicklung entwickelt und wird hiermit vorgestellt.

Ziel dieser Vereinbarung ist es vor allem, durch verstärkte Transparenz in den Geschäftsabläufen die Vertrauensbasis zu verbessern, mehr Bewußtsein für die Probleme der jeweils anderen Seite und größere Sicherheit im Umgang mit dem Geschäftspartner zu schaffen.

Letztendlich soll auch professionelles, effektives Arbeiten bei Antiquaren und Bibliothekaren gefördert werden.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit ist das Leitmotiv, besonders bei der Bekämpfung und Verhinderung von Bücherdiebstählen in Bibliotheken.

Die Empfehlung wurde in einer kleinen Arbeitsgruppe zusammengestellt und mehreren Antiquaren zur Prüfung vorgelegt. Besonderer Dank gilt dabei Herrn Kurta, Erlangen, für seine beratende Unterstützung. Auf Bibliotheksseite waren die Mitglieder der Erwerbungskommission fest in die Erarbeitung eingebunden. Wertvolle Hinweise kamen aus den Universitätsbibliotheken Tübingen, Göttingen, Freiburg, Bamberg, Heidelberg, Augsburg und Bremen, der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Allen, die sich die Mühe gemacht haben, den Entwurf durchzuarbeiten, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Die "Dritte Empfehlung" wurde zum Standard für den Geschäftsverkehr mit dem Sortimentsbuchhandel. Die Autoren hoffen, daß die nachfolgend empfohlenen Geschäftsbedingungen zum Standard für den Verkehr zwischen Bibliotheken und Antiquariatsbuchhandel werden.

Vorbemerkung

Ziel dieser Empfehlungen ist es, den Geschäftsverkehr zwischen den Partnern zu erleichtern, zu vereinfachen und zu beschleunigen, die Geschäftsbedingungen und die Abwicklung transparenter zu machen und damit die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu schaffen.

1. Geschäftsgrundlagen, Eigentumsverhältnisse

Bei dem Erwerb und der Veräußerung von antiquarischen Büchern müssen die Eigentumsverhältnisse nachweisbar geklärt sein. Nur dadurch ist die Rechtmäßigkeit eines Kaufvertrages zwischen einer Bibliothek und einem Antiquariat gewährleistet.

Der Antiquar muß sorgfältig darauf achten, daß Bücher aus früherem Bibliothekseigentum entwidmet, d. h., daß Bibliotheksstempel erkennbar vom Eigentümer als ungültig gekennzeichnet wurden.

Die Bibliothek ihrerseits hat dafür zu sorgen, daß dies auf eine für das jeweilige Haus charakteristische Weise geschieht. Ein einfacher "Ausgeschieden"-Stempel genügt nicht, der Name der Bibliothek ist hinzuzufügen (z. B.: Abgegebene Dublette der StUB Ffm). Wenn möglich, sollten Datum und Bearbeiterkürzel ergänzt werden.

Um die Wertminderung bei der Weiterveräußerung so gering wie möglich zu halten, sollte der Entwidmungsvermerk auf der Rückseite des Haupttitelblatts angebracht werden.

Wenn dem Antiquar Bestände mit nicht entwerteten Bibliotheksstempeln von dritter Seite angeboten werden, sollte er sich bei erkennbarer Provenienz direkt an die betreffende Bibliothek wenden. Ist die Herkunft nicht klar ersichtlich oder aus zugänglichen Quellen zu ermitteln, richtet er eine Anfrage an das Deutsche Bibliotheksinstitut, um festzustellen, um welche Institution es sich handelt und ob diese noch existiert. Bei Beständen aus aufgelösten Bibliotheken genügt ein entsprechender Hinweis beim Angebot.

Geschieht es in Ausnahmefällen dennoch, daß Bibliotheken antiquarische Bücher ohne getilgten Eigentumsstempel erhalten, gibt es zwei Möglichkeiten:

Stellt sich bei diesen Untersuchungen heraus, daß die betreffenden Bücher beim möglichen früheren Eigentümer als vermißt geführt werden, hat die Bibliothek das Recht, das Werk an den Antiquar zurückzugeben. Die weiteren Verhandlungen sind zwischen dem Antiquar und dem mutmaßlichen Eigentümer zu führen. Die Parteien sollten versuchen, sich einvernehmlich zu einigen, bevor der Rechtsweg beschritten wird.

Die nachfolgenden Empfehlungen orientieren sich am Geschäftsgang.

2. Angebote

Um Kosten zu reduzieren und unnötigen Aufwand zu vermeiden, sollten die Bibliotheken mit den Antiquariaten und Auktionshäusern absprechen, ob sie die laufende Übersendung ihrer Verkaufskataloge wünschen und an wen diese zu adressieren sind (z. B. an die Erwerbungsleitung oder einen zuständigen Fachreferenten). Es liegt im beiderseitigen Interesse, Adreßänderungen und wechselnde Ansprechpartner frühzeitig bekanntzugeben. Die Möglichkeit, Kataloge gezielt an Kunden zu versenden, die diese regelmäßig auswerten, ist eine wichtige Voraussetzung für den kostenlosen Versand.

Es liegt im Interesse der Bibliothek, den Antiquariaten spezielle Sammelschwerpunkte mitzuteilen, damit diese zielgerichtet und bestandsorientiert anbieten können.

Wenn zielgerichtete, individuelle Angebote nicht wahrgenommen werden, ist eine Reaktion von seiten der Bibliothek erwünscht, um künftige Informationen besser steuern zu können.

Die Antiquare können sich aktiv am Bestandsaufbau der Bibliothek beteiligen, indem sie Suchlisten für die gezielte Lückenergänzung bearbeiten.

2.1. Allgemeines

Der schnellen Durchsicht und effektiven Bearbeitung der Angebote in der Bibliothek dienen vor allem:

2.2 Bibliographische Beschreibung

Die Titelbeschreibung sollte folgende Daten enthalten:

Besonderheiten, die für die Beschreibung alter Drucke und Inkunabeln notwendig sind, wurden hier nur eingeschränkt berücksichtigt.

Bibliographische Daten, die nicht dem Titelblatt entnommen wurden, sind in Klammern zu ergänzen.

Alle Unvollständigkeiten sind anzugeben.

2.3 Beschreibung des Erhaltungszustands

Der Erhaltungszustand von Buchblock und Einband muß genau und unmißverständlich dargelegt werden. Abkürzungen, die sich nicht von selbst verstehen, sollten im Katalog aufgelöst und erklärt werden.

Eigentumsvermerke (Exlibris, Supralibros, Stempel, Namenszüge) sollten kurz beschrieben werden. Die Beschreibung sollte den Namen des früheren Eigentümers enthalten, falls dieser von Bedeutung ist.

2.4 Bibliographische Nachweise

Es sollten die für das jeweilige Werk maßgeblichen Bibliographien zitiert werden. Abkürzungen sind im Katalog aufzulösen.

2.5 Kommentare

Hintergrundinformationen zum Autor oder zur Editionsgeschichte sollten in sachlicher Form abgesicherte Fakten liefern, die den Kunden als Selektionshilfe dienen.

3. Bestellung
3.1 Mindestbestelldaten

Die Bibliothek gibt bei der Bestellung an, ob das Binden reparaturbedürftiger Objekte gewünscht wird, wenn der Antiquar diese Dienstleistung anbietet.

3.2 Bestellform

Für die Bestellabwicklung bieten sich an:

3.3 Reservierung

Antiquarische Bücher werden in der Regel freibleibend angeboten. Reservierungen sind im allgemeinen möglich, die Fristen sind bilateral zu vereinbaren.

3.4 Ansichtssendungen

Die grundsätzliche Möglichkeit und die Abwicklung von Ansichtssendungen sind zwischen den Geschäftspartnern abzustimmen. Zu klären sind vor allem:

4. Meldungen

Es ist vor allem aus Gründen der Etatplanung wichtig, daß die Bibliothek innerhalb von drei Wochen über bereits verkaufte Titel mit Angabe der Katalog- und Titelnummer, falls möglich auch des Verfassers und Kurztitels, informiert wird. Wenn die Bestellung auf einem Formular der Bibliothek erfolgte, sollte dieses für die Rückmeldung benutzt werden. Sollen einzelne Titel zur Lieferung vorgemerkt oder gezielt gesucht werden, erhält der Antiquar hierfür einen gesonderten Auftrag.

Kann später ein anderes Exemplar des gewünschten Werkes angeboten werden, muß zunächst beim Kunden rückgefragt werden, ob die Lieferung gewünscht wird.

5. Lieferung

6. Rückgaben

Die Bibliothek behält sich in folgenden Fällen ein Rückgaberecht vor:

Der Antiquar sollte über die berechtigte Rückgabe vorab schnellstmöglich informiert werden.

Bei irrtümlichen Bestellungen, die auf Bearbeitungsfehler in der Bibliothek zurückzuführen sind, muß wegen der Rücknahme zwischen den Partnern verhandelt werden.

Die Rücksendung sollte umgehend, spätestens jedoch drei Wochen nach Eingang erfolgen.

7. Preise

Katalogpreise sind Festpreise. In Abhängigkeit vom Auftragsvolumen kann im Rahmen des Rabattgesetzes über Nachlässe verhandelt werden.

8. Rechnungsstellung

Auf Wunsch der Bibliothek werden Einzel- oder Sammelrechnungen in der benötigten Anzahl ausgestellt, getrennt nach vorgegebenen Kriterien, wie

Rechnungsdaten:

Zwischen den Posten und am Rand sollte ausreichend Raum für Bearbeitungsvermerke gelassen werden.

9. Zahlung

Als angemessenes Zahlungsziel gilt eine Frist von ein bis zwei Monaten nach Eingang von Rechnung und Lieferung. Davon abweichende Fristen sind bilateral zu vereinbaren.

Arbeitsgemeinschaft Antiquariat im Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für Erwerbung und Bestandsentwicklung

Mit freundlicher Unterstützung der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände, des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und des Verbandes Deutscher Antiquare e.V.


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